48.

Einem juden büßt einer den hůsten.

[63] Es sassen auff einmal vil bauren bey einandern in einem dorff in dem wirthshauß, waren leichtsinnig und gůter dingen. Underdem so kumpt ein alter jud reiten; er saß ab von seinem pferd, fůrt das in den stall, darmit es ein wentzig erkület. Er satzt sich auch hinein in das summerhauß, sich zů erkülen; dann es war eben im heissen summer. Der jud begert, man solt im ein kanten mit wasser bringen umb sein gelt. Die bauren sagten: ›Man verkaufft kein wasser hie. Dann wir haben sunst grössern mangel an wasser, dann uns lieb ist; alle brunnen und bech sind gar verdrucknet; aber wein mag dir umb gält gnůg werden.‹ Der jud sagt, es wer wider sein gesatz, wein mit den christen zů drincken; wann es aber bier wer, hett er syn wol macht.

Also bracht im zůletst der würt ein kanten mit wasser; der jud dranck auff die hitz einen gůten starcken drunck, fieng bald darauff an, heftig zů hůsten. Als er das nun ein gůte weil getriben, hatt einer under den bauren gesagt: ›Jud, wie hastu dann den ritten mit deinem hůsten!‹ Darauff sagt der jud: ›Fürwar, ich hůst einen regen.‹ Der baur sagt: ›Kanstu regen hůsten, warumb bistu nit langest kummen?‹ – ›Ja,‹ sagt der jud, ›ich wird gewiß einen regen hůsten; dann er ist nun lang in mir gesteckt.‹ Bald wuscht ein ander baur auff, wölcher gar bedruncken was, nam den juden bey der kartausen und schleift in im summerhauß herumb und tratt in mit füssen, sagt zů im: ›Hey, du schandlicher jüdischer hund, hastu so lang ein rägen in dir gehabt und hast den mit gewalt in dir behalten; waß hastu dann gůten wein, frücht und fůter verderbet, daß alles fürkommen wer, wann du einen sollichen grossen regen nit in dir behalten hettest!‹ Der jud schrey: ›Mordio, helfenio! Ich hab die sach nit also gemeinet; ir habt mich nit recht verstanden. Laßt mich eüch der sachen bericht geben!‹

Als nun die andren meinten, deß schimpfs wer genůg, haben sy friden gemacht. Der jud aber hat solcher schlappen nit in mer warten wöllen; dann er sorget, im möcht erst recht[64] gezwagen werden; auch waß im die laugen schon bereit. Darumb saß er auff sein pfert unnd reit sein straß. Also geschach disem juden mit dem regen, wie der Odenwelder beürin mit dem schnee.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 63-65.
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