23.
Wie die beyden junckfrawen iren allerliebsten rittern glück wünschten, inen auch iren heymlichen anschlag zů verstohn gaben.

[248] Als nun des andren tags die zeit kummen was, in deren die beyden junckfrawen ihren anschlag ein genügen thůn wolten, und yetzůndt der morgenymbiß vollendet was, Philomena einen edler knaben, so allzeit in dem frawenzimmer was, nach Gabriotten unnd Reinharten, den beyden jungen rittern, schicken thet. Als sye nun die bottschafft venummen hatten, sye von stund an zů den junckfrawen in das frawenzimmer kamen. Die zůhandt freündtlich von iren liebsten junckfrawen empfangen wurden, sich mit züchtiger reverentz gegen den schönen junckfrawen beweisen thetten.

Philomena anhůb und sprach: ›Ir edlen ritter, darumb wir bede nach euch gesandt haben, sond ir euch nit befrembden lassen. Dann es auß keiner andren ursach beschehen ist, ir wissendt, was die ursach ist, das ir zů dem ritterlichen schwerdt kummen seindt. Darzů wir euch beden als glück wünschen thůn. Das aber ir, die beyd von wegen meiner lieben Rosamunda dahin kummen, euch also undankbar beweisen und deren, so gäntzlich ein ursach ist an dem handel, noch kein danck beweisen hand, kan ich zů meinem theil nit sagen, bin auch von Rosamunda, meiner junckfrawen, darzů erbotten worden, euch beyden ein semliche meynung fürzůhalten, und begeren hierauff von euch ein antwort zů hören.‹ Die schimpfflichen wort, so Philomena mit den beyden jungen rittern geredt hatt, Rosamunda ein klein schamrot machten; darumb sye nit der antwort von inen warten wolt; dann Philomena das alles on ir geheyß geredt hat. Rosamunda anhůb und sprach: ›Ir jungen edlen ritter, ich wünsch euch zů tausent malen alles heyl. Das aber junckfraw Philomena euch hie also mit schimpfflichen worten ansůchet, bin ich sunder zweyffel, ir das wol verstanden, wie sye es gemeynet.‹[249] Gabriotto der erst was, so auff solche wort antwort gab, anhůb unnd sprach: ›Allergnädigsten junckfrawen, wir dancken euch zůvor der ehren, so ihr uns gunnen, die wir doch unverdient zů solchen ehren gezogen seind. Wo sichs aber über kurtz oder lang zůtragen würd, das wir unsern stand beweren solten oder müßten, wolten wir uns dermaßen halten, das wir unstraffbar gegen menglich sein wolten. Das vertrawen hand wir zů gott und unsern feüsten. Das wir aber uns dermaßen also undanckbar gegen junckfrawen Rosamunda gehalten und erzeygt hand als gegen deren, von dennher der erst ursprung unnd anfang unser ritterschafft ist, bitten wir demütiglich uns semlichs zů vergeben; dann es aus keiner verachtnüß, sunder auß lauter unwissenheyt beschehen ist.‹ – ›Wolan‹, sprach Philomena, ›dieweil ir dann beyde der stangen begeren, könnend wir euch der gnaden nit abschlagen. Doch bitt ich euch mir meiner red verziehen; dann ich sein von Rosamunda gantz keinen befelch gehabt hab unnd das allein für mich selb dargeben, damit ich mein junckfraw vor euch beyden schamrot machen möcht.‹

Reinhart, der ritter, anhůb und sprach: ›Allergnädigste junckfraw, ich laß mich beduncken, die red in schimpfflicher weiß von euch beschehen sein. Ihm ist aber dannocht wol halb, wie ihr angezeygt haben. Dann warlich, wo der ritter Orwin mein gnädigen herren nit also in zorn mit dem pappagey bewegt hett, wir weren noch nit zů dem schwert kummen. Doch frewt mich, das der vogel bekannt hat, junckfraw Rosamunda mir mer liebe trag dann dem ritter Orwin, als ich auch sunder zweyffel glaub unnd halt.‹ – ›Ir sond sein auch‹, sprach Rosamunda, ›sicher und on allen zweyffel sein, das ir mir nit allein vor dem ritter lieben, sunder vor allen mannen auff erden. Des frew ich mich von hertzen, welches hertz ir zů allen zeyten in waren und rechten trewen finden werden.‹

Als nun die junckfrawen also bei den edlen jungen rittern gestanden waren, sye, die junckfraw Philomena, sye beyd bey iren händen nam, zů obrist des sals auff einen banck zů ir sitzen hieß, des sye beyd gůtwillig waren. Also Rosamunda zů ihrem ritter und Philomena zů dem ihren sitzen thet. Die junckfraw Rosamunda anhůb unnd sprach: ›Ihr edlen ritter,[250] dieweil uns gott und das gelück also vergnunnet hat mit einander zů reden, des wir dann lange zeit begert hand, so sprich ich von wegen meiner junckfrawen unnd mein, das wir euch beyd dermaßen außerkoren hand, das uns nyemandts dann der todt auß diser welt scheyden můß. Wiewol sye ein küngin und ich eins graffen tochter, so sagen wir doch beyd von wegen ewers tugendtsamen unnd edlen gemüts, ihr unser wol wirdig seind. Deshalb ihr euch auch dermaßen gegen uns halten wöllen; dann wir zů rechter ehe keiner andren gemeinschafft ingon wöllen.‹

Wer mag doch beschreiben die groß freüd, so dise beyden jüngling umbgeben thett, als sye verstunden sich also größlich von den junckfrawen lieb gehalten sein, das sye ir zů rechter ehe begerten! Gabriotto anhůb und sprach: ›O allergnädigsten junckfrawen, wir armen ritter schetzen uns nit so wirdig, das wir euch, demnach ihr werdt seind, dienen mögen. Dieweil aber ihr uns ye ein solchen grossen trost geben, wie mögend wir den ymmermer gegen gott und euch verdienen!‹ – ›Diß lond yetzund bleiben‹, sprach Rosamunda, ›unnd vernemendt mich, was ich für einen rahtschlag in mir hab!‹ Also anhůb zů erzelen die meynung von der dauben und dem falcken. Des sye wol und mit gantzem fleiß wargenummen hatten, kümmerlich des andren tages erwarten mochten, von den beden junckfrawen urlaub namen, von dannen giengen, mit grossen freüden ir gespräch biß in die finster nacht vertriben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 248-251.
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