42.
Wie Reichardus mit dem Francisco zů haus gangen, im den Lasarum uffs fleissigest bevelhen thůt.

[233] Als nůn menigklich seinem geschefft nachgangen, Ferdinandus nach gewonheit der factoren auch auff bursch gezogen ist, auff das er seinem herren nichts versaumet.[233] Franciscus den Reichardum sampt dem jüngling mit im haim zů haus füret; da wurden sie von newen dingen von des goldschmidts weib fründtlichen empfangen.

Reichardus, als er nůn vermercket, das Lasarus ein gůten willen het zů bleiben, auch nicht wissen mocht, wann im ein schiff, so in Portugal schiffen würd, an die hand stiess, hatt er im fürgenumen, ein entlichen abscheidt mit Lasaro und Francisco zů machen. Derhalben fieng er an uff nachgonde meinung zů reden: ›Lasare, mein lieber eyden, (dann also solt du yetzund von mir genant und gehalten sein, so lang mir und dir got das leben gunnen thůt) du waist, was mein und deines vatters begeren zů Lisabona an dich gewesen ist, namlich das du ein zeitlang alhie zů Antdorff dich erhalten solt etlicher sprach halben, als namlich frantzösisch und spanisch zů lernen. Damit aber du inn solcher zeit deines handtwercks nit in vergess kummest, hatt uns für gůt angesehen, dich zů einem herren zů verdingen, bey welchem du im brauch und practick bleiben magst. Denselbigen habend wir nach allem unserem wunsch unnd willen überkumen; binn auch sunder zweifel, du werdest dich früntlich, wol und ehrlich bey im erhalten werden, so du anderst, als mir nit zweiflet, seines willens und gůten rhat volgest. Darumb, mein Lasare, so sichs heut oder morgens zůtrüg, das ich von land schiffen würd, wöllest du diser meiner red, so ich yetzund und vormals mit dir geredt hab, ingedenck sein, darneben deines liebsten vatters lehr nit vergessen. So magstu, wo dir gott dein leben erstrecken wirt, noch zů grossen ehren und reichtum kumen‹.

Auff dise wort antwurt Lasarus gar sanfftmütigklich und sagt: ›Mein hertzlieber vatter, deren red, so ir und mein liebster vatter mit mir gethon, würd ich in ewigkeit, solang sich dann mein leben erstrecken wirt, nimermer vergessen noch dieselbigen aus meinem hertzen kumen lassen, in welchs ichs mit allem fleis verzaichnet hab. Zům andren will ich mich in aller lernung dermassen fleissen und üben, es sey gleich auff dem handtwerck oder in übung der sprachen, das mir in jarsfrist gar nichts manglen sol, damit ich in kurtzer zeit wider gehn Lisabona schiffen mag. Der bösen geselschafft[234] halben bedörffend ir gar keinen mangel noch sorg umb mich haben; ich wil mich deren wol entschlagen künden. Zůdem hoff ich mich gegen herren und frawen, deßgleich gegen dem gesind so früntlich zů halten, das sie mir alles gůten verjehen sollen.‹ Also empfalh Lasarus dem Reichardo, seinem vatter und můter anzůzeigen, wes willens und meinung er were, bath im auch die uffs früntlichest zů grüssen und innsunderheit sein liebste junckfraw Amelia.

Reichardus sagt im zů, die sach also auszůrichten, wie er im befolhen, in darbey ernstlich bittende, seinem fürnemen nachzůfaren, damit er bald wider in Portugal kummen möcht. Demnach befalhe er in Francisco, dem goldschmidt, auffs trewlichest, im das früntlichst und best zů thůn und im gar niendert an mangel zů lassen, so ihm an kleidung, gelt oder ander notdurfft abgienge, widerumb damit zů versehen.

Wie er nůn also mit dem Francisco red, so kumpt Lasarus, zeigt an, wie ein schiff vorhanden sey, so den mornigen tag in Portugal faren wölt. Des dann Reicha dus wol zů můt was, fügt sich eilends an das port, kam zů dem patronen, verdinget sich auff das schiff sampt anderer wahr, so er zů Antdorff kaufft hett. Demnach sind sie wider in Franciscus haus gangen.

Da was ein gůt mal bereit, und hett Franciscus auch andre seine gůten fründ geladen, desgleichen auch den Ferdinandum. Sind also fründtlich zamen gesessen, den nachtimbis mit freuden und kurtzweiligem gespräch volbracht, demnach vom tisch auffgestanden, in einen lustigen garten spatzieren gangen, darin ein schön summerhaus gewesen ist. Franciscus weib einen kostlichen schlaffdrunck zůrüstet, vil und mancherley confect und latwergen dar stalt. Also an dem gůten und külen lufft bei einander sitzen bliben, biss yetzund der himmel von den glantzenden sternen zwitzert. Der mon auch mit hellem schein die gantz erd durchleuchtet, und der nachthawer die nacht mit seiner ungehewren stimm verkünden ward.

Es hette auch schon des schlaffs gott die seltzamen und vermischten trewm ausgesant, einen yeden an sein sunder end verordnet. Diser gott des schlaffs ligt in Cimmeria in einem[235] nüblingen und finsteren hol, darin kein tag sunn noch mon nimmer scheinet. Da hört man die nachtgal nit den tag verkünden; des hanen flattern mit seinen flüglen wirt auch nit gehört, sein kreyen und laut verkündung des tags ist nie da erhört worden; keines hundes bellen, des stiers brülen erschal nie in disem hol; für und für ist gantz stille zeit darin, damit der gott seinen schlaaff mit rhůen haben mag.

Als sich nůn die trewm under die ehrlich geselschafft gemischet, fieng sie an der schlaaff hefftig in iren augen zů schmirtzen, also das sie allgemeinlich der rhů begeren warden. Also ein yeder, nach dem billich was, zů beth gewisen; bald umbgabe sie ein sanffter schlaff. Vertriben also die nacht in stiller rhů und mit süssem schlaff.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 233-236.
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