49.

Ein einfaltig weib berichtet, wie sie inn der fasten fleysch hett gessen.

[65] Es ist an vilen enden noch der brauch, das man inn der fasten das gemein volck zů der beicht vermanet, namlich inn der karwochen; so ist man dann ein wenig geystlich. Wenn nun die osteren hinweg sind, so ist der geist auch hinweg; dann so jagen wir den Judas über den zaun, unnd gan alle kirchweyhen an; so můß sich Zacheus leiden gleich wie Judas inn der finstern metten; mit dem und über den schreigt, singt unnd boldert man, wenig aber wirt daß leiden Christi bedacht. Also predigt man vom Zacheo auff allen kirchweihen, niemandt aber volget im inn den wercken nach. Zacheus steig auff den feygenbaum, damit er den herren sehen möcht, unnd als er von im herab ward gefordert, verliß er allen wollust diser welt und volget dem herrn nach. Wir aber sindt yetzundt eines andern gesinnet; dann sobald ich und ander meer das evangelium vom Zacheo hand hören verkünden, verlassen wir den herrn unnd sin wort, lauffen den nechsten auß der kirchen dem schlam zů. Also geht es auch mit der beicht. Ein yeder meint, wann er nur den leuten die augen erfüllen mag, hab er im schon gnůg gethon.

Also gieng es auch mit diser guten frawen; die kam für den beichtvatter, erzalte ir sünd gantz einfeltigklich. Zůletst, als sie nit meer wußt, fieng er sie an zů fragen, aber gantz unnotwendige sachen. Under andern fragen was diß die ein, ob sy auch inn der fasten eyer und fleisch gessen hett. Sy sagt: ›Ja, herr, aber nit die gantz fasten.‹ Der beichtiger sagt: ›Liebe fraw, ir hand grosse und schwere sünd begangen; ir haben dann semblichs von unserm heilgen vatter dem bapst erkaufft.‹ – ›Ach,‹ sagt sy, ›lieber mein herr, ich hab nye[65] gewüßt, das der heylig vatter auch eyer und fleisch feil hett, sunst wolt ich im mein gelt ehe umid lieber gegünt haben haben dann unsern metzgern; sy land mich allmal so lang an der metzig stan, es solt eins das fleisch nit geschenckt nemen.‹

Diß was gleich ein antwurt, wie sy gefragt ward; warzů aber semblich beichten dienet, laß ich ein andern, so die sach baß verstadt dann ich, außecken.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 65-66.
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