Atomverkettung

[60] Atomverkettung, der eigentümliche Zusammenhang zwischen den Atomen chemischer Verbindungen. Die einfachsten Verhältnisse zeigen Körper, die aus nur 2 Atomen gleichwertiger Elemente bestehen: H-Cl. 1 Atom eines zweiwertigen Elements verbindet sich mit 2 Atomen eines einwertigen, und es ergibt sich das Bild

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Die 4 Valenzen des Kohlenstoffatoms können durch die Valenzen von 4 einwertigen Atomen,

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aber auch durch 4 Valenzen von 2 zweiwertigen Atomen

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oder durch 3 Valenzen eines dreiwertigen und 1 Valenz eines einwertigen Atoms gesättigt werden H– C≡N. Behandelt man die Verbindung CH3Cl mit Natrium, so wird ihr das Chlor entzogen, und nun treten zwei Atomgruppen CH3 zusammen zu der Verbindung C2H6. Man muß annehmen, daß in dieser 2 Atome Kohlenstoff miteinander verbunden sind, und daß jedes derselben 3 Atome H bindet. So gelangt man zu der Formel

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Das chemische Verhalten der Verbindungen, die Bildung gewisser Umwandlungsprodukte bei Einwirkung von Chemikalien gestattet einen Schluß auf die A., und man kommt z. B. beim Studium der Verbindung C2H3N zu der Anschauung, daß die beiden Kohlenstoffatome unter sich eng verbunden oder verkettet sind, daß die drei Wasserstoffatome mit dem einen Kohlenstoffatom verbunden sind, während das Stickstoffatom mit dem andern Kohlenstoffatom verbunden ist. Dies wird ausgedrückt durch die Formel H3C-CN. In Aldehyden wird eine doppelte Verkettung zwischen Sauerstoff und Kohlenstoff angenommen, wie es die Formel

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ausdrückt. Wenn sich diese Verbindung in eine gesättigte verwandelt, so tritt an die Stelle der doppelten einfache Verkettung:

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Bei vielen Verbindungen nimmt man eine ringförmige Verkettung von sechs Kohlenstoffatomen an, die abwechselnd doppelt und einfach untereinander verbunden sind. Dem entspricht die Formel des Benzols:

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Dieser Ring aus sechs Kohlenstoffatomen ist sehr fest und kann nur durch sehr starke Einwirkung gesprengt werden.

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Sehr leicht werden dagegen Wasserstoffatome durch andre Clemente oder Atomgruppen ersetzt, wie es die nebenstehende Formel des Mesitylens veranschaulicht. Die mit den Kohlenstoffatomen verbundenen Atomgruppen nennt man Seitenketten; sie erleiden die mannigfachsten Wandlungen, ohne daß der Benzolring angegriffen wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 60.
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