22.
Was anschlags die beyden junckfrawen haben, von iren allerliebsten rittern vil zů red wurden.

[245] Als nun Orwin also von dem künig die kapp empfangen hett, er sich schamrot in mitten des hoffgesinds stellet. In dem der künig gebott, zwey ritterlicher schwester zů bringen, das alsbald nach seinem willen volstreckt ward. Der künig die beden jungen mit eygner handt zů ritter schlůg, in die ritterlichen schwerter umbgürtet, darnach zů seinen räthen und allem hoffgesind sprach: ›Ir mein allerliebsten, es soll sich nyemandts verwundren, das ich dise zwen edlen herren alhie zů ritter gschlagen hab, so doch iren keiner ein solichs mit seiner handt bewert und erlangt hat. Ich sprich aber, das mich ir weiß und wandel nymmermer betriegen mag, sye werden, wo es zů beweisen kumpt, sich nit minder zů der sach schicken, dann ander gethon hand.‹ Des sye dem künig bed versprachen zů thůn.

Diß, so der künig au den beyden jünglingen begangen hat, menglichen lobet, in auch beden der ehren wol gunten, allein Orwin, der allein daran ein ursach was und meynet Reinharten einen unglimpff auffzůdrechen, da schůff er im, das er im an ehren und wir den gleich gehalten würd. Diß alles Philomena und Rosamunda gesehen und gehört hatten, die nit minder freüd in iren hertzen empfiengen, dann so es ihnen zůhanden gangen wer.

Als sye nun urlaub von dem künig namen, seind die beden junckfrawen in geheim in Philomena gemach gangen, sich also einig in grossen freüden zůsamen gesetzet, angefangen von iren zweyen jungen rittern zů reden. Philomena mit erst anfieng und sagt: ›Ach mein Rosamunda, sag mir, was gedachtest du, als der verflůcht vogel anhůb und sagt, wie du Reinharten also für den ritter Orwin liebtest?‹ – ›O gott‹, sprach Rosamunda, ›so ir mein wargenummen hetten, ir mich sunder zweyffel nit einem menschen, sunder einem ungefasszten höltzenen bildt vergleicht hetten. Noch wie grosser schrecken mich umbgeben thet, noch frewt mich von hertzen, das der[246] vogel Orwin, den ritter, also vor allem hoffgesind beschammet unnd ihn auch nachgons mein herr künig also mit fräflichen worten anfaren thet. Was grossen freüden mir aber bracht, als ich unser allerliebsten zů ritter schlagen sah, ich nymmermer erzelen mag.‹ Philomena sprach: ›Dir ist gleich geschehen wie mir. Dann ich warlichen glaub, mir nymmer grösser freüd zůhanden gohn werd, es sey dann sach, das ich mich bei mainem allerliebsten Gabriotto on alle sorg wonen seh. Ich sprich auch, das ich ihm unnd keinen andren sinn auff erden haben will. Das ist mein endtlich fürnem wort und meynung, davon mich nichts auff erden dann der todt scheiden mag.‹ – ›Warlich‹, sprach die junckfraw Rosamunda, ›das ist auch, das ich mir vor langem hab fürgenummen. Es sey doch meinem vatter und můter lieb oder nit, so will ich mich ehe aller mann auff diser erden verziehen und mich in einen ewigen unnd keüschen stand begeben, eh dann ich einen andren dann in haben will. Ach gott, wie möcht ich mir doch einen andren mann auff erden gefallen lassen dann meinen allerliebsten ritter, welcher mein hertz und gemüt mit warer lieb gefangen und gebunden hat!‹

Philomena sprach: ›Ach mein allerliebste Rosamunda, es were uns warlich von nöten zů betrachten, in welchen weg wir doch unsern allerliebsten rittern und liebhabern glück in iren newen orden wünschen möchten. Darumb so bitt ich dich du wöllest hierinn das best rathen und gedencken.‹ Rosamunda anhůb und sprach: ›Mein liebe junckfraw, der weg ist gůt Boden; unnd so ihr meins rahts pflegen wend, so wend wir morgen zů tag die sach nach unserm willen zů end bringen.‹ Philomena sprach: ›Deinen raht will ich fast gern von dir hören. Sag mir den bald, eh dann ich stirb!‹ Rosamunda anfieng und sprach: ›Allerliebste junckfraw, ich raht, das ir morgen, so das mal vollendet ist, nach unsern beden rittern schicken in ewer frawenzimmer in beisein aller ewer junckfrawen und dann inen nach unserm gefallen glücks wünschen. Und so wir in dann ettwas zů sagen hand, möchte das wol sunder allen argwon beschehen. So ir und ich an unser gwonlichen statt sitzen bleiben, so wißt ir, das uns der andren junckfrawen keine möcht gehören, was wir doch beyde mit[247] unsern rittern reden; dann die andren junckfrawen zů weit von uns sitzen.‹

Der raht Rosamunda von Philomena gelobt ward, also sprach: ›Warlich, Rosamunda, du hast mir mit deinem raht fast wolgefallen; darumb ich dir dann trewlich volgen will. Noch eins aber mich gedaucht; dieweil uns villeicht die zeit nit vertragen würt nach unserem willen mit den beyden jungen rittern zů reden, wer mein meynung, wir schreiben inen unser yegliche, was ir zů willen wer; das möchten wir ihn dann gantz verborgenlichen zůschreiben, das sein nyemandts ynnen werden möcht.‹ – ›Das widerraht ich‹, sprach Rosamunda, ›dann der jungfrawen seind vil und nit all eines sinns. So dann eine, so uns widerwertig wer, ein semlichs warnem, möcht uns unser freüd in leyd und trawren verwendt werden. Ich hab in mir weyt einen andren raht erfunden; das ist: ihr wissendt, das sich die beyden ritter fast auff das federspil gelegt haben und noch thůndt; so weyß ich, das unser erzettin durch das gantz jar turteltauben erziehen thůt. Wann wir nun der deüblin ein par zůwegen bringen, so will ich mit Reinharten den mornigen tag verschaffen, das er mit seinem vogel hinden an mein gemach reiten můß mit seinem falcken. So er mir dann nach dem deüblin schießt, will ich in zůhanden nemen und im die dauben geben unnd damit etzen. So das geschehen ist, will ich ihm under seinen flüglen einen brieff mit listen anhencken, das es in dannocht an seinem fluck nichts schaden noch hindren můß. Diß alles ich den ritter underrichten will, damit er sich weyßt zů halten.‹

Der sinn und weg der junckfrawen Philomena fast wol gefallen thet, anhůb und sprach: ›Rosamunda, ich kan mich deiner wunderbarlichen anschleg nit gnůgsam verwundern. Unnd so ich dich nit so wol von jugent auff erkannt bett, du möchtest mich gedencken dich die ding lang zeit gebraucht haben.‹ Als nun die junckfrawen iren anschlag gemacht, sye urlaub von einander namen, biß an den mornigen tag die sach berůgen ließen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 245-248.
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