64.

Von einem bauren, wölchem das maul unwüssend auß dem angel kam, und wie im wider geholffen ward.

[85] In einer statt im Elses gelegen kamen an einem wochen- marckt ettlich frembd wundartzet, scherer und steinschnider zůsammen. Es was einer under disen meisteren, der wolt einem burger sein sun das schererhandtwerck leeren; kamen also in einem wirtshauß zůsamen, damit sy des verdings eins wurden. Es war aber ein voller baur im wirtshauß; was man redt oder handlet, wolt er allwegen zů allen sachen sein pfennigwert auch reden und mer dann ander leüt vom handel wüssen. Das dann nit unbillich die gůten meister verdriessen ward, und nüt destminder mit irem handel fürfůren. Als nun der voll baur marckt, das man im auß seiner red nichts nit wolt kummen[85] lassen, legt er sich zwüschen zwen tisch nider auff einen banck wind ward hart entschlaffen.

In dem wurden die gůten herren mit irer sach fertig. Bald ersicht einer under inen den vollen bauren auff dem banck. Er sagt zů den andren: ›Jetzund wolt ich den bauren wissen zů bereiten, das in sein eygen weib nit mer kennen müßt.‹ Das begerten sy alle zů sehen, wann es on schaden zůgon möcht. Bald nam der scherer seinen rock umb sich und stůnd über dem bauren, richt im in einem augenblick das maul auß dem angel sunder allen schmertz, darvon der baur ein scheitzlich ansehen gewan, kein mensch so scheitzlich ye gesehen hatt. In dem aber von den andren sich ein groß gelechter erheben thet, kam der würt in die stuben, hett auch die ursach irs gelechters gern gewüßt. Bald zeigen sy im den vollen schlaffenden bauren mit seinem weiten auffgespanten maul, darvon der würt erschrack, kond nit wissen, was zůfals diß was. Er gieng ylens hinzů, schütlet den bauren, so fast er mocht, biß das er in von dem schlaff aufferwecket, fragt in, was im so schnell wer zůgestanden. Der baur hatt den mangel noch nit befunden, wolt dem würt antwurt geben, do kundt er gar nit mer reden und kein wort außsprechen. Dann was er sagt, was nur A a a. ›Ach gott,‹ sagt der würt, ›wie ist doch disem gůten mann geschehen?‹ Als nun der baur recht erwachet und befand, das er gar nit mer reden kundt, darzů das maul nit mer zůthůn, do fieng im an vor grosser angst die trunckenheit zů vergon, ward gantz nüchtern, gehůb sich mit weiß und geberden fast übel, kondts aber gar nit zů worten bringen. Der würt, so ein sunder groß mitleiden mit dem bauren hatt, fragt in, ob er die kranckheit vor mer an im gehabt hett. Der baur schut den kopff, kund aber nichts sagen dann A a a. Zůletst sagt der meister, so im das maul auß den schlossen gehebt hatt: ›Ich wißt im wol in einem hu zů helffen, wann ich gedecht, das er mir auch lonet für mein kunst.‹ Der baur hůb beide hend gegen im auff, gab mit dem haubt zeichen, er wolt im seiner arbeit wol lonen. Also fordert er einen gulden, der müßst vor allen dingen bar ligen. Bald erwußt der baur einen teller, zalt einen gulden darauff, trůg den also mit auffgespertem weitem maul zům tisch, darvon[86] aber ein groß gelechter fürgieng. Also nam in der meister wider under den rock, hatt im augenblicklichen das maul an sein alte statt gericht. Die andern gůten herren fiengen an zů der sachen reden, er solt dem bauren ettwas vonn dem gulden widergeben, dieweil er doch das so mit ringer arbeit gewunnen hett. Zůletst ward die rachtung gemacht, das er im die zwen dickpfennig widergab, den dritten verzechten sy. Diß was deß unverschamten schwetzigen bauren straff.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 85-87.
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