[13] Pausanias, Zoe; später ein Greis.
PAUSANIAS.
Kläglich knechtische Geschöpfe,
Menschenkinder, Staubeskinder!
Wie die Meeresschnecken am
Schlüpfrigen Gestein, so kleben
Sie am Dasein, angeklammert:
Leiden, dulden, nur nicht sterben!
ZOE war aufgestanden und zurückgetreten; tritt vor; ruhig.
Du irrst. Nicht alle.[13]
PAUSANIAS.
Du, die Junge, fürchtest
Du nicht den Tod?
ZOE.
Ich nicht.
PAUSANIAS.
Schon gut. So redet
Wohl manche, – mutlos oder stolz; doch glaub mir,
Es spricht sich leicht, was schwer zu halten ist.
Hinter dem Fels tritt, wie vorhin Pausanias, ein ehrwürdiger Greis hervor, mit weißem Haar, aber jugendlich blühendem Gesicht, in wüstengelbes
Gewand gekleidet.
Frag Den!
ZOE.
Wer ist's?
PAUSANIAS.
Ein Stärkerer als du.
Der Weise, den Palmyras Narren suchen.
Der Greis tritt, mild und freundlich blickend, auf Zoe zu, die sich ehrfürchtig vor ihm verneigt.
DER GREIS.
Du wanderst von Damaskus durch die Wüste.
Was treibt dich nach Palmyra?
ZOE schlicht, sanft.
Gottes Wille.
Sein Wort zu predigen und das Heil zu bringen.
GREIS.
Den Heiden?[14]
ZOE.
Ja.
GREIS.
Die Christin?
ZOE.
Ja, mein Vater.
GREIS.
Dich treibt der Geist?
ZOE.
Du sagst es.
GREIS.
Und du zitterst
Vor diesen Heiden nicht? Und wenn sie dich
Verwerfen, hassen? dir das blühende Leben
Mit Steinen töten?
ZOE.
Gottes Wille lenkt
Die Herzen und die Steine.
GREIS.
Und wenn Gott
Durch meinen Mund dir weissagt: heute noch
Wirst du die Erde von Palmyra färben
Mit deinem jungfräulichen Blut? es wird
Dein müdes Auge brechen noch vor Nacht,
Wenn du Palmyra siehst?[15]
ZOE
Mir graut. – – Doch will ich
Es sehn, mein Vater. Morgen werd' ich dann
Im Paradiese sein!
GREIS.
Und wenn ein Wahn
Die gläubige Seele täuscht? Wenn du entschlummerst,
Nie zu erwachen?
ZOE starrt ihn an.
Warum redest du
So hart zu meinem Seele? – Du! Wer bist du?
Eine leise, geisterhafte Musik beginnt. Zoe horcht erstaunt; doch mit sichtbar ermattenden Sinnen und langsam einschlafendem Blick.
Die Luft erklingt. – – Es tagt in meinem Ohr;
Es nachtet mir im Aug'. Mein Geist wird hell
Und dunkel.
Langsam auf die Felsbank zurücksinkend, so daß, hinter ihr, Pausanias ihr zu Häupten, der Greis ihr zu Füßen steht; die Augen schließend.
Was geschieht mit mir? Wer bist du?
GREIS.
Wer ich bin? – Und wollt' ich's sagen,
Du vernähmst nicht; und vernähmst du,
Deine Seele faßt es nicht.
Seele du, dem Tod geboren –
PAUSANIAS.
Sterben mußt du –
ZOE wie im Traum wiederholend.
Sterben muß ich –[16]
GREIS.
Doch ein Wunder sollst du schauen.
Trompeten und Hörner, in einiger Entfernung; zuerst kurz wie ein Signal, dann rauschende Fanfare. Zoe horcht, den Kopf ein wenig hebend,
doch die Augen fort und fort geschlossen.
Hörst du, Jungfrau?
ZOE.
Hörner tönen.
Kriegsmusik.
PAUSANIAS.
Heimziehende Sieger.
STIMMEN viele, hinter der Scene.
Heil dem Sieger! Heil Apelles!
ZOE.
Und sie rufen.
PAUSANIAS.
»Heil dem Sieger!
Heil Apelles von Palmyra!«
GREIS.
Wohl, Apelles von Palmyra!
Komm, und deiner Seele Pforten
Oeffne! deine stolzen Wünsche
Laß entflattern Adlern gleich!
STIMMEN wie vorhin, näher.
Heil dem Sieger! Heil Apelles![17]
APELLES hinter der Scene.
Schweigt und laßt wich! Preist die Götter! –
Zieht nach Haus!
PAUSANIAS.
Er kommt.
GREIS.
Er komme!
Zieht ein gelbliches Schleiertuch von seinem Haupt, legt es über Zoes Antlitz.
Und sein Auge sehe niemand,
Zu Zoe.
Weder dich, noch ihn, noch mich!
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