Siebenter Auftritt.

[101] Hans von Maikerf mit den andern Brüdern Dummerchens erscheint.


HANS VON MAIKERF.

Dummerchen! du bist gerettet?

DUMMERCHEN zornig.

Ja! zum Teufel! bin gerettet.

HANS VON MAIKERF.

Welche Sprache?

ZWEITER BRUDER.

So zu fluchen,

Wo du sollst dem Himmel danken![101]

DRITTER BRUDER.

Sahn wir alle doch dich stürzen

Und verschwinden, gleich als hätte

Dich ein Abgrund eingeschluckt.

DUMMERCHEN.

Hat er auch.

DRITTER BRUDER.

Und Menschen standen

Unterm Baum und hatten Hände.

DUMMERCHEN geringschätzig.

So viel frag' ich jetzt nach Händen!

HANS VON MAIKERF.

Wirklich – er ist ganz verwandelt.

Komm!

DUMMERCHEN.

Mit euch? fällt mir nicht ein.

DRITTER BRUDER.

Das sagst uns du, deinen Brüdern,

Die dich überall gesucht?

DUMMERCHEN.

Dank. – Bemüht euch nur nicht weiter.

ZWEITER BRUDER sentimental.

Bruder![102]

DUMMERCHEN lustig.

Alle sind wir Brüder,

Doch die Schwestern sollen leben!

DRITTER BRUDER.

Schwestern?

DUMMERCHEN.

Ja, wie eine hier war.

Und ihr habt sie mir verscheucht.

HANS VON MAIKERF losbrechend.

Hier ward nun genug gefackelt.

Du bist fürchterlich verwildert,

Wie ich sehe; du brauchst Zuspruch

Geistlichen, Gebet, Vermahnung,

Zucht und strenges Ueberwachen.

Nicht weiß ich, woher dir plötzlich

Kam Erkenntnis, Aufgeklärtheit

Deines bisher dumpfen Geistes.

Doch dir wäre wahrlich besser,

Wärst du dumm und fromm geblieben.

ZWEITER BRUDER.

Fromm – ich fürcht', er war es nie.

HANS VON MAIKERF.

Doch es blieb gewahrt der Anstand,

Weil man ihn für voll nicht nahm.

Wohl! Bis er sich nicht gebessert,[103]

Mag der Welt als Narr er gelten.

Das sind unserm Ruf wir schuldig

Und auch meinem neuen Adel.

Nehmt ihn.

DUMMERCHEN.

Wie? Gewalt?

HANS VON MAIKERF.

Zum Besten

Deiner Seele.

DUMMERCHEN.

Der zum Besten

Hatt' ich etwas hier im Gange ...

HANS VON MAIKERF.

Fort mit ihm!

DUMMERCHEN.

Zu Hilfe! Schwester!

HANS VON MAIKERF.

Schrein und Zappeln hilft dir nichts.


Sie schleppen ihn fort; alle ab.


Quelle:
Josef Victor Widmann: Maikäfer-Komödie. Frauenfeld [o.J.], S. 101-104.
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