11.
Die hochzeit wird gehalten mit grossen frewden, aber gar kein dantz oder seitenspiel gebraucht; auch von der morgengab, so Reichart der braut sol geben, gehandlet.

[148] Als nůn die drey tag verschinen sind, haben sie die braut des morgens frü zů der kirchen gefürt, darbey dann anderst niemands dann die früntschafft gewesen ist, alles aus oberzalter ursachen. Als es nůn umb den ymbiss ward, hat man sich zů tisch gesetzt, frölich angefangen zů essen und drincken.

Es het aber der alt Robertus ein tag darvor alle alten hausarme leut, so im müglich sind gewesen anzůkumen, berůffen lassen, das sie uff die hochzeit dergestalt erscheinen solten: des morgens frü solten sie sich in der kirchen einmütiglichen versamlen und da gott den almechtigen bitten, das das er disen zweien jungen menschen seinen segen und gnad verleihen wolt, das sie in seinem götlichen willen leben möchten, gesunde kinder bey einander zeugen, und so dieselbigen erwüchsend, das sie die in der ehr und forcht gottes auffziehen, seine gebot underweisen, zů der gehorsamkeit abrichten und sie sunderlich auch vor der gotslesterung und dem liegen verhüten möchten; das ihn got auch ein solchen verstand, keusch und gotsförchtig gemüt und hertz geben wolt, wie er dem jungen Tobia durch Raphaelem den engel eingebildet het. Wann sie dann semlichs volbracht, solten sie in gemeiner schar in seine behausung kumen, da würd inen allensamen ein gůt malzeit bereit sein. Dis alles ward durch die armen leut nach des alten herren willen unnd begeren volzogen.[148]

Als nůn die armen leut in herr Robertus haus kummen sind, ist inen in einem grossen weiten saal ihr losament fein und ordenlichen zůgericht gewesen. Da waren vil taflen gedeckt mit schönen weissen tüchern. Robertus het ihnen auch ire sundere und eignen schencken und dischdiener bestellet, so allein auff die armen leut solten warten, damit keinerlei mangel noch bresten bey inen gespürt würde. Als sie nůn gar ordenlich zů tisch gesessen, habend sie zům ersten gott den allmechtigen umb das täglich brot gebetten; darnach hat man inen das essen dargetragen. Also habend sie gantz züchtigklichen gessen und getruncken mangerlei gůter speis und tranck, das nit ein wunder gewesen were, das sich etliche übertruncken hetten. Aber deren ist keiner gesehen worden; dann sie alle, weib und mann, mit züchten unnd grosser dancksagung speis und dranck genossen haben.

Disen brauch habend unsere bettler im Teutschen land gar fein und hoflich gelert. Das kan ich sagen, das ich uff etlichen reichstagen gesehen, wann man tags das almůsen, das dann reuhlich da was, außtheilt, das sie einander häfen und schüßlen auff den köpffen entzwey geschlagen; müßt auch einer spitz ohren gehabt haben, der ein vatterunser von einem gehört, aber gůt starck lantzknechtisch schwür, die ein namen hatten. Aber doch waren auch darunder, denen mit solcher unützen weis nit wol was, unnd ob sie gleich wol einen missfallen darab hetten, můsten sies dannocht ein gůte sach lassen sein. Jetz kumen wir wider uff die materi.

Als nůn die armen leut den ymbis volbracht, hand sie gott dem herren lob und danck gesagt, demnach auffgestanden. Bald ist der alt herr mit sampt dem breutigam kumen; denen haben die armen leut tausentveltig glück gewünscht. Der breutigam aber hatt einem yeden armen menschen einen groschen geschenckt; damit sind sie abgefertigt gewesen.

Ich můs aber ein wort darzů reden. Es ist der brauch gar nit bey uns, wiewol wir ein andere gewonheit, die auch nit zů verwerffen, bey uns haben. Wann zů zeiten hochzeiten[149] sind gewesen, habe ich offt gesehen, das die beyde müter, der braut und des breutigams, harumbgangen sind; alsbald man ein essen uffgehaben und von den tischen getragen, sind sie da gewesen und alles angeschnitten fleisch, oder was das gewesen, in besunder kessel oder häfen gethon; das hatt man dann zů einer bestimpten stund under die armen leut ausgetheilt. Jetzund macht man aus solchen bitzlen, schnitzlen und fragmenta ein kauffmanschatz; dann es mag das volck nit so bald vom tisch auffston, es sind der kaufleut ein gantzer hauffen zůgegen mit häfen und mit schüsseln, kauffen den blunder allen gar auff, also das den armen leuten das spülwasser, darin diser kauffmanschatz gelegen, kaum werden mag. Hüw umb, lauff teufel lauff! Ist dir, als du inkaufft hast, nie nichts zů theur gewesen, schauben und röck, guldin gürtel, perlin porten hatt alles müssen zům kostlichsten da sein, du hast nit rhatgeben gnůg haben mügen, die dir die richten, trachten und schleck angeben, wie du sie einander nach antragen, und můs alles gantz eben sein, da kan niemant zů vil fressen unnd sauffen, niemants kan nichts nit verderben; bald aber der arm dürfftig kumpt, da ist allenthalben mangel, da hat man nichts mer auszůthailen dann böse unütze wort, stoßt man sie anderst nit gar zů haus und hoff aus, schleußt thür und thor vor inen zů. Wolan, got sicht und hört alle ding. Er sah den reichen man wol in seim pracht und schmuck bey dem goltgezierten tisch; er sahe aber auch den armen Lasarum mit vilen grossen geschweren vor des reichen thüren, da im die hund seine offnen geschwer und schäden leckten. Wie giengs aber darnach? Rauch genůg giengs zů. Der arm Lasarus starb bald harnach, und ward seine seel von den engelen getragen inn die schoß Abrahe. Da aber der reich starb, wo kam der hin? Seine engel, die leidigen teuffel, trůgen in in die abgrunt der hellen. Warumb geschahe im das? Darumb das der vol wanst dem gůten Lasaro die brösamlin von seinem tisch abgefallen versagt hat. Darumb biss nur emsig, so du ein sůn oder tochter hingibst, damit dir nichs vergebens hinweggang! Dann gibstu das den armen, got mag dirs nitt vergelten am jüngsten tag. Aber so du gelt kanst[150] draus lösen, wirstu von dem teuffel noch mer lons gewertig sein. Diss sey genůg davon geredt.

Die hochzeit ward also mit kurtzweiligem und früntlichem gesprech biss zum nachtymbis vols vertriben; dann alles dantzen, wie offt gemelt, da vermitten blib.

Richart hette sich hiezwischen heimlich inn sein contor gethon sampt seinen beyden knechten. Er nam ein gar schönen grossen doppelten übergulten kopff; die beyden theil legt er voller goldt, den einen voller schiffnobel, den andern voller rosennobel sampt einer schönen guldenen ketten, befalh seinen beiden knechten, gantz fleissig wahrzůnemen, wann des morgens schweher und schwiger für sein schlaffkammer gon und die morgengab an in der braut forderen, solten sie mit disen beiden köpffen auff der fart sein und auch für die kamer kumen; diß wolt er der braut zů einer morgengab verehren.

Nach dem gieng Richart zů dem nachtmal. Da das auch volbracht was, fůrt man die braut in ein schöne kamer schlaffen. Demnach nam vederman urlop, zogen zů haus, vertriben die nacht mit süssem schlaff, erwarteten also in der rhů des anderen morgens. Das gesind aber, so den gantzen tag zů schaffen gehabt, sassen erst die gantz nacht zůsamen und hetten iren gůten můt auch.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 148-151.
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