4.
Wie die ritter Gernier sein hab und gůt auff offnem marckt vergantet und zů barem gelt machet.

[197] Nit mit wenig freüden Gerniers, Gabriotto unnd Reinharts der nechst tag kummen thet. Als sye nun von dem bett uffgestanden waren, mit einander zů kirchen giengen, nach dem den morgenymmbis mit grossen freüden volbrachten. Demnach der ritter Gernier all sein hab und gůt feyl bodt, alles auff offnem marckt verkauffet; des gleichen thet auch[197] Reinhart, der jung edelmann. Nit lang stund, ir gůt mit nutz vertriben hatten, ein schöne barschafft zůsamenbrachten.

Semlichs dem künig für kam, im grossen rowen bracht, das er Gernier, den ritter, mit solchen ungnaden angefaren hat, zuhandt einen seiner diener nach dem ritter schicket. Der ritter dem gebott des künigs gehorsam was, bald vor ihm erscheinen thet. Sobald in der künig ersehen ward, mit auffgehabnem finger und lachendem mund dem ritter trewet. ›Gernier,‹ sprach der künig, ›ich het mich nymmer zů dir versehen, du meine wort also inn gantzem ernst auffgenummen haben soltest, wiewol ich dir daran keins wegs unrecht gib; dann du mein gebott als ein gehorsamer hast wöllen vollbringen. Das aber nymmer von dir noch mir gedacht werden soll, so du anderst fürter an meinem hoff beleiben wilt. Du solt dich auch nit irren lassen, das du all deine ligenden güter verkaufft hast; dann ich dich von wegen deines dapffern und standthafften gemüts mit andern und bessern güttern versehen will und dir die von meinem eygnen gůt bezalen.‹

Gernier, der ritter, dem künig mit grossem fleiss zůgehört hat. Als nun der künig sein red geendt hat, der ritter anfieng und sprach: ›Allergnädigster herr und künig, der gnaden und gůthat, so mir von ewer majestet verleihen würdt, ich mich nymmer genůgsam bedancken mag. Dann ich mich gegen euch, meinem allergnedigstcn herren, versündt hab und dannocht ein semlichen gnädigen herren und künig an euch sind. Nun aber mir umb solche schuld ein bůß auffgelegt ist, die ich mir gäntzlich fürgenummen hab zů volziehen; dann ich ye meiner gelübt genůg thůn will oder darumb sterben. So ich dann solche gelübt vollbracht han, will ich mich der yetzigen zůsagung trösten, hoff auch, wo ich nachgens meinen gnädigen herrn den künig umb dienst bitten würd, ich wider einen genedigen herren finden solt. Nunzůmal aber langt mein freündtliche bitt an euch, mein herren den künig, wöllendt mir ein gnädig urlaub geben, dieweil es ye keinen andren weg haben mag.‹

Semliche wort der ritter allein darumb mit dem künig redt, damit er mit lieb von im kummen möcht; sein synn und gemüt aber nit was, wider in Franckreich zů kummen, ihm wer[198] auch leydt gewesen, solt er lenger darinn gewohnt haben. Da nun der künig verstund, das sich Gernier von seinem fürnemmen nit wolt lassen wenden, den ritter nit mer bitten wolt; dann wol wust als an im umbsunst sein; er můst sich auch des vor all seinem volck seer schamen, das er den, so er mit grossem zorn seines landt verwisen, yetzund wider an seinem hoff zů bleiben bitten solt; doch anfieng und sprach: ›Dieweil ye dein gefallen, edler ritter, nit sein will, alhie au dißem hoff zů bleiben, so ist doch mein beger, du wöllest mir deinen son Gabriotto hie lassen, damit du dester mer verlangen habest vider in Fraukreich zů keren.‹

Hernier, als er den künig vernummen het, in im selbs gedacht: ›O künig, an deinem hoff weder ich noch mein son nimmer beleiben wöllen unnd noch vil minder herkummen, so uns anderst gott von dir hilfft.‹ Wider anhůb und sprach: ›Ach gnädiger herr, ich bitt euch, ihr wöllend mich solches begerens erlassen; dann mein will unnd meynung allzeyt gewesen ist, vor unnd ehe ihr nach mir geschickt hand, das ich nit lang von disem hoff beleiben wolt, sunder ein reyß thůn durch ettliche künigreich mit sampt meinem son Gabriotto, demnach wider an euch, meinen gnädigen herren, supplicieren unnd umb gnad unnd dienst zů bitten, des ich mich gantz zů euch versehen hab. Darumb ist mein bitt, ihr wöllend mir unnd meinem son sampt dem, so mit uns ziehen würt, ein sicher paß unnd geleyt durch ewer künigreich geben, deßgleich ein eerlichen abscheydt, damit uns nit durch arge nachreder ettwas uneerlichs zůgemessen werden möcht, und uns das auch auff das fürderlichest verschaffen zů geschehen, damit wir uns dann auch dester fürderlicher herfügen mögen.‹

Der künig den ritter nit lenger auffhalten wolt, zůhandt schůff, im ein sicher und frey geleydt zů geben. Er schanckt im auch ein fast kostliche kette, desgleich ein schon pferdt, welches der ritter als zů danck annam, in ihm selb gedacht: ›Künig, die schencken mögend an mir nichts verfahen. Wann du mir schon einen theyl deines künigreich schaucktest, du würdest mich bei dir nit behalten.‹ Nach dem urlaub von dein künig unnd seinen fürsten nam, die all gemeinlich ihn bitten theten bald widerzůkummen. Nyemandts an des künigs[199] hoff was, so nit leydt empfahen thet von des ritters abseheyd.

Der ritter sich zů hauß füget, seinen son und Reinhardt in seltzamen gedancken bei einander sitzen fand; dann sye in grossen sorgen stunden, der künig würd den ritter Gernier nit von im ziehen lassen. Sobald syo aber in kummen sahen, zůhandt aller sach, so sich zwischen im unnd dem künig verloffen hat, underricht wurden.

Als nun die nacht vergangen und der ander tag wider kummen was, Gernier und sein son, Reinhardt und ein knecht und ein bůb sampt zweyen maulthieren, so inen ir barschafft kleinot und was in lieb was, trůgen, mit einander sich der morgenfrü in der küle auffmachten, zů der statt Pariß hinauß ritten. Als sye nun ein kleinen weg davon kummen waren, Gernier, der ritter, sich mit seinem pferdt umbwandt, anhůb und sprach: ›Nun bewar dich gott, du edle und wol erbawen statt Pariß, in deren ich meine jungen tag verschlissen hab und aber yetzund in meinem alter von dir ziehen můß. Gesegen euch gott, ihr schonen züchtigen frawen in der statt, welchen ich all mein tag mit höchstem fleiß gedienet hab! Gesegen euch gott, ir eerlichen burger zů Pariß, die mich von jugendt auff in hohen ehren gehalten handt! Gott wolt, ir mit einem andren künig versehen weren! Ich solt mich in ewigkeyt nymmer von euch gescheyden haben; dann ich mein begräbnus, auch all mein ältern bei euch verlassen můß.‹

Hiemit machet der ritter ein creütz über die statt unnd reit da mit seiner gesellschafft den nechsten durch Frankreich auff Engelandt zů. Yedoch was ir anschlag, zůvor das künigreich Portugal zů besehen, auch ander umbligende lender, die ich von kürtze wegen underlassen will zů erzalen, dieweil sye nichts sunders in Portugal verhandelt haben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 197-200.
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