27.
Wie sich die beiden vätter irer kinder halben under einander underredt haben und entlich beschlossen einen heurhat zů machen, aber zůvor und eh den jungen Lasarum in fremde land ein zeitlang zů schicken.

[187] Lasarus der bitt seines gesellen zů willfaren gäntzlichen bereit was. Er befalh seinem sůn, was er die zeit solt außrichten; also giengend sie beid mit einander. Sobald sie nůn für die porten kumen sind, hat Reichardus angefangen mit seinem gesellen uff solche meinung zů reden: ›Mein lieber getrewer brůder und fründ Lasare, ich hab deine trew, früntschafft und liebe nůnmer gnůgsam erfaren; darumb nit viel probierens von nöten. So wais ich zůvor wol, wann dir müglich were etwas gross von meinetwegen außzůrichten, du würdest[187] dich keinswegs sparen. Das vertrawen soltu in gleichem fal zů mir haben. Nůn waistu, wie wir zům offternmal unser fatzwerck miteinander getriben haben deines sůns und meiner tochter halben. Solchs wil mich schier beduncken, zů einen ernst geraten wölle.‹ Damit fieng er an und erzalt ihm, was sich erst mit seiner tochter und dem ringlin zůgetragen het, desgleichen was sie für wort getriben, bey denen wol abzůnemen wer, das sich nit ein kleines fewr in inen beiden enzündet hette. So were im auch die sach gantz gefellig, allein das wer im beschwerlich, sie hetten beidsamen das recht alter nit auff inen. Darzů so were Lasarus noch nie auskumen, künd auch nit mehr dann ein sprach, das im dann zů seiner hantierung übernacht einen grossen abbruch bringen würd mit kauffen unnd verkauffen. So were es auch umb einen ungewanderten jungen, der die fremde nit erkundiget het, wie umb ein ungekochtes gemüs. Derhalben begert er seine (des Lasarus) meinung auch zů verstohn, was er doch in der sach meinet am allerfüglichsten zů handlen sein.

Lasarus [het] mit erst ab den worten Richardi nit wenig schrecken empfangen, biss er seinen gůten willen gegen seinem sůn vermerckt. Er gab im antwort uff sein begeren: ›O Richharde, liebster brůder, du hast mich warlichen im anfang deiner wort grausam erschreckt, dieweil ich inn grossen sorgen stůnd, mein sůn würd dich durch solchen frevel erzürnet haben. Ich aber spüre erst deinen gnedigen und gůten willen gegen im; des ich mich dann von wegen sein zům höchsten bedanck, dieweil ich bekennen můs, das mir gar vil gůts widerfaren ist, dieweil ich in deiner geselschafft gewesen bin. Du hast mir zů meinem haus geholffen, den merern theil daran bezalet aus deinem eygnen gůt. Nit weniger bist du mir noch allen tag vorstendig mit gold und edlem gestein, ich geschweig aller anderen gůtthaten, so mir von dir all stund bewisen werden. Nu aber wiltu erst meinem sůn auch berhaten sein; das mir dann die gröst zeitlich frewd sein würd, so mir in all mein tagen zů handen gangen oder noch gehn möcht, wo ich erleben solt dein tochter und meinen sůn mit einander ehliche beywonung zů haben. Darumb, mein Reichart, gedenck, rhat und thů im, wie es dir selb am basten[188] gefallen will mit meinem sůn! Dann ich im gar nit nachzůgedencken waiss.‹

Reichart auff die wort Lasari also antwurt: ›Dieweil du dann meines rhats und willens pflegen wilt, so vernim meine wort mit gantzem fleis, damit du erachten magst, ob dir ein solchs zů thůn sei oder nit! In mir hab ich beschlossen, das wir uns gegen beiden jungen gar nichts wöllen mercken lassen, das uns etwas darvon zů wissen sey. Nicht dest weniger wend wir deinen sůn Lasarum kleiden und zůrüsten, was im von nöten sein würt. Sodann bin ich vorhabens, auff nächstkünfftige mess gehn Antdorff zů faren; da wais ich deinem sůn ein gůten herren, bey dem er in kurtzer zeit wol an seiner arbeit gebessert werden mag, auch darbey die frantzösisch, italianisch und hispanisch sprach ergreiffen. Dann er aus allen disen landen gar künstreiche goldarbeiter zůwegen bringet; solchs laßt er an keinem gelt erwinden. Zů im hab ich gar gůt kuntschafft und sehr vil mitt im gehandlet, in auch alle meine tag nie ungerecht an einem wenigsten wort erfunden. Zů demselbigen, so dirs gefallen wil, kan ich deinen sůn verschaffen. Wann er dann ein jar zwey ausgewesen ist, mag man wider nach im schicken. Alsdann haben sie beid erst ein rechtes alter auff inen, und würt der verstand auch etwas bey in gescherpfet, wiewol mich noch ein sorg ängstiget. Wo wir den jüngling also hienweg füren und dergleichen thůnd, als wann uns von irer liebe gar nit zů wissen sey, werden sie das auch nit dürffen öffnen; nicht dester minder würde inen semlichs abscheiden grossen schmertzen geberen, so das iren eins oder vileicht beyde in harte und schwere kranckheit fallen möchten, also das wir wolten, das wir disen anschlag nie gemacht hetten. Darumb will mich für gůt ansehen, das wir unser weiber darunder besprächen, was ir gůtbeduncken hierinnen wer. Gewiss werdend wir ein geschwinden rhat bey inen finden. Ein ding aber wais ich fast wol, das sie einander für sich selb noch gar nichts versprochen haben. Dann das gröst wünschen und begeren meiner tochter was heut morgen, das sie gantz fleissiglichen got von himel bat, das er durch sein eingeben den älteren ein gleichförmig hertz machen wolte, damit wir alle vier einmütiglich zů rhat würden[189] inen zweyen zůsamen zů helffen. Dis was gäntzlich ir begeren. Darumb, mein Lasare, magstu auch sagen, was dir zům basten gefallen wöl.‹

Daruff sagt Lasarus: ›Richarde, fürwar dein fürschläg beidsamen gůt sind. Jedoch liesse ichs bey dem letsten beleiben, also das wir unser weiber auch darvon reden horten.‹ – ›Wolan‹, sagt Reichart, ›so gehnd wir im namen des herren mit einander zů haus, die ire meinung zů erfaren.‹

Dises ward also stracks volendet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 187-190.
Lizenz:
Kategorien: