Anlaßfarben

[220] Anlaßfarben (Anlauffarben) entliehen beim Erhitzen von Metallstücken auf deren Oberfläche durch Bildung dünner Oxydschichten.

A. Jarólimek hat schon 1885 nachgewiesen, daß Anlauffarben in ihrer Entziehung und Reihenfolge sowohl von der Höhe als auch von der Dauer der Erwärmung des Metallstückes abhängig sind [1]. Löwenherz hat dies durch Versuche an der Physikalisch-technischen Reichsanstalt bewiesen [2]. Karmarsch hat folgende Tabelle aufgehellt, die für gehärteten Stahl gilt und die Temperaturen bezeichnet, bei denen die bestimmten Farbenbildungen eintreten, so daß diese für das mehr oder weniger starke Anlassen des Stahls als Kennzeichnung dienen können.


Hellgelb220–230° C.
Dunkelgelb240° C.
Gelbbraun255° C.
Braunrot265° C.
Purpurrot275° C.
Violett285° C.
Kornblumenblau295° C.
Hellblau315° C.
Grau (meergrün)330° C.

Versuche, auf die sich diese allgemein in die Literatur übergegangene Tabelle bezieht, sind nicht bekanntgeworden. Löwenherz hat bei seinen Versuchen die folgende Reihenfolge von Anlauffarben für Stahl, Kupfer und Messing bei besonders vorsichtiger, langsamer und stetiger Steigerung der Temperaturen bei Stahl, Kupfer und Messing festgestellt:[220]


Anlaßfarben

Für Stahl hat Löwenherz bezüglich des Einflusses von Gestalt, Härte und Zusammensetzung des Stahls folgende vier Grundsätze aufgestellt:

a) Läßt man Stahlkörper gleicher Gestalt, Härte und Zusammensetzung im Luftbade an, so treten die nämlichen Anlauffarben annähernd nach gleichlanger Einwirkung des Bades und bei gleichhoher Temperatur des Stahls ein.

b) Bei Körpern verschiedener Gestalt findet man im Luftbade verschiedene Bedingungen für das Eintreten der Anlauffarben; dies rührt aber, wie besondere Versuche erweisen, davon her, daß mit der Gestalt des Körpers der Verlauf seiner Erwärmung im Luftbad eine Aenderung erfährt. Sorgt man dagegen für gleichartigen Verlauf der Erwärmung, so treten bei sonst gleichartigen Körpern verschiedener Gestalt die Anlauffarben unter gleichen Bedingungen ein.

c) Je härter der Stahl ist, um so höher muß seine Erwärmung getrieben werden, um unter sonst gleichen Umständen die nämliche Farbe zu erzeugen.

d) Die Zusammensetzung des Stahls beeinflußt die Bedingungen für das Eintreten der einzelnen Farben in noch höherem Grade als die Verschiedenheit der Härte.


Literatur: [1] Dinglers Polytechn. Journal 1885, Bd. 255, S. 2 und 59. – [2] Zeitschr. für Instrumentenkunde 1889, Sept.-Heft.

Dalchow.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 220-221.
Lizenz:
Faksimiles:
220 | 221
Kategorien: