Häusliche und kameradschaftliche Verhältnisse von Ende 1782 bis 1786

Die Freundschaft mit Joseph Haydn

[29] Trotz den ungünstigen Zeichen, unter denen Mozarts Hochzeit stattgefunden hatte, schien es, als wollte ihm das Glück während der ersten Ehejahre wieder seine Gunst zuwenden. Der Hof, die Gesellschaft, ja auch die Fachgenossen bereiteten ihm bei seinem häufigen Auftreten in der Öffentlichkeit Triumphe über Triumphe, und auch seine finanziellen Verhältnisse besserten sich derart, daß er bei einem einigermaßen geordneten Wirtschaften wohl auf einen grünen Zweig hätte kommen können.

Allerdings, ein trüber Schatten fiel von vornherein auf diese letzten glücklichen Jahre seines Lebens: der Groll des Vaters über seine Heirat, von dem dieser bei allem äußeren Nachgeben nicht abließ, und der sich nach seiner bekannten Art bei ihm bis zu harter Verbitterung steigerte. Schon am 23. August 1782 schrieb er an die Baronin von Waldstädten, nachdem er ihr für die Ausrichtung von Wolfgangs Hochzeit gedankt hatte1:


Als ich ein junger Pursche war, glaubte ich immer, daß diejenigen Philosophen wären, die wenig sprachen, selten lachten und gegen alle Welt eine mürrische Miene machten. Meine eigenen Begebenheiten aber haben mich nun vollkommen überzeugt, daß ich einer bin, ohne es selbst zu wissen: denn da ich als ein wahrer Vater meine Schuldigkeit gethan, – ihm in so vielen Briefen über alles die klarsten und begreiflichsten Vorstellungen gemacht, – ich auch überzeugt bin, daß er meine mühsame Umstände, meine bei einem, solchen Alter höchst beschwerliche Umstände kennt und meine Herabsetzungen in Salzburg einsieht, – da er weiß, daß ich sowohl im moralischen als physikalischen Verstande durch sein Betragen aufgeopfert bin, – so bleibt mir nichts anderes übrig als ihn (da er es so wollte) sich selbst zu überlassen und Gott zu bitten, daß er ihm meinen väterlichen Segen angedeyhen lasse und ihm seine göttliche Gnade nicht entziehe. Ich aber werde meine mir angeborene noch bey diesen Jahren übrige Munterkeit nicht verlieren, sondern immerhin das Beste hoffen.


Daß die Zügel der Erziehung des Sohnes allmählich seiner Hand entglitten, mußte L. Mozart schon seit der Pariser Reise klar geworden sein; die Heirat bildete nur die letzte Station auf diesem Wege. Wäre Konstanze nicht eine »Weberische«, sondern eine Frau nach Leopolds Herzen gewesen, er hätte vielleicht noch eingelenkt und sich mit der Rolle des väterlichen[30] Freundes begnügt. So aber war das Tuch zwischen beiden auf immer zerschnitten, und das Schlimme war, daß Leopold nach dem ganzen Verlauf von Wolfgangs Verlobung mit seinem Urteil recht hatte. Wie es in ihm aussah, können wir nur mittelbar erschließen, da seine Briefe an den Sohn aus dieser Zeit nicht mehr erhalten sind – wohl möglich, daß sie Konstanze vernichtet hat. Nur von den Briefen an Marianne sind einige erhalten, und in den Stellen, die sich darin auf Wolfgang beziehen, kommt wohl noch die alte Bewunderung für seine künstlerischen Leistungen zum Ausdruck, über seine persönlichen Verhältnisse dagegen geht er entweder mit Stillschweigen oder mit offener Mißgunst hinweg.

Wolfgangs angeborene Güte ließ dagegen keine dauernde Verstimmung gegen den Vater aufkommen. Er hatte gehandelt, wie es ihm sein Gewissen geboten hatte; jetzt lag ihm alles daran, auch zu seinem Vater, dem er sich nach wie vor aufs innigste verpflichtet fühlte, wieder in ein herzliches Verhältnis zu kommen. Er war sich zwar selbst darüber vollständig klar, daß es mit der früheren Abhängigkeit von ihm auf immer vorbei war und daß ihm der Vater namentlich künstlerisch nichts mehr zu sagen hatte. Trotzdem hielt er an der alten Sohnesliebe fest und trug auch die gelegentlichen Unfreundlichkeiten des Vaters mit schweigender Geduld. Sein feiner Herzenstakt blieb ihm auch unter diesen schwierigen Verhältnissen treu. Seine Briefe an den Vater werden von jetzt ab zwar seltener und vor allem sachlicher, aber Respektsperson ist er ihm bis ans Ende geblieben2.

Anfangs hoffte er freilich noch, den Vater durch die persönliche Bekanntschaft mit Konstanze umstimmen zu können. Der Gedanke an eine Reise beider nach Salzburg taucht schon bald nach der Hochzeit auf. Sie beabsichtigten zuerst Anfang Oktober 1782 dorthin zu kommen und dann am 15. November, zu des Vaters Namenstag. Das erstemal machte ihnen der Besuch der russischen Herrschaften, das zweitemal die Rücksicht auf Akademien und Lehrtätigkeit einen Strich durch die Rechnung; dasselbe war den ganzen Winter über der Fall. Im Frühjahr 1783 aber bildete die vorgerückte Schwangerschaft Konstanzes das Haupthindernis. Statt dessen erreichte den Vater die Bitte des Sohnes, bei dem zu erwartenden Kinde Pate zu stehen: »es mag generis masculini oder faeminini seyn! es heißt halt: Leopold oder Leopoldine«3. Das Kind, ein Knabe, kam am 17. Juni zur Welt; Gevatter wurde freilich nicht sein Großvater, sondern der jüdische Baron von Wetzlar, der sich dazu gleich nach der Entbindung aufdrängte4. Jetzt wurde die Salzburger Reise bestimmt in Aussicht genommen,[31] nicht ohne daß Leopold sein Mißtrauen in den Ernst der Absicht ausgesprochen hätte. Außerdem besorgte Wolfgang, der Erzbischof könnte ihn bei dieser Gelegenheit »etwan arretieren lassen«, da er ja ohne förmliche Entlassung aus dem Dienste geschieden war5; er schlug deshalb dem Vater eine Zusammenkunft an einem dritten Orte (München) vor. Als ihn dieser darüber beruhigt hatte, machte sich das Ehepaar Ende Juli auf den Weg.

Wolfgang kam nicht mit leeren Händen. Er brachte einige Sätze einer großen Messe mit, deren Komposition er schon in den kritischen Tagen seiner Verlobung während einer Erkrankung Konstanzes sich selbst gelobt hatte6. Es waren das »Kyrie, Gloria, Sanctus« und »Benedictus« der großen Messe in c-Moll (K.-V. 427, S. XXIV. 29); das »Credo« war Bruchstück geblieben, das »Agnus Dei« fehlte ganz7. Ob Mozart die Messe, deren Aufführung nach einer am 23. August im Kapellhause abgehaltenen Probe am 25. in der Peterskirche stattfand, bei dieser Gelegenheit durch frühere Meßsätze ergänzt hat, wissen wir nicht; notwendig ist diese durch keinerlei Nachrichten gestützte Annahme durchaus nicht. Konstanze sang die Sopranpartie.

Auch in Salzburg selbst entfaltete Mozart eine lebhafte künstlerische Tätigkeit. Die Wiedereinführung der opera buffa in Wien hatte schon im Mai dieses Jahres sein Augenmerk auf seinen alten LibrettistenVaresco in Salzburg gelenkt8:


[Er könnte] mir ein neues Buch auf sieben Personen schreiben, ... recht komisch im Ganzen. – Und wenn es dann möglich wäre, zwei gleich gute Frauenzimmer-Rollen hineinzubringen. Die eine müßte seria, die andere aber mezzo carattere seyn, aber an Güte müßten beyde Rollen ganz gleich seyn. – Das dritte Frauenzimmer kann aber ganz buffa seyn, wie auch alle Männer, wenn es nötig ist.


Im Juni hatte Varesco, der sich übrigens dabei wieder als ein sehr vorsichtig zu behandelnder Mensch erwiesen hatte, bereits einen Plan entworfen: »L'oca del Cairo«, der Mozart »ganz gut gefiel«; freilich äußerte[32] der Dichter Zweifel an dem Gelingen, die Mozart zu folgendem bezeichnendem Bekenntnis an seinen Vater veranlaßten9:


Daß aber Hr. Varesco an dem incontro der opera zweifelt, finde ich sehr beleidigend für mich – das kann ich ihm versichern, daß sein Buch gewiß nicht gefällt, wenn die Musique nicht gut ist. Die Musique ist also die Hauptsache bey der opera, und wenn es also gefallen soll (und er folglich Belohnung hoffen will), so muß er mir Sachen verändern und umschmelzen, so viel und oft ich will, und nicht seinem Kopfe zu folgen, der nicht die geringste Praxis und Theaterkenntnis hat.


Es ist genau dieselbe Ansicht, die Mozart auch bei der Komposition der »Entführung« vertreten hatte: auf den Plan kam es ihm an, ausführen konnte ihn nach seinen eigenen Worten ebensogut ein anderer Poet. Auch hatte er sich zur selben Zeit vier Operntexte von einem andern Dichter geben lassen. Indessen bekam er von Varesco in Salzburg den ganzen ersten Akt und nahm ihn genau skizziert nach Wien mit. Das weitere Schicksal der Oper wird später zu besprechen sein.

Zur selben Zeit schrieb er für Mich. Haydn die beiden Duette für Violine und Bratsche (K.-V. 423, 424, S. XV. 1, 2). Haydn hatte vom Erzbischof den Auftrag dazu erhalten, ihm aber einer andauernden Krankheit halber nicht entsprechen können. Da sprang Mozart in alter Anhänglichkeit für ihn ein; in kurzer Zeit waren die Duette in Haydns Wohnung vollendet und wurden in dessen Namen dem Erzbischof überreicht. Mozart mag es großen Spaß gemacht haben, seinem alten Peiniger, ohne daß dieser etwas davon merkte, einen Gruß zuzusenden, vor allem aber lehren die Stücke, daß ihm der Freundschaftsdienst an Haydn recht von Herzen kam. Noch später hat dieser die Arbeiten hoch in Ehren gehalten, und auch Mozart soll sie besonders geschätzt haben. Auch mit der blinden Klavierspielerin Mar. Ther. Paradies, die damals in Salzburg weilte und mit L. Mozart befreundet war, trat er in Verkehr10; er hat später für sie ein Konzert geschrieben11.

Endlich ging es auch im väterlichen Hause selbst sehr lebhaft zu. Leopold hatte die Kinder des bekannten, damals in München wirkenden TheaterdirektorsMarchand, die 14jährige Margarete und den 12jähri gen Heinrich, zur Erziehung bei sich aufgenommen und unterrichtete jene in Gesang und Klavierspiel, diesen in Violin- und Klavierspiel12. Dazu kam die neunjährige Johanna Brochard, die Tochter der bekannten Schauspielerin, die 1783–1784 von L. Mozart unterrichtet wurde13. Wolfgang hat an allen diesen Schülern regen Anteil genommen. Margarete Marchand, übrigens eine alte Bekannte seiner Frau von München her14, warnte er15, »sie solle im Singen[33] keinem Fuchsschwanz gleichen, denn die Leckereyen und Küssereyen sind nicht allzeit angenehm«. Er hat sie später als Frau Franz Danzis in München wieder getroffen. Heinrich Marchand dagegen erhielt die Weisung16, »er solle sich recht auf das Staccato begeben, denn nur in diesem können die Wiener den La Motte nicht vergessen«.

Der Hauptzweck der Reise freilich, die Umstimmung des Vaters zugunsten Konstanzes, wurde nicht erreicht. Leopold wahrte zwar die äußere Form, blieb aber innerlich unversöhnt, und schlimm war, daß sich auch zwischen Marianne und Konstanze kein näheres Verhältnis herausbildete. Das ist auch später nicht anders geworden und hat natürlich auf das ehedem so herzliche Verhältnis zwischen den Geschwistern einen bösen Schatten geworfen. Mozart hatte gehofft, seine Frau würde einige der Kostbarkeiten erhalten, die ihm in seiner Jugend geschenkt worden waren17, der Vater jedoch hielt, getreu seinem Grundsatz, daß die Familie des Sohnes nichts mehr von ihm zu erwarten habe, seine Schränke verschlossen. Natürlich war Konstanze über diesen Empfang innerlich aufs tiefste empört und hat ihn dem Schwiergervater und der Schwägerin nie vergessen. Aber auch Wolfgang schied schwer enttäuscht und verstimmt aus seiner Vaterstadt.

Ende Oktober reisten sie ab und kamen über Vöcklabruck zunächst nach Lambach, wo Wolfgang zur Freude seines alten Bekannten, des Abtes Schickmayr, in der Messe das »Agnus Dei« auf der Orgel begleitete und sich auch sonst auf der Orgel und dem Klavichord hören ließ, und dann nach Ebersberg bei Linz, wo er bei einer Opernaufführung im Hause des Pflegers Steurer die ganze Gesellschaft von Linz versammelt fand. In Linz selbst, wo sie am 30. Oktober ankamen, wurden sie im Hause des alten Grafen Thun mit offenen Armen aufgenommen. Am Dienstag den 4. November sollte eine Akademie stattfinden, zu der Wolfgang »über Hals und Kopf« eine neue Sinfonie schreiben mußte18. Es ist die Sinfonie in C-Dur (K.-V. 425, S. VIII. 36), die nach Niemetschek dem Grafen Thun gewidmet war19. Die G-Dur-Sinfonie (K.-V. 444, S. VII. 37), die man früher dafür in Betracht zog20, hat sich seitdem als ein Werk M. Haydns herausgestellt, zu dem Mozart nur die Adagioeinleitung geschrieben hat21. Von seiner Zeichnung des »Ecce-homo«-Bildes in Linz war bereits die Rede22.

Vom 10. Februar bis zum 25. April 1785 hat L. Mozart den Besuch seiner Kinder in Wien erwidert. Die Briefe, die er von da aus an Marianne schreibt, zeigen durch ihren kritischen Ton, daß sich das persönliche Verhältnis nicht geändert hatte. Wolfgangs Vorschlag, ganz zu ihm nach Wien zu ziehen, konnte unter diesen Umständen auf keine Annahme rechnen. Immerhin war er gerecht genug, die Ordnung, die er in des Sohnes Haushalt vorzufinden glaubte, auch offen anzuerkennen. Auch hatte er große Freude an seinem zweiten Enkel Karl, den er Wolfgang ungemein ähnlich[34] fand23, und ganz der Alte war er den künstlerischen Leistungen des Sohnes gegenüber, die zu bewundern er bei der damaligen Hochflut an Akademien24 reichlich Gelegenheit hatte. Schon am zweiten Tag nach seiner Ankunft hatte Wolfgang überdies J. Haydn zu sich zum Quartett eingeladen. Er selbst hat dabei sicher, wie er es bei derlei Gelegenheiten stets tat, die Bratsche übernommen25. Darüber berichtet L. Mozart am 16. Februar seiner Tochter26:


Es wurden die neuen Quartette gemacht, aber nur die 3 neuen, die er zu den andern 3, die wir haben, gemacht hat, – sie sind zwar ein bischen leichter, aber vortrefflich komponiert. Herr Haydn sagte mir: Ich sage Ihnen vor Gott, als ein ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und dem Namen nach kenne; er hat Geschmack, und überdies die größte Compositionswissenschaft.


Man kann sich den Stolz des alten Mannes bei diesen Worten vorstellen, die ihm als der schönste Lohn für seine Mühe und Arbeit erschienen: es war wirklich der »Silberblick seines Lebens«27.

Auch mit den Erfolgen seines Schülers Heinrich Marchand, der ihn begleitet hatte und am 2. März im Burgtheater und am 15. in der Witwen-sozietät auftrat, konnte er zufrieden sein. Seine alte Feindin Aloysia Lange hat er ebenfalls mehrere Male mit Wohlgefallen gehört, ihr Mann, der Schauspieler Lange, zeichnete sein Porträt28. Große Freude erregte sein unerwarteter Besuch bei der Fischerschen Familie29; auch die Baronin v. Waldstädten hat er in ihrem damaligen Wohnsitze in Klosterneuburg aufgesucht.

Von besonderer Wichtigkeit ist, daß Leopold sich in Wien durch seinen Sohn bestimmen ließ, gleichfalls dem Freimaurerorden beizutreten. Die Gründe dafür scheinen zum Teil persönlicher Art gewesen zu sein, kannte er doch eine ganze Reihe von ihm hochgeschätzter Männer, die dem Orden angehörten; vor allem aber scheint es der mit den Jahren in ihm immer stärker erwachte philosophische Drang gewesen zu sein, der ihn zum Eintritt bewog. Die Salzburger Enge hatte den heimlichen Trieb zum Höheren in seiner Brust nur noch gesteigert – jetzt glaubte er ihn durch den Anschluß an die Freimaurerei befriedigen zu können. Wie weit ihm das gelungen ist, wissen wir nicht, ebensowenig, ob er der 1783 in Salzburg gegründeten Loge30 beigetreten ist. Mit dem Sohne scheint er jedenfalls über diese Fragen im Briefwechsel geblieben zu sein31.

In Salzburg fand er nach seiner Rückkehr eine Verfügung des Erzbischofs vor, daß ihm, da er seinen sechswöchigen Urlaub überschritten[35] habe, »bis auf weitere Anschaffung keine Besoldung mehr verabfolgt werden sollte«, falls er nicht bis Mitte Mai eingetroffen sei. Seinen Sohn sollte er nicht wieder sehen; 1787 reiste er mit Heinrich Marchand noch einmal nach München, nach Wien ist er nicht wieder gekommen. Die Komposition und den Prager Erfolg des »Figaro« verfolgte er, wie aus den Briefen an Marianne hervorgeht, mit der alten, warmen Anteilnahme. Die äußeren Umstände des Sohnes betrachtete er zwar mit steigender Besorgnis, lehnte jedoch jede eigene Unterstützung nach wie vor ab, nur mit seinem Rate war er ihm beizustehen bereit, und auch der wurde in der gewohnten Weise, meist nicht ohne Bitterkeit und Schärfe, erteilt. Anfang 1787 begann er zu kränkeln und schreibt am 13. Februar der Tochter aus München32:


Ich befinde mich auf dieser Reise nicht schlimmer, vielmehr hoffe, daß diese Luftveränderung und Bewegung verträglicher seyn werde; denn überhaupt hat der Schluß des 67ten und Eingang des 68ten Jahres meines Alters einen großen Umsatz und Veränderung in meinem alten Körper hervorgebracht: ganz natürlich! alte Menschen werden nicht mehr jung!


Bald darauf erhielt er noch den Besuch Kellys und der Geschwister Storace33, die ihm viel von Wien und dem Sohne berichten mußten. Dann fing er abermals an zu kränkeln und erhielt von dem besorgten Wolfgang jenen uns bereits bekannten Brief vom 4. April34 mit der Bitte, ihm doch ja über den weiteren Verlauf der Krankheit genau zu berichten.

Der Vater erholte sich nochmals, ja er lud am 26. Mai 1787 noch die Tochter mit ihrer Familie zu Pfingsten ein. Zwei Tage darauf, am 28. Mai, schloß er die Augen auf immer. Wolfgang war durch das Ereignis, das ihm nun doch unerwartet kam, obwohl er schon länger damit rechnete, aufs tiefste betroffen. »Sie können sich meine Lage vorstellen«, schreibt er am 29. Mai an G.v. Jacquin35. Viel Zeit, trüben Gedanken nachzuhängen, blieb ihm freilich jetzt so wenig wie nach dem Tode seiner Mutter. »Don Giovanni« stand vor der Türe.

Auch mit Cäcilie Weber, der Schwiegermutter, ließen sich die Dinge zunächst nicht günstig an. Das Ehepaar wohnte zwar mit ihr nicht in demselben Hause36, aber trotzdem gab es gleich beim zweiten Besuche Zank und Streit, so daß man beschloß, die Besuche auf die Namenstage der Familie zu beschränken. Später besserte sich das Verhältnis. »Mozart bekam unsere selige Mutter immer lieber und sie ihn auch«, berichtet Sophie Haibl; die Herzensgüte Wolfgangs entwaffnete schließlich auch diesen störrischen und minderwertigen Charakter. Vor allem scheint er sie nach Sophie Haibl durch allerhand Geschenke von Eßwaren gewonnen zu haben, die er ihr regelmäßig bei seinen Besuchen mitbrachte. Diese ihre jüngste und offenbar gutmütigste Tochter war der häufigste Gast in Mozarts Hause und hat sich durch die Pflege sowohl Konstanzes bei ihren zahlreichen[36] Wochenbetten und Krankheiten, als auch namentlich Wolfgangs bei seiner letzten Krankheit große Verdienste erworben.

Auch mit dem Langeschen Ehepaar37 entwickelte sich ein freundschaftlicher Verkehr. Die Ehe war nicht glücklich, hauptsächlich wegen gegenseitiger Eifersucht38. Aloysia war gutmütig genug, später zu bekennen, daß sie Mozarts Kunst anfangs nicht verstanden habe; im Laufe der Zeit ging ihr das Verständnis auf, und es entspann sich zwischen beiden eine auf richtige Kameradschaft, die ihren Ausdruck in einer Anzahl Mozartscher Arien für Aloysia fand. Eine davon, »Nehmt meinen Dank«, ist uns bereits begegnet39, eine zweite, »Mia speranza adorata« (K.-V. 416, S. VI. 24), folgte am 8. Januar 1783 und wurde von Aloysia zuerst in einem Konzert auf der Mehlgrube gesungen.

Weitere Gelegenheiten ergaben sich, als die italienische Oper wieder eingeführt worden war. Hier baten ihn Aloysia und Adamberger, die als deutsche Sänger in der italienischen Oper vielfach angefeindet wurden, in P. Anfossis 1777 komponierte, 1783 in Wien aufgeführte Oper »Il curioso indiscreto« einige Arien einzulegen. Er war, wie immer, dazu bereit, geriet aber dabei selbst in allerlei Unannehmlichkeiten, von denen er am 2. Juli dem Vater schreibt40:


Die Opera ... ist vorgestern Montags zum erstenmale gegeben worden; es gefiel gar nichts, als die 2 Arien von mir, – und die 2te, welche eine Bravour-Arie ist, mußte wiederholt werden. – Nun müssen Sie wissen, daß meine Feinde so boshaft waren, schon vorhinein auszusprengen:Mozart will die Opera des Anfossi corrigiren. Ich hörte es. Ich ließ also dem Grafen Rosenberg sagen, daß ich die Arien nicht hergebe, ausgenommen, es wird Folgendes sowohl teutsch als welsch den Bücheln beygedruckt:


Avvertimento.


Le due Arie a carte 36 e a carte 102 sono State messe in musica dal Sigr. maestro Mozart, per compiacere alla Sigra. Lange, non essendo quelle state scritte dal Sig. maestro Anfossi secondo la di lei abilità, mà per altro soggetto. Questo si vuole far noto perchè ne vada l'onore a chi conviene, senza che rimanga in alcuna parte pregiudicata la riputazione e la fama del più molto cognito Napolitano.


Es wurde beygedruckt, und ich gab die Arien her, welche sowohl mir als meiner Schwägerin unaussprechliche Ehre machten: – Und die Herren Feinde sind ganz betroffen! – Nun kömmt eine Tour des Hrn. Salieri, welche nicht so viel mir als dem armen Adamberger Schaden thut. Ich glaube, ich habe Ihnen geschrieben, daß ich auch für den Adamberger ein Rondeau gemacht habe. Bey einer kleinen Probe (da das Rondeau noch gar nicht abgeschrieben war) ruft Salieri den Adamberger auf die Seite und sagte ihm, daß der Graf Rosenberg nicht gerne[37] sähe, daß er eine Arie hineinsetzte, und er ihm folglich als ein guter Freund rathe, es nicht zu thun. – Adamberger, aufgebracht über den Rosenberg und dermalen zur Unzeit stolz, wußte sich nicht anderst zu rächen, beging die Dummheit und sagt: Nu ja, um zu zeigen, daß Adamberger schon seinen Ruhm in Wien hat, und nicht nötig hat, sich erst durch für ihn geschriebene Musik Ehre zu machen, so wird er singen, was darin steht, und sein Lebtage keine Arie mehr einlegen. – Was war der Erfolg davon? Das, daß er gar nicht gefiel, wie es auch nicht an derst möglich war! – Nun reuet es ihn, aber zu spät; denn wenn er mich heute ersuchte, ihm das Rondeau zu geben, so würde ich es nicht mehr hergeben. – Ich kann es sehr gut in eine meinige Opera brauchen. – Das Aergste aber dabey ist, daß die Prophezeyhung seiner Frau und von mir wahr geworden ist, nämlich daß der Graf Rosenberg sammt der Direction gar kein Wort davon weiß, und daß es nur so ein Pfiff des Salieri war.


Es waren die beiden Arien »Vorrei spiegarvi oh Dio«41, komponiert am 20. Juni 1783, und »No no che non sei capace« (K.-V. 418, 419, S. VI. 25, 26) für Aloysia und die am 21. Juni für Adamberger komponierte Arie »Per pietà non ricercate« (K.-V. 420, S. VI. 27)42. Ihre zweite Arie hat Aloysia nochmals im April 1791 in einem Konzerte für die Tonkünstler-Witwen-Gesellschaft mit Szenen aus Paisiellos »Fedra« gesungen; der Name »Clorinda« wurde dabei in »Aricia« verändert43. Eine ihrer besten Rollen war die Konstanze in Mozarts »Entführung«44, nach Kellys Urteil recht eigentlich »ein Kompaß« für ihre Stimme45, die Stephan Storace sowohl dem Umfang als der Technik nach der Bastardella zur Seite stellte. Sie wählte deshalb die »Entführung« für ihre Benefizvorstellung46 und trat auch nach ihrer Genesung von schwerer Krankheit am 25. November 1785 in dieser Oper wieder erstmals auf. Auch auswärts hat sie als Konstanze, namentlich mit der Marternarie, große Triumphe gefeiert47. Die letzte Arie, die Mozart für sie geschrieben hat, war »Ah se in ciel benigne stelle« (K.-V. 538, S. VI. 38, aus Metastasios »Eroe cinese« I 2), komponiert am 4. März 1788. Nach allen diesen Arien zu urteilen war sie, im guten Sinne, eine Sängerin ganz nach dem Geschmack des Rokoko, eine Meisterin des Lieblich-Zarten und Gefühlvollen, von viel Geschmack im Ausdruck und von einer ungewöhnlichen technischen Fertigkeit; die hinreißende Leidenschaft lag ihr weit weniger. Dazu stimmt Hufelands Urteil aus dem Jahre 1783, ihre Stimme sei die schönste, die er je gehört habe, ungemein angenehm und einschmeichelnd, nur etwas zu schwach für das Theater48.[38]

Weit weniger begabt, wenn auch gleichfalls im Besitze einer hohen und geläufigen Stimme, war die älteste der Weberschen Schwestern, Josepha49, die erst na h ihrer Heirat mit dem Violinisten Hofer als Sängerin in Schikaneders Theater auftrat. Mozart soll große Mühe gehabt haben, ihr ihre Partien einzustudieren. Auch sie erhielt von ihm eine allerdings nur im Partiturentwurf erhaltene Arie »Schon lacht der holde Frühling« (K.-V. 580, S. XXIV. 48), die am 17. September 1789 als Einlage in die deutsche Bearbeitung von Paisiellos »Barbier von Sevilla« komponiert wurde.

Trotz den mit Anfossis Oper gemachten schlechten Erfahrungen ließ sich Mozart 1785 doch wieder her bei, in Bianchis komische Oper »La villanella rapita«, die am 25. November aufgeführt wurde, einQuartett und ein Terzett einzulegen (K.-V. 479, 480, S. VI. 32, 33), komponiert am 5. und 21. November.Marco Coltellinis, des Dichters, zweite Tochter Celeste (geb. 1764) war von Kaiser Joseph selbst in Neapel, wo sie seit 1779 mit Erfolg gesungen hatte50, Ende 1783 engagiert worden. In Wien trat sie zuerst in Cimarosas »Contadina di spirito« auf51 und nahm dann die Stelle der Storace ein, die bei der ersten Aufführung von ihres Bruders Oper »Gli sposi malcontenti« am 1. Juni 178552 ihre Stimme eine Zeitlang völlig verloren hatte53. Ihren Mangel an Stimmitteln verstand Celeste Coltellini durch hohe musikalische Bildung, Ausdruck und ein vorzügliches Spiel wettzumachen, Vorzüge, auf die auch die beiden Mozartschen Ensembles sichtlich berechnet sind54. Unter den Männern ragte besonders der Darsteller des Pippo, Mandini, hervor, für den Mozart später die Partie des Grafen Almaviva schrieb, wogegen die Partien des Tenoristen Calvesi (Graf) und des zweiten Bassisten Bussani (Biaggio) weniger hervortreten.

Aber nicht bloß Gesangskünstler wurden von Mozart mit Kompositionen bedacht, sondern auch Instrumentalvirtuosen. Im April 1784 kam die Violinspielerin Regina Strinasacchi aus Ostiglia (1764–1839), ein munteres, liebenswürdiges Mädchen, nach Wien. Mozart fand, sie habe sehr viel Geschmack und Empfindung in ihrem Spiele55, und auch Leopold, der sie im Dezember 1785 in Salzburg hörte, bestätigt dies mit den Worten56:


Sie spielt keine Note ohne Empfindung, sogar bey den Sinfonien spielt sie Alles mit Expression und ihr Adagio kann kein Mensch mit mehr Empfindung spielen als sie; ihr ganzes Herz und Seele ist bey der Melodie, die sie vorträgt, und ebenso schön ist ihr Ton und auch Kraft des Tones. Überhaupt finde, daß ein Frauenzimmer, die Talent hat, mehr mit Ausdruck spielt als eine Mannsperson.
[39]

Für sie schrieb Mozart die Violinsonate in B-Dur (K.-V. 454, S. XVIII. 40), die er am 29. April 1784 mit ihr zusammen in einer Akademie im Theater spielen wollte. Aber er wurde, wie das öfter vorkam, bis zum Konzert mit der Niederschrift nicht fertig; mit Mühe erpreßte die Geigerin am Vorabend ihre Stimme von ihm und studierte sie am andern Morgen für sich ein. Mozart selbst erschien im Konzert mit einer Skizze, die nur die Violinstimme und ein paar Begleitungsfiguren und Modulationen enthielt57, er spielte das Werk somit fast ganz aus dem Gedächtnis, was der Kaiser mit der Lorgnette von seiner Loge aus wahrnahm, und ohne jede Probe. Trotzdem verstanden sich die beiden ausgezeichnet und ernteten reichen Beifall.58

Einen alten Bekannten aus Salzburg traf Mozart in dem Hornisten Ignaz Leutgeb (Leitgeb) in Wien wieder, wo dieser sich schon 1777 in einer Vorstadt in einem »kleinen Schneckenhäusl« eine Käserei eingerichtet hatte; zu diesem Zwecke hatte er bei L. Mozart ein Darlehen aufgenommen59. Als Wolfgang nach Wien kam, war er kümmerlicher Verhältnisse halber noch nicht in der Lage gewesen, jene Schuld abzutragen60. Er war ein tüchtiger Solohornist, wenn auch ohne höhere Bildung61. Neben seinem Käsehandel trat er noch häufig in Konzerten auf, und diesem Umstande verdanken wir eine ganze Reihe MozartscherHornkonzerte, die alle in diese Periode fallen (K.-V. 412, vgl. 514; 417, 447, 495, S. XII. 16–19)62. Freilich mußte Leutgeb dafür den ganzen Schwall des Mozartschen Übermuts über sich ergehen lassen; so mußte er sich eines dieser Stücke so verdienen, daß er alle Stimmen der Mozartschen Sinfonien und Konzerte, die dieser kunterbunt im Zimmer umherwarf, kriechend zu sammeln und zu ordnen hatte; unterdessen komponierte Mozart am Schreibtisch. Ein anderes Mal mußte er währenddessen hinter dem Ofen knien63. Auch die Handschrift der Konzerte trägt die Spuren dieser Laune. Eins (K.-V. 417) hat die Überschrift: »Wolfgang Amadé Mozart hat sich über den Leitgeb, Esel, Ochs und Narr erbarmt zu Wien 27. May 1783«, ein anderes (K.-V. 495) ist abwechselnd mit schwarzer, roter, blauer und grüner Tinte geschrieben. In der Handschrift des Rondos (K.-V. 412 und 514) führt der Komponist sogar eine kleine Szene[40] mit dem blasenden Hornisten auf, dessen Fehler hier sämtlich durchgehechelt werden64.

Der Verkehr mit Leutgeb dauerte bis zu Mozarts Tode und war während Konstanzes Abwesenheit 1791 besonders lebhaft. Mozart brachte mitunter die Nacht bei ihm zu, wobei er den übermütigen Ton bis zum Schlusse festhielt. Auch das Quintett für Horn, Violine, zwei Bratschen und Baß (K.-V. 407, S. XIII. 3), das in die Jahre 1782–1784 fällt, ist für Leutgeb geschrieben, der das Autograph besaß65.

Was es mit dem im thematischen Verzeichnis unter dem 1. April 1785 angeführten, bisher verschollenenA-Dur-Andante zu einem Violinkonzert für eine Bewandtnis hatte, ist nicht mehr zu ermitteln; wahrscheinlich war es auch für einen Virtuosen bestimmt66. Soll Mozart doch einmal einem Bettler, der ihn als angeblicher Verwandter auf der Straße ansprach, in einem nahegelegenen Kaffeehaus ein Menuett samt Trio aufgeschrieben haben, für das jener sodann bei Mozarts Verleger das Honorar erhob67.

Aber auch die Kehrseite dieser nur zu oft mißbrauchten Gutmütigkeit Mozarts fehlte nicht: seine rücksichtslose und oft sehr scharfe Kritik an Künstlern und Kunst. Das bekamen besonders die italienischen Sänger und Sängerinnen zu fühlen, an deren Manier er je länger je mehr auszusetzen fand. Auch gewisse Komponisten verschonte sein Tadel nicht, den er in guter Laune gern in das Gewand improvisierter Parodien am Klavier kleidete68. Da nach Niemetscheks Worten69 »Verstellung und Schmeicheley seinem arglosen Herzen gleich fremd und jeder Zwang, den er seinem Geiste antun mußte, unausstehlich war«, konnte es nicht ausbleiben, daß er sich durch seine Offenheit zahlreiche Feinde schuf, was er von italienischer Seite namentlich bei der Aufführung seiner Werke zu spüren bekam. Er geriet bald nach seiner Ankunft in Wien bei manchen Leuten in den Ruf eines Prahlers und böswilligen Kritikers70. Das hätte ihm kurz darauf sogar beinahe die Feder des Musikschriftstellers in die Hand gedrückt. Am 28. Dezember 1782 schreibt er dem Vater71: »Ich hätte Lust ein Buch – eine kleine musikalische Kritik mit Exemplen zu schreiben – aber NB: nicht unter meinem Namen.« Die Stelle, die übrigens allein schon die Legende von dem durchaus naiven, unkritischen Mozart Lügen straft, ist ein schlagender Beweis[41] dafür, wie klar er sich, namentlich seit dem »Idomeneo« und der »Entführung«, über seine eigenen Ziele gewesen ist. Daß jenes Buch doch nicht geschrieben wurde, tut nichts zur Sache; Tatsache ist jedenfalls, daß ihn sowohl sein eigenes Schaffen als das seiner Umwelt damals besonders stark zur Reflexion zwang. Mit dem Anschluß an ein einziges Vorbild nach dem Brauche seiner Jugend war es längst vorbei; jetzt vertrat er die Ansicht, daß der Künstler sich bewußt mit allen Strömungen seiner Zeit befassen müsse, wie er denn auch selbst fleißig französische Opernpartituren neben den italienischen studierte72. Gegen die Italiener war er in Wien kritischer als je; das beweisen seine durchaus treffenden Urteile über Righini73 und den damals besonders beliebten Martin. Er fand »vieles in seinen Sachen wirklich sehr hübsch, aber in zehn Jahren nimmt kein Mensch mehr Notiz von ihnen«74. Gelegenheit zu persönlicher Bekanntschaft mit den italienischen Meistern gab es genug, seitdem die italienische Oper wieder eingerichtet war, und ein kleinerer Geist als Mozart hätte die vielen Zurücksetzungen, die er dabei erfuhr, in seinem Urteil diese Kunst und ihre Vertreter sicher entgelten lassen. Er wußte auch hier die Person von der Sache zu trennen und hielt nicht nur mit dem als Mensch höchst anständigen Engländer Steph. Storace, sondern auch mit Paisiello, dem künstlerisch weit gefährlicheren Mitbewerber, gute Kameradschaft. Paisiello war 1784 von Petersburg nach Wien gekommen und hier mit den höchsten Ehren aufgenommen worden. Sein »Barbiere di Siviglia« wurde sofort aufgeführt; gleich darauf erhielt er den Auftrag zu einer neuen Oper, deren Dichtung dem trefflichen Hofpoeten G.B. Casti übertragen wurde. Es war der »Re Teodoro in Venezia« (nach Voltaires »Candide«), eines der originellsten und gehaltvollsten Opernbücher jener Zeit75. Was Mozart dem Italiener künstlerisch zu verdanken hatte, wissen wir bereits76; er urteilte auch persönlich sehr günstig über dessen Kunst77. Kein Wunder, daß er jetzt auch unmittelbare Fühlung mit ihm suchte. Paisiello war von den großen Buffokomponisten der einzige, mit dem Mozart auch persönlich in näheren Verkehr getreten ist. Er legte Wert darauf, daß eine seiner Schülerinnen dem Italiener von seinen Kompositionen vorspielte78, dieser aber bat sich die Partitur des »Idomeneo« zum Studium aus79. Im selben Jahre wie Paisiello kam noch ein anderer großer Italiener auf der Durchreise nach Petersburg durch Wien, G. Sarti80, den Mozart ebenfalls persönlich kennenlernte. »Sarti ist ein rechtschaffener, braver Mann!«, schreibt er am 9. Juni 1784 dem Vater81, »ich habe ihm sehr viel gespielt, endlich auch Variationen auf eine seinige Aria gemacht,[42] woran er sehr viele Freude gehabt hat«. Später hat Sarti freilich eine sehr hochmütige und absprechende Kritik über einzelne Stellen in Mozarts Quartetten geschrieben, worin er sich beklagt, daß Barbaren ohne jedes Gehör es sich einfallen ließen zu komponieren. Er merkt Fehler an, »wie sie nur ein Klavierspieler machen könne, der dis und es nicht zu unterscheiden wisse«, und schließt mit den Rousseauschen Worten: »De la musique pour faire boucher ses oreilles!«82 Diese Kritik ist nur ein deutlicher Beweis dafür, wie sehr die italienischen Musiker bereits damals die Fühlung nicht allein mit der deutschen, sondern mit der Instrumentalmusik überhaupt verloren hatten.

Auch den Vertretern der Instrumentalmusik gegenüber wahrte Mozart sein unbefangenes Urteil. Gefielen ihm ihre Leistungen, so setzte er seine ganze Persönlichkeit für sie ein. So berichtet Adalbert Gyrowetz von der wohlwollenden Art, wie er ihn dereinst in Wien eingeführt habe83:


Er betrachtete den noch sehr jungen Gyrowetz mit einer so anteilnehmenden Miene, als wollte er sagen: »Armer junger Mensch, du betrittst zum erstenmal den Pfad der großen Welt und erwartest mit Bangigkeit von deinem Schicksal die Ergebnisse der künftigen Zeit.« – – Aufgemuntert durch dessen Leutseligkeit und Gutmütigkeit bat er ihn, einen Blick auf seine jugendlichen Arbeiten, welche in sechs Sinfonien bestanden, zu werfen und ihm darüber sein Urteil zu sagen. Mozart als wahrer Menschenfreund willfahrte seiner Bitte, durchsah die Arbeiten, belobte sie und versprach dem jungen Künstler, eine dieser Sinfonien in seinem Konzerte im Saale zur Mehlgrube, wo Mozart Konzerte auf Pränumeration gab [1785], aufführen zu lassen, welches dann auch an einem Donnerstag erfolgte. Die Sinfonie wurde im Konzertsaale auf der Mehlgrube durch das vollständige Theaterorche ster aufgeführt und erhielt allgemeinen Beifall. Mozart nahm mit seiner angeborenen Herzensgüte den jungen Künstler bei der Hand und stellte ihn als den Autor der Sinfonie dem Publikum vor.


Bei seiner bekannten scharfen und selbständigen Art zu urteilen fehlten natürlich auch die Tadler nicht. Nicht als wäre Mozart empfindlich gewesen. Er dachte im Gegenteil viel zu objektiv, um nicht alle gegen ihn und seine Kunst vorgebrachten Einwände ernstlich zu prüfen, aber gerade diese Objektivität veranlaßte ihn zu schärfster Abwehr des Vorwurfes, der in das Herz seiner Kunst traf: »allzufeurigen Geistes und allzuausschweifender Phantasie«84. Es war nur das Recht des Genies, das er da dem Banausentum gegenüber ausübte. Unter denen, die ihn nicht bloß nicht verstanden, sondern ihm auch noch Neid und Mißgunst entgegenbrachten, war der hartnäckigste Leopold Kozeluch (1752–1818). Dieser Mann, der als Klavierspieler und -lehrer damals in Wien einen ziemlichen Ruf genoß und auch bei Hofe unterrichtete, gehörte zu den Musikern, die durch selbstgefälliges Auftreten und beständige Stänkereien von sich reden zu machen suchten. Zunächst[43] hatte er Haydn auf dem Striche und suchte auch Mozart gegen ihn einzunehmen85; als das nicht gelang, erkor er diesen zur Zielscheibe seiner hämischen Angriffe, fand z.B. die Ouvertüre zum »Don Giovanni« fehlerhaft86, die zur »Zauberflöte«87 gelehrt tuend und äußerte bei der Prager Titusaufführung seine Gehässigkeit gegen Mozart so laut, daß er sich die Sympathie seiner böhmischen Landsleute dauernd verscherzte88. Später hat er dann in der Bearbeitung schottischer Lieder den Wettbewerb auch noch mit Beethoven aufgenommen, der sich freilich gegen jeden Vergleich mit Kozeluch energisch wehrte und ihm dabei das Prädikat »miserabilis« verlieh.89 Neben diesem Manne, dem somit in der Biographie der drei Klassiker die Rolle des Thersites zufällt, ist als Gegner Mozarts der allerdings weit ungefährlichere Kreibich zu erwähnen90.

Das Verhältnis Mozarts zu Gluck ist über einige gelegentliche Zusammenkünfte, zu denen der Anlaß von Gluck ausging91, nicht hinausgediehen. Mozart ist dem älteren Meister gegenüber ein leises Mißtrauen nie losgeworden, das der Gluck ziemlich abgeneigte Vater zudem stets wachzuhalten verstand92; bei der großen Verschiedenheit der Persönlichkeiten und Kunstziele beider war ja auch ein näheres Verhältnis so gut wie ausgeschlossen. Auch Glucks Freundschaft mit Salieri mußte Mozarts Verdacht erregen. Indessen hat sich Gluck nach allem, was wir wissen, ihm gegenüber nicht allein korrekt, sondern wohlwollend und freundschaftlich gezeigt. Auch mit Dittersdorf, der anerkanntermaßen eine besondere Hochachtung vor Mozart hatte, scheint kein näherer Verkehr bestanden zu haben; allerdings hielt sich Dittersdorf während jener Zeit nur vorübergehend in Wien auf.

Dagegen wurde das freundschaftliche Verhältnis zu Joseph Haydn immer herzlicher. Wann sich dieses Band angesponnen hat, läßt sich nicht mehr genau bestimmen. Haydn stand, als Mozart nach Wien kam, in Esterhaz in Diensten, kam aber sowohl allein, als auch mit seinem Fürsten sehr häufig nach Wien und feierte hier als Komponist große Triumphe; Gelegenheit, ihn persönlich kennenzulernen, war also reichlich vorhanden. Trotzdem erwähnt Mozart Haydns Namen erst 1784 (24. April) in einem Briefe an den Vater93:


[44] Dann sind dermalen Quartetten heraus von einem gewissen Pleyel, dieser ist ein Scholar von Joseph Haydn. Wenn Sie selbige noch nicht kennen, so suchen Sie sie zu bekommen, es ist der Mühe wert. Sie sind sehr gut geschrieben, und sehr angenehm, Sie werden auch gleich seinen Meister herauskennen. Gut – und glücklich für die Musik, wenn Pleyel seiner Zeit im Stande ist, uns Haydn zu remplacieren!


Das beweist zwar große Hochachtung vor Haydn, aber noch keine näheren Beziehungen. Aber schon im Jahre darauf nennt ihn Mozart in der Zueignungsschrift seiner sechs neuen Quartette94 »mio caro amico«; auch vernehmen wir das freundschaftliche Du gegenüber dem 24 Jahre älteren Meister, nachdem wir die beiden bereits im Februar dieses Jahres gelegentlich des Besuches L. Mozarts in sehr vertraulichem Umgang gefunden haben95. Es ist nicht ausgeschlossen, daß es wiederum der Freimaurerorden war, dem wir dieses engere Verhältnis verdanken, denn gerade Anfang Februar 1785 trat auch Haydn dem Orden bei, allerdings einer anderen Loge als der Mozartschen96. Jene Zueignungsschrift ist ein schönes Beispiel für Mozarts Sinnesart, die neben der herzlichen Zuneigung die Ehrerbietung vor den Jahren und dem Genius des Freundes nicht vergißt: wie ein Vater seine Kinder, so vertraut er seine jüngsten Werke dem Wohlwollen des bewährten Freundes an. Auch künstlerisch fühlte er sich Haydn tief verpflichtet; er fand, die Dedikation sei seine Schuldigkeit gewesen, »denn ich habe von Haydn erst gelernt, wie man Quartette schreiben müsse«97. Niemetschek berichtet98: »Es war gewiß rührend, wenn er von den beyden Haydn oder andern großen Meistern sprach: man glaubte nicht den allgewaltigen Mozart, sondern einen ihrer begeisterten Schüler zu hören.«

Dieses rückhaltlose Lob Mozarts wiegt um so schwerer, als Haydn damals in Wien zwar bereits einen starken Anhang, aber auch noch eine scharfe Gegnerschaft hatte, an deren Spitze Kaiser Joseph II. selbst stand. Es war kein Freund der Haydnschen »Spaße«99, und man erkennt deutlich aus diesem Widerstand, daß die Erweiterung des Gedankenkreises der Sinfonie durch Zufuhr volkstümlicher Elemente, wie wir sie eben Haydn verdanken, von einem großen Teile der italienisch gesinnten Partei als stilwidrig empfunden wurde. Manchen Fachgenossen in Wien mochte außerdem der beim Fürsten Esterhazy bedienstete Haydn als ein unwillkommener Außenseiter erscheinen – kurz, Haydn hatte allen Grund, sich über die große Zahl seiner Tadler und Neider zu beklagen100. Um so mehr freute es ihn, von einem Manne wie Mozart anerkannt zu werden, dessen Größe er selbst rückhaltlos bewunderte – man denke nur an die angeführten Worte[45] L. Mozart gegenüber101. Er wurde nicht müde, diese seine Ansicht auch öffentlich zu vertreten. Als man in Prag neben »Figaro« und »Don Giovanni« auch eine Oper von ihm aufzuführen wünschte, antwortete er dem Provinzialoberverwalter Roth102:


Sie verlangen eine opera buffa von mir; recht herzlich gern, wenn Sie Lust haben, von meiner Singkomposition etwas für sich allein zu besitzen. Aber um sie auf dem Theater zu Prag aufzuführen, kann ich Ihnen dießfalls nicht dienen, weil alle meine Opern zu viel auf unser Personale gebunden sind, und außerdem nie die Wirkung hervorbringen würden, die ich nach der Lokalität berechnet habe. Ganz was anders wäre es, wenn ich das unschätzbare Glück hätte, ein ganz neues Buch für das dasige Theater zu komponieren. Aber auch da hätte ich noch viel zu wagen, indem der große Mozart schwerlich jemanden andern zur Seite haben kann. Denn, könnt ich jedem Musikfreunde, besonders aber den Großen, die unnachahmlichen Arbeiten Mozarts so tief und mit einem solchen musikalischen Verstande, mit einer so großen Empfindung in die Seele prägen, als ich sie begreife und empfinde: so würden die Nationen wetteifern, ein solches Kleinod in ihren Ringmauern zu besitzen. Prag soll den theuern Mann festhalten – aber auch belohnen; denn ohne dieses ist die Geschichte großer Genien traurig, und giebt der Nachwelt wenig Aufmunterung zum fernern Bestreben; weswegen leider! so viel hoffnungsvolle Geister darniederliegen. Mich zürnet es, daß dieser einzige Mozart noch nicht bey einem kaiserlichen oder königlichen Hofe engagirt ist. Verzeihen Sie, wenn ich aus dem Geleise komme: ich habe den Mann zu lieb.


Das war 1787, als Haydn von Mozarts Anstellung in Wien noch nichts wußte und sich über seine äußere Lage Sorge machte. Als dann 1788 »Don Giovanni« einen heftigen Streit der Meinungen in Wien entfachte, soll Haydn, um seine Ansicht befragt, geantwortet haben: »Ich kann den Streit nicht ausmachen, aber das weiß ich, daß Mozart der größte Komponist ist, den die Welt jetzt hat103.« Dabei war Haydn sehr stolz auf seine eigenen Opern; von seiner »Isola disabitata« und »Fedeltà premiata« versicherte er 1781 Artaria, dergleichen sei in Paris noch nie und vielleicht ebensowenig in Wien gehört worden, und von seiner »Armida« meldet er im März 1784, sie sei mit großem Beifall aufgeführt worden und gelte für sein bestes Werk104. Das setzt seine Bescheidenheit gegenüber Mozart erst in das rechte Licht. Aber auch in der Instrumental- und Kirchenmusik war es nicht anders: Haydn sagte einmal, wenn Mozart nichts anderes geschrieben hätte als seine Violinquartette und das Requiem, er würde allein dadurch unsterblich geworden sein105. Mit Tränen in den Augen versicherte er, Mozarts Klavierspiel könne er in seinem Leben nicht vergessen: »Das gieng ans Herz!«106 Auch später ließ er sich keine Gelegenheit zum Anhören Mozartscher Musik entgehen und[46] beteuerte oft, er habe nie ein Werk von ihm gehört, ohne etwas daraus zu lernen107. Als er 1790 in seine Einöde von Esterhaz zurückgekehrt war, weckte ihn der »fatale Nordwind«, als er »eben am besten die Opera ›Le Nozze di Figaro‹ zu hören träumte«108, und dem Musikalienhändler Broderip riet er dringend, die Mozartschen Manuskripte anzukaufen, mit den Worten: »Er war in Wahrheit ein großer Musiker. Ich werde oft von meinen Freunden damit geschmeichelt, einiges Genie zu haben, doch er stand weit über mir«109.

Der persönliche Verkehr zwischen beiden war einfach und herzlich. Mozart pflegte Haydn »Papa« zu nennen, um dem älteren Freunde seine Liebe und Verehrung zugleich zu bezeugen, und hat damit unfreiwillig den Anlaß zu jenem albernen Geschwätz vom »Papa Haydn« als einem gemütlichen, aber natürlich längst »überwundenen« Philister gegeben, wodurch noch heute so mancher unfreiwillige Komiker zu zeigen vermeint, daß er selbst kein Philister sei. Der Verkehr zwischen beiden beschränkte sich nur auf kurze Zeit im Jahre, da Haydns Brotherr Wien nicht besonders liebte, nur im Winter mit seinem Kapellmeister auf einige Monate dorthin kam und ihm außer dieser Zeit ungern Urlaub erteilte110. Nach seinem Tode und der Auflösung der Kapelle im Jahre 1790 zog Haydn zwar ganz nach Wien, allein schon im Dezember dieses Jahres erschien Salomon und lud ihn nach London ein. Mozart riet dem Freunde im Hinblick auf sein vorgerücktes Alter und seine Unkenntnis des Englischen ab, Haydn aber meinte, er sei zwar alt, aber noch munter und bei Kräften, und seine Sprache verstehe man in der ganzen Welt111. Der Tag der Abreise (15. Dezember) vereinigte die Freunde zum letzten Male; Mozart hatte dabei, wie in jenen Jahren so häufig, trübe Gedanken an Tod und Nimmerwiedersehen und mußte sich von dem selbst tief bewegten Haydn trösten lassen112. Sie haben sich nicht mehr wiedergesehen, dagegen scheinen während Haydns Abwesenheit allerhand gute Freunde am Werke gewesen zu sein, sie auseinanderzubringen113. Der unerwartete Verlust des Freundes erschütterte Haydn aufs tiefste; er ist den Eindruck sein ganzes Leben nicht losgeworden. An Puchberg schrieb er 1792 aus London114: »Ich war über seinen Tod eine geraume Zeit ganz außer mir und konnte es nicht glauben, daß die Vorsicht so schnell einen unersetzlichen Mann in die andere Welt fordern sollte.«

So ist Haydn der einzige ebenbürtige Kunstgenosse gewesen, der Mozart auch persönlich näher trat, der einzige, der ihn aus seinem eigenen Wesen,[47] als Künstler, zu begreifen vermochte. Hier fand Mozart wirkliche, innere Anteilnahme; seine übrigen Freunde brachten es nicht über eine wenn auch noch so ehrlich gemeinte Bewunderung hinaus, sie begeisterten sich im besten Falle für die Wirkungen, die von seiner Kunst ausgingen, ohne sein Wesen zu verstehen. Von Haydn aber durfte er mehr erwarten. Nur darf dabei freilich nicht vergessen werden, daß Haydns Einfluß sich wesentlich auf die Form bezieht, unter der er seinen eigenen, bereits errungenen Lebensinhalt betätigte. Er stand innerlich zu diesem neuen »Vorbild« doch ganz anders als zu den früheren, vor allem zuChr. Bach und Schobert. Diese hatten in seiner Seele irgendeinen Gefühlsgehalt zurückgelassen, der auch in seiner Kunst zum Ausdruck kam, sie hatten sein Weltbild nach irgendwelcher Seite hin bereichert. Bei Haydn dagegen war dies weit weniger der Fall. Nicht nur daß Mozart selbst damals weit selbständiger war, es war doch eine breite Kluft, die ihn von Haydns gesamter Welt- und Kunstanschauung trennte. Haydn war der letzte musikalische Prophet einer alten, festgeschlossenen Kultur, der des »ancien régime« mit seiner ganzen Fülle von Geist und Lebensfreude, Mozart dagegen der Sohn eines jüngeren, bürgerlichen Geschlechts, das jene Kultur bereits stark ins Wanken gebracht hatte115. Was für jenen noch einheitlich, klar und übersichtlich war, das wurde für Mozart bereits zum Problem. Die Geschlossenheit des Weltbildes, die Haydn sein enges Verwachsensein mit jener Adelskultur gewährleistete, mußte er sich durch die Kraft seiner eigenen Persönlichkeit erst erringen. So hat ihm Haydn, der das phantasievolle Wesen des Österreichers mit dem norddeutschen Sinn für straffe Konzentration der Gedanken verband, wohl neue Formen und Möglichkeiten gegeben, sein inneres Erleben auszudrücken, aber einen neuen Gehalt hat er diesem Erleben eigentlich nicht hinzugefügt. Die selbständige, harmonische Entwicklung von Mozarts Kunst ist durch den verstärkten Haydnschen Einfluß nicht gestört worden, wohl aber hat der Mozartsche die Kunst des alternden Haydn gelegentlich aus der Bahn gebracht, wo er ihre Phänomene rein musikalisch übernahm, ohne die Fühlung mit ihrem geistigen Untergrund gewonnen zu haben.

Trotz alledem dürfen wir die Freundschaft beider nicht unterschätzen. Mag Haydn an Mozarts Welt-und Kunstanschauung noch so vieles fremd geblieben sein, eines verstand er als ebenbürtiger Künstler wie kein zweiter: die innere Not, die den Freund zum Schaffen trieb. War er doch selbst der Überzeugung, nur das Werkzeug einer höheren Macht zu sein. Dem Freunde in jener Not beizustehen, gegen alles Unverständnis und alle Feindschaft der äußeren Welt, hielt er für seine vornehmste Freundespflicht, mochten ihm selbst auch die Ziele jenes Höhenfluges noch nicht klar sein. Das beweist sein Urteil über den »Don Giovanni«: er getraut sich nicht, »den Streit auszumachen«, aber er weiß, daß dessen Gegenstand hoch über alle Verunglimpfung wie Verhimmelung erhaben ist. Das ist die Freundschaft des[48] wirklich großen Künstlers. Ein gütiges Geschick hat Mozart diesen Freund in einer Zeit zugeführt, da es um ihn und um seine Kunst immer einsamer zu werden begann; seine Zustimmung war für ihn wirklich eine Hilfe, über der er die Ratlosigkeit oder Gegnerschaft der übrigen vergessen konnte.

In weitem Abstand folgen die übrigen Freunde dieser Jahre. Sie sind Mozart treue und hilfsbereite Kameraden gewesen, mit manchen davon, die ihm der Freimaurerorden an die Seite führte, mag er auch einen lebhafteren Gedankenaustausch über ethische Fragen gepflogen haben, an seinem inneren Leben und damit auch an seiner Kunst hatten sie nur einen geringen Anteil, trotz den geselligen Kompositionen, die wir diesen Bekanntschaften verdanken. Am herzlichsten scheint das Verhältnis zu der Familie des berühmten Botanikers Jos. Franz von Jacquin gewesen zu sein (1727–1817), die uns Car. Pichler anschaulich geschildert hat116:


Sie war schon vor 60–70 Jahren ein helleuchtendes Augenmerk für die wissenschaftliche Welt in und außer Wien und auch ihrer angenehmen geselligen Verhältnisse wegen von Vielen gesucht. Wenn die Gelehrten oder gelehrt sein wollenden den berühmten Vater und den ihm nachstrebenden Sohn, den Nachfolger seines Vaters, Jos. Frz. v. Jacquin117, aufsuchten, so sammelte sich die jüngere Welt um den jüngern Sohn Gottfried, den ein lebhaft gebildeter Geist, ein ausgezeichnetes Talent für Musik, mit einer angenehmen Stimme verbunden, zum Mittelpunkt des heitern Kreises machte, und um seine Schwester Franziska, die noch jetzt lebende Frau v. Lagusius118. Da wurden nun an den Mittwochs-Abenden, die, seit ich denken kann, in diesem Hause der Geselligkeit gewidmet waren, auch selbst im Winter, wann die Familie Jacquin im botanischen Garten wohnte119, in den Zimmern des Vaters gelehrte Gespräche geführt, und wir jungen Leute plauderten, scherzten, machten Musik, spielten kleine Spiele und unterhielten uns vortrefflich.


Mozart hatte den jüngeren Sohn Gottfried besonders ins Herz geschlossen. Der musikalisch hoch begabte junge Mann hatte ein feuriges, unruhiges Temperament. Er schrieb am 11. April 1787 in Mozarts Stammbuch:


Wahres Genie, ohne Herz ist Unding – denn nicht hoher Verstand allein, nicht Imagination, nicht beide zusammen machen Genie – Liebe! Liebe! ist die Seele des Genies.


Er war es, dem Mozart gelegentlich einer Liebelei kleine Strafpredigten hielt, und den er auf »die Seligkeit« hinweist, »welche eine wahre, vernünftige Liebe verschafft«120.[49]

Wie glücklich sich Mozart in dem Jacquinschen Hause gefühlt hat, lehrt der Brief, den er am 14. Januar 1787 über seine glänzende Aufnahme in Prag an Gottfried schrieb; er ist für Mozarts damalige gute Laune sehr bezeichnend121:


Heute endlich war ich so glücklich einen Augenblick zu finden, um mich um das Wohlseyn Ihrer lieben Eltern und des ganzen Jacquinschen Hauses erkundigen zu können. Ich hoffe und wünsche von Herzen, daß Sie sich alle so wohl befinden mögen als wir beyde uns befinden. Ich muß Ihnen aufrichtig gestehen, daß (obwohl ich hier alle möglichen Höflichkeiten und Ehren genieße und Prag in der That ein sehr schöner und angenehmer Ort ist) ich mich doch recht sehr wieder nach Wien sehne, und glauben Sie mir, der Hauptgegenstand davon ist ganz gewißIhr Haus. Wenn ich bedenke, daß ich nach meiner Zurückkunft nur eine kurze Zeit noch das Vergnügen genie ßen kann, in Ihrer werthen Gesellschaft zu seyn und dann auf so lange – und vielleicht auf immer dieses Vergnügen werde entbehren müssen, dann fühle ich erst ganz die Freundschaft und Achtung, welche ich gegen Ihr ganzes Haus hege. Nun leben Sie wohl, liebster Freund, liebster Hikkiti Horky! Das ist Ihr Name, daß Sie es wissen, wir haben uns allen auf unserer Reise Namen erfunden, hier folgen sie. Ich Punkitititi. Meine Frau Schabla Pumfa.Hofer Rozka Pumpa. Stadler Notschibikitschibi. Josepf mein Bedienter Sagadarata. Der Goukerl mein Hund Schomanntzky – die Madme. Quallenberg Runzifunzi. Madsell. Crux Ps. der Ramlo Schurimuri. DerFreystädtler Goulimauli. Haben Sie die Güte, letzterem seinen Namen zu communizieren. Nun adieu ... Ich bitte Ihren würdigen Eltern meinen Respekt zu melden, und Ihren H. Brudern (welchen man allenfalls blatterizzi nennen könnte) für mich 1000mal zu embrassieren. Ihrer Frl. Schwester (der Sigra. Dini mini niri) küsse ich 100000mal die Hände ... Schreiben Sie mir bald ... ich will sehen, ob Sie so mein Freund sind, wie ich so ganz der ihrige bin und ewig seyn werde.


Auch über die späteren Vorbereitungen zum »Don Giovanni« und über den Erfolg dieser Oper berichtet er dem Freunde und bedauert nur eines, daß er und Bridi nicht anwesend seien, um an seinem Glücke Anteil zu nehmen122. Wie wichtig ihm das Haus Jacquin war, zeigt das Postskriptum des zweiten Briefes:


Daß sich Ihre lieben Eltern, Ihre Frl. Schwester und Hr. Bruder meiner gar nicht sollten erinnert haben? – Das ist mir unglaublich. – Ich schiebe es ganz auf Ihre Vergessenheit, mein Freund, und schmeichle mir, mich nicht zu betrügen.


Der erwähnte Gius. Ant. Bridi war ein junger Kaufmann aus Roveredo, mit einer schönen, wohlgebildeten Tenorstimme begabt und dadurch wie durch seinen Charakter und seine Bildung ein sehr beliebter Gesellschafter123. Bei der Aufführung des »Idomeneo« im Auerspergschen Theater hatte er eine Rolle, wahrscheinlich die des Idomeneo, übernommen124 und gedachte auch noch später in Dankbarkeit der Freundschaft, die ihm Mozart entgegengebracht habe125.[50]

Wir verdanken dieser Freundschaft eine ganze Reihe von Werken, deren bedeutendstes Stück das für Franziska v. Jacquin geschriebene, am 5. August 1786 vollendete Es-Dur-Trio für Klavier, Klarinette und Bratsche (K.-V. 498, S. XVII. 7) ist. Die übrigen gehören in das Gebiet traulicher, oft humoristisch gefärbter Hauskunst. Das bekannteste davon ist das sog. Bandl-Terzett (K.-V. 441, S. VII. 17, »Das Bändchen«), das etwa im Jahre 1783 komponiert sein mag. Es verdankt seine Entstehung einem Zufall: Mozart hatte seiner Frau ein neues Band geschenkt, das sie zu einer Spazierfahrt mit Jacquin anlegen wollte, aber nicht finden konnte. Sie rief ihrem Manne zu: »Liebes Mandl, wo ist 's Bandl?«, worauf beide mit Jacquin im Verein das Band suchten. Jacquin fand es schließlich auch, wollte es aber nicht hergeben, sondern hielt es in die Höhe, so daß es das kleine Mozartsche Ehepaar vergeblich zu erhaschen suchte. Alles Bitten, Schelten und Lachen half nichts, schließlich fuhr sogar noch der Hund Jacquin bellend zwischen die Beine. Jetzt gab er das Band her und meinte, diese Szene eigne sich besonders für ein komisches Terzett126. Mozart ging darauf ein, machte sich selbst einen Text im Wiener Dialekt, der die Situation im allgemeinen wiedergab, komponierte ihn und übersandte ihn Jacquin127.

Von weiteren Kompositionen für die Jacquins sind zunächst einige Lieder zu nennen: »Am Geburtstag des kleinen Fritz« und »Das Traumbild« (K.-V. 529, 530, S. VII. 32, 33), am 6. November 1787 komponiert, auch »Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte« (K.-V. 520, S. VII. 29) trägt den Vermerk: »Den 26. Mai 1787, in Herrn Gottfried von Jacquins Zimmer, Landstraße.« Ferner gehören aller Wahrscheinlichkeit nach die sechs erhaltenenKanzonetten für zwei Sopran- und eine Baßstimme auf italienische Texte hierher, die gleich so manchen Liedern in Wien zum Teil unter Gottfried v. Jacquins Namen gingen128. Es sind die metastasianischen »Ecco quel fiero istante«, »Mi lagnerò tacendo« und »Più non si trovano«129 (K.-V. 436, 437, 549, S. VI. 30, 31, 41), außerdem »Luci care, luci belle«, »Due pupille amabili« (K.-V. 346, 439) und »Se lontan ben mio tu sei« (K.-V. 438, S. XXIV. 46). Von Mozarts Hand ist dazu noch eine Begleitung von zwei Klarinetten und einem Bassetthorn (oder drei Bassetthörnern) erhalten. Daß diese Stücke, wie Jahn meint130, ursprünglich ohne jede Begleitung gedacht waren, scheint mir im Hinblick auf die gesamte damalige Praxis doch recht fraglich; man wird doch zum mindesten[51] eine akkordische Klavierbegleitung annehmen müssen. Daß sie durch Hinzufügung der Bläserbegleitung außerordentlich gewinnen, steht außer Frage131.

Ein Seitenstück zum Bandl-Terzett bildet das komische Quartett »Caro mio Druck und Schluck« (K.-V. Anh. 5, S. XXIV. 50), eine Ehestandsszene zwischen Mozart, Konstanze und zwei Freunden H. und F., von Mozart in einem derben Gemisch von Deutsch und Italienisch verfaßt. Das Stück ist nur fragmentarisch erhalten, auch fehlt die Klavierbegleitung, die Mozart wahrscheinlich gar nicht aufgeschrieben hat132. Da er in einem Briefe an seine Frau vom 13. April 1789 darauf anspielt133, ist es wohl nicht lange vor der Dresdener Reise entstanden.

Endlich gehören zu diesen geselligen Gelegenheitswerken auch die verschiedenen Kanons, die sich wohl über die ganze Wiener Zeit hin verteilen. Mozart hat damit ein uraltes Stück Volksmusik kultiviert, dessen Anfänge bis in die ersten Jahrhunderte der mehrstimmigen Musik überhaupt zurückreichen. Zu seiner Zeit haben sich von seinen Bekannten namentlich Padre Martini und die beiden Haydn damit befaßt134. Unter Mozarts Namen waren ebenfalls viele im Umlauf, von denen freilich nicht alle echt sind135; nicht unwichtig für seine Teilnahme an der ganzen Gattung ist die Tatsache, daß er sich alte Werke dieser Art selbst abgeschrieben hat136. In seinem thematischen Verzeichnis führt er folgende Kanons als seine eigenen an: Alleluja, Ave Maria, Lacrimoso son io, Grechtelts enk, Nascoso, Gehn wir im Prater, Difficile lectu, O du eselhafter Peierl, Bona nox, Caro bell' idol (K.-V. 553–562, S. VII. 52–61). Sie sind mit Ausnahme der[52] dreistimmigen »Difficile lectu« und »Caro bell' idol« vierstimmig. Dazu kommen noch der sechsstimmige »Laßt froh uns sein« und der dreistimmige »Nichts labt mich mehr« (K.-V. 231, 233, S. VII. 44, 46), beide mit unterlegtem Text statt der ursprünglichen, nicht gut wiederzugebenden, und der vierstimmige »Lieber Freystädtler« (= »Wer nicht liebt«, K.-V. 232, S. XXIV. 52, VII. 45). Im Autograph sind endlich vorhanden der sechsstimmige »Wo der perlende Wein«, der dreistimmige »Heiterkeit und leichtes Blut« und der Kanon für drei vierstimmige Chöre »V' amo di core« (K.-V. 347, 507, 348, S. VII. 48–50)137; da sich hierfür noch keine fremden Originale feststellen ließen, wird man wohl an Mozarts Verfasserschaft festhalten dürfen. Alle übrigen sind teils unecht, teils zweifelhaft138. Auch die Zeit der Entstehung bleibt bei den meisten im unklaren. Wenn Mozart einmal in seinem thematischen Verzeichnis unter dem 2. September 1788 acht vierstimmige und zwei dreistimmige Kanons aufführt, so handelt es sich höchst wahrscheinlich nicht um das Komponieren neuer, sondern um das Zusammenschreiben älterer Stücke zu irgendwelchem Zwecke. Findet sich darunter doch auch der vierstimmige Kanon (K.-V. 560, S. VII. 59b):


O Du eselhafter Peierl! o Du peirlischer Esel! Du bist so faul als wie ein Gaul der weder Kopf noch Haxen hat; mit Dir ist gar nichts anzufangen, ich seh Dich noch am Galgen hangen; Du dummer Gaul, Du bist so faul! Du dummer Peierl bist so faul als wie ein Gaul; o lieber Freund ich bitte dich, verzeihe mir! Nepomuk! Peierl! verzeihe mir!


Der also Beehrte war der später in München gestorbene Tenorist Joh. Nep. Peierl, der 1785 von Salzburg, wo er mit seiner Frau mehrere Jahre auf dem Theater gesungen hatte, auf kurze Zeit nach Wien gekommen und mit Mozart bekannt geworden war. Er wurde wegen seiner eigentümlichen Aussprache oft gehänselt, und auch Mozart schrieb deshalb einen dreistimmigen Kanon auf ihn auf einen Text, der dadurch eine komische Wirkung machte139. Als die Sänger am Schlusse aber das Blatt umwandten, fiel ihr Auge eben auf jenen anderen Kanon »O Du eselhafter Peierl«140. Er fand[53] großen Beifall und wurde nachmals, auf andere Personen leicht umgedichtet, noch viel gesungen141. Der Kanon auf Freystädter (K.-V. 232) muß ebenfalls in Wien entstanden sein, da Freystädter erst in Wien Mozarts Schüler wurde142. Wie rasch Mozart derartige Stücke hinwarf, beweist der Kanon, den er dem ThomaskantorDoles in Leipzig am Abend vor seiner Abreise nach Berlin komponierte, als dieser mit seinem Sohne ihn um eine Zeile zum Abschied bat143. Nach 5–6 Minuten hatte sowohl der Vater als der Sohn ein Notenblatt mit einem dreistimmigen Kanon darauf in der Hand, zunächst ohne Text; der eine wies lange Noten auf und klang sehr wehmütig, der andere lauter Achtel und klang lustig. Erst als sie bemerkten, daß man auch beide zusammen singen könne, schrieb Mozart den Text darunter, unter den einen: »Lebet wohl, wir sehn uns wieder!«, unter den anderen: »Heult noch gar wie alte Weiber.« Leider ist dieser Doppelkanon nicht erhalten. Es war unter diesen Umständen kein Wunder, daß in der Folgezeit Mozart verschiedene andere scherzhafte Kompositionen ähnlichen Stiles zugeschrieben wurden, so z.B. die sog. komische oder Schulmeistermesse144.

Zu den musikalischen Freundschaftsdiensten, die Mozart gelegentlich erwies, gehörten, wie in früherer Zeit, auch die Lieder. In unserem Zeitabschnitt entstanden außer der am 26. März 1785 komponierten Gesellenreise »Die ihr einem neuen Grade« (K.-V. 468, S. VII. 18), einem Freimaurerliede auf einen Text von Jos. Franz v. Ratschky, die drei Lieder »Der Zauberer«, »Die Zufriedenheit« und »Die betrogene Welt« vom 7. Mai 1785 (K.-V. 472–474, S. VII. 19–21, alle drei von Chr. F. Weiße) und Goethes »Veilchen« vom 8. Juni 1785 (K.-V. 476, S. VII. 22), ferner das »Lied der Freiheit« (Al. Blumauer), das im folgenden Jahre erschien145 (K.-V. 506, S. VII. 25). Endlich gehören ihrem Stil nach höchst wahrscheinlich in die Zeit zwischen 1784–1786 die beiden Lieder: »Wie unglücklich bin ich nit« und »O heiliges Band« (K.-V. 147, 148, S. VII. 3, 4), deren Dichter sich noch nicht haben feststellen lassen. Jenes scheint Konstanze gewidmet zu sein146, dieses deutet durch seinen Text auf freimaurerische Beziehungen hin147.[54]

In allen diesen Beziehungen gibt sich die teils gutmütig derbe, teils anmutige, jedenfalls aber immer daseinsfrohe Seite von Mozarts Wesen kund. Daneben forderte jedoch auch der Drang nach dem Höheren, Übersinnlichen immer stärker seine Rechte. Ihn zu befriedigen gab ihm weder seine Häuslichkeit noch der Verkehr mit seinen ungebildeten Kunstgenossen Gelegenheit, wohl aber setzte er dafür die größte Hoffnung auf eine Institution, die damals fast das ganze gebildete Wien in ihre Kreise zog: den Freimaurerorden.

Fußnoten

1 B IV 291.


2 Zwischen dem Brief vom 9. Juni 1784 und dem allerletzten vom 4. April 1787 klafft eine Lücke von drei Jahren. Die Erklärung dazu gibt eine Mitteilung der Schwester (Nissen, Vorwort S. XVI), der Vater habe die Briefe aus dieser Zeit wegen ihrer Beziehungen auf die Freimaurerei vernichtet. Das ist sehr wahrscheinlich; von einem anderen Grunde, der Mozart veranlaßt haben könnte, seine Briefe an den Vater einzustellen, ist nichts bekannt.


3 B II 226.


4 S. I 844. Dieser erste Sohn Raymund Leopold, das »arme, dicke, fette und liebe Buberl«, ist schon im August desselben Jahres wieder gestorben; vgl. B II 241.


5 Vgl. B II 225, 233.


6 Nissen S. 476 erzählt, Mozart habe die Messe für seine Frau gelobt, wenn ihre Entbindung glücklich von Statten ginge. Dem widersprechen aber Mozarts eigene Worte vom 4. Januar 1783 (B II 207): »Wegen der Moral hat es ganz seine Richtigkeit; – es ist mir nicht ohne Vorsatz aus meiner Feder geflossen – ich habe es in meinem Herzen wirklich versprochen und hoffe es auch wirklich zu halten. Meine Frau war, als ich es versprach, noch ledig – da ich aber fest entschlossen war, sie bald nach ihrer Genesung zu heyrathen, so konnte ich es leicht versprechen. Zeit und Umstände aber vereitelten unsre Reise, wie Sie selbst wissen; – zum Beweis aber der Wirklichkeit meines Versprechens kann die Spart von der Hälfte einer Messe dienen, welche noch in der besten Hoffnung daliegt.« Vielleicht hat Mozart die Vollendung jener Messe gelobt, als die Entbindung herannahte, ist aber dann nicht dazu gekommen. Die Stelle ist sehr wichtig, nich allein der Messe, sondern besonders auch der darin zutage tretenden Stilwandlung halber. Der erste Satz bezieht sich auf einen nicht mehr erhaltenen Brief des Vaters.


7 Es ist also doch bedeutend mehr als die Hälfte, was darauf schließen läßt, daß Mozart seit dem 4. Januar 1783 daran weiter gearbeitet hat.


8 B II 223.


9 B II 230.


10 Wiener Mus.-Ztg. 1817, S. 289.


11 I 833.


12 B IV 290.


13 Lipowsky, Baierisches Musiklexikon 1811, S. 36 ff. und B II 325.


14 Vgl. Konstanzes Brief vom 19. Juli 1783, B IV 381. Das Konzert der Marchands (Hammerle S. 64) fand wohl 1785, nicht 1775 statt.


15 B II 236. B II 240.


16 B II 240.


17 Nissen, Vorrede S. XVIII.


18 B II 236.


19 Vgl. B II 254.


20 J4 II 8 f.


21 G. de Saint-Foix, Neue Musikzeitung 1908, Nr. 15.


22 S.o.S. 26.


23 B IV 300.


24 I 832 f.


25 Kelly, Rem. I 240 f. berichtet von einer Quartettaufführung bei Storace, bei der Haydn die erste, Dittersdorf die zweite Geige, Mozart die Bratsche undVanhall das Violoncell gespielt habe. E. Holmes, Life of Mozart 1878, S. 267, vermutet, daß Kelly durch einen Gedächtnisfehler Haydn und Dittersdorf vertauscht habe, da Haydn zwar ein guter Geiger, aber kein Solospieler gewesen sei, wogegen Dittersdorf damals einen großen Ruhm als Solospieler genossen hätte.


26 B IV 299.


27 J4 II 11.


28 Der Brief darüber vom 25. März 1785 findet sich bei Nohl, Mozart nach den Schilderungen seiner Zeitgenossen, S. 296, fehlt dagegen bei Schiedermair.


29 B IV 303.


30 Kreitmaier, Mozart, S. 114 f.


31 S.o.S. 21.


32 B IV 311.


33 I 833.


34 S.o.S. 21.


35 B II 278.


36 B II 158, 184, IV 292.


37 Ein Medaillon beider in den Ephemeriden der Literatur und des Theaters, Berlin 1785. R. Freisauff, Mozarts Don Juan, 1887, S. 48.


38 Lange, Selbstbiogr. S. 118. Friedel, Briefe aus Wien S. 409.


39 I 747.


40 B II 231 f. Aloysias Erfolg bestätigt in der Berl. Litt.- und Theaterzeitg. 1783, S. 599. Lange, Selbstbiogr. S. 119.


41 Ob die Arie »Ah spiegarti oh Dio« (K.-V. 178, S. XXIV. 41) die erste und dann zurückgelegte Fassung desselben Stücks darstellt (J4 II 19), ist zweifelhaft; dem Stil nach gehört sie allerdings in die erste Wiener Zeit. Auch von K.-V. 420 hat sich eine skizzierte Fassung erhalten.


42 Auf dem Autograph steht: »Il Curioso indiscreto. Atto 2do per il Sigre Adamberger, di Wolfgango Amadeo Mozart a Vienna li 21 di giunio 1783 – Rondò.«


43 Nottebohm, R.-B. zu S. VI 26.


44 Sie sang sie bei der ersten Aufführung im Kärntnertortheater am 25. November 1785, was die falsche Nachricht verursachte, sie sei überhaupt die erste Konstanze gewesen, J4 II 2036.


45 Rem. I 253.


46 B II 241.


47 AMZ III in 659 (Amsterdam), IV 322 (Paris).


48 Alsatia 1853, S. 92 f. Vgl. Cramer, Magazin II 185.


49 Über sie neuerdings E. Blümml MM I 3, S. 7 ff.


50 So Kelly, Rem. I 84, und Gebler, Briefw. mit Nicolai (Werner) S. 106. In den Aufführungsverzeichnissen bei Wiel (»I teatri musicali veneziani nel settecento«, p. 356) und Florimo (»La scuola musicale napoletana« IV 74, 90) erscheint sie allerdings erst von 1781 ab als Buffosängerin. 1789 errang sie als Vertreterin der Titelrolle in Paisiellos »Nina« in Neapel einen großen Erfolg, Florimo II 268.


51 Wiener Zeitung 1785, Nr. 29, Anh.


52 Ebenda Nr. 46, Anh.


53 Kelly I 234.


54 Cramer, Magazin II 62 f. Reichardt, Mus. Monatsschr. S. 38.


55 B II 252.


56 J4 II 30.


57 In dem in England befindlichen Autograph ist tatsächlich die Klavierstimme mit anderer Tinte geschrieben als die Geigenstimme, mit Ausnahme weniger Stellen. Konstanzes späterer Bericht von einem leeren Notenblatt (AMZ I 190) ist also eine Übertreibung. Vgl. Grove, Athenäum vom 27. Juli 1872.


58 In der Wiener Zeitung (1784, Nr. 54, S. 1560) kündigt Torricella an »von der Verfassung des berühmten Herrn Kapellmeisters Mozart drei neue Claviersonaten, wovon die dritte mit einer Violin begleitet ist, die unlängst von der berühmten Mlle. Strinasacchi im Theater mit Hrn. Mozart mit allgemeinem Beifall gespielt worden und also keiner weiteren Empfehlung bedarf«. Es waren K.-V. 284, 333, 454.


59 B III 279.


60 B II 169.


61 Dittersdorf, Selbstbiogr. (Reclam) S. 45.


62 Die Aufschrift auf dem Rondo K.-V. 514 »Vienna Venerd? santo li 6 Aprile 1797« ist offenbar ebenfalls des Scherzes halber um 10 Jahre vordatiert.


63 J4 II 3167. Leutgeb ist am 27. April 1811 in guten Umständen gestorben.


64 So ist gleich das Tempo in der Hornstimme mit Adagio, im Orchester dagegen mit Allegro bezeichnet, und dann geht es weiter mit Zurufen: A lei Signor Asino – Animo – presto – sù via – da bravo – Coraggio – e finisci già – bestia – oh che stonatura – chi -oimè – bravo poveretto! – oh seccatura di coglioni! – ah che mi fai ridere! – ajuto – respira un poco! – avanti, avanti! – questo poi va al meglio – e non finisci nemmeno? – ah porco infame! oh come sei grazioso! – Carino! Asinino! – hahaha – respira! – Ma intoni almeno una, cazzo [pazzo?] – bravo evviva! – e vieni a seccarmi per la quarta, e Dio sia benedetto per l'ultima volta – ah termina, ti prego! – ah maledetto – anche bravura? bravo – ah! trillo di pecore – finisci? grazie al ciel! basta, basta!


65 Cäcilia IV 306, VI 203.


66 J4 II 35 denkt an den Geiger Janiewicz, der damals in Wien konzertierte, oder an Heinrich Marchand.


67 Nach Parke, Mus. mem. II 179 f.


68 Rochlitz, AMZ III 591 f.


69 S. 62.


70 B II 177.


71 B II 202.


72 I 586.


73 I 801.


74 Rochlitz, AMZ I 116; Sievers, Mozart und Süßmayer S. XXIIf.


75 Nach J. Frank in Prutz' Deutschem Museum II 24 stammte die Idee von Joseph II. selbst; es sollte eine Satire auf den Aufenthalt Gustavs III. von Schweden in Venedig im Jahre 1783 sein. Vgl. Kelly, Rem. I 238 f.


76 I 357 ff.


77 Rochlitz, AMZ I 115.


78 I 826.


79 Bridi, Brevi notizie p. 47.


80 Vgl. I 210 ff.


81 B II 258 f. Es sind die Variationen über »Come un agnello« aus Sartis »Fra due litiganti il terzo gode« (K.-V. 460, S. XXI. 12), eine damals in Wien sehr beliebte Oper. Das Thema kehrt in der Tafelmusik des zweiten Don-Giovanni-Finales wieder.


82 AMZ XXXIV 373 f., XXVI 540.


83 Selbstbiographie, neu herausg. von A. Einstein, Leipzig 1915, S. 12 f.


84 Rochlitz, AMZ I 145.


85 Bei der Aufführung eines neuen Haydnschen Quartetts setzte er Mozart gegenüber allerhand daran aus und sagte bei einem kühnen Übergang: »Das hätte ich nicht so gemacht!« »Ich auch nicht«, versetzte jener, »aber wissen Sie warum? weil weder Sie noch ich auf diesen Einfall gekommen wären«. Vgl. Niemetschek S. 61. Rochlitz, AMZ I 53. Griesinger, Biogr. Notizen über J. Haydn, S. 105. Nissen S. 681 (mit Beziehung auf Kozeluch).


86 Bohemia 1856, S. 127.


87 Nach Mitteilung Jahns II4 42.


88 AMZ II 516.


89 Thayer, Beethoven III, 2. Aufl. (Riemann), S. 271 f.


90 I 730.


91 I 736.


92 B III 352. Auch hinter Mozarts Worten vom 17. August 1782 (B II 180): »Wegen dem Gluck habe den nämlichen Gedanken, den Sie, mein liebster Vater, mir geschrieben«, scheint eine ähnliche Mahnung Leopolds zur Vorsicht zu stecken.


93 B II 252. Ignaz Pleyel (1757–1831) wurde später zuerst Kapellmeister am Münster zu Straßburg, wirkte von 1792–1795 in London, von da ab als Komponist, Musikverleger und Leiter einer Pianofortefabrik in Paris.


94 B II 267; vgl. Beil. IV 4.


95 S.o.S. 35.


96 Pohl, Haydn II 207 f.


97 Rochlitz, AMZ I 53, 116.


98 S. 60.


99 Reichardt, AMZ XV 667. Reise nach Wien II 91. Dittersdorf, Selbstbiogr. S. 176 f.


100 Bei Übersendung einer Sonate schrieb er Artaria (8. Februar 1780): »Übrigens hoffe ich mir mit dieser Arbeit wenigstens bey der einsichtsvollen Welt Ehre zu machen; die Critic derselben wird bloß von Neidern (deren ich eine Menge habe) betrachtet werden«; und ähnliche Äußerungen finden sich öfter.


101 S.o.S. 35.


102 Niemetschek S. 51 f. Nissen S. 643. Der Ausspruch Haydns, den er 1791 beim Krönungsfest getan haben soll (Griesinger a.a.O. S. 104): »Wo Mozart ist, kann Haydn sich nicht zeigen«, ist apokryph. Haydn war damals überhaupt in London.


103 Rochlitz, AMZ I 52.


104 Nohl, Musikerbriefe S. 84, 93. Griesinger S. 25.


105 Stadler, Verteidigung der Echtheit des Mozartschen Requiem S. 27.


106 Griesinger S. 104.


107 Carpani, Le Haydine p. 201 f.


108 Nohl, Musikerbriefe S. 114.


109 Pohl, Haydn II 213.


110 Griesinger S. 23.


111 Pohl, Haydn II 251.


112 Pohl a.a.O.


113 Am 13. Oktober 1791 schreibt Haydn an Frau v. Genzinger (Nohl, Musikerbriefe S. 135): »Die meinige schrieb mir, allein ich kann es nicht glauben, daß Mozart mich sehr herabsetzen sollte. Ich verzeihe es ihm.« Da ist schon die Quelle recht trübe, denn Haydns Frau, die »höllische Bestie«, wie er sie selbst einmal genannt hat, war »eine boshafte Natur und suchte ihren Mann geflissentlich zu ärgern« (Pohl, Haydn I 197).


114 Nottebohm, Mozartiana S. 10. Vgl. auch Nohl, Musikerbriefe S. 140. Noch 1807 sagte Haydn unter Tränen: »Verzeihen Sie mir, ich muß immer weinen beim Namen meines Mozarts.« Wiener Zeitg. f. Theater 1808, III 207.


115 H. Kretzschmar, Führer I4 169 ff.


116 Denkw. I 179 f.


117 Am 24. April 1787 schrieb er in Mozarts Stammbuch:


Tibi qui possis

Blandus auritas fidibus canoris

ducere quercus

in amicitiae tesseram.

Jos. Franc. a Jacquin.


118 I 826.


119 Eine Schöpfung Maria Theresias in der Vorstadt Landstraße (Nicolai, Reise III 34 f.). Als Mozart dort in der Nähe wohnte, war natürlich sein Verkehr mit dem Jacquinschen Hause besonders lebhaft.


120 B II 282; vgl. I 819.


121 B II 274.


122 B II 279 ff., 282 f.


123 Reichardt, Reise nach Wien I 466. Kelly, Rem. I 221.


124 AMZ XXVI 92.


125 Brevi notizie intorno ad alcuni compositori di musica, Rovereto 1827, p. 51. Auch im Tagebuch Konstanzes kommt sein Name öfters vor, MM 2. Jahrgang, Heft 2–3.


126 So berichtete Konstanze später, nur daß sie statt Jacquins fälschlich van Swieten nannte. Auf einem Bruchstück der Originalpartitur (mit Quartettbegleitung) stehen die Namen Konstanze, Mozart und Jacquin. Das 1856 unter Mozarts Namen erschienene Quintett »Oh come lieto in seno« (K.-V. 244 Anh.) stammt aus A. Cartellieris Oper »Il segreto«.


127 Brief an Jacquin vom 14. Januar 1787: »Es giebt sich ja von selbst, daß wir ein kleines ›Quatuor in Caritatis camera‹ (und das schöne Bandel Hammera) unter uns werden gemacht haben.« B II 273.


128 Umgekehrt galt noch lange die Baßarie »Io ti lascio, o cara« (K.-V. 245, Anh.) von Jacquin für ein Werk Mozarts.


129 Es ist das einzige, das Mozart selbst in seinem Verzeichnis unter dem 16. Juli 1788 erwähnt, während die andern fünf unter seinen Autographen erhalten sind.


130 II4 57.


131 K.-V. 437 ist im Kl.-Auszug MBM März 1901 herausgegeben. Das Autograph der Begleitungen besitzt Jul. André in Frankfurt a.M., ebenso das der Singstimmen von K.-V. 437. Die Singstimmen von K.-V. 436 und den ersten sieben Takten von K.-V. 438 besitzt das Stift Kremsmünster. K.-V. 346 und 439 konnten in die G.-A. nicht aufgenommen werden, da, wie es scheint, die Singstimmen verloren sind. Die Begleitungen hat Mozart auf einem Bogen zusammengeschrieben; auf der ersten Seite bemerkt er: »Von diesen vier Stücken muß jede Stimme herausgezogen werden – es wird noch ein Stück nachfolgen.« Vgl. Gr. Waldersee im R.-B. zu S. VI. 30, 31. [D].


132 Die Witwe hatte später Beethoven gebeten, den Baß dazuzusetzen, bald darauf jedoch bemerkt, das Stück brauche keinen Baß. Daß eine Begleitung nötig ist, geht allein aus Mozarts Aufschrift hervor.


133 B II 292 f.


134 Martinis »canoni berneschi« waren nach Carpani (Le Haydine p. 113) allgemein verbreitet. Ein unter Mozarts Namen laufender Kanon M. Haydns: »Sch ... nieder, armer Sünder« bezog sich nach Neukomms Mitteilung (J II4 6147) auf eine bestimmte Person in Salzburg, ein anderer Kanon M. Haydns findet sich in der Caecilia XVI 212 abgedruckt. J. Haydn hatte in seinem Schlafzimmer 42 Kanons von seiner Komposition unter Glas und Rahmen aufgehängt.


135 In S. VII. 41–61 der G.-A. bringt Nottebohm 21 Kanons, weiter drei S. XXIV. 51–53, von denen der erste textlos, der zweite mit S. VII. 45 identisch, aber auf den ursprünglichen Text gesetzt ist; über den dritten vgl. J4 I 134.


136 So stammt K.-V. 227 von W. Bird (gest. 1623), abgedruckt bei Mattheson, Vollk. Kapellmeister S. 409, K.-V. 226 aus A. Kirchers »Musurgia« I 386, K.-V. 235 von Ph. E. Bach bei Kirnberger, Kunst des reinen Satzes II 235 (K.-V. Anh. 284 e). Die Witwe (Notteb. S. 132) hat 1799 13 Kanons als im Original vorhanden bezeichnet, dabei aber K.-V. 557, der sicher von Mozart ist, nicht mit aufgeführt.


137 Vgl. den Rev.-Ber. K.-V. 348, erscheint auch im Breitkopfschen Katalog (133, Nr. 13) und bei Nissen (Anh. S. 19), der ihn als unvollendete Arietta bezeichnet; die Witwe führt ihn in dem genannten Verzeichnisse getrennt von den übrigen Kanons auf. Ein anderer Kanon, »Laß immer«, erscheint ebenfalls als mozartisch in Form eines Adagios für zwei Bassetthörner und Fagott (K.-V. 410, S.X. 15); es ist aber nicht zu entscheiden, ob die vokale oder die instrumentale Fassung die frühere war, vgl. K.-V.S. 627.


138 Ein sehr bekannter Kanon »Im Grab ists finster« – wie die dezente Fassung lautet – ist sehr zweifelhaft, obwohl sich L.v. Sonnleithner erinnerte, einen drei- oder vierstimmigen, Mozart zugeschriebenen Strophengesang auf diesen Text gesungen zu haben (K.-V. Anh. 6). Der als mozartisch von Zelter (Briefw. I 388) erwähnte Kanon »Hätts nicht gedacht, daß Fischgräten so stechen täten« ist von Wenzel Müller.


139 Über Peierl vgl. Lipowski, Baierisches Musiklexikon S. 239 ff. Er war von 1785–1787 in Wien. Der Mozartsche Kanon ist »Difficile lectu mihi Mars et jonicu«; das letzte Wort verwandelte sich beim Singen in cujoni.


140 Näheres darüber Caecilia I 179 f. (mit Faksimile des die beiden Kanons enthaltenden Blattes.)


141 Im thematischen Verzeichnis heißt der Kanon »O du eselhafter Martin« (S. VII. 59). André und später S. Dehn in Berlin besaßen ihn von Mozarts Hand geschrieben und mit dem Namen Jakob statt Martin.


142 I 827.


143 Rochlitz, AMZ in 450 f.


144 Sie stammt nach Carpani (Le Haydine, p. 112 f.) von dem Chorherrn zu St. Florian Aumann und wird fälschlich auch Haydn zugeschrieben. Eine Abschrift im Salzburger Mozarteum nennt M. Haydn als Autor und bemerkt, Mozart habe die 2 Violinen ad libitum dazugesetzt (K.-V. Anh. 236). Das »Motet burlesque« (Nocte dieque bibamus) ist nach Köchel (Anh. 244a) wahrscheinlich französischen Ursprungs.


145 Im Wiener Musenalmanach für 1786.


146 Nach Berichten von Zeitgenossen soll es scherzweise an die schöne Therese Horeischy, die Tochter eines Salzburger Kontrabassisten, gerichtet sein (vgl. Köchels Zusatz zu 147), was aber im Hinblick auf seine ganze Haltung recht unwahrscheinlich ist.


147 Die beiden Lieder, die man früher irrtümlicherweise in eine weit frühere Zeit setzte, in die Jahre nach 1784 verwiesen zu haben ist das Verdienst J.E. Engls (vgl. Köchels Zusatz); ihm folgen WSF II 426.


Quelle:
Abert, Hermann: W. A. Mozart. Leipzig 31955/1956, S. 55.
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