Fünfter Abschnitt.

[197] Peregrin (fährt in seiner Geschichte fort).


Da ich zu Pergamus nichts weiter zu erwarten hatte, machte ich auf der Stelle Anstalt nach Pitane abzugehen, um von da nach Mitylene überzusetzen. Man sagte mir, daß ich einen großen Wald zu durchwandern hätte, worin man sich ohne Wegweiser leicht verirren könne; und indem ich meinen Wirth darüber zu Rathe zog, bot sich ein Landmann von freien Stücken an, dem, seiner Versicherung nach, die ganze Gegend sehr bekannt war. Er müßte, sagte er, ohnehin durch diesen Wald, um in seine jenseits desselben liegende Heimath zurückzukehren, und der Weg würde ihm desto kürzer scheinen, wenn er ihn in meiner Gesellschaft zurücklegen könnte. Es war etwas in der Physiognomie dieses Mannes, das mir Vertrauen einflößte. Ich trug also, zumal da mein alter Diener bei mir war, kein Bedenken sein Erbieten anzunehmen, und wir gingen früh genug ab, um noch vor Sonnenuntergang die Gefahr des Verirrens überstanden zu haben.[198]

Aber es fiel anders aus als mein Mann geglaubt hatte. Die Sonne ging unter, und wir sahen noch keinen Ausgang aus dem Labyrinthe; vielmehr schienen wir uns immer mehr darin zu verfangen, wiewohl mein Führer versicherte, daß wir auf dem rechten Wege wären. Da ich kein Mißtrauen in einen Menschen setzen konnte, der seiner Sache so gewiß war und ein so sprechendes Zeugniß seiner Redlichkeit in seinem Gesichte trug, so beruhigte ich mich dabei, und folgte meinem fast immer stillschweigenden Führer so lange, bis er endlich selbst zu gestehen anfing, daß er den Weg nach Pitane verfehlt habe. Er schien nicht zu begreifen wie es zugegangen sey. Da muß, sprach er, eine höhere Hand im Spiele seyn. – Glaubst du etwa, daß uns ein Waldgeist irre geführt habe? sagte ich lachend. – Das wäre nicht unmöglich, antwortete er ganz gelassen: es gibt überall böse Geister. – Und du fürchtest sie nicht? fragte ich. – Gewiß nicht, versetzte er: sie müssen doch immer, wie leid es ihnen auch thut, durch das Böse, das sie wollen, das Gute befördern, das sie nicht wollen.

Ich hätte dem Manne bei diesen Worten gern ins Gesicht sehen mögen, wenn es nicht zu dunkel gewesen wäre. – Es wäre mit Dank anzunehmen, sagte ich, wenn uns dein Waldgeist, indem er uns in irgend einen Sumpf oder an einen jähen Abgrund zu verführen gedachte, unversehens zu einem guten Nachtlager gebracht hätte. – Das soll er auch, hoffe ich, erwiederte er; ich sehe schon Licht zwischen jenen Bäumen. – Es ist vielleicht ein Irrwisch, wenn es nicht der Mond ist, versetzte ich. – Er schwieg; aber bald darauf wurde[199] der Wald offner, der Mond gab uns etwas Licht, und es zeigte sich wieder ein Weg, den mein Führer zu erkennen versicherte. Wir waren kaum eine Viertelstunde fortgegangen, so fanden wir ein langes angebautes Thal vor uns liegen, und entdeckten zwischen Gruppen von Bäumen einige Wohnungen. Sagte ich's nicht? sprach der Wegweiser, mit der Hand nach den Wohnungen deutend. – »Aber die Frage ist, ob man uns aufnehmen wird.« – Was wir hier sehen, ist ein kleines Landgut, erwiederte er, dessen Besitzer mir bekannt ist. Er ist ein guter Mann; er wird uns das Nachtlager nicht versagen.

Wir eilten, so ermüdet wir waren, den Hügel hinab, und sahen uns bald zwischen einigen Reihen hoher Castanienbäume, die uns gerade zu einem sehr einfachen aber geräumigen Gebäude führten, welches die Wohnung des Landwirths schien, dem dieses Gut zugehörte. Wie wir näher kamen, tönte uns aus der Stille der Nacht ein äußerst anmuthiger Gesang verschiedener männlicher und weiblicher Stimmen entgegen, deren gut zusammenpassende Verschiedenheit, bei einer überaus reinen Intonation, die angenehmste Harmonie hervorbrachte. Ich glaubte einen Chorgesang jener himmlischen Wesen zu hören, deren wieder hergestellte Gemeinschaft mit uns, nach der Versicherung meines Unbekannten, eine der Glückseligkeiten des bevorstehenden Reichs Gottes seyn sollte. Meinem Führer schien das eine gewohnte Sache zu seyn, und ich fing an zu vermuthen, daß seine Verirrung im Walde weder ein Werk des Zufalls noch der Wald-Dämonen, sondern vorsetzlich abgezielt gewesen sey, mich hierher zu bringen.


[200] Lucian.


Dieß ist, dünkte mich, klar genug, und ich vermuthete es lange vor dir, lieber Peregrin.


Peregrin.


Wir hörten dem Gesang eine gute Weile stillschweigend zu; und als er aufhörte, klopfte mein Führer dreimal an der Pforte des Vorhofs an. Nicht lange, so hörten wir jemand aus dem Hause an die Pforte kommen, der uns fragte, was unser Begehren sey? Mein Führer antwortete ihm etwas auf Syrisch, das ich damals nicht verstand, und setzte auf Griechisch hinzu: er hätte ein paar Fremde, die nach Pitane wollten, durch den Wald geleitet; wir wären verirrt, und hofften keine Fehlbitte zu thun, wenn wir an dieser Pforte um ein Nachtlager bäten.

Er hatte die letzten Worte noch nicht ausgesprochen, so ging die Thür auf, und wir sahen einen rüstigen Mann von funfzig Jahren, der uns, einen nach dem andern, bei der Hand nahm und in seinem Hause willkommen hieß. Einer seiner Söhne leuchtete uns, und wir wurden in einen kleinen Saal geführt, wo sich in kurzem noch fünf oder sechs andere wackere Jünglinge einfanden, die als Söhne vom Hause sich geschäftig erwiesen, uns zu zeigen daß wir freundlich aufgenommen wären. Bald darauf brachten sechs Mädchen von dreizehn bis zwanzig Jahren, die Schwestern dieser Jünglinge, alles was vonnöthen war, uns die Füße zu waschen. Sie waren alle eben so reinlich als einfach gekleidet, und zeichneten sich von allen weiblichen Wesen, die mir jemals vorgekommen waren, durch ein Ansehen von Unschuld, Zucht[201] und in sich selbst verhüllter Jungfräulichkeit aus, das sich besser fühlen als beschreiben läßt. Sie setzten das Wasser, ohne die Augen aufzuschlagen, vor uns nieder, breiteten reine Tücher und das übrige Zubehör auf einen Tisch aus, und entfernten sich wieder, eine nach der andern, eben so sittsam und ohne Geräusch, wie sie gekommen waren. Noch etwas das mir auffiel, war, daß diese sechs Mädchen einander so ähnlich sahen, als ob es eben so viele Copien eben desselben Modells gewesen wären; bloß das Alter und die Größe machte den Unterschied aus. Eben dieß, wiewohl in minderem Grade, bemerkte ich auch an den Söhnen, von welchen die drei jüngsten, nachdem sie sich mit Schürzen von Leinen umgürtet hatten, ohne auf meine und meines alten Dieners Weigerungen zu achten, den Dienst des Fußwaschens in großer Stille und mit einem sonderbaren Anschein von Demuth und Andacht verrichteten.

Als sie damit fertig waren, und wir eine Weile ausgeruht hatten, erschien der Hausvater wieder, und führte uns in einen andern kleinen Saal, zu einem gedeckten Tische, der mit Eiern und Milch, sehr schönem Brote und vortrefflichen Früchten besetzt war. Hier fanden wir eine Matrone von etwa vierzig Jahren, die Frau des Hauses und die Mutter aller dieser Kinder, die uns bat, da wir doch einiger Erquickung bedürften, mit dem fürlieb zu nehmen, was das Haus noch so spät zu geben vermöchte. Diese Frau flößte mir beim ersten Anblick eine Empfindung ein, die ich noch nie gefühlt hatte – etwas das aus dem, was man für eine Königin und für eine Mutter fühlen kann, zusammengesetzt war, und[202] mich zwischen zwei unfreiwilligen Anwandlungen, vor ihr nieder zu knien und ihr um den Hals zu fallen, im Gleichgewicht hielt: in einem so hohen Grade leuchtete jede Tugend, die wir mit dem schönen Worte Sophrosyne73 zusammenfassen, aus ihrem ganzen Gesicht und Wesen hervor. Ohne daß sie vermuthlich jemals eine Schönheit gewesen war, gab ihr die Mischung von Würde und Demuth, von Ernst und Güte, Weisheit und Einfalt, Betriebsamkeit und Ruhe, die den Charakter ihrer Gesichtsbildung und Züge ausmachte, eine so eigene Art von Würde und Anmuth, und zu aller der Mütterlichkeit, wenn ich so sagen kann, die eine Mutter von sechs Söhnen und eben so viel Töchtern in ihr darstellte, etwas so Jungfräuliches und Vestalenartiges, daß ihr Anschauen auf einmal alle Bilder von Schönheit und Grazie auslöschte, die aus der Villa Mamilia in meiner Seele zurückgeblieben waren. Damals kannte ich nichts, womit ich diese Frau, und das was ich bei ihrem Anblick empfand, hätte vergleichen können; aber lange nachher, als ich in allen Mysterien der Christianer eingeweiht war, dachte ich, so oft ich mich ihrer erinnerte, ein Maler oder Bildner hätte, um die Mutter des Gottgesandten darzustellen, kein vollkommneres Modell finden können als diese Frau.

Es war ein schöner und für mich ganz neuer Anblick, diese Eltern zu sehen, die von so vielen ihnen ähnlichen, gesunden und gutartigen Kindern umgeben, einem schönen Baume glichen, der sich durch zwei Hauptäste in eine Menge saftvoller, dicht belaubter Zweige ausgebreitet hat. Die ganze Familie schien Ein Herz und Eine Seele. Die Befehle der Eltern[203] wurden nur durch Winke gegeben, und doch eben so schnell und mit eben der Stille vollzogen, wie die Glieder des Leibes dem Willen gehorchen. Gutherzigkeit und Wohlwollen, eine Gefälligkeit, die aus reinem herzlichen Gefallen an einander zu entspringen schien, kurz eine Uebereinstimmung der Gemüther, wovon ich noch keine Vorstellung gehabt hatte, leuchtete aus allen Augen, sprach aus allen Bewegungen und Handlungen dieser glücklichen Geschöpfe, und wirkte desto sonderbarer auf mich, da ich noch nie unter Menschen gewesen war, die so wenig Worte gemacht hätten wie diese. Es war als ob ihnen die Seelensprache, worin sie einander so gut verstanden, zu allem hinreichte, was sie sich zu sagen hatten. Sind dieß, sagte ich zu mir selbst, die Menschen, von denen unsre Priester und unser Pöbel mit solchem Abscheu, und unsre großen Männer mit solcher Verachtung sprechen? Ist der Geist, der diese gutartige Familie beseelt, der allgemeine Geist ihres Ordens? O so hatte mein Unbekannter wohl Recht, sie neue Menschen und Erstlinge einer neuen Schöpfung zu nennen! Selbst das goldene Alter unserer Dichter ist nur ein kindisches Mährchen gegen eine Welt, die von lauter Menschen, wie diese Familie, bewohnt würde.

Ich konnte mich nicht enthalten, ihnen die Bewunderung und Zuneigung, die ich für sie fühlte, in sehr lebhaften Ausdrücken zu bezeigen. Aber meine Sprache schien ihnen fremd; die jungen Leute schlugen die Augen nieder oder traten auf die Seite, und der Hausvater sah mich an, als suchte er in meinem Gesichte, ob er sich an mir geirret habe. Indem ich nachdachte, was dieß zu bedeuten haben könnte, reichte mir die[204] Frau des Hauses einen Becher mit Wein, welchen eine ihrer Töchter, nach Gewohnheit des Landes, vorher mit Wasser vermischt hatte. Ich nahm ihn an, und aus einer bloß mechanischen Gewohnheit goß ich, indem ich meine Wirthin mit Ehrerbietung und Wohlgefallen betrachtete, ohne zu denken was ich that, etwas Wein auf den Boden, bevor ich trank. Sie erblaßte, trat zurück, und in wenig Augenblicken waren die Mutter und die Töchter aus dem Saale verschwunden.

Warum thatest du das? fragte mich der Hauswirth mit freundlichem Ernste: siehe, wie du diese guten Seelen erschreckt hast! – Ich wurde feuerroth, und entschuldigte mich, mit einer eben so mechanischen Betheuerung beim Jupiter, daß meine Hand es ohne den Willen meiner Seele gethan habe. Nun schlichen sich auch die Söhne unvermerkt und in größter Stille einer nach dem andern fort. – Die Macht der Gewohnheit! sagte der Wegweiser mit einem kleinen Kopfschütteln. – Seit mehr als vierzig Jahren, fuhr unser Wirth fort, ist dieser Boden durch keine abgöttische Libation entweiht, und der Name keines bösen Dämons in diesem Hause ausgesprochen worden. Wir scheuen uns nicht zu bekennen, daß wir nur den Einzigen anbeten, durch welchen und in welchem alles ist, und daß wir ihm dienen, wie es uns der Liebling seines Sohnes, nach dessen Namen man uns nennt, gelehrt hat. Unser Bruder, der dich hierher gebracht hat, sagte uns, du wärest auf dem Wege einer der Unsrigen zu werden.

Er hielt ein, und ich gestehe, daß mir diese Rede von einem Manne, den ich bisher eben so verständig als biederherzig gefunden hatte, mächtig auffiel. Du hättest mich also,[205] ohne diese vielleicht irrige Meinung nicht aufgenommen? fragte ich mit einiger Empfindlichkeit. – »Dennoch, antwortete er mit seiner gewohnten Ruhe, nur auf eine andere Art. Alle Menschen, wer sie auch seyn mögen, können gewiß seyn, daß wir uns keiner Pflicht der Menschlichkeit gegen sie weigern; aber Liebe können nur unsre Brüder von uns erwarten; und wenn wir nicht so strenge darüber hielten, so viel möglich alle Gemeinschaft mit denen, die es nicht sind, zu vermeiden, würden wir bald aufhören das zu seyn, was dir (wie du sagst) so viel Wohlwollen für uns eingeflößt hat. Nur die Absonderung von den Kindern der Welt sichert uns, nicht von ihnen angesteckt zu werden.« – Wenn der Wunsch, einer der Eurigen zu seyn, hinreichend wäre! versetzte ich – Aber ich bin noch so unwissend, daß ich nicht einmal die Elemente der Weisheit, die euch zu so guten Menschen macht, begriffen habe. – »Was wir Gutes haben, erwiederte unser Wirth, ist Gnade von oben: der Wille allein ist unser; und auch das ist Gnade, daß er gut ist. Uebrigens sind wir als bloße Säuglinge der himmlischen Weisheit nur mit Milch genährt worden; wir sind ungelehrte Landleute, und die hohe Gnosis unsrer Propheten ist eine Gabe des Geistes, die uns nicht gegeben ist. In Einfalt des Herzens begnügen wir uns, an unserm Meister zu hangen, ihn, der aus Liebe zu uns sein Leben ließ, von ganzem Herzen zu lieben, seines Sinnes zu seyn, seinem Exempel zu folgen, und mit Freudigkeit seiner Wiederkunft zu harren.«

Dieß ist zum Heil hinreichend, mein Bruder, sagte unser Wegweiser: aber Kinder sind doch nicht geboren, um Kinder[206] zu bleiben; sie sollen Jünglinge und Männer werden, und bedürfen alsdann, ja schon um es zu werden, stärkere Speise.

Der Hauswirth erwiederte nichts hierauf. Nach einer kleinen Weile fuhr jener fort: ich weiß daß man dir Vorurtheile gegen unsre Gemeine beigebracht hat; aber ich bin gewiß, wenn du unsern Propheten gesehen, wenn du ihn gehört hättest, du würdest andres Sinnes werden.

Mein Bruder, versetzte unser Wirth mit Wärme, ich werde nie einen solchen Mann wieder sehen wie Johannes, der Liebling unsers Herrn, war! Wohl mir, daß ich ihn gesehen habe, den liebenswürdigen Greis, den wir alle wie unsern Vater liebten und als den Stellvertreter seines geliebten Meisters verehrten, und daß sein Bild, oder vielmehr sein Geist in himmlischer Lichtgestalt, noch immer vor mir schwebt, so oft ich mich seiner erinnere! Unvergeßlich wird mir, so lang' ich lebe, der Augenblick seyn, da er in diesem Hause, in diesem nämlichen Gemache wo wir jetzt sind, als ich ein Knabe von sieben Jahren war, seine heiligen Hände auf mich legte und mich segnete! Und so lang' ich lebe, werd' ich den herzlichen Ton der letzten Worte in meiner Seele hören, mit denen er von seiner Gemeine zu Ephesus schied. Durch eine besondere Schickung hatte mich damals mein Vater in meinem vierzehnten Jahre nach Ephesus gebracht, um meine Erziehung daselbst vollenden zu lassen. Bald darauf fühlte der Heilige, der beinahe das ganze erste Jahrhundert des Heils durchlebt hatte, daß die Stunde des Scheidens gekommen sey. Er wurde in einem Lehnstuhl in die Gemeine getragen, die sich in dem Hause, wo er wohnte, versammelt hatte. Nie, nie[207] wird mir dieser Anblick, diese Gefühle, die mein Innerstes durchdrangen, aus dem Sinne kommen! Wenn uns ein Engel in Gestalt eines Greises erscheinen wollte, so würde er die Gestalt des von seinen Kindern scheidenden Johannes annehmen. Seine Augen waren dunkel geworden: aber das letzte Auflodern der erlöschenden Flamme schien sie auf einmal zu erheitern, und in einem Blick voll Liebe auf uns alle auszustrahlen. Die ganze Gemeine lag in heiliger Stille und mit thränenden Augen auf den Knien um ihn her, seinen letzten Segen zu empfangen. Er erhob sich, breitete seine Arme gegen uns aus, segnete uns, sank zurück, und war verschieden.

Die Stimme unsers guten Wirths erstickte bei den letzten Worten, und Thränen rollten über seine glühenden Wangen herab; er sah eine lange Weile unverwandt empor; mein Wegweiser schwieg, wie in Gefühl verloren; und ich – ich gelobte mir selbst, daß von nun an alle meine Gedanken dahin gerichtet seyn sollten, so bald immer möglich in die Gemeinschaft dieser liebenswürdigen Menschen aufgenommen zu werden, die in meinen Augen einen Timon selbst mit dem ganzen Menschengeschlecht ausgesöhnet hätten.

Bald darauf stand unser Wirth schweigend auf, führte uns in ein für uns aufgerüstetes Schlafgemach, und wünschte uns eine gute Nacht.

Mein Herz war zu voll, als daß ich, wiewohl von der Reise sehr ermüdet, selbst hätte ruhen, oder meinem Gefährten Ruhe lassen können. Wie ist es möglich, sagte ich zu ihm,[208] daß so gute Menschen, wie ich nun sehe daß ihr seyd, von der Welt so sehr verkannt werden können?

»Das wundert dich? antwortete er mit dem Lächeln, womit man auf die einfältige Frage eines Kindes antwortet: eben darum weil wir gut sind. Können wir, die wir noch so weit unter dem Vorbilde unsers Meisters und Herrn sind, können wir erwarten, daß es uns besser ergehen werde als ihm?« – Und nun fing er an, durch meine Fragen veranlaßt, und durch das Interesse womit ich ihm zuhörte aufgemuntert, sich mit einer immer zunehmenden Wärme über den Charakter des außerordentlichen Menschensohnes, den er seinen Meister und Herrn nannte, auszubreiten; der (wie er sagte) in einem Alter, worin gewöhnliche Menschen kaum die ersten Elemente der Weisheit zu fassen fähig sind, die weisesten Männer aller Völker und Zeiten so weit hinter sich zurück ließ, daß die Hermes und Zoroaster, die Pythagoras und Sokrates, sich für glücklich geachtet haben würden seine Schüler zu seyn; in dem Alter der Leidenschaften sich als ein so vollkommnes Muster der Mäßigung, Enthaltsamkeit, Ruhe des Gemüths, Sanftmuth, und überhaupt aller Tugenden, die am schwersten auszuüben sind, darstellte, daß er seine Feinde öffentlich auffordern konnte ihn irgend einer Vergehung zu zeihen, und daß selbst der Römische Procurator von Judäa, wiewohl feige genug den Unschuldigen dem Hasse der Priester und der Wuth des Pöbels Preis zu geben, laut gestehen mußte, er finde keine Schuld an ihm. – »Wo ist jemals, fuhr er fort, ein Menschensohn gesehen worden, der so gesprochen, so gelebt, und ein so reines Leben mit einem so bewundernswürdigen[209] Tode gekrönt hätte? Ohne die geringste Anforderung an diese Welt, ohne Sorge für sich selbst, gewiß daß der Auftrag, womit er auf die Erde gesendet worden war, alle Mächtigen und Reichen, alle Priester und Schriftgelehrten, und überhaupt alle Regenten und Unterthanen des Reichs der Finsterniß zu seinen tödtlichsten Feinden machen würde, – ging er mitten unter ihnen seinen Weg so heiter und ruhig fort, als ob er nicht voraus gewußt hätte, daß dieser Weg ihn gerade ans Kreuz führe. Jeder seiner Schritte zu diesem grausenvollen Ziele war mit einer Wohlthat bezeichnet, jedes seiner Worte ein goldner Spruch der Weisheit, o wie weit erhaben über alles, was vor ihm, selbst bei unsern auf ihre höhere Cultur so stolzen Griechen, diesen Namen geführt hatte! Wer sprach jemals zugleich mit solcher Hoheit und Einfalt, so tief und doch so faßlich, so Gott geziemend und doch zugleich so menschlich, von himmlischen und göttlichen Dingen? Es war unmöglich ihn mit unbefangenem Sinne zu hören, ohne die Wahrheit seiner Worte zu fühlen, oder vielmehr zu fühlen, daß es die Wahrheit selber war, die in Gestalt eines Menschensohnes zu Menschen sprach. Es war unmöglich nur ein bloß natürlich guter Mensch zu seyn, und ihn zu sehen, zu hören, mit ihm zu leben, ohne von seiner unwiderstehlichen Holdseligkeit und Güte überwältiget zu werden, und ihm mit einer Liebe, die kein anderer Sterblicher einflößen konnte, zugethan zu seyn. Alle seine Jünger und Jüngerinnen, sogar diejenigen, die er zu beständigen Gefährten und Zeugen seines Lebens auserwählt hatte, hingen bloß durch diese Liebe an ihm. Seine Person blieb ihnen immer ein unauflösliches Geheimniß; mehrmals[210] wurden sie sogar irre an ihm: aber auch, nachdem sie nun gewiß waren, daß sie nichts in dieser Welt von ihm zu hoffen hätten, gewiß waren, daß im Gegentheil ihre Anhänglichkeit an ihn ihnen nichts als Haß und Verfolgung, ein mühseliges Leben und einen peinvollen Tod zuziehen würde: auch da wirkte diese unbegreifliche Liebe noch immer so wunderbar in ihnen fort, daß sie, nach seinem Beispiel, keine Gefahren, keine Leiden, keine Martern scheuten, um den von ihm empfangnen Auftrag zu vollziehen, indem sie der ganzen Welt das Reich Gottes ankündigten, zu dessen Gründung er auf die Erde gekommen war. So lebte er, auch nach seinem Hingang, noch immer (wie er ihnen versprochen hatte) mitten unter den Seinigen; oder vielmehr nur seine Gestalt war ihren Augen entschwunden, Er selbst lebte in ihnen fort, redete aus ihnen, wirkte aus ihnen, und vollendete durch sie das große Werk, welches die Geister der Finsterniß durch seinen Tod im Werden zu zerstören gehofft hatten. – Und dieser göttliche Mensch (rief mein begeisterter Evangelist mit verstärkter Stimme aus), dieser weiseste, beste, reinste, liebevolleste, liebenswürdigste und geliebteste aller Menschen, starb im dreiunddreißigsten Jahr eines solchen Lebens – am Kreuze! – – Und nun, setzte er nach einer ziemlich langen Pause hinzu, wirst du dich noch länger wundern, die Jünger eines Meisters, der so verkannt wurde, nicht besser behandelt zu sehen? In der That geht es uns noch viel zu gut: und ich fürchte sehr, es ist ein schlechtes Zeichen unsrer Lauterkeit und Gleichförmigkeit mit ihm, daß uns die Kinder dieser Welt seit geraumer Zeit so viele Ruhe lassen.«[211]

Ich hatte, wie du leicht erachten kannst, gegen eine Antwort, die den Knoten so rasch entzwei hieb, nichts zu erwiedern, und konnte es um so weniger, da mir in diesem Augenblick eine Stelle meines Plato einfiel, wo er behauptet: »ein vollkommen weiser und guter Mensch würde eben darum, weil er dieß wäre, von den übrigen Menschen nothwendig gemißkannt, gehaßt, geschmähet, verfolgt und endlich gar getödtet werden, ohne daß er darum sogar am Kreuze aufhören würde, sich selbst gleich zu bleiben.«

Sollte man, dachte ich, nicht glauben, ein prophetischer Geist hätte dem Attischen Philosophen diese Worte als eine Weissagung eingegeben, welche mehrere Jahrhunderte nach ihm unter einem Volke, dessen bloßer Name ihm vielleicht unbekannt war, auf eine so auffallende Weise in Erfüllung gehen sollte?

Ich konnte mich nicht enthalten meinem Gefährten diesen Gedanken mitzutheilen. Er schien meiner Meinung zu seyn, und behauptete: die Weisen unter den abgöttischen Völkern hätten sich öfters in dem Falle befunden, ohne es selbst zu wissen, Vorboten und Ankündiger des Gottgesandten zu seyn. Sein Eifer, mich vollends zu überzeugen, wurde nun immer feuriger, je mehr Eindruck seine Reden auf mich zu machen schienen. Vermuthlich wollte er, da wir uns mit Anbruch des Tages wieder trennen sollten, sich nicht vorzuwerfen haben, er hätte es an sich fehlen lassen, mich auf den rechten Weg zu bringen; und so überschlich uns der Morgen unvermerkt, ohne daß der Schlaf in unsre Augen gekommen war.


[212] Lucian.


Dein Wegweiser war, wie ich sehe, nicht ohne Absicht zu diesem Amte befördert worden. Aber bei aller Geschicklichkeit und allem Eifer, womit er sich seines Auftrages entledigte, sollte dir doch aufgefallen seyn, daß mächtig viel Declamation in seinem Vortrage war; und es lag, dünkt mich, nur an dir, das ganze Räthsel des außerordentlichen Mannes, zu dessen Anhänger er dich machen wollte, auf eine viel simplere Art zu erklären als die seinige. Das Außerordentliche an ihm mußte sich so ziemlich verlieren, und alles wieder in den begreiflichen Lauf der Dinge eintreten, sobald du bedachtest, daß die Geschichte, oder, um ihr ihren rechten Namen zu geben, die Mythologie aller dieser Göttersöhne, vom Brama der Indier, dem Hermes der Aegypter, dem Zoroaster der Baktrianer, dem Zamolxis der Geten, dem Linus und Orpheus der Griechen u.s.w., bis auf unsern wundervollen Apollonius herab, in der Hauptsache immer eben dieselben Erscheinungen und eben dieselben Resultate gibt. Immer, von der Empfängniß bis zum Tode, alles wunderbar; übermenschliche Natur und Kräfte, übermenschliche Weisheit und Tugend; Gemeinschaft mit den Göttern und einer unsichtbaren Welt; Gewalt über die Elemente und die vermeintlichen in ihnen herrschenden Geister; unwiderstehliche Einwirkung auf gewöhnliche Menschen; hinreißende oder alle Herzen gewinnende Beredsamkeit; Gabe Wunderdinge zu thun, Todte zu erwecken, das Zukünftige vorherzusagen u.s.w. Immer ein unter den Sterblichen erschienener wohlthätiger Dämon in Menschengestalt, um sie[213] von großen Uebeln zu befreien und in einen höchst glücklichen Zustand zu versetzen, irgend eine neue Religion, einen geheimen Gottesdienst und Orden, oder eine Theokratie74 zu stiften, welche anfangs das wohlgemeinte Werk unschuldiger Enthusiasten, zuletzt, und in ziemlich kurzer Zeit, zu einer ganze Völker und Reiche unterjochenden Priesterregierung wird. Für uneingenommene Zuschauer der menschlichen Dinge löset sich in allen diesen Fällen der geheimnißvolle Knoten durch ein und eben dasselbe Dilemma auf. Entweder die Wundermänner täuschten ihre Anhänger und den übrigen großen Haufen – vielleicht aus wohlthätigen Absichten – vorsetzlich, was z.B. von den Stiftern unsrer Eleusinischen Mysterien unläugbar ist: oder sie täuschten unwissenderweise sich selbst durch ihren Enthusiasmus, und andere durch den natürlichen Zauber, womit große Seelen auf kleine wirken. In beiden Fällen erklärt sich alles auf die natürlichste Art von der Welt; zumal wenn man bedenkt, wie wenig dazu gehört, daß in den Augen unwissender und abergläubischer Leute aus einem ungewöhnlichen Menschen ein Heros, und aus einem Heros ein Gott werde. Man müßte die menschliche Natur wenig kennen, wenn man von den unmittelbaren Jüngern eines solchen Mannes, oder von den Jüngern dieser Jünger, etwas anderes erwartete, als daß sie immer mehr sagen werden als sie wirklich gesehen und gehört haben. Und wie sehr kommt ihnen dabei der Umstand zu Statten, daß sie nie begieriger seyn können, unglaubliche Dinge zu erzählen, als ihre meisten Zuhörer es sind, dergleichen zu hören und zu glauben!


[214] Peregrin.


Du wärest also, an meinem Platze, weiser gewesen als der Pythagorische Timäus beim Plato, der die religiöse Tradition der Griechen auf einen sehr festen Grund gesetzt zu haben vermeint, indem er behauptet: »ihre alten Sänger und Dichter hätten als Göttersöhne von den Angelegenheiten und Thaten ihrer Ahnen und ihrer ganzen Sippschaft natürlicherweise am besten unterrichtet seyn müssen; und es sey also, wie unerweislich und unglaublich auch ihre Nachrichten an sich seyn möchten, für uns Menschensöhne schon genug, daß sie uns von Göttersöhnen gegeben würden, um sie mit gebührender Ehrfurcht für hinlänglich beglaubigte Thatsachen gelten zu lassen.«


Lucian.


Ich mache deinem Verstande wohl kein großes Compliment, Peregrin, wenn ich ihm zutraue, daß ein Argument von dieser Stärke selbst in dem höchsten Punkt der Wärme deines Kopfes keinen großen Vortheil über dich erhalten hätte?


Peregrin.


Bei allem dem wäre es nicht mehr als billig, das Ansehen solcher Männer wie Timäus einem jungen Menschen zu Statten kommen zu lassen, welchen, außer der Wärme seines Kopfes und seinem angebornen Hang zum Außerordentlichen, noch der mechanische Einfluß der Gewohnheit, von Kindesbeinen an Göttersöhne geglaubt zu haben, in diesem Stücke etwas leichtgläubig machen mußte. Allein die Gründe des Glaubens , zu welchem ich mich durch die Unterredung mit meinem Wegweiser so mächtig hingezogen fühlte,[215] hatten (um nicht ungerecht zu seyn) ein ganz anderes Gewicht, als Timäus, oder Plato selbst – der mir in dieser Sache ohnehin der Ironie verdächtig ist – demjenigen, dem sie das Wort zu reden scheinen, jemals verschaffen können. Wie scheinbar auch beim ersten Anblick die Aehnlichkeit seyn mag, die du unter den Göttersöhnen aller Völker und Zeiten findest, so war doch der Vorzug und die Ueberlegenheit desjenigen, mit welchem ich seit kurzem durch die Christianer bekannt geworden war, so groß, so wesentlich, so unverkennbar – –


Lucian.


Um Vergebung, lieber Peregrin, daß ich dir in die Rede falle! Aber es bedarf, wie du selbst siehest, keiner Rechtfertigung über diesen Punkt. Wir sind ja beide schon lang im Klaren, und ich hatte Unrecht, dich durch eine Anmerkung, die uns in ganz unnöthige Erörterungen verwickeln könnte, in deiner Erzählung zu unterbrechen.


Peregrin (nach einer kleinen Pause).


Die Geschäfte meines Vaters in Mitylene waren so dringend und die Zeit meiner Zurückkunft nach Parium so nahe, daß ich, wie schwer es mir auch wurde mich von meinen neuen Freunden so bald wieder zu trennen, nicht daran hätte denken dürfen, länger zu verweilen, wenn auch mein gastfreier Wirth auf einen längern Aufenthalt angetragen hätte. Ich schied also mit Aufgang der Sonne von ihm und von meinem Wegweiser, der, indem er es einem der Hausgenossen unsers Wirthes überließ, mich vollends auf die Straße nach Pitane zu bringen, mich sehr liebreich umarmte, mit[216] der Versicherung, daß wir uns eher, als ich vielleicht vermuthete, wiedersehen würden. Er weigerte sich sehr ernstlich eine Belohnung von mir anzunehmen, und da ich schlechterdings darauf bestand, bequemte er sich endlich nur insoferne dazu, als es eine milde Handreichung zu den Bedürfnissen nothleidender Brüder seyn sollte, für welche von den Beiträgen der Begüterten aller Gemeinen in jeder Provinz eine gemeinschaftliche Casse errichtet sey. Unter diesem Titel allein, sagte er, könne er meine Gabe annehmen, da er mich, wenigstens dem guten Willen nach, bereits als einen Bruder zu betrachten Ursache habe.

In der That hatte ich ihm zu warme und positive Versicherungen über diesen Punkt gegeben, als daß er sich etwas andres zu mir hätte versehen können: und wenn du dich des Gemüthszustandes erinnerst, worin mich die erste Erscheinung des Unbekannten zu Smyrna antraf; und alle die Eindrücke, die von jenem Abend an auf mich gemacht worden waren, zusammen nimmst, so wirst du nichts Unbegreifliches darin finden, daß ich mich (um dir einen deiner Lieblingsausdrücke abzuborgen) den Kopf zu unterst in einen Glauben stürzte, der meinen schönsten Gefühlen und erhabensten Ideen so angemessen war; daß ich diese jetzt als bloße Ahndungen betrachtete, deren wirkliche Gegenstände mir nun bald in ihrer ganzen Fülle mitgetheilt werden sollten.

In der größten Lebhaftigkeit erwachte jetzt, da ich mir selbst und meinen Betrachtungen überlassen war, alles wieder in mir, was mich der Unbekannte hatte hoffen heißen, und mir war als hörte ich die emphatischen Worte noch in[217] meinen Ohren klingen: »bald wird die Decke von deinen Augen fallen! Du wirst in Mysterien, wovon die zu Eleusis nur täuschende Schatten sind, zum Anschauen eines ganz andern Lichtes kommen, und ein ganz andrer Führer der Seelen, als jener fabelhafte Hermes, wird das Göttliche in dir zu seinem Ursprung zurückführen!« – Und nun kannst du dir leicht vorstellen, mit welcher Ungeduld ich eilte, die Hindernisse, die noch in meinem Wege lagen, auf die Seite zu schaffen, und wie ich wachend und schlafend nichts andres dachte und träumte, als mich sobald nur immer möglich von allen andern Verhältnissen loszumachen, um mich gänzlich dem großen Beruf zu widmen, zu welchem ich erwählt war. Denn, hatte nicht der Unbekannte das Zeichen meiner Erwählung auf meiner Stirne gesehen?


Lucian.


Da du doch selbst wieder auf deinen Unbekannten gekommen bist, so wär' es, däucht mich, wohl einmal Zeit, daß er aus dem geheimnißvollen Nebel, worein er sich schon so lange, gleich einem Homerischen Gott, eingehüllt hat, hervor träte, und uns wissen ließe wer er eigentlich sey, und durch was für eine Magie er dazu gekommen, bei eurem ersten Zusammentreffen dir nicht nur alles was damals in dir vorging, sondern sogar alles was lange vorher mit dir vorgegangen war, an den Augen anzusehen? Suchtest du nicht von deinem Wegweiser einige Erkundigungen über seine Person einzuziehen?


Peregrin.


Allerdings; aber alles was ich herausbrachte, war bloß, daß er Vorsteher einer ansehnlichen Anzahl Asiatischer[218] Gemeinen, und ein Lehrer, oder (wie sie es nannten) ein Prophet von großer Geisteskraft und hoher Erleuchtung in göttlichen Dingen sey. Mehr, sagte mein Mann, könne er mir, ehe ich unter die Epopten75 aufgenommen sey, nicht entdecken; und daran, lieber Lucian, wirst auch du dich vor der Hand begnügen müssen, bis die Zeit mehr ans Licht bringen wird.

Ich bin bei Erzählung der Begebenheiten, die mich mit den Christianern bekannt machten, und die Entschließung, mich unter sie zu begeben, herbeiführten und beförderten, vielleicht in kleinere Umstände hinein gegangen, als ein Erzähler, dem vor der Gefahr langweilig zu werden bang ist, sich erlauben sollte. Aber ich glaubte so umständlich seyn zu müssen, weil ich dir begreiflich machen wollte, wie es ohne einen Sprung (den die Natur niemals thut) möglich war, daß aus einem Epopten der Mysterien der Venus Mamilia in so kurzer Zeit einer der eifrigsten Neophyten werden konnte, die mein Unbekannter für sein tausendjähriges Lichtreich jemals angeworben haben mochte.


Lucian.


Du hast deine Absicht erreicht, Peregrin –


Peregrin.


Und ich werde also um so füglicher die Geschichte mehrerer Jahre, die noch bis zu dem Zeitpunkte, da ich eine nicht ganz unbedeutende Person unter den Christianern vorstellte, verstrichen, ins Kurze zusammenfassen können.

Bei meiner Zurückkunft in das väterliche Haus fand ich meinen Vater von den Beschwerden des Alters früher übereilt[219] als ich es seinen Jahren nach vermuthet hätte, und daher entschlossen, seine Handlung aufzugeben, mit allen seinen Correspondenten Richtigkeit zu machen, und den Rest seines Lebens in gemächlicher Ruhe unter seinen Freunden in Parium hinzubringen. Diesem Vorhaben zufolge säumte er nicht, mir anzukündigen: daß er mich bloß deßwegen zurückberufen habe, um alle seine noch übrigen Geschäfte, besonders diejenigen, die mit größern oder kleinern Reisen nach verschiedenen Handelsplätzen des Schwarzen, Aegeischen und Cilicischen Meeres verbunden waren, auf die jüngern Schultern seines einzigen Sohnes abzuwälzen. Wiewohl nun nichts in der Welt mit meinen Neigungen weniger zusammenstimmte als die Lebensart, wozu ich dadurch verdammt wurde: so fühlte ich doch meine Pflicht stark genug, um mich ihren Obliegenheiten mit so guter Art zu unterziehen als mir möglich war.


Lucian.


Im Grunde, lieber Peregrin, lag es nicht an deinem Schicksale, wenn du von der Ueberspannung, die dich bisher in so sonderbare und so weit außer dem gewöhnlichen Wege liegende Abenteuer verwickelte, nicht bei dieser Gelegenheit noch zu rechter Zeit um einige Grade herabgestimmt wurdest. Eine beschäftigte Lebensart, häufige Reisen, und die mannichfaltigen Verhältnisse mit allerlei Arten von alltäglichen Leuten, in welche man dadurch gesetzt wird, sind sonst immer das sicherste Mittel die übermäßige Lebhaftigkeit der Einbildung zu schwächen, und einen Platonischen Schwärmer, unvermerkt und zu seiner eigenen Verwunderung, in einen Menschen wie andere umzugestalten.


[220] Peregrin.


In der That begegnete mir auch bei dieser Gelegenheit wieder etwas Menschliches. Nicht als ob mein Entschluß, mich so bald als immer möglich unter die Christianer zu begeben, wankend gemacht worden wäre. Im Gegentheil, je weniger ich an den Geschäften und Zerstreuungen meiner neuen Lebensart Vergnügen fand, und je auffallender der Contrast war, den die Menschen, mit welchen ich zu verkehren hatte, mit jenen arglosen und gutherzigen Geschöpfen machten, unter welche mich mein Wegweiser von Pergamus hatte verirren lassen: desto ungeduldiger ward von Zeit zu Zeit meine Sehnsucht nach der unbewölkten Stille der Seele und der reinen Eudämonie, wozu ich nirgends als unter so guten Menschen gelangen zu können glaubte. Aber eben dieß hing an einer in mir vorgegangenen Veränderung, die vermuthlich unter andern Umständen nicht so bald erfolgt wäre. Das, was du meine Schwärmerei nennest, bekam allmählich eine andere Richtung. Je mehr Gewalt die Einwirkungen der äußern Sinnenwelt über mich erhielten, je stumpfer wurde der innere Sinn für die geistigen Erscheinungen der phantastischen Ideenwelt, in welcher ich ehemals gelebt hatte. Anstatt daß einst das Ziel aller meiner Wünsche gewesen war, unter höhern Wesen das Leben der Geister zu leben, und mich bei lebendigem Leibe zum Dämon zu entkörpern – fühlte ich jetzt kein dringenderes Bedürfniß, als von aller Verbindung mit Menschen, deren ganze Art zu seyn in ewigem Widerspruch mit meinem Ideale von Harmonie und Schönheit stand, je eher je lieber befreit zu werden, um in einer kleinen Gesellschaft unverfälschter,[221] durchaus guter Menschen zu leben, an deren Anschauen meine Seele immer reines Wohlgefallen haben, und über die ich die ganze Fülle meiner Liebe, ohne Furcht vor Täuschung und Reue, ohne Gefahr von ihren Leidenschaften und Sitten angesteckt zu werden, ergießen könnte. Mit Einem Worte, Lucian, die magische Schwärmerei meiner frühern Jugend ging unvermerkt, eine Zeit lang wenigstens, in eine moralische über, welche mich zwar wieder neuen Illusionen der Einbildung und des Herzens aussetzte, aber doch zugleich dem, was in meinen Augen die Vollkommenheit des Menschen ist, näher brachte, und vielleicht ein Mittelzustand war, durch welchen ich nothwendig gehen mußte, um auf den geradesten Weg, der zu jener Vollkommenheit führt, zu kommen.


Lucian.


Das wollen wir sehen! Aber wie benahmen sich inzwischen der Unbekannte und der Wegweiser?


Peregrin.


Nichts weniger als zudringlich. Es verging beinahe ein halbes Jahr, ehe ich von dem letztern, mit Gelegenheit einiger Waaren, die meinem Vater von Smyrna kamen, ein Briefchen erhielt, worin er meldete, daß er mich in kurzem zu Parium besuchen würde. Bald darauf erschien er wirklich in unserm Hause in Gestalt eines Handelsmannes von Aegina, Namens Hegesias, der von verschiedenen unsrer Correspondenten Aufträge an meinen Vater hatte. Er betrug sich dabei mit so vieler Geschicklichkeit und Klugheit, daß der Alte ganz von ihm eingenommen wurde, und sein Anerbieten, sich hinwieder von ihm mit Aufträgen nach einigen Plätzen der Ionischen[222] Küste beladen zu lassen, mit Vergnügen annahm. Dieß setzte ihn in kurzem auf einen so freundschaftlichen Fuß mit uns, daß es mir an Gelegenheit nicht fehlen konnte, so viele besondere Unterredungen mit ihm zu haben als ich nur immer wünschte. Ich erhielt einige der Bücher von ihm, die von den Christianern damals noch sehr geheim gehalten wurden, und hauptsächlich die Geschichte der drei letzten Lebensjahre ihres Meisters, seine Wunderthaten, seine öffentlichen Reden, und den geheimern Unterricht, der nur seinen auserwählten Anhängern zu Theil ward, enthalten. Ich verschlang diese Bücher mit meiner gewöhnlichen Lebhaftigkeit, und schöpfte daraus eine so innige Liebe für die Person dieses wunderbaren und in seiner Art einzigen Menschensohnes, daß es mir nicht schwer gewesen wäre, ihm noch weit unglaublichere Dinge, als er zum Theil gesagt haben soll, mit eben der zutraulichen Gutherzigkeit zu glauben, womit ich, auf das Wort und die ehrliche Miene meines Freundes Hegesias, an die historische Zuverlässigkeit der Erzähler so außerordentlicher Dinge glaubte. Hegesias ließ nichts außer Acht, was mich in meinem neuen Glauben bestärken, und mir den Beruf eines Mitarbeiters an dem großen Werke der Zerstörung des Reichs der Finsterniß immer wichtiger machen konnte; und kurz (um dich mit der Beschreibung meiner Fortschritte nicht noch längere Zeit aufzuhalten als ich gebrauchte sie zu machen), er fand mich in so guter Verfassung, daß er kein Bedenken trug, mir noch in der Nacht vor seiner Abreise von Parium den ersten Grad der Initiation in den Mysterien der Christianer zu ertheilen, und bei dieser Handlung – deren einfache aber herzerschütternde[223] Feierlichkeit durch die Stille der Mitternacht und das Schauerliche des Orts, den er dazu ersehen hatte, nicht wenig erhöht wurde – ein Gelübde von mir anzunehmen, das mich auf ewig zum Genossen des Reichs des Lichtes und zum unversöhnlichen Bekämpfer des Reichs der Finsterniß machen sollte.

Hegesias hatte schon mehr als Einmal seine ganze Beredsamkeit anwenden müssen, den Eifer, den er selbst in mir entzündet hatte, zu mäßigen, und mich zu überzeugen, daß es Pflicht sey, mich den Verrichtungen, welche die Vorsehung mir dermalen angewiesen habe, nicht eher zu entziehen, bis ein höherer Befehl mich davon abrufe. Aber in diesen feierlichen Augenblicken ergriff mich das Verlangen, alles zu verlassen und mich meinem neuen Beruf gänzlich und mit ungetheilter Thätigkeit zu widmen, mit solcher Gewalt, daß ich von neuem in ihn drang, und in Hoffnung, seinen Widerstand auf einmal zu entwaffnen, mit großem Feuer mich auf die Antwort berief, die unser Meister dem reichen Jüngling ertheilt hatte, der ihn fragte, was er thun müsse um selig zu werden. Nichts konnte, meiner Meinung nach, entschiedener seyn, als die Anwendbarkeit dieser Antwort auf meinen Fall. Allein Hegesias war nicht so leicht aus seinem Vortheil zu werfen als ich mir einbildete. Er strafte meine Ungeduld mit sanftem aber unerbittlichem Ernst, und bestand schlechterdings darauf , daß es mir nicht erlaubt sey, meinen Vater eher zu verlassen, als bis er meines Dienstes nicht mehr benöthigt seyn würde. »Die Antwort, die dem Jüngling, auf den du dich beziehest, ertheilt wurde, sagte er, paßt so wenig[224] auf deinen Fall, daß sie vielmehr gegen dich entscheidet. Die Gemüthsverfassung, worin du dich in diesem Augenblicke befindest, ist gerade das Gegentheil der seinigen: denn er schlich sich traurig fort, als er hörte daß er das alles fahren lassen müsse, was du mit Ungeduld zu verlassen wünschest. Irre dich nicht, mein Bruder, fuhr er fort: dich selbst, nicht deine äußerlichen Umstände, dich selbst zu verläugnen, indem du dem feurigsten Wunsche deines Herzens widerstehst, ist die erste Pflicht, die dir deine Aufnahme in die Gemeinschaft der Kinder des Lichtes auflegt! Wie, Peregrin? du schmeichelst dir das große Gebot unsers Herrn zu erfüllen, und ihm alles aufzuopfern, indem du in der That nur eine mühsame drückende Last von dir würfest, und, anstatt seinen Willen zu thun, deinen eigenen thätest? Gerade diese leidenschaftliche Begierde, womit du alles um seinetwillen verlassen möchtest, würde dein Opfer verwerflich machen; denn sie ist bloße Täuschung deines noch nicht ganz überwältigten Selbst, oder vielmehr ein unsichtbares Netz, welches dein böser Dämon dir über den Kopf zu werfen sucht. Willst du dich gewiß machen ob deine Selbstverläugnung ächt ist? Opfre dem, welchem du alles was du bist und hast aufzuopfern bereit zu seyn wähnest, diese unzeitige Begierde auf; kehre in dein väterliches Haus zurück, und glaube, du dienest dem Herrn, indem du fortfährst die Geschäfte deines Vaters mit Aufmerksamkeit und Eifer zu besorgen. Du wirst, wenn du in diesem geringen Posten treu gewesen bist, zu rechter Zeit an einen höhern abgerufen werden.«

Hegesias ertheilte mir diese Züchtigung mit einem so[225] ernsten und Gehorsam fordernden Tone, daß ich den Unbekannten von Smyrna zu hören glaubte. Ich unterwarf mich also mit aller Demuth, die einem Neophyten76 zukam, und empfing seinen Segen, mit der Versicherung, daß ich mich von nun an als einen Bürger der Stadt Gottes, die in kurzem in sichtbarer Glorie auf die Erde herabsteigen würde, zu betrachten hätte: und da ich mit Uebernahme der strengen Pflichten dieser hohen Würde auch alle Vorrechte derselben erhalten hätte, so könnte ich gewiß seyn, daß ich, von diesem Augenblick an, unter dem unmittelbaren Schutz und Einfluß aller Geister des Lichtes, und in einer Verbindung mit den Genossen ihres Reiches stehe, die weder durch Raum noch Zeit gehemmet werden könne, und wovon ich ohne mein Zuthun, so oft es der Dienst unsers Königs erforderte, untrügliche Beweise erhalten würde.


Lucian.


Dieser Hegesias spielte, wie es scheint, keine geringe Rolle unter den Kindern des Lichtes.


Peregrin.


Er war, wie ich in der Folge erfuhr, einer der vertrautesten und thätigsten geheimen Agenten meines Unbekannten, ein Amt, wozu ihn seine außerordentliche Gegenwart und Geschmeidigkeit des Geistes, seine Weltkenntniß, und seine Geschicklichkeit mit allen Arten von Menschen umzugehen und ihr Zutrauen zu erwerben, ganz vorzüglich geschickt machte. Es war beinahe unmöglich ihm zu entgehen, wenn er sich eines Menschen bemächtigen wollte, der nur einige Anlage hatte, wissentlich oder unwissentlich, in einem höhern oder niedrigern[226] Posten, als Gewicht, Rad oder Springfeder, an dem großen Werke, dessen Seele der Unbekannte war, arbeiten zu helfen. Er sprach mit vieler Fertigkeit alle Sprachen, die in dem ganzen damaligen Umfang des ungeheuern Römerreichs gesprochen wurden; besaß große Geschicklichkeit und Kenntnisse in Handelsgeschäften; stand mit vielen Großen und mit den vornehmsten Häusern in allen Handelsplätzen des Reichs in Verbindung, und konnte der Sache, welcher er sich gewidmet hatte, desto wichtigere Dienste thun, da sich (außer den Brüdern, die ihn kannten oder denen er sich zu erkennen gab) niemand einen Christianer hinter ihm vermuthet hätte. Denn er war, um zum Besten der guten Sache Allen Alles seyn zu können, von jeder äußerlichen Handlung dispensirt, die ihn den Profanen hätte verdächtig machen können; eine Befreiung, welche mein Unbekannter den thätigsten unter seinen Vertrauten gewöhnlich zu ertheilen pflegte, und die er auch mir (wiewohl ich noch weit von diesem Grade war) durch Hegesias ertheilen ließ, da es mir von ihnen selbst zur Pflicht gemacht wurde, meine Verbindung mit den Brüdern vor meinen Verwandten und Mitbürgern geheim zu halten.


Lucian.


Diese Erlaubniß, zum Vortheil des ganzen Ordens jede beliebige Person unter jeder erforderlichen Maske vorzustellen, gibt mir auf einmal Licht über die Möglichkeit, wie eine zu meiner Zeit noch so sehr verachtete Secte schon in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts ihrer Zeitrechnung so zahlreich und ansehnlich seyn konnte, daß sie die Eifersucht der Priester der alten Götter nothwendig erregen mußte. Ihre Anzahl war[227] schon unter den Antoninen viel größer als man glaubte, da vermuthlich nicht wenige (zumal in den höhern Classen der bürgerlichen Gesellschaft) aus mancherlei Rücksichten, und zum Theil auch (wie dein Hegesias) in der Absicht, ihren Brüdern bei jeder Gelegenheit desto nützlicher seyn, und überhaupt ihre neue Theokratie im Stillen desto ungehinderter gründen und ausbreiten zu können, mit Vergünstigung der Obern ihre Verbindung mit den Christianern so lange geheim hielten, bis veränderte Umstände diese Zurückhaltung immer weniger nöthig machten.


Peregrin.


Sehr wahrscheinlich. Indessen muß ich gestehen, daß für mich selbst, wiewohl ich mehrere Jahre in ziemlich enger Verbindung mit einigen von ihnen gestanden, ein undurchdringliches Dunkel auf der Geschichte des Ursprungs und der ersten Zeiten dieses in der Folge für die ganze Menschheit so wichtig gewordenen Ordens liegt. An meinen Vermuthungen darüber kann dir wenig gelegen seyn; auch würden sie uns zu weit von der Geschichte meiner eigenen Wenigkeit abführen, um welche es doch jetzt allein zu thun ist. Aber was ich aus eigener Erfahrung weiß, ist, daß zwischen den Christianern unter dem sogenannten großen Constantinus, und den größern und kleinern, durch den ganzen römischen Erdkreis zerstreuten Brüdergemeinen, die man zu meiner Zeit unter diesem Namen zu begreifen pflegte, ein mächtiger Unterschied war. Denn damals herrschte noch so wenig Zusammenhang, Ordnung und Uebereinstimmung unter ihnen, daß vielleicht nicht zwei Gemeinen von beträchtlicher Größe zu finden waren, die in allen[228] Stücken Eines Glaubens und Sinnes gewesen seyn sollten. Aus Mangel eines genau bestimmten und allgemein angenommenen Lehrbegriffs, blieben viele Punkte ihres Glaubens zweifelhaft: und da eine Menge Fragen, die man sich nicht entbrechen konnte nach und nach aufzuwerfen, aus eben diesem Grunde nicht rein aufgelös't werden konnten, so hing jede besondere Gemeine hierin größtentheils von den Meinungen und Vorurtheilen ihrer Vorsteher und Lehrer ab. Der Meister selbst hatte nichts Schriftliches hinterlassen, das seinen künftigen Anhängern zur Richtschnur hätte dienen können. Natürlicherweise war also das Maß von Gedächtniß und Verstand, das seinen ersten Schülern zu Theil geworden war, nebst dem Glauben an die Redlichkeit ihres Willens, die einzige Gewährleistung, welche diese den ihrigen für die Wahrheit der Thatsachen, wovon sie als Augenzeugen sprachen, und der Lehren, die sie aus seinem Munde gehört zu haben versicherten, geben konnten. Was Wunder also, daß sogar schon bei Lebzeiten derjenigen, durch welche die ersten Brüdergemeinen gepflanzt wurden, Irrungen, Streitigkeiten und Spaltungen entstanden, die das Ansehen dieses oder jenes Lehrers um so weniger verhüten oder ersticken konnte, weil derjenige, der etwas anderes lehrte, sich eben falls auf Tradition, oder auf Schriften, die im Grunde für nichts mehr als für geschriebene Tradition gelten konnten, berief, und also so viel anscheinendes Recht hatte, als jener, seine Lehre für diejenige zu geben, die mit dem Sinne des Meisters und mit dem Geiste seiner Worte am besten übereinstimme.[229]

Bei dieser Bewandtniß der Sachen läßt sich zwar mit vieler Wahrscheinlichkeit vermuthen, daß die Anzahl der ächten Christianer schon zu meiner Zeit ziemlich gering, und vielleicht bloß auf einzelne Familien oder kleine Gemeinen von derjenigen Art, wie ich auf meiner Wanderschaft nach Pitane eine kennen gelernt hatte, eingeschränkt war. Aber desto ansehnlicher mußte hingegen die Zahl derjenigen werden, die den Namen der Christianer führten, und, wiewohl sie in einigen Glaubenspunkten übereinstimmten, dennoch sowohl in ihrer Vorstellungsart überhaupt, als in besondern Lehrmeinungen und religiösen Gebräuchen und Uebungen, weit genug von einander abgingen, daß die Streitigkeiten, die darüber unter den Lehrern entstanden, unvermerkt den Geist der Liebe und Eintracht ersticken mußten, der aus allen Gemeinen einen einzigen Leib, dessen Seele Christus wäre, hätte machen sollen.

Und eben diese Spaltung der damaligen Christianer in etliche Hauptparteien, die zum Theil wieder in mehrere kleinere Secten zerfielen, – eine Spaltung, welche um die nämliche Zeit, da ihre Anzahl, während der ihnen von Hadrian und den beiden Antoninen gegönnten Ruhe, außerordentlich gewachsen war, dem Orden selbst einen baldigen Untergang zu drohen schien – eben dieß war es, was meinen Unbekannten (einen Mann, der sich zu schweren Unternehmungen geboren fühlte) auf den großen Gedanken brachte, einen geheimen Orden zu stiften, durch welchen er nach und nach allen Asiatischen und morgenländischen Gemeinen die zu ihrer Consistenz und Dauer nöthige Gleichförmigkeit geben, und aus dessen Mittelpunkt er selbst, als unsichtbares Oberhaupt des[230] Ganzen, die große Unternehmung, – eine neue, alles umfassende und beherrschende Theokratie auf den Trümmern aller alten Religionen und Staatsverfassungen aufzuführen – wo nicht zu Stande zu bringen, wenigstens so fest zu gründen hoffte, daß er die gänzliche Vollendung seines Werkes der Zeit getrost überlassen könnte.

Doch ich merke, daß ich meiner Geschichte schon wieder zuvorlaufe, und dir ein großes Theil mehr von dem Geheimnisse des Unbekannten verrathe, als ich in der Epoche von welcher jetzt die Rede ist, selbst davon wissen konnte.

Es war nun, seitdem ich von Hegesias den ersten Grad der Weihe erhalten hatte, über ein Jahr verflossen; wir hatten uns in dieser Zeit mehr als Einmal an verschiedenen Orten gesehen, und ich hatte schon so viele Proben meiner eifrigen Anhänglichkeit an die gute Sache, und meines gränzenlosen Gehorsams gegen die Winke meiner Obern, die ich als unmittelbare Organe des großen Logos betrachtete, abgelegt, daß ich endlich von Kerinthus77 (so nannte sich, wie ich nun erfuhr, mein Unbekannter) einer zweiten Zusammenkunft, und bald darauf der feierlichen Einführung in eine der Gemeinen, die unter seiner Leitung standen, gewürdiget wurde.

Ich empfing bei dieser Gelegenheit den zweiten Grad78 der Weihe, wobei der hochwürdigste Kerinthus selbst das Amt des Mystagogen verwaltete, und wo alles, was ich sah und hörte, meine Seele mit nie empfundnen Gefühlen durchdrang. In der That verdiente das, was bei dieser Gelegenheit nicht sowohl außer mir (denn dieß war sehr einfach) als in mir selbst vorging – so natürlich ich es mir auch jetzt erklären kann –[231] den Namen unaussprechlicher Dinge (Aporrheta) in einem ganz andern Sinne, als jene Aufschlüsse, die den Epopten der Eleusinischen Mysterien zu Theil wurden, und ich enthalte mich deßwegen mehr davon zu sagen; denn man müßte schlechterdings in dem Falle gewesen seyn das Nämliche erfahren zu haben, um sich einen Begriff davon machen zu können.


Lucian.


Ich überhebe dich dessen sehr gern, Freund Peregrin. So wie ich dich selbst nun kenne – und nach allem, was du mir von dem Unbekannten, von dem Geiste der Brüdergemeinen, von ihren Versammlungen, von der hohen Meinung, die sie von der Würde, den Vorrechten und den Erwartungen ihres Ordens hegten, und überhaupt von allem, was seit deinem zweiten Aufenthalt in Smyrna mit dir vorgegangen war, bereits entdeckt hast, kann ich mir, auch ohne eigene Erfahrungen dieser Art und ohne alle Anlage dazu, ziemlich lebhaft vorstellen, wie dir bei der feierlichen Einführung in die Brüderschaft der Kinder des Lichts zu Muthe seyn mußte.


Peregrin.


Immer bleibt zwischen deiner Vorstellung, mein lieber Lucian, und dem was damals in meiner Seele gegenwärtiges Gefühl und Anschauen war, der Unterschied, wie zwischen einem gemalten Feuer und einem wirklichen; ein Unterschied, den ich hier bloß deßwegen geltend mache, damit du den brennenden Eifer desto begreiflicher findest, womit ich von diesem Augenblick an in alle Plane des Unbekannten einging. Dieser schien mit dem Grade der Hitze, zu welchem er die drei großen Beweger des menschlichen Gemüthes, Glauben, Liebe und[232] Hoffnung, bereits in mir gestiegen sah, so wohl zufrieden, daß er in den ersten Tagen nach meiner Aufnahme zwischen mir und seinen Vertrautesten keinen Unterschied zu machen schien. Aber unvermerkt hüllte er sich wieder in das geheimnißvolle Dunkel ein, worin er sich mir beim Anfang unsrer Bekanntschaft gezeigt hatte; und da ich schon ins Innere des Heiligthums eingegangen zu seyn vermeinte, erfuhr ich, daß ich erst im zweiten Vorhofe sey, und daß es noch längere und stärkere Prüfungen und Vorbereitungen erfordere, ehe es ihm erlaubt sey, die Decke gänzlich von meinen Augen wegzuziehen, und mich zum vollen Anschauen des Lichtes, dessen Glanz ich noch nicht ertragen würde, zuzulassen.

Diese Eröffnung konnte die Wirkung nicht verfehlen, die er vermuthlich dadurch auf mich zu machen hoffte. Anstatt mich abzuschrecken, spannte sie zugleich mit den Erwartungen, wozu sie mich berechtigte, alle Springfedern meines Wesens, alles zu unternehmen und alles zu erdulden, was ich nur immer zu thun und zu leiden haben könnte, um jene hohe Stufe zu ersteigen, die nun das Ziel aller meiner Wünsche war. Indessen ließ sich Kerinthus in keine nähere Erklärung über die Vorbereitungen und Prüfungen ein, die ich noch zu überstehen hatte. Er ermahnte mich bloß, wie er schon bei unsrer ersten Zusammenkunft zu thun angefangen hatte, in Reinigung meines Gemüthes und Ertödtung aller sinnlichen Neigungen und eigennützigen Leidenschaften unverdrossen und unerbittlich gegen mich selbst zu seyn, und dieses Selbst als den gefährlichsten, schlauesten und hartnäckigsten unter allen Feinden zu betrachten, die ich als ein Streiter im Reiche[233] des Lichts zu bekämpfen hätte. Er gab mir zu verstehen, daß die unerschütterlichste Entschlossenheit, sich der Sache Gottes gänzlich aufzuopfern, der einzige Weg sey, der zu jener hohen Vollkommenheit führe, die er mir in der Brüderversammlung zu Pergamus von fern und wie in der ersten Dämmerung des anbrechenden Tages gezeigt habe. Ich sehe dein Herz für sie entbrannt, setzte er hinzu; aber Sehnsucht und klopfendes Verlangen ist noch nicht dieser felsenfeste Wille selbst, den keine Gefahr abschrecken, keine reizende Verführung bestricken, keine Arbeit ermüden, keine Aufopferung in Verlegenheit setzen kann. Dieser Wille ist nicht das Werk weniger Tage oder Wochen; er wird bloß durch die Abtödtung jeder andern Neigung, jedes andern Willens in uns geboren, und er ist nicht eher wirklich da, bis er unser Selbst ganz in sich verschlungen hat. – Er gab mir hierauf verschiedene besondere Anweisungen und Verhaltungsregeln, die Mittel betreffend, wodurch ich, desto eher, je eifriger ich in ihrem Gebrauch seyn würde, zum gänzlichen Durchbruch durch die Scheidewand, die noch zwischen mir und dieser Vollkommenheit stehe, gelangen könne. Denn, wiewohl er mir den Weg nichts weniger als leicht machte, so ließ er mich doch deutlich genug merken, daß die Zeit, in welcher ich ihn zurücklegen könne, größtentheils von mir selbst abhange.

Fünf oder sechs Tage nach meiner Aufnahme in die Gemeine der Heiligen riefen den Vorsteher seine Verrichtungen anderswohin, und mich die meinigen nach Parium zurück. Die Art, wie er sich von mir trennte, ließ auch dießmal einen tiefen Stachel in meinem Herzen zurück. Ich scheide nicht[234] von dir, mein Bruder (sagte er zu mir, indem er mir die Hand mit Wärme drückte), denn ich werde dir im Geiste immer nahe bleiben, und ein unsichtbarer Zeuge der Treue seyn, mit welcher du das empfangne Kleinod bewahren wirst. Mit diesen Worten, die aus seinem Munde etwas unbeschreiblich Eindringendes und Magisches hatten, gab er mir den Bruderkuß, der eines der Zeichen ist, woran die Christianer einander erkennen, und war aus meinen Augen verschwunden, ehe ich vermögend war, meinem von Empfindung geschwellten Herzen durch Worte Luft zu machen.

Kerinthus ließ mich in einer Stimmung, die mich geneigter und geschickter machte, unter die Anachoreten der Thebaischen Wüste79 zu gehen, als nach Parium in das Getümmel des beschäftigten Lebens, und zu Menschen, deren Umgang mir mit jedem Tage peinlicher ward, zurückzukehren: aber Hegesias, der sich beinahe eben so viel Gewalt über mein Gemüth erworben hatte als der Prophet selbst, und dem ich etwas von dieser Abgeneigtheit merken ließ, brachte mich bald wieder auf andere Gedanken. Er wiederholte die Vorstellungen, die er mir schon ehemals deßwegen gemacht hatte, mit verdoppelter Stärke, und bestand schlechterdings darauf, daß das Beharren in meinem bisherigen Wirkungskreise die größte Probe von Selbstverläugnung sey, welche dermalen von mir gefordert werde. So gönne mir, rief ich endlich mit einer Wärme die ihn sehr kalt zu lassen schien, so gönne mir wenigstens den einzigen Gedanken, der mir diese weltlichen, den Geist belastenden Sorgen, wozu du mich verurtheilest, erträglich machen kann! Die Natur bedarf wenig, und selbst in[235] dem Wenigen, worauf ich mich einschränke, ist noch so viel Nahrung für den alten Menschen, daß ich täglich darauf bedacht bin, mich noch von etwas Entbehrlichem frei zu machen. Erlaube mir also, von diesem Augenblick an die Gemeine als den Eigenthümer und Herrn meines ganzen Vermögens, und mich als den bloßen Verwalter desselben, der ihr für jeden Obolen Rechnung abzulegen hat, anzusehen. Unter dieser Bedingung will ich nicht nur mit Geduld, sondern mit Vergnügen, so lange es von mir gefordert wird, an dieser Ruderbank angeschmiedet bleiben.


Lucian.


Darüber wird der arme Hegesias gewaltig erschrocken seyn!


Peregrin.


In der That bekam ich in der Folge alle Ursache zu glauben, daß ihm meine Freigebigkeit, im Namen der Brüdercasse, deren oberster Verwalter er war, nicht sehr unangenehm seyn mochte. Aber wenigstens ließ er sich nichts davon merken. Er dankte mir für meinen guten Willen so kaltsinnig, als ob die Rede von funfzig Drachmen und nicht von mehr als zweihundert Talenten gewesen wäre; aber zugleich warnte er mich mit brüderlichem Ernste, wohl auf meiner Hut zu seyn, daß nicht etwa ein geheimer Stolz oder irgend eine andere unlautere Absicht unbemerkt bei dieser wohlgemeinten Darbringung meiner zeitlichen Güter im Hinterhalt laure. Mein Bruder, sprach er zu mir, wir gehören mit allem was wir sind und haben dem Herrn an; denn was haben wir, das wir nicht empfangen hätten? oder was können wir unser[236] nennen, das nicht seyn wäre? Wir alle sind, in jeder Betrachtung, nichts andres als Verwalter über einen kleinern oder größern Theil seiner Haushaltung. Er wird, wenn seine Zeit kommt, das Seinige schon von uns zu fordern wissen; und wehe uns, wenn er uns nicht alle Augenblicke bereit fände, ihm alles bis auf den letzten Heller zurückzugeben!


Lucian.


Wie schmeckte das, Freund Peregrin?


Peregrin.


Ich gestehe, es fiel mir einen Augenblick auf die Brust, daß so gar nichts Freiwilliges und Verdienstliches bei meinem Opfer seyn sollte: aber ich unterdrückte diese kleine Empörung meines Herzens auf der Stelle, als die Eingebung eines bösen Dämons, und fand in der Rede des Hegesias nichts als die einfachste und unwidersprechlichste Wahrheit. Denn so weit war ich noch nicht gekommen, – oder vielmehr, wie wäre es in meiner damaligen Gemüthsverfassung möglich gewesen, – den Taschenspielerstreich zu argwöhnen, mit welchem diese subtilen Heiligen so behend, daß es keine arglose Seele wahrnehmen konnte, sich selbst an die Stelle des Herrn zu schieben, und die Einfältigen zu bereden wußten, was man ihnen gebe, sey bloß eine alte Schuld, die man Ihm zurückbezahle?


Lucian.


Ich fürchte sehr, mein guter Peregrin, daß es mit der ganzen überstrengen und sogar über die stoische Spitzfindigkeit hinaus getriebenen Moral, mit der sich diese Schlauköpfe so viel wußten, bloß auf Maskirung der Kunst, die Gemüther[237] der Menschen zu beherrschen und über ihre Casse zu schalten, abgesehen war.


Peregrin.


Bei Ihm, dessen ehrwürdigen Namen sie trugen, und bei seinen ersten redlichen Anhängern gewiß nicht! Ihm war es in ganzem Ernst darum zu thun, die Menschen durch die Eigenschaften, die uns die Kindheit so liebenswürdig machen, durch Einfalt, Unschuld, reine Güte des Herzens und unbesorgtes Vertrauen auf den Vater im Himmel, zu der höchsten moralischen Vollkommenheit, und dadurch zu der reinsten Eudämonie, deren die Menschheit jenseits des Grabes fähig ist, zu führen. Dahin brachte er alle, die sich mit einfältigem Sinne seiner Führung überließen; und lebendige Beispiele davon hatte ich auf dem Maierhofe zwischen Pergamus und Pitane gesehen. Aber es erfolgte, was vermöge der Natur der Sache erfolgen mußte, und was keine menschliche noch göttliche Macht verhindern konnte. Die Christianer arteten schon nach Annehmung dieses Namens aus; sie verfielen nach und nach in alle Arten von Schwärmerei, standen allen Verführern, welche den Geist ihres Meisters zu heucheln und die Stimme des guten Hirten nachzuäffen wußten, bloß; und so wurden jene hohen Gesinnungen und zarten Gefühle (die, so zu sagen, die angeborne Moral der schönsten Seelen ausmachen) von arglistigen Menschen zu subtilen Netzen verwebt, worin sie immer die gutherzigsten und arglosesten Gemüther am ersten zu fangen gewiß waren.

Aber, wie gesagt, um diese Zeit hatte ich noch nicht die mindeste Ahnung davon, daß ich einst Ursache finden würde,[238] so nachtheilig von diesen heiligen Menschen zu denken, von welchen nun Bruder genannt zu werden der höchste Stolz meines Herzens war. Ich nahm alles was sie mir sagten in dem reinsten und wörtlichsten Sinne; und da ich mich von nun an als einen bloßen Geschäftsträger der Gemeine betrachtete, so gewannen die Geschäfte selbst eine ganz andere Wichtigkeit in meinen Augen als sie vorher hatten. Sie schienen mir nun durch diese Bestimmung zu einer Art von Gottesdienst erhoben, und ich arbeitete, von Hegesias und andern unter seiner Leitung stehenden Brüdern fleißig unterstützt, um so eifriger an Vermehrung meines künftigen Erbgutes, da es – in der Sprache unsers Ordens zu reden – gänzlich zum Bau des Reichs Gottes verwendet werden sollte.

Quelle:
Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. Band 16, Leipzig 1839, S. 197-239.
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