Pariserblau

[41] Pariserblau (Antwerpener-, Berliner-, Diesbacher-, Eisen-, Englisch-, Erlanger-, Luisen-, Neu-, Oel-, Preußisch-, Reymonds-, Stahlblau [Bleu d'acier], Turnbulls-, Wasser-, Zwickauerblau), blaue Cyaneisenfarben (Ferrocyaneisen), die in ihrem äußeren Ansehen sowohl als auch in der Reinheit der Farbe sehr wesentliche Unterschiede zeigen.

Häufig sind sie vollkommen rein und dann tiefdunkelblau, beinahe schwarzblau, und nehmen durch Reiben mit dem Fingernagel Kupferglanz an; vielfach aber erhalten sie indifferente Zusätze, wie Stärke, Schwerspat, Gips, gebrannte und feingemahlene Tone, Kaolin, seiten andre Stoffe, wodurch (namentlich bei Ton und Gips) die Farbe wesentlich heller wird, immer aber den eigentümlichen Farbenton des reinen Pariserblau beibehält. Die Güte eines Pariserblau läßt sich durch bloßes Ansehen nicht beurteilen, denn der Gehalt an reinem Pariserblau kann bei ganz gleichem und namentlich gleich dunkelm Ansehen doch ein ganz verschiedener sein, was davon kommt, daß die vorgenannten üblichen Zusätze durch ihre verschiedene Deckkraft, ein und derselben Menge Pariserblau beigemischt, dessen Farbenton ungleich herabdrücken. Stärke kann in sehr großer Menge beigefügt werden, und das Blau behält doch eine sehr dunkle Farbe, die ins Kupferfarbige zieht; sie erteilt der Farbe aber eine gewisse Leichtigkeit, so daß die Stärke keinen erdigen (oder überhaupt keinen) Zusatz vermuten läßt. Schwerspat drückt die Farbe wegen seiner größeren Deckkraft bei gleichen Zusatzmengen viel bedeutender herab und macht das Gemisch verhältnismäßig viel schwerer; dem Schwerspat zunächst steht Gips und: ferner gebrannter Ton, welche beide die Farbe nicht so schwer machen aber in noch viel größerem Maße herabbringen.

Das Prinzip der Darstellung des Pariserblaus ist die Erzielung eines weißen Niederschlages aus Lösungen von gelbem Blutlaugensalz mit Eisenoxydulsalz, der dann durch Oxydationsmittel gebläut wird. Das Bläuen dieses Niederschlages erfolgt auf die Weise, daß man denselben in einem Kessel bis nahe zum Kochen erhitzt, ihn in Holzgefäße bringt und in denselben zuerst mit bestimmten Mengen Salpetersäure, dann mit englischer Schwefelsäure, wobei sich salpetrigsaure Dämpfe bilden, behandelt. Die Masse wird dann wiederholt ausgewaschen, abfiltriert oder abgepreßt, in länglich viereckige Stücke geschnitten und zuerst an der Luft, dann in Trockenräumen bei 31–40° C. getrocknet. Auch Chlor, Salz- und Salpetersäure, doppeltchromsaures Kali und Schwefelsäure werden zum Oxydieren des weißen Niederschlages benutzt. Die durch Fällen von Eisenoxydsalzlösungen mit gelbem Blutlaugensalz erhaltenen Niederschläge liefern sofort Pariserblau, doch sind die Produkte nach dem Trocknen nicht so schön und feurig als die aus Eisenoxydulsalzen erzielten Farben, und das Verfahren hat in Deutschland keinen Eingang gefunden. In jüngster Zeit dient auch gebrauchte Gasreinigungsmasse als Ausgangsmaterial für Pariserblau. Turnbullsblau ist der Niederschlag der Lösungen von Eisenoxydulsalz mit rotem: Blutlaugensalz. Durch Erhitzen von Pariserblau wird solches in eine braune Farbe (Preußischbraun, Berlinerbraun) übergeführt.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 41.
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