Fünfter Auftritt

[124] Apelles, Longinus, Jamlichus aus Apelles' Hause.


APELLES. im Gespräch.

Was! So an mir zu zweifeln – du, mein Freund!

LONGINUS.

Nur weil ich dachte –

APELLES zu Jamlichus.

War das Persida,

Die durch das Thor ging?

JAMLICHUS.

Ja, sie war's.

APELLES wieder zu Longinus.

Du dachtest,

Dein Freund Apelles sei zum Weib geworden,

Das einem Herrn gehorcht in seinem Haus!

Ein Knecht der Rücksicht, feig –

LONGINUS lächelnd.

Nein, nein! So hör doch –

APELLES.

Ich höre nichts mehr. Dies mein Wort, mein letztes.

Tryphena geb' ich dem, wenn sie's begehrt;

Sie findet keinen Bessern, und ich will ihn!

Und wenn die Christen kämen –[125]

JAMLICHUS.

Glaube mir,

Sie werden kommen, dir's zu wehren –

APELLES.

Mir!

Hab' ich kein eigen Kind?

LONGINUS.

Hör' an. Wir halten

Vom Wahn uns frei, weil wir die Weisheit lieben;

So laß uns weise sein, um frei zu bleiben.

Wer viel Geräusch macht, lockt den Widerhall;

Still sein und handeln, ist Vernunft! Bist du

Entschlossen, meinem Sohn dein Kind zu geben –

APELLES.

Beim Zeus!

LONGINUS.

So mach es still. Wir senden beide

Zum Gastfreund in Emesa; der vermählt sie,

Und mit den Geldern, die er uns verwahrt,

Versorgt er sie. Indessen wird hier Sturm,

Dann Wind, dann Stille; was geschehn ist, wird

Wohl auch gelitten; deines Namens Ehre

Steht in Palmyra hoch. Und endlich kehren

Die Kinder uns zurück – zu zwei'n – vielleicht auch

Ein drittes noch dazu!

APELLES mit halbem Lächeln.

Wie weise. Mir

Zu weise, Mann; mir schwillt das Herz, zu denken,[126]

Daß ich mich würdelos verstecken soll,

Um meines Kindes Recht, des Vaters Recht

Zu retten – hier in meiner Väter Stadt,

Wo sich der Christ verstecke! – – Doch die Zeiten,

Sie ziehn dahin, dahin! – – So muß das Herz denn

Sich weise ducken, nicht zu groß sich machen –

LONGINUS.

Es wäre besser!

APELLES.

Besser! – – Wohl –


Verworrener Lärm hinter der Scene rechts.


Was gibt's?

Dort in der Säulenstraße? Lärm –

LONGINUS.

Mir ist,

Als hört' ich Jarchais schrille Greisenstimme,

Des wilden Eiferers.

JAMLICHUS geht nach hinten.

Jemand flieht hierher ...

Tryphena!


Quelle:
Adolf Wilbrandt: Der Meister von Palmyra. Stuttgart 61896, S. 124-127.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Meister von Palmyra
Der Meister Von Palmyra: Dramatische Dichtung in Fünf Aufzügen
Der meister von Palmyra; dramatische dichtung in fünf aufzügen

Buchempfehlung

Apuleius

Der goldene Esel. Metamorphoses, auch Asinus aureus

Der goldene Esel. Metamorphoses, auch Asinus aureus

Der in einen Esel verwandelte Lucius erzählt von seinen Irrfahrten, die ihn in absonderliche erotische Abenteuer mit einfachen Zofen und vornehmen Mädchen stürzen. Er trifft auf grobe Sadisten und homoerotische Priester, auf Transvestiten und Flagellanten. Verfällt einer adeligen Sodomitin und landet schließlich aus Scham über die öffentliche Kopulation allein am Strand von Korinth wo ihm die Göttin Isis erscheint und seine Rückverwandlung betreibt. Der vielschichtige Roman parodiert die Homer'sche Odyssee in burlesk-komischer Art und Weise.

196 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon