Städtebau

[239] Städtebau. Unter dem Städtebau im engeren Sinne versteht man die Entwerfung, Durchbildung und Ausführung des Stadtbauplans (s.d.).

Die Entwurfstätigkeit bewegt sich zumeist auf einem Grenzgebiete des architektonischen Schaffens und des Ingenieurberufs. Während gewisse Teile des Städtebaus, wie die künstlerische Gestaltung und Ausstattung öffentlicher Plätze, zu den höchsten architektonischen Aufgaben gehören können, liegen andre Zweige städtebaulichen Wirkens, z.B. die Erschließung gebirgiger Geländeteile oder die Lösung der großen Verkehrsfragen, ganz oder vorwiegend dem Ingenieur ob. Bei der Durchbildung der Pläne im einzelnen treten der Architekt, der Ingenieur und der Gartenkünstler in Tätigkeit. Bei der Ausführung hat neben den Technikern der Verwaltungsbeamte ein reiches und nicht immer leichtes Arbeitsfeld, namentlich in bezug auf Eigentums-, Finanz- und Rechtsfragen. So bietet der moderne Städtebau überaus vielgestaltige Probleme, bei deren Lösung viele Berufe beteiligt sind und Einseitigkeit wenig am Platz ist. – Glänzende Zeiten hat der Städtebau erlebt bei den Griechen und Römern, sodann bei der Ausgestaltung der unregelmäßigen und der Anlage der regelmäßigen Städte des Mittelalters, ferner aber in der Barockperiode Italiens und Frankreichs (in geringerem Grade auch Deutschlands), endlich beim Umbau der Stadt Paris um die Mitte des vorigen Jahrhunderts. In Deutschland wurde die ganz daniederliegende Städtebaukunst, hauptsächlich als nach der Gründung des Reiches die Städte einen raschen Aufschwung nahmen, wieder angeregt von Frankreich her. Dann besann man sich auf die zum Teil hochbedeutenden Leitungen der eignen Vorfahren. Heute hat der deutsche Städtebau, wenigstens nach der Meinung der Zeitgenossen, eine Art von Blüte erreicht und scheint auch auf das Ausland vorbildlich zu wirken.

Der Städtebau im weiteren Sinne umfaßt weiterhin den Bau der Straßen, die Einrichtungen der Stadtentwässerung, Städtereinigung und Stadtverschönerung, ferner der Wasserversorgung und aller Arten des Stadtverkehrs, endlich die Gebiete der Baupolizeiordnung und der Wohnungsfürsorge.

Stübben.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 239.
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