54.

[327] Der künig yetz mit seinem volck wider zů landt kam, den narren, davon ir oben gehört handt, mit im bracht hett. Nyemandts anders meynet, dann es ein rechter natürlicher narr wer, derhalben alles hoffgesind vil kurtzweil mit im hatten. Nun was der narr schon von dem künig dermassen abgerichtet, das er sich zů keinem mehr gesellet dann zů dem ritter Gabriotten. Des im der ritter ein sundere freüd nam; dann im verborgen was, das ihm diser narr also nach seinem leben stellen thet. Der ritter in dermassen lieb hat, also wo er ston oder gon thett, den narren allwegen bei ihm hat.

Nun begab es sich eins tags, das Gabriotto zů seiner allerliebsten Philomena gon wolt und sich nach seiner gewonheyt mit ir ersprächen, seinen narren bei im het, der junckfrawen ir zeit mit im vermeynt zů kürtzen. Der narr aller wort, so von ihnen beyden geredt ward, mit gantzem fleiß warnam, das nachmals dem künig alles zů wissen thett. Den künig dermassen in zorn gegen dem ritter beweget, das er ihm fürnam, nach dem alten ritter Gernier zů schicken und im seinen dienst gäntzlichen abkünden; doch so ließ er es underwegen und beschicket in allein, gütlich mit ihm zů reden.

Alsbald nun Gernier für den künig kam, fieng der künig also an unnd sprach: ›Ritter, mir seind unverborgen die trewen dienst, so du mir sampt deinem son Gabriotten und Reinharten an meinem hoff vollbracht hand. Nun aber kumpt mir under andrem, wie sich dein son understand meiner schwester Philomena lieb zů tragen, und ist sein entlich fürnemmen sie zů einem ehelichen gemahel zů haben, das mich dann, wo ihm also wer, nit wenig verkleinen würd. Darumb ich dich dann zůvor gebetten haben will, die sach gegen deinem son zů fürkummen, damit ich nit ursach hab in zů straffen.‹

Gernier, der gůt alt ritter, nit wenig schrecken von des künigs red empfieng; dann im die liebe seines sons nit verborgen was, er hat auch wol von im verstanden, das im nit[327] müglich wer von seiner liebe zů lassen, dieweil er der junckfrawen die ehe versprochen hat. Darumb er nit gedencken mocht, wamit er die sach verkummen solt; yedoch zů dem künig sprach: ›Allergenädigster herr und künig, wo mein son oder ich nit thůnd alles das, so ewer küniglichen mayestet willen und gefallen ist, soll es mir von hertzen leyd sein. Ich will auch mein son nach allem meinem vermögen davon entziehen unnd straffen.‹

Mit disem geredt urlaub von dem künig nam, mit bekümmertem hertzen seinen allerliebsten son sůchen gieng, im alles, so der künig mit im geredt hat, anzeygen thett; davon Gabriotto grossen schrecken empfieng. ›Ach gott‹, sprach er, ›wer mag doch mich unnd mein allerliebste junckfraw also schandtlich verrahten haben! O du schandtliches glück, wer soll auff dich hoffen, wer soll dir vertrawen? Fürwar nyemandts. Dann so mehr du dich freündtlicher ansehen lassest, so mehr ist sich vor dir zů besorgen. Hastu mich nit langest genůg mit angst und nodt angefochten! Bin ich nit in grossen sorgen auff dem wütenden mör gewesen, darnach meines leibs halben in Franckreich in grossen gferden gestanden! Magstu je nit dolest ein genügen an meinem trübsal haben! O du mein allerliebste Philomena, nun hab ich dich doch nun dolest theür erkauffet, wo mir das glück nur dich vergunnen wolt. Ach mein liebste junckfraw, was würst du sprechen, so du solches wider uns vernemen würst! Nun bin ich doch yetzund gantz der hoffnung gewesen, alles unser leyd soll ein end haben. So sih ich wol, es will sich erst größlichen hauffen.‹

Mit solchen worten Gabriotto sein leyd klagen thett, das so hart an sein hertz trucket, das er es kümmerlich verbergen mocht. Zůletst gedacht seiner allerliebsten Philomena semlichs zů schreiben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 327-328.
Lizenz:
Kategorien: