16.

Wie der hochmeister nach der wittfrauwen schicket sampt ihren zweyen töchteren, wie sie mitnander geredt haben.

[50] Des andren tags bedocht sich der hochmeister, den sachen einen außtrag zů thůn, wie er im dann am abent darvon hat fürgenummen. Er schicket nach der wittfrawen, der kantzlerin, befal dabei, ire beiden töchteren mit ir zů bringen. Die fraw hieß mit irem namen Charitas; sie waß gehorsam und gantz willig irem herren; dann sie wust wol, das er in gůtem nach ir gesant hatt. Sie schmucket sich in witweliche kleider gantz seüberlich, ire töchteren aber zierett sie auff das allerschönest.

Mit zuchtigen geberden kamen sie für den hochmeister; ir reverentz kunden sie so adelich und höflich, das sich der hochmeister größlichen ab ihn verwunderet. Darzů waren sie so übermeßlicher schönen gestalt, das in der augen nit gnůg möchten verluhen werden. Felicitas als die jünger gieng zůvor; deren volget nach ir schwester Concordia, die hat ir goltfarbes har zů rucken abgeschlagen, von dem glantzet die verhöhung nit anderst, dann wer das ein gespunnen turckisch gold gewesen. Auff irem haupt trůg sie ein schon perleingebend, auff dem einen schonen krantz. Ir stirn, erhaben glat und wolgeziert mit gebogen schmalen augbräulein. Die euglein, wie schon und klar die gewesen, kan ich nit volloben; sie kondt auch deren so lieblich gebrauchen, das nit zů schreiben ist. Ihr neßlein langlecht und nit gar zů scharpff; ire wenglein schon mit kleynen grüblein bekleydet, lieblich rosiniert; ir zart unnd wolgesprecher mund mit einer lustigen rubinfarb von der edlen natur begabet; das under leftzlein hieng ein wenig für das ober gegen dem zwifachen gespalten kinlein zů tal; ir helßlein in rechter leng; die brust schon und breit. Sie hat auch ein gantz rans weichlein, darunder das überig teil gar artlich proportziniert was. Der gang an ir was ein überzierliche[51] wolgestalt ires leibs. Die jünger schwester nit mit minder schonheit geziert was dann die elter, allein das sie ein wenig brauner was an der farb.

Als nun Charitas mit iren töchtern ein kleine zeit bei dem hochmeister gewesen, hat er zů stund Fridbertum sampt Felixen und dem alten ritter berüffet sampt andren seiner räthen, die dann gehorsam erscheinen. Der hochmeister sagt in alles, was er den vorgenden tag mit Fridberten und Felisen geredt hat; dann ihm wer nit von nöten ir beider fleißigen dienst vor ihn allen zů erzalen, dieweil alles sein hoffgesind ein semlich täglichen vor augen scheinbarlich sehen. Darumb wer im in gedancken kummen, wo es in an ders beiden gefallen, wolt er sie mit züchtigen schönen junckfrauwen versehen, dieweil er gůter hoffnung wer, Charitas die můter sampt ihren töchtern würden ihm seiner bitt nit abschlagen. Als er nun ein semlichs mit seinen rhäten geredt, růfft er zů ihm die züchtig und wolbertig Charitas und sagt: ›Mein liebe und getrewe dienerin, umb das ich nach euch geschicket, beschicht auß allem gůten gunst und sundren gnaden, so ich gegen euch hab, welches dann ewer gemahel seliger gedechtnüß wol umb mich beschuldet, mir auch euch sampt euwern beyden töchtern in seinem todtbett gantz treülichen empfolen. Darumb ich dann nun zůmal ewer aller getrewer vatter sein will. So euch das anders anmütig, will ich beyd eüwer töchter mit züchtigen tugentsamen jünglingen verheyrathen, welche von wegen irer tuget wol edel genant möchten werden. Darauff, mein liebe Charitas, mögt ir eüwern willen zů verstan geben.‹

Die gůt frauw des grossen erbietens so unmeßliche freüd empfieng, das sie vor freüd nit wußt, was sie antworten solt; jedoch kurtz bedocht fiel sie ihm zů fůß. Der hochmeister nam sie bei der hand, zog sie auff und satzte sich zů ir auff einen banck, sagt: ›Mein Charitas, mit unerschrocknem hertzen gebt eüwern willen zů verston!‹

Charitas hůb an zů reden und sagt: ›Hochwürdiger, durchlüchtiger, hochgeborner fürst, der grossen veilfeltigen gnaden und vätterlichen erbietens mag ich umb gott noch umb ewer hocheit nümmer verdienen. Was möcht mir glückseligers auff diser erden zůston, dann so ich meine lieben töchtern also[52] glückselig in ehlichen staht kämen sehe! Mir armen wittfrawen aber ist semlichs zů volbringen nit möglich. Dieweil aber eüwer hochheit sich so vätterlichen erbieten thůt, so ergib ich mich mit meinen töchtern in deren schutz und schirm. Dann ich meine beiden töchtern in solicher gehorsamkeit aufferzogen, das ich weyß, keine under in beyden wider meinen willen nimmer thůn würt. Darumb, allergnädigster herr, habent ir vollen gewalt.‹ – ›Das gefalt mir ser wol‹, sagt der hochmeister, ›ich will auch in disem heyrot zů beyder seiten vatter sein, braut und breütigam mit einem herrlichen zůgelt versehen.‹

Also stund der hochmeister auff, gieng mit seinen räten uff ein ort, nam Fridberten und Felixen zů in, sagt in alle handlung. Wer hat grösser freüd dann die gůten jungen herren! Dann wiewol Fridbert sich vormals gewidert hat, als er aber der schönen zuchtigen junckfrawen ansichtig ward, darbey iren züchtigen wandel ersehen, hat im zůstund sein hertz ein anders geraten. Als er nun von dem hochmeister gantz gruntlichen bericht empfangen, hat er in gleich gebetten, wo möglich wer, das er im die schone und zůchtige junckfrauw Felicitas zů einer gemahel geben wolt. Deßgleichen begeret auch Felix, im die die ander junckfraw Concordia zů vermehelen. Das gefiel dem hochmeister fast wol; berůfft von stund an die můter sampt iren beyden töchteren, gab sie selb zůsammen; dann alle ding waren zůvor abgeredt. Die hochzeit ward bestimpt auff ein gelegnen tag.

Das wend wir also lassen beleiben und wider kummen an den trübseligen unnd armen Wilibaldum, wie er sein narung so in grossem jamer, ellend und trübsal hat suchen müssen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 50-53.
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