53.
Wie der künig das gantz Engelandt durchreyßet mit einem kleinen volck, damit er seinem fürnemmen ein genügen thůn möchte.

[324] Der künig nach solcher angenummener reyß bald sein ordnung geben thet, mit einem kleinen volck zů Lunden außreyt,[324] Gabriotto und Reinhart aber zů solcher reyß nit haben welt; dann er in dieweil ander geschefft außzůrichten befolen hatt.

Als nun der künig in seinem landt ein ferren weg umbgeritten was und noch nyemandts sein geschefft wissen mocht, da beschickt er einen graffen, so dann auch seiner underthanen einer was. Mit dem redt er also: ›Mein allerliebster und getrewer freünd, was mich zů solcher meiner reyß verursachet, noch nyemandts dann mein eygens hertz gewißt hat; dir aber hab ich mir fürgenummen ein solichs zů entdecken. Du solt wissen, das ich an meinem hoff hab einen weydlichen unnd mannlichen ritter; und so er sich nit mit einer person an meinem hoff vertiefft hett, wolt ich in all mein tag nit von mir gelassen haben; bin auch noch des willens, in bei mir zů behalten, so lang das ich ein waren unnd rechten bescheydt seinethalben erfaren mag; welchs mir aber zů thůn gantz unmüglich ist, ich hab dann einen gůten und vertrawten freünd, so mir zů der sachen dienstlich und beholffen sein wöll. Zů solchem ich dich vor allen andren meines landts hab außerkoren; wo du mir aber an disem ort nit woltest willfaren, das du mir doch einen andren zů dem handel geschickt zůwegen bringen wöllest. Damit du aber meinen anschlag vernemmen mögest, so wiß, das ich in mir selbs beschlossen hab, sobald sich ymmer erfindet, das der ritter schuldig ist des, so man in zeücht, will ich verschaffen, das im mit gifft vergeben werden můß, damit ich ander sorgen gäntzlich entladen würd.‹

Der graff des künigs worten mit gantzem fleiß zůgehört hat, nit gedencken mocht, wamit der ritter solch übel umb den künig verschuldt hett, also stillschweygendt vor dem künig ston blib. Der künig wider anhůb und sprach: ›Gůter freünd, du darffest dich ab meiner red nit entsetzen. Dann mein anschlag fast gůt zů vollenden sein würdt, dieweil ich den handel mit höchstem fleiß erwogen hab; deßhalben du und ein yeder, sich sein underzeücht, in [kein] sorgen ston darff. Es müßt aber also angefangen werden, das sich der, so sich der sach underziehen wolt, für einen narren außgeben müßt, demnach sich allwegen umb und bei dem ritter halten, seins thůn und lassens mit gantzem fleiß warnemen, damit die heimlich unnd[325] verborgen weg des ritters erkündigen und erlernen; dann gewißlichen würt der ritter nichs vor im verbergen. Also mag ich all sein thůn unnd lassen erkunden.‹

Als nun der graff des künigs willen und meynung gantz vernummen hat, sprach er zů dem künig also: ›Allergnädigster herr und künig, ewer gnad wol abnemmen mag, das der, so die sach underston will, ettwas sunderlicher geschicklichkeyt an im haben můß, damit man ihm sein angenummene narrenweiß nit anspüren mög. Dann wiewol mir der ritter unbekandt ist, noch glaub ich, sobald er den anschlag vernemmen würd, er understünd einem sein leben zů nemmen. Dieweil ich mich dann darzů gantz ungeschickt befind, so darff ich mich der sachen gar nit underziehen. Damit mich aber ewer mayestet erkenn als ein getrewen diener, so will ich euch einen jungen, so mir nah verwandt ist, anzeygen. Derselbig zů zeiten so gantz närrisch geberen thůt, also das all die, so in nit erkennen, für einen rechten natürlichen narren halten. Er hat auch allwegen sein rüstung zů solcher seiner narrenweiß auß der maßen gůt.‹

Der künig von des graffen red größlichen erfrewt ward, ihm zůhandt befahl, den jungen graffen für ihn zů bringen in seiner rüstung. Er gebodt auch allem seinem volck sich eylens zů rüsten; dann er willens wer den nechsten weg wider gen Lunden zů reiten. Diß alles der künig allein darumb also anschicket, damit der schalcksnarr von nyemandts dann im allein erkannt würd.

Als nun der narr für den künig kummen was, vil und mancherley kurtzweil vor dem künig und dem alten graffen üben thett. Der künig groß freüd davon empfieng, in zůhandt fraget, ob er mit im gen Lunden reiten wolt; des im der obgedacht narr gäntzlich bewilligen thet. Der künig sich nit lang saumet, urlaub von dem graffen nam, im ein reiche letze ließ, den nechsten weg wider gen Lunden reiten thet. Alles sein hoffgesind nit anders glaubt, dann den ein natürlichen und gebornen narren sein, so der künig mit im heymfůrt, wiewol nach langem sein angenummene narrenweiß mit verlust seins lebens außbrach, wie ir das kürtzlich hernach vernemmen werdt.[326]

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 324-327.
Lizenz:
Kategorien: