33.

Wie der graff einem verwegenen schalck anrichtet, der solt Lewfriden heimlich uff dem gejegd umbracht haben und demnach fürgeben, es het in ein schwein erhawen.

[351] Wenig rhů hat der graff weder tag noch nacht; dann er ihm stetigs nachdencken thet, durch was weg er Leyfriden möcht umbringen. Zůletst rhiet im ein böser engel disen gedancken. Er hat an seinem hoff ein überschwencklichen bösen bůben; derselbig was ein jeger, dem kein můtwillen noch schand zů vil war. Eines tags berůfft in der graff heimlich in sein gemach, legt ihm sein bösen anschlag für[351] unnd sagt: ›Mein lieber diener, du solt wissen, das ich dir vor allenn andern meinen dienern wol getrew, hab auch alle mein hoffnung zů dir gestelt, bin auch sonder allen zweifel, du werdest mir in meinem fürnemmen ein getrewer helffer sein. Du solt wissen, das mich einer meiner diener gar größlich ann meiner hochheit hat understanden zů schmehen. Denselbigen wolt ich gern hart darumb straffen; so ist mirs etlicher ursach halben nicht müglich; dann ich müßt mich eines schweren fals darob besorgen. Damit aber das mit mererem glimpff vonn mir möcht angericht werden, wolt ich denselbigen mit dir auff ein jagen schicken. So du ihn dann von den anderen jegeren und geselschafft bracht hast, solt du ihn on alles verziehen umbringen, demnach fürgeben, es hab ihn ein hawend schweyn umbracht. Wo du mir in einem sollichen val dienest, solt du reichlich von mir begabt werden. Ich will aber, das du keinem menschen davon sagest, wie geheym dir der sey. So weyß ich dich mannes gnůg sein, ein semlichen umbzůbringen, so das du keyns hilffen darumb von nöten bist. Darumb, mein lieber diener, magst du mir wol dein willen und meinung zů verstan geben.‹

Der schalckhafftig jeger fing an und sagt: ›Gnediger herr, so ich mich in ewerem dienst in noch größer sorg und fahr begeben müßt, solt mir in keinen weg beschwerlich sein. An einem man ist mir klein gelegen; dann ich mich, so lang ich ein jeger gewesen bin, ab keinem bären, schwein noch hirschen nie entsessen hab; dann so freüdiger die ye gewesen seind, so mit mer begirden ich sie understanden hab zů erlegen. Darumb so mag mir ewer gnad ein oder mehr derselbigen ewer gnaden widerwertige anzeigen und die mit nammen nennen, ich sol die sach nach allem lust zů end bringen, so das sein nymmer kein mensch innen werden soll.‹ – ›So gelob mir das‹, sagt der graff, ›damit ich dir gantz unnd gar vertrauwen mög!‹ Zůhand gelobt ihm der schalck.

Demnach fing der graff an und sagt: ›Du solt wissen, das Lewfrid, welchen ich vor allen anderen mei nen dienern geliebt und groß an meinem hoff gemacht hab, der aber übernimpt sich des in semlicher maß, das er auch understet mein tochter zů einem weib zů haben. Sollichs bin ich durch seltzame weg[352] innen worden. Denselbigen solt du mir unverzogenlich on alle erbermbd umbringen.‹

Der looß vogel, wie böß und frevel er was, noch dannocht entsatzt er sich, sobald er den jüngling nennen hort; dann im was unverborgen, wie er zům offternmal so gantz mannlich gehandelt hat. ›Gnediger herr,‹ sagt er, ›ich weyß keinen under allem hoffgesind, ich wolt in lieber understohn umbzůbringen. Dann ich weiß wol, wo er meiner ein wenig sorg hett, ich möcht im kampffs nit beston. Darumb můß ich in durch grossen list überwinden. Zů dem würt er nimmer allein gesehen, das nit Walter, sein lantzman und geschworner brůder, bey ihm sey, wiewol ich mich Walters in keinen weg entsetzen thů.‹

Der graff mercket an dem schalck, das in des schimpffs gerewen wollt; darumb stercket er in mit vilen zůsagungen und sagt: ›Du solt dich ab Waltern noch keinem andern entsetzen; sonder wer sich Lewfrids annimpt, den schlahe gleich wol zů todt! Daran thůst du mir ein sonders wolgefallen.‹ Also ward Lewfrid und sein getrewer brůder jemerlichen an die axt gegeben, aber durch iren lewen auß aller angst und not erlöset, der dann von seinem gesellen in keiner not noch far nie gewichen was.

Als nun der graff meynet, sein anschlag mit dem verrähter beschlossen haben, hatt er ihn in stiller weiß abgefertiget. Aber sobald der jeger von im kam, gedacht er inn ihm selbs: ›Nun ist es ymmer schad umb ein solchen künen helden, welcher sich seines mannes nie entsessen hatt, und sol von einem solchen schalck so gantz ungewarnet ermördt und umbracht werden. Was gedenck ich solich übel zů volnbringen! Nun möcht ich doch den jüngling wol an des künigs hoff gen Lißbona verschicken, im darbey zů verstohn geben, wo er mer an meinem hoff sich finden ließ, das ich in sunder alle gnad wolt hencken lassen. Das aber würt auch gar keinen fůg haben; dann so mein tochter sollicher ding innen würd, möcht sich ein ergers begeben, dieweil mir unverborgen ist, das ein sollich feur nimmer zů leschen sein würt. Ist auch zů sorgen, das der jüngling zů grossem glück erboren, dieweil es sich so wunderbarlich mit seiner geburt[353] und seinem gantzen leben zůgetragen hat. Ist im nun ein solich glück verordnet und beschert, würt ich im nit darvor mögen sein, auch nimmermehr gewenden. Nun aber was würt man sagen, wann mein tochter eines hirten son vermähelt, umb welche so mancher ritter und graff geworben hat! Fürwar ich wird in aller welt zů grossem spott und yedermans theding werden. Was ist aber das meer! Ist doch David auch von schlechtem stammen geboren gewesen, und hat im dannocht künig Saul sein tochter zům weib geben! Das aber wil die welt jetzunder nit mehr bedencken, jo das mir all gemeinglich von einem vatter und můter kommen. Sind gleichwol jetzund vil grosser stend auff erden, so kommend sie doch allein von tugend, deren dann Lewfrid nit wenig an im hat. Aber dem allen sey wie im wöll, so hatt er allein in dem den todt verschuldet, daß er mir zů ruck understat mein tochter abzůwerben, so ich im doch nie arges vertrewt hab. Darumb můß es nach meinnem ersten fürnemmen hinaußgohn, mir gang gleich drob zů handen was es wöll.‹

Also redt der graff lang mit im selb, nam im auch endtlich für, sobald der verrähter den todtschlag gethon het, wolt er ihn selb auch umbringen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 351-354.
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