30.

Von zweyen bösen nachbauren.

[36] Zwen nachbauren, welche allweg mit einander zanckten, kamen für den burgenmeister einer kleinen ursach halb, ob es vileicht umb ein henn oder enten zů thůn wer, und hetten beyde viel grosser kläg, also das sie den burgenmeister schier taub machten und er irem geschwetz nimme mocht zůhören, gab er inen gar ein kurtzen bescheid. Der ein war aber insunderheit ein nidige hadermetz, wie man ir wol mer findt; und do er sahe, das der burgenmeister seim nachbauren nit ein sundere saw gab oder geltstraf aufflegt, ward er so hart ergrimpt, das er nit wiste, was er vor zorn sagen solt, und sprach: ›Herr burgenmeister, noch ein böß stuck weiß ich von im: er ist ein widertheuffer.‹ Der ander sprach: ›Gnediger herr, er leugt in sein halß; er ist selbs einer und hat mich auch gewelt darzů bringen,‹ und thet darzů ein grossen schwůr oder vier und sprach: ›Wenn es nit vor dem herr burgenmeister were, ich wolt dir den kopff zerschlagen.‹ Der burgenmeister war fro, das er iren abkam, und sprach: ›Gond hin, lieben fündt, unnd vertragen eüch selbs mit einandern! Dann ich sihe wol an eüwerem schweren und neidigen nachburschaft, das ir beide kein widerteüffer sind; ich glaub nit, das eüwer einer, so er an ein backen geschlagen wirdt, das er den andern auch darhielte.‹

Also kan ein herr nit baß mit solchen zenckischen leüten darvonkommen, dann kurtz abgewysen und sich selbs lassen vertragen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 36-37.
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