101.

Ein maler wust keinen teutschen man in seiner kleidung zu malen.

[127] Ein edelman verdingt einem maler ein saal zu malen, welcher gar ein kunstreicher guter maler was. Des edelmans verding was, das er im allerley nationen unnd völcker [malet] mit irer kleidung, und wie sie gon mit wehren und irer gewonlichen kriegsrüstung. Das alles malet er im gar artlich und künstlich, so das Juden, Dattern, Heiden, Türcken, Griechen, Saracener, Araber, Indiener, in summa kein volck außgenummen sunder die Teutschen. Als nun der edelman das gemäld besichtiget und im all ding gar wol gefallen, hat im allein gmanglet, das er die Teutschen in ir kleidung nit gesehen.

Darumb er verursacht war, den meyster zu fragen, was die ursach sey, das er die Teutschen außgelassen hatt. Darauff der maler geantwurt, es sey im nit müglich, dann er wiß in kein kleidung zu machen. Als aber der edelman die auch haben wellen, hat der maler einen gantz nackenden mann gemacht und im ein grosse burden tůch auff den rucken gemacht. Hatt der edelman gefragt, was er damit gemein, das er einen nackenden dahin gestelt hab. Darauff er geantwurt: ›Juncker, die teutsch kleidung zu malen ist keinem maler in der gantzen welt müglich; dann sie allen tag etwas news herfürbringen; man kan schier teutsch noch welsch vor einander erkennen. Dis důch aber hab ich im darumb auff den rucken geben, das ein yeder mag darvon nemen und im, dem nackenden Teutschen, ein kleid nach seinem gefallen machen.‹ Mit diser verantwurtung was der edelman gesettiget und můst dem maler gewunnen geben.

Dis ist ungefarlich vor 30 jaren geschehen. Nun wolt ich gern wissen, wann yetzund einer einen Teutschen malen wolt, wie er doch die sach angreiffen wolt; also gar ist die welt entwichtert. Man sehe doch nur an den grossen überschwencklichen mutwillen und unkosten der schantlichen und lasterlichen ploderhosen.


M. D. LVII.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 127-128.
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