9.

Wie Wilbaldus und Lottarius auß dem Schlesierland geritten seind, iren weg in Brabant genummen, aldo erst ir altes wesen recht angefangen haben.

[30] Die gůten nassen kinder meineten schon, ihn möcht an[30] gelt und gůt nimmer zerrinnen; dann in das gůt müterlein ein grosse summa geschickt hat. Sie waren leichtsinnig, namen iren weg den nechsten der Laußnitz zů, kamen in ein statt, heißt Glogaw. Do bliben sie nit lang; dann das land wolt in nit gefallen; so wolt man in auch nit solch groß reverentz anthůn als zů Preßla. Darumb wolten meine juncker nit bleiben, gedachten iren weg den nechsten in Brabant gen Antorff zů nemen, do dann die rechte bader und balbierer wonen, so den teschen wol schrepffen unnd zů der ader lassen künnen, so das sich manche gar verblůt, das sie kein pfennig behalt. Das můsten sie auch erfaren.

Sie ritten den nechsten auff die Laußnitz, von dannen gen Torgaw, von dannen gen Hall in Düringen, demnach gen Northausen, von dannen über den Düringer wald ins land zů Hessen, bleiben etlich tag zů Cassell, do was der lantgraff zů Hessen mit allem seim hoffgesind. Sie aber, wiewol sie zierlich bekleidet giengen, hat man doch klein achtung auff sie; dann sie sich der hoffweiß nit wußten zů gebrauchen; machet, sie hatten sich mer auff büberey und boßheit geübet dann auff reüterspeil. Es wolt in an dem ort auch nit gefallen, namen iren weg auff Mentz zů. Da sassen sie auff den Rein, verkaufften ire pfert, schifften also mit freüden den Rein hinab bis gen Deventer. Do stunden sie von dem Rein, namen iren weg weiters über land zů roß und wagen, wie sie das haben mochten, bis sie kamen in die gewirblich statt Antorff. Do ward in bald nach noturfft gezwagen und geschoren, wie dann billich semlichen gesellen geschehen soll.

Sie fragten nach einem gůten wirt. Sie würden zů einem gewisen, der ein meister solche schaff zů scheren was. Er empfieng sie mit freüntlichen glatten worten, machet in gůt arbeit, fragt, ob sie kauffleüt oder vorn adel weren. Sie gaben sich beid für edel dar. Der mocht ihn die junckerschafft wol gunnen, dieweil in der beütel noch schwer was; bald er aber anfieng leicht zů werden, ward es ein anderß mit in. Wie dann gemeinlich in aller weit bey den wirten der brauch ist:[31] schmackend sie ein schweren seckel bey einem gast, sie gebend im sammet und damasten wort; würt aber der seckel leer, bringt man sie nit zwilchinin von in. Das bleibt also.

Die gůten junckern fiengend die sach auff gůt brabendisch an. Wo sie ein pancket hatten, můsten alzeit schöne frawen und seytenspeyl bey ihn sein. Nun hat es die gestalt umb sie: sobald sie der wirt zů gesten auffnam, gaben sie im ire bulgen mit dem gelt zů behalten; wann ihn dann gelt von nöten was, můsten sie alzeit den wirt anfordren. Der macht aber sein rechnung alzeit mit im selb, bis in daucht, des schimpffs wer gnůg; fieng er an nit mehr so reulichen aufftragen, wolt nit mehr gnad juncker sagen, wie ir dann wol werdend hören. Domit ich euch aber nit mit unnützen geschwatz bedeüb, wie und mit was üppigen läben sie ir gůt verschwendten, will ichs in kürtz erzalen.

Sie waren nit gar einen summer zů Antorff, sie hatten fürabent geleüt und můsten schon in die vesper. Das macht der gůt malmasier, lautertranck, muscateller und die gůten schleckerbißlein als phasant, rephüner, wilpret und hasen. So halffen in die schönen frawen, das sie dest eh feürabent spannen. Doch beleib ir beider gedechtniß den schalcknarren und speileüten am allermeisten in den schilten, so sie am hals trůgen, die sie ihnen dann geschenckt hatten, wie noch der brauch ist. Dann welcher ihn ein gůten spruch sagen, liedlein gigen oder pfiffen oder auff der lauten schlagen kond, der můst ir beider schilt haben. Das macht in ein zeitlang ein gůt lob, bestund aber nit lang.

Der wirt kam eines tags, als sie lang nit mit im abgerechnet hatten, sagt also: ›Lieben junckern, ich wolt, das ir einmal ein frisch register anfiengen und das alt abwüschten; dann man sagt: Gůt rechnung, gůt freünd. So můß ich auch gelt haben, wein und speiß einzůkauffen.‹ Lottarius, so alwegen am frefflichsten was, sagt: ›Wirt, meynt ir, das wir nit zů zalen haben, oder gedenckt ihr, das wir kein gelt mehr wissen, wann schon das verthon ist, so gond hin, bringt euwer register und unser bulgen! Wir wend euch abzalen und ein wirt sůchen, so uns mer dann ir vertreüwen würt.‹

Der wird gedocht: ›Ich hab gůte gest an in. So wissend[32] sie gewißlich mer hinder nien, dann ich bey mir hab; sonst weren sie nit so kostfrey gewesen. Ich můß in das geschwer baß außlassen; das gelt kan noch nit gar verzecht sein.‹ Sagt also: ›Lieben junckeren, ich bitt, wöllet mir mein wort nit so in argem auffnemen. Allein thů ichs euch zů gůt, damit, so die summ zů groß, das ir gedencken mögt, ich het euch zů vil gerechnet.‹

›Das habt ir nie an uns gespürt,‹ sagt Lottarius, ›mir seind doch aller rechnung gůtwillig gewesen, wie ihr uns die gemacht.‹ – ›Das ist war,‹ sagt der wirt, ›kan nit anders dann all miltigkeit von eüch rümen.‹ Damit nam der hader ein end.

Wolan, wir wöllen die gůten jungen herren volles lassen auffwannen und ein wenig sagen, wie sich Fridbertus und Felix derzeit gehalten hand, die dann beid von armen nidrigen elteren geboren waren, auch wie der gůt alt ritter sein läben beschlossen, wenig hinder im verlassen. Dann, wie ihr gehört, alles durch die verschwenten vögel geflossen ist, darzů dann die můter embsige stür gethon hat.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 30-33.
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