20.

Wie Walter sampt seinem diener kamen zů dryen bösen bůben in einem wald, wurden von ihn geplündert und außgezogen, an einen baum gebunden.

[316] Walter, der gůt jung, sampt seinem knecht war jetz biß[316] in die viertzehen tag geritten, allenthalben nach Lewfriden fragten, aber bei niemandt kein rechten bescheid erfaren kondten. Dann sich der jüngling Lewfrid an keinem ort noch hat recht zů erkennen geben, derhalben niemans seines harkommen wissens tragen mocht. Er was auch schon ein ansichtiger gerader reytersman worden und dorfft sein feinden wol under augen tretten; Walter aber meynet, er wer der schůlen und studieren nachgezogen, darumb befragt er sich in allen schůlen, wo er in ein statt kam.

Es begab sich eines tages, das die zwen jüngling durch ein grossen dicken wald reiten solten, davor in gar graussen ward. Vor dem wald stůnd ein herberg oder wirtzhauß, in welchem sich die kaufleüt offt samleten, biß ir ein gůte zal zůsammenkam, damit sie sicher durch den wald reiten möchten; dann es geschach gar groß mort und rauberey in demselben waldt. Der wirt in gemelter herberg warnet die zwen jungen gar treüwlich, sie soltend sich nit einig auff den weg wagen, sunder der zeit erwarten, das mer kauffleüt zů in kemen.

Dise warnung höreten drey grosser schelck und mörder, so in dem wirtzhauß lagen; die namen sich an, als werend sie zollierer und gingen mit gestein umb, weren des willens gon Lisabona zů reissen, edelgestein daselb zů kauffen, stalten sich gantz förchtsam. Der wirt hat groß mitleiden mit in, meynet, der sachen wer also, sagt auch zů inen: ›Lieben fründ, haben gedult! Ich hoff, es sollend morgen etliche kaufflüt kummen. Mit den mögend ir sicher hindurchwandlen.‹ Die drey schelck aber, als sie hörten von kauffleüten sagen, so kummen solten, sorgten sie, die zwen jungen wirden ihn entgan; machten derhalben ein anschlag mit einander, der elter under ihn, ein gar durchribener schalck, solt sich anemmen, als wan er nit lenger harren wolt; er wolt die sach uff glück wagen, ihm wer vormals in disem wald nichts widerfaren, darumb hette er gůte hoffnung, ihm solte aber auff seiner reiß gelücken. Die anderen zwen seine gesellen sagten: ›Wolan, so wöllend wirs auch uff glück mit dir wagen.‹

Diß als erhört Walter und sein gesell, glaubten dem schmeichlen dieser dreyer nassen knaben, begerten inn ihr geselschafft. Dise aber widerten sich ein wenig, sagten: ›Wir[317] mögent eüch nicht gefolgen, dieweil ihr zů roß und wir drei zů fůß sindt.‹ Walter sagt: ›Lieben gesellen, wölt ir eüch brüderlich mit uns halten, so ist der sachen wol zů thůn. Nement ewer kleider und peck, legen die auff unsere pferdt! So wöllen wir unser stifel abthůn und mit euch zů fůß durch den wald gon.‹ Diß gedings unnd packs wurden sie eins. Und als sie das mal genomen, den wirt bezalt, gesegneten sie in, zugen den wald an.

Walter und sein knecht besorgten sich gar nichts, waren gůts můts. Als aber die drey schelck meyneten, sie werend ir gelegenheyt nach weit genůg in dem wald, griffen sie eilens die gůten jüngling ungewarnter sachen zů ruck an, namen in bald ihr gewehr unnd gewand, bunden sie mit stricken an einen starcken tannbaum. Der eltest aber under disen schelcken rieht, man solt die beyden jungen umbringen, damit sie kein geschrey mächten, unnd so sie von jemans gehört, wirden sie ledig gemachet, und möcht man sie dann ereylen, so müsten sie ein schweren standt beston, möchten auch mit dem leben nit darvonkommen. Disen raht aber wolten die zwen jüngsten nit volgen; dann sie etwas bedaurens mit den beiden jünglingen hatten, sagten: ›Hey, wir wend uns an diser beut genügen lassen und in dafür das leben schencken; dann sie gewißlich von disen banden erlößt werden, so andere kauffleüt die strassen reyßen.‹ Ach, was grosser angst unnd not umbgab den gůten Walter! Dann er sorget stetigklich, sie wurden deß eltesten raht volgen. Zůletst sagt der alt: ›Wolan, wölt ihr sie lebendig lassen, so lond uns nit lang allhie verharren, sonder eylens auß dem wald keren!‹ Also fůrend sie darvon mit den beiden pferden.

Walter, der gůt jung man, fing kleglichen an zů weinen und gott sein jamer, leiden und ellend zů klagen: ›O liebster vatter und můter, solt euch die angst und not kund sein, in deren ich jetzund stand, ich sorg, es wird euch ewer hertz zerspringen. Ach gott, hett ich dem raht meines vatters gefolget, der mich so hertzlichen ermanen thet, ich solt rhüwig bey ihm beleiben, so wer mir diß groß ellend nit zůhanden gangen. O du mein lieber und getrewer diener, sollen dir für deine dienst nit bessere belohnung werden, so müß mich ymmer[318] rewen, das du mich je erkandt hast. Dann ich förcht unser nit mehr vor den mördren, die uns beraubt hand, sind darvon. Obschon gleich andre kommen unnd nichts von uns gewertig sein mügen, so land sie uns gefangen unnd gebunden stohn; die wilden thier aber, als wölff und bären, werden uns mit ihren grimmigen klawen zertheilen.‹

Diser klag geliehen fůrt Walther gar vil. Sein gesell und diener aber tröst in, so bast er mocht; dann er war gůter hoffnung, sie wurden von den leuten erlößt werden.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 316-319.
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