Dehnungszeichner

[701] Dehnungszeichner dienen wie ein Teil der Dehnungsmesser zur Ermittlung der Spannungen, die in einzelnen Gliedern eines Bauwerkes (Brücke) unter der Betriebslast oder bei Belastungsproben auftreten.

Die Dehnungsmesser haben den Vorzug größerer Einfachheit; dagegen gewähren die Dehnungszeichner den ersteren gegenüber den Vorteil, daß sie den ganzen Verlauf der Dehnungs- und der hieraus zu berechnenden Spannungsänderungen während des Belastungsvorganges aufzeichnen, während mit Hilfe von Dehnungsmessern nur die unter der Betriebslast vorkommenden größten Spannungen ermittelt werden können. Ganz besonders fällt dieser Vorteil ins Gewicht mit Rücksicht auf die verwickelten Spannungszustände, die durch Sekundärspannungen erzeugt werden. Setzt man dann gleichzeitig zwei Dehnungszeichner an zwei gegenüberliegende Seiten des zu prüfenden Gliedes an, so erhält man durch Zusammenstellung der beiden verzeichneten Spannungslinien nach Maßgabe von Fig. 1 die Größtwerte für die axiale Beanspruchung gleich (y1 + y2)/2 oder (y3 + y4)/2, während man bei Anwendung von Dehnungsmessern zu dem Höchstwerte (y1 + y4)/2 für die mittlere Spannung gelangen würde [1], [2], [3].

Der bekannteste ist der Dehnungszeichner von Fränkel. Er besteht in seiner ursprünglichen Form im wesentlichen aus einem zweifachen, durch Zahngetriebe verbundenen Hebelwerk, das durch eine Meßstange betätigt wird und eine mit Papier belegte Trommel mit dem Vielfachen der zu messenden Längenänderung in Umdrehung versetzt, während ein Schreibstift durch ein Uhrwerk in der Längsrichtung der Trommel mit gleichmäßiger Geschwindigkeit fortbewegt wird [4], [5]. – Um Messungen bei schnell wechselnden Belastungen vornehmen zu können, mußten die bewegten Massen des Apparates möglichst klein sein, damit Fehler infolge elastischer Formänderung der einzelnen Teile des Apparates vermieden blieben. Letzterer ist[701] daher so geändert, daß nun nicht die Bewegungen der Papiertrommel, sondern die des Zeichenstiftes zwangsläufig den zu messenden Längenänderungen folgen. Dies ist durch die in Fig. 2 schematisch dargestellte Anordnung erreicht. Der zweiarmige Hebel E mit dem Drehpunkt bei f wird an dem kurzen Arm bei y durch die Meßstange c betätigt. Sein langer Arm greift bei X an den Winkelhebel p2 an, dessen Schwingung durch die Lenkervorrichtung q2h2r auf den Schreibstift H übertragen wird. Die geradlinige Bewegung ist durch den Gegenlenker h1p1q1 gewährleistet. Unter dem Zeichenstift befindet sich die Schreibtrommel mit einem Uhrwerk zur gleichmäßigen Drehung der Trommel. Um gewisse Stellungen der über die Brücke fortbewegten Last in der Schaulinie selbsttätig zu kennzeichnen, sind besondere elektrische Kontaktvorrichtungen mit dem Apparat verbunden [5], [6]. Bei der neueren Ausführungsform sind zur Bewegungsübertragung sowohl zwischen den beiden Hebeln als auch auf den Schreibstisthalter Stahlbändchen angeordnet, die durch eine Gegenfeder gespannt gehalten werden [2].


Literatur: [1] Deutsche Bauztg. 1893, S. 474. – [2] Ebend. 1893, S. 576. – [3] Ebend. 1894, S. 47, 59 und 249. – [4] Civilingenieur 1891, Taf. XVI. – [5] Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ingen. 1884, S. 482. – [6] Civilingenieur 1892, S. 200.

Rudeloff.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 701-702.
Lizenz:
Faksimiles:
701 | 702
Kategorien: