18.

Von der herrlichen hochzeit, so zů Boßna an des hochmeisters hoff gehalten ward den beiden junglingen zů gefallen, auch wie sie so reüchlich von dem hochmeister auß wurden gesteürt.

[57] Es was jetzund die zeit vorhanden, das man alle ding, so zůr hochzeit von nöten was, zůrichten solt. Der hochmeister ließ einen freien hoff außrüffen in seinem gantzen land, damit alle ritter und graffen, so ihm underworffen waren, erschinen und einmal freüd und kurtzweil hetten. Es ward auch ein groß jagen und beyssen auff allerley wiltpret angestelt; da wolt niemans der bößt sein. Also kam in kurtzen tagen ein grosse zal wiltprecht von hirschen, rehern, schwine und beren, das sich menicklich darab verwundren thet. Die kuchen wurden auffgeschlagen in einem schönen weiten baumgarten. Darinn wurden vil zelten auffgeschlagen, under wellichen man essen unnd trincken solt.

Als nun bestimpter tag kam, an welchem die hochzeit solt gehalten werden, do ist nit zů sagen, was köstlicheit erscheinen thet von frauwen und junckfrawen; die kamen gantz zierlich bekleidt mit perlein, gold und silber umbgeben. Do hort man vil trommeten, herbaucken, zincken, harpffen, lauten unnd gigen; in summa alles seytenspils was da ein überfluß, do hort niemant sein eigen wort. Es kam jetzund die stund, das man zů der kirchen gon solt. Der hochmeister gyng zů fordrist, Fridbert gieng im zů der rechten seiten unnd Felix zů der lincken, die fůrt er bey iren henden. Ihnen volget gleich auff dem fůß nach Gottlieb, der alt ritter, in grossen freüden; mit im gieng der obrist hoffmeister des hochmeisters; denen volgeten graffen, ritter und knecht an grosser zal. Zůlest kamen die zwo schönen vermelhten junckfrawen auff einem kostlichen[57] vergulten wagen gefaren. Dem wagen volgeten noch vil ander köstlich und schöne wägen nach, all mit schönen junckfrawen und frauwen besetzet.

Do sie nun für die kirch kummen, zůhand ist do gewesen ein ertzpriester, hat erstlich Fridberten und sein liebste junckfraw mit schönen worten ermanet, was der ehlich stand, auch wie und wer den ingesetzet, auch wes sie sich in sollichen heyligen stand halten sollen. Demnach er nun ein gůte zeit mit in geredt, hat er den göttlichen sägen über sie gesprochen und in die kirchen gefürt, da dann das ampt gar herrlich mit lieblicher music volbracht ward.

Nach dem ist man zů tisch gangen, jeder nach seiner wirdi gesetzt worden. Was aber do für kostlicher speisen und trachten fürgetragen worden, bedunckt mich zů schreiben nit von nöten sein. Es näm ein jeder selb acht, wie es bey gemeinen hochziten zůgaht. Do můß nummen der vollauff sein, man vergißt aller armůt. Wann man zůr hochzeit einkaufft, seind alle freünd gantz willig; do find mann vil vettern und basen, die alle helffen hüner und genß zůtragen. Braut und breütgam müssen schöne schauben, röck, hosen und wammeß haben; in ist kein tůch zů theür, wann nur der kauffmann ein breiten fůß hat und borgen will. Dann seind wir zwen oder drei tag in fraw Venus berg. Wann dieselbigen rumb seind und es an ein rechnen und bezalen gaht, so kummen wir in die rechnung, können nit drauß kummen, müssen vil an der hochzeit nachziehen; der wein und ander ding ist noch nit bezalt. Da sieht man kein baß noch vetter mehr, so die hüner, genß, kälber und anders hand helffen kauffen, ja, aber nit bezalen. Wolan, so faren wir dann auß frauw Venus berg in sant Patricius fegfewr; und eh das jar umb kumpt, so wolten sie, es wer noch anzůfahen. Diß bleib also.

Als nun der imbiß im besten was, trůg man für der beyden braut tisch ein schönen hohen stůl, der was bedecket mit einem roten carmasein; den stalten vier ritter gegen den beyden breüten, das in mencklich sehen mocht; niemant aber wußt, was dis bedeüten wolt. Es was aber ein schönes weites gezelt, under welchen die breüt saßen sampt dem merern teil frawen und junckfrawen. Darumb nam im der hochmeister[58] für, die zůgab, so er beiden brüten geben, wolt er für frawen und junckfrawen spieglen unnd nit vor den mannen, damit es nit under alles volck käm; dann er wol wußt, das die lieben frewlein verschweigen und ein ding bey in beliben lassen. Und obschon bey weilen [eine] ir lieben gefetterin etwas offenbart, sagt sie doch zůvor: ›Lieb gevatter, ich het euch etwas zů sagen, wann ir reinen mund haben wolt.‹ Sodann sagt die ander: ›Ach mein liebe gevatter, es soll bey mir behalten sein als in euwerem eignen hertzen.‹ So sagt dann jene: ›Lieb gevatter, in euwerem hertz geredt!‹ Sagt ir damit den handel. Das bleibt verschweigen, biß sie zů einer andren kumpt. Diß alles wußt der hochmeister wol, darumb meynt er nit von nöten sein, sein fürnemen vor den mannen zů erzeigen.

Es kamen jetz die vier ritter oben gemelt; deren jeder trůg ein schönen grossen vergulten kopff, in deren jedem waren tausent stück golds. Vor inen her gieng ein herolt und zwen trummeter. Der herolt růfft vor meniglich die gaben unnd schencken auß. Demnach satzten die vier ritter die gaben auff gemelten stůl, und mit genummen urlob von junckfrawen und frawen zugen sie wider davon. Alsbald nun das mal ein end nam, jede frauw zů ihrem gemahel eilet, alles, was sich verlauffen hat, baß bericht, dann wann er es selb mit augen gesehen het.

Nachdem nun das wasser auff die hend genummen ward, ist ein schöner tantz gehalten worden, der hat geweret biß auff das nachtmal. Demnach das auch mit gar köstlicher speiß unnd dranck volbracht ward, unnd wider ein neüwer dantz bey vilen wintliechten gehalten worden.

Da jetzund die stund der rhů kummen, hat man braut unnd breütgam mit grossen ehren schlaffen gefüret. Darnach ist auch jedermann an sein rhů gangen, habend die überig nacht mit süssem schlaff vertriben. Das hoffgeseind aber hat, erst, nachdem herren und frawen schlaffen seind gewesen, weydlich uffgeschepfft; da ward erst Lorentz keller.

Die nacht vergieng, und der ander tag erschein jetz mit klarem schein. Da fieng man an von neüwen dingen die malzeit gar köstlichen zů bereiten. Der hoffmeister befal an seinem hoff den jungen edelleüten, das sie auff den kunfftigen[59] tag sich rüsten solten unnd ein gesellengestech anrichten; welcher dann under inen den preiß behielt, dem solt ein kleynot verert werden zů seinem danck. Deßgleichen ordnet er den ritknechten ein danck, das was ein kleid von fůß auff; die solten mit stumpffen schwerten in einem schrancken zů roß kempffen; welcher dann sich am baldisten dumlen kondt, dem solt die gab, so bey sechs ducaten wert was, geben werden. Zům dritten gab ein gemeine ritterschafft den schildtbuben auch ein kleit auff dreyer ducaten wert; die můßten in einem schrancken mit lidrinen kolben, so gantz hart außgefüllet waren, kempffen on alles harnasch und mit blossen heubtern, nichts anders dann hosen und hembder an und schlaffhauben auffhaben; das dann gar ein kurtzweiliges sehen was. Es warde auch der edlen und gräffinnen junckfrauwen etlich elen damast außgaben, darumb můßten sie lauffen; welche dann mit ersten das zil erreichet, deren ward ein semlicher damast erteilet.

Diser und deren gleichen kurtzweil wurden auff diser hochzeit vil getriben, darvon dann gar vil zů schreiben wer; wils aber underlassen. Wer aber ein semlichs zů wissen und sehen begert, mag das an eines jeden fürsten hoff nach seinem gefallen erfaren. Die hochzeit weret bey den acht tagen, das niemant von hoff schied, biß die acht tag verscheinen. Da nam jedermann urlob von dem hochmeister und reit wider heim. Fridbert und Felix läbten in grossen freüden mit iren beiden gemeheln, also das sie in kurtzen tagen ir selb schwanger empfunden, davon dann erst grosse freüd entstund.

Diß bleib also, und wend jetz wider an unsern Wilbaldum kummen, wie es im ergieng.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 57-60.
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