60.

Ein Schwab beklagt sich, das gott nit auch in Schwabenland geweinet hett als wol als in Italien.

[81] Ein gůt frumb einfeltig mann auß dem Schwabenland[81] zog gen Rom wallen. Als er nun in Italien kummen ist, hat er bey einem würt eingekert, der hat in schon empfangen; dann er wol gelt zů verzeren hatt. Der würt hat im fürgetragen, waß er gůts gehabt hatt, darzů die allerbesten wein, so man hin Italien hatt, als Veltelin, Reynfall und andre gůten geschleck; die haben dem gůten Schwaben gar woll geschmeckt. Derhalben er zůletst den würt fragen thet, was doch solches für tranck were; hat im der würt gleich gedacht, er hett einen rechten kunden außgangen; dann er was auch ein geborner Teutscher und ein grosser spottvogel. ›Liber fründ,‹ sagt er, ›dem tranck, so ir nachfragen, sind unsers herrgotts zeher.‹ – ›O,‹ sagt der Schwab, ›du lieber gott, warumb hastu nicht auch im land zů Schwaben geweinet?‹

Diser gůten einfeltigen leüt findt man nit vil meer bey unsern tagen.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 81-82.
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