Versorgungsnetze

[829] Versorgungsnetze bilden in den Städten die Gesamtheit der die Gebäude mit Wasser, Gas, Elektrizität u.s.w. versorgenden Leitungen, die, den Bedürfnissen entsprechend sich allmählich immer mehr vermehrend, den städtischen Tiefbauämtern bezüglich ihrer Unterbringung im Straßenkörper oft schwierige Aufgaben gestellt haben [1], die insofern auch mit der Pflasterfrage zusammenhängen, als bei jeder notwendig werdenden Legung neuer Leitungen die Pflasterdecke immer aufgerissen werden muß, wodurch Verkehrsstörungen entstehen [2].

Auch müssen beziehende Leitungen berücksichtigt werden, und besonders wo verschiedenen Gesellschaften die Ermächtigung zum Legen von Leitungen gegeben worden waren, wie z.B. in London und New York, kann es vorkommen, daß man Leitungen in wirrem Durcheinander unter der Straße vorfindet, so daß nicht allein Beschädigungen bestehender Leitungen bei Neulegungen und Ausbesserungen vorkommen, sondern daß es auch schwerfällt, eine bestimmte Leitung herauszufinden [3]. Diese Mißstände führten in den großen Städten zur Vereinigung sämtlicher Leitungen in Straßentunnels oder Subways (s. Bd. 8, S. 396) und gaben anderseits Anlaß, in Städten, wo aus den verschiedensten Gründen Subways nicht angebracht erschienen, die Straßen selbst frei zu halten und die Leitungen in einer bestimmten Anordnung unter die Bürgersteige zu verweisen, die mit einer leicht zu entfernenden und wiederherzustellenden Abdeckung (z.B. Platten) versehen werden können. In Breslau [4] wurden beispielsweise in den breiteren Straßen mit 6 m breiten Fußwegen alle Leitungen doppelseitig so verlegt, daß der 2 m breite Streifen zunächst den Bordsteinen zur Aufnahme von Kabeln für hochgespannten elektrischen Strom, der anschließende 0,8 m breite Streifen für die Gasleitung, der folgende 1,2 m breite für die Wasserleitung und der letzte 1,5 m breite Streifen an den Häusern zur Aufnahme des Entwässerungskanals dient. Die Kabel für schwache elektrische Ströme (Telegraph, Telephon u.s.w.) kamen zwischen die Wasserleitung und den Kanal zu liegen. Neuerdings werden die Kabel vielfach in besonderen Zementkasten untergebracht (s. Kabelleitungen, S. 392). In schmalen Straßen und namentlich bei schmalen Fußwegen müssen die Leitungen allerdings im Straßenkörper selbst untergebracht werden, aber so, daß sie auch bei Aufgrabungen und Ausbesserungen möglichst geringe Störungen hervorrufen [5].


Literatur: [1] Hobrecht, Die modernen Aufgaben des großstädtischen Straßenbaues mit Rücksicht auf die Unterbringung des Versorgungsnetzes, Zentralbl. d. Bauverw. 1890, S. 353, 375, 386; Deutsche Bauztg. 1890, S. 445; Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1890, S. 301, 313, 327. – [2] Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1890, S. 393. – [3] Rohrleitungen an der Kreuzung vom Broadway mit der Fultonstr. in New York, Génie civil 1892, Bd. XX, S. 154. – [4] v. Scholz, Vortrag über die Breslauer Straßenarbeiten, Zeitschr. f. Transportw. u. Straßenb. 1891, S. 30; L. v. Willmann, Straßenbau, Fortschr. d. Ing.-Wiss., II. Gruppe, Heft 4, S. 46. – [5] Laißle, Stadt. Straßen, Handb. d. Ing.-Wiss., I. Teil, 4. Bd., 4. Aufl., Leipzig 1907, Kap. II, S. 311.

L. v. Willmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 829.
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