VI.

Vollendung der ›Götterdämmerung‹.

[138] Vorbereitende Studien mit Musikern und Sängern. – ›Tristan‹ in Weimar. – Lenbach und Gräfin Dönhoff. – Betz und Unger: Kissinger Attentat. – Standhartner und Frau Materna. – Klindworth und Nietzsche – Besuch des Schleinitzschen Paares. – Unangenehmes mit dem Maler Hofmann. – Todesfälle. – Vollendung der Partitur der ›Götterdämmerung‹.


Vollendet in Wahnfried – ich sage nichts weiter!! R. W. Handschriftl. Bemerkung des Meisters

am Schlusse der Partitur der

›Götterdämmerung‹.


Den Sommermonaten dieses Jahres (1874) war ihr besonderer Charakter vor allem dadurch eingeprägt, daß sie ernsten und anhaltenden Vorstudien des großen Werkes gewidmet waren, sowohl mit den jungen Musikern der ›Nibelungenkanzlei‹, als mit den in wechselnder bunter Folge eintreffenden einzelnen Sängern, die zum Teil schon fest für einzelne Partieen gewonnen waren, zum Teil erst sich um eine Mitwirkung bewarben. Während eines zweimonatlichen Aufenthaltes in Bayreuth stand Hans Richter, nunmehriger Direktor des ungarischen Nationaltheaters in Pest, dem Meister treulich in diesen Vorbereitungsarbeiten bei, und hielt das junge Heer von Kopisten tapfer in Atem. Bereits füllten Partituren und Stimmen ganze Kisten. Auch war der junge Rubinstein, nach längerer Abwesenheit, aus seiner Vaterstadt Charkow wieder erschienen, und erfreute den Meister durch die seither von ihm gemachten großen Fortschritte im Klavierspiel. So begann gleich der Monat Juni mit einem solchen Studienabend in Gegenwart der ganzen ›Kanzellei‹ und des Bürgermeisters nebst Gemahlin. Es war ein wunderschöner Sommertag mit nur allzu großer Hitze, die bis in die kühle Halle hinein sich geltend machte, und die Waldszene aus dem zweiten Akte des ›Siegfried‹ mit Blätterrauschen und Vogelstimmen entrückte alle Anwesenden bis zum Selbstvergessen. In den Vormittagstunden wurde die große Arbeit der Instrumentation des zweiten Aktes der ›Götterdämmerung‹ regelmäßig fortgesetzt; auch bekam ihm das in der Frühe getrunkene Marienbader Wasser gut, mit den daran sich knüpfenden Spaziergängen im taufrischen Hofgarten. Der fünfte Geburtstag Siegfrieds, der sich zur täglichen Freude des Vaters [138] geistig und körperlich entwickelte, wurde bei herrlicher Witterung durch eine Ausfahrt nach Eremitage begangen, wobei Richter als erklärter Liebling aller Kinder des Hauses nicht fehlen durfte. An anderen Abenden kam es dann wieder zu gemeinsamen Studien des dritten Aktes ›Siegfried‹ und der ersten Hälfte des zweiten Aktes der ›Walküre‹, den beiden großen Wotanszenen, immer mit Richter am Klavier und den jungen Musikern als Zuhörern. Ein Briefchen an Feustel vom 10. Juni meldet diesem, daß er jetzt alle Abende seine Musikanten bei sich habe, um sie – welche bald den Sängern ihre Partieen einstudieren sollten – im richtigen Vortrag seiner Partituren zu üben ›Herzlich willkommen, wer dabei assistieren will, und wenn es das ganze hochverehrte Kränzchen wäre; jeden Abend geht es bei mir los, nur kann ich keinen Abend mehr aus dem Hause.‹

Von welchem Geist bereits diese ersten, durch drei Monate sich hinziehenden Studien beseelt waren, wie sich der schaffende Künstler dabei selbst wiederum als Vortragsmeister bewährte, mit wie unermüdlicher Geduld er sich der Durchbildung des von ihm gewollten Stiles widmete, wie er durch sein Beispiel alles hinriß und belebte, davon gaben diese allerersten gemeinsamen Übungen bereits einen vollen Begriff Wer ihnen beiwohnte, lernte an Wunder glauben, und wer, wie z.B. Hans Richter, diese Wunder schon von früher her kannte, dem traten sie doch immer aufs neue wie Offenbarungen entgegen. Unter den mitanwesenden und beteiligten jungen Musikern nennen wir Anton Seidl, der durch seine Beteiligung an diesen Übungen so völlig in den technisch-musikalischen Geist des Werkes eindrang, daß es, wie es ihm Wagner drei Jahre später schriftlich attestierte, ›mir jeden Augenblick möglich gedünkt hätte, erforderlichen Falles ihm die volle Direktion zu übergeben.‹ ›Von der Sohle bis zum Scheitel hat er sich hineingesungen in den Ring des Nibelungen‹, heißt es in den an ihn gerichteten heiteren Widmungsversen vom Weihnachtsfest 1874. So lernte man vom Meister, so befestigte sich das Wissen vom ›Stil‹, so ward die Bayreuther Aussaat gestreut, damit ihre Zeugen und Empfänger dereinst in alle Welt hinausziehen könnten, um zu lehren, was ihnen gelehrt war, und es allen Heiden zu predigen, als das Evangelium wahrer Kunst. Nachmittags pflegte er nun mit Richter allein die ›Götterdämmerung‹ aus der – noch in Arbeit befindlichen – Partitur zu studieren; abends kamen die jungen Musiker dran, wobei zunächst an zwei Abenden (11., 12. Juli) die ›Walküre‹ fortgesetzt und beendet, dann – mit Unterbrechungen – der ›Siegfried‹ aufgenommen und an drei Abenden (13., 15., 17. Juli) aktweise durchgeführt wurde. Die Unterbrechungen rührten daher, daß gleichzeitig die Koburger Operntruppe im markgräflichen Theater ihre Vorstellungen gab: wenn sich auch der Meister selbst nicht entschließen konnte, denselben für seine Person beizuwohnen, so schickte er doch Richter hinein, um vielleicht aus die ser Gesellschaft etwas Taugliches für seine eigenen Aufführungen [139] herauszufinden und somit eine ›Entdeckung‹ zu machen; und dieser ging dann nicht allein, sondern in Begleitung der ganzen ›Kopie‹. Wirklich meinte der junge Freund gleich am zweiten dieser Besuchsabende eine solche ›Entdeckung‹ gemacht zu haben: man gab den ›Don Juan‹, und die Sängerin der Elvira schien ihm mindestens eine der acht Walküren wert. Es war mehr als das, was er bei dieser Gelegenheit gefunden: der stimmbegabten jungen Koburger Sängerin, Frau Friederike Sadler-Grün, in deren Person manche schätzenswerte Eigenschaften sich vereinigten, sollte vielmehr in der Folge die Partie der Fricka anvertraut werden. Von außen her kamen erfreuliche Nachrichten über die – am 14. Juni – in Weimar stattgefundene Aufführung des ›Tristan‹, die erste außerhalb Münchens, unter Mitwirkung des Voglschen Paares und unter dem Zustrom zahlreicher Anhänger und Verehrer, namentlich aus Berlin und Leipzig. Nur eine der würdigsten Hörerinnen des Werkes, die nie bei solchen Aufführungen fehlte,1 Frau Marie Muchanoff, gehörte diesmal dem begeisterten Zuhörerkreise nicht mehr an. Und auch Liszt war nicht in Weimar anwesend; er weilte um diese Zeit in Rom und war in der Villa d'Este mit der Vollendung seiner ›Glocken von Straßburg‹ beschäftigt.2 In den einlaufenden enthusiastischen Berichten, z.B. George Davidsons in seinem Berliner Blatte, durfte es auffallen, daß darin über die sonstigen Einzelheiten der Vorstellung viel Schönes und Gutes, kein Wort aber über König Marke, den Träger der sittlichen Weltordnung und dadurch Todesverkünder, gesagt war: was auf eine recht schwächliche Darstellung dieser wichtigen Rolle den Rückschluß ziehen ließ.

In diese Zeit fällt ein mehrtägiger Besuch des ausgezeichneten Freundes Franz Lenbach, der durch seine Freude an Bayreuth, das er zum ersten Male sah und auf Schritt und Tritt interessant fand, wiederum dem Meister und seiner Gemahlin viel Vergnügen bereitete. Er betrat Wahnfried am 18. Juni in der Frühe als erster Gast des Tages; um die Mittagsstunde meldete sich noch ein zweiter Besuch, die – vom ›Tristan‹ in Weimar kommende – Gräfin Marie Dönhoff, durch die hervorragende Lieblichkeit ihrer Erscheinung, wie durch ihr echt künstlerisches Temperament von jeher die Freude des ganzen Hauses. Eine mit beiden Freunden nachmittags bei herrlicher Witterung unternommene Fahrt nach Eremitage gewährte allen Teilnehmern viel Genuß; leider knüpfte sich daran für Hans Richter ein kleiner Unfall, der ihn für mehr als eine Woche zu jeder hilfreichen Leistung unfähig machte. Auf dem Rückweg, den er mit den Kindern zu Fuß zurücklegte, begegnete es ihm, einen unglücklichen Sturz zu tun und sich dabei dermaßen das Bein zu verstauchen, daß er nur mit Mühe und unter vielen Schmerzen das Haus erreichen konnte [140] und eine Reihe von Tagen bewegungslos liegen mußte. Noch am Abend zuvor hatte er den dritten Akt des ›Siegfried‹ wunderschön gespielt; nun gab es für eine Weile keine Musik, die regelmäßigen Übungsabende waren unterbrochen. Dagegen ließ es sich der Meister angelegen sein, den beiden Freunden durch eine Ausfahrt nach Fantaisie die ferneren Schönheiten der Umgebung von Bayreuth zu zeigen; auch hatte es viel zu bedeuten, daß er ihnen am Abend die Parsifal-Skizze vorlas, die bereits damals, mitten unter der letzten Arbeit an der Götterdämmerung, als das eigentliche ›Bayreuther‹ Werk, unausgesetzt seinen Geist beschäftigte. Bereits am folgenden Tage wurde, bei trübem Wetter, der Gräfin Dönhoff das Geleit zum Bahnhof gegeben, während Lenbach noch einen Tag länger verweilte und sich auch diesmal wieder als edler, selbstloser, ungemein begabter Mensch bewährte, den Wagner sehr lieb gewann. Auch Muncker und Feustel, die beiden Hausfreunde und bewährten Stützen des Werkes, lernte der Gast bei dieser Gelegenheit persönlich kennen. Dazu liefen immer neue, günstig lautende briefliche Nachrichten über den Tristan in Weimar ein.

Unter diesen Umständen gelangte am 26. Juni die Partitur des zweiten Aktes der ›Götterdämmerung‹ zum Abschluß. Bisher war die Halle von Wahnfried der eigentliche Empfangsraum für die Gäste gewesen; der angrenzende Saal noch nicht eigentlich eingeweiht, weil Maler und Tapezierer darin bis vor kurzem immer noch zu tun hatten. Die Erholungstage nach der Vollendung des neuen Abschnittes seines Werkes benutzte der Meister zur Einräumung seiner Bibliothek; ein Geschäft, das sich noch bis über die erste Juliwoche hinaus erstreckte. Zugleich trafen nun immer mehr und mehr Sänger und Sängerinnen ein, die probiert und gehört sein wollten; zum Teil intelligent und fleißig, aber in ihrer bisherigen Erziehung und Ausbildung unglaublich vernachlässigt. Ein Sänger, der sich zum Mime meldete, erschreckte förmlich durch seine undeutliche Aussprache der Laute: konsonantenlos, besonders ohne s. Zwei Damen, die eine für den Waldvogel, die andere für Erda ins Auge gefaßt (beide durch Heckel aus Mannheim empfohlen), legten nicht minder von dieser fehlerhaften Ausbildung Zeugnis ab: von diesen Künstlern und Künstlerinnen schien niemand mehr den Aufbau einer melodischen Linie zu kennen und zu begreifen, vielmehr alles durch ein Hervorstoßen der einzelnen Töne erreichen zu wollen Sehr gutwillig und als Sänger ausgezeichnet erwies sich der Bassist Scaria, der am 27. eintraf und sogleich an das Studium des ihm zugedachten ›Hagen‹ gehen wollte; bei ihm war es nun wieder der Mangel an allgemeiner (selbst künstlerischer) Bildung, der übel auffiel: es fand sich, als davon die Rede war, daß er nicht einmal die achte Symphonie von Beethoven kannte! So hatte er denn auch die Dichtung des ›Ringes‹ überhaupt noch nicht – auch nicht einmal aus bloßer Neugier! – gelesen, woran sofort der erste Versuch des Studiums scheiterte. Um [141] dieses Hindernis zu beseitigen und ihm einen Begriff von seiner Aufgabe zu machen, hatte ihm Wagner demnach die Dichtung der ›Götterdämmerung‹ erst vorzutragen! Vormittags arbeitete Scaria nun mit Richter, abends gab er das Gelernte zum besten. Er begleitete den Meister auf einem Spaziergang zum Festspielhaus, erblickte mit Erstaunen dessen ganze machtvolle äußere Erscheinung und innere Einrichtung und gestand, nun erst zu begreifen, um was es bei diesem Unternehmen sich handle und weshalb auf der Errichtung dieses Hauses hatte bestanden werden müssen!

Von kleinen häuslichen Ereignissen fällt in diese Zeit die fortgesetzte Sorge um die Gesundheit des großen Hundes Ruß: diesem war nicht anders zu helfen, als daß er am ganzen Körper geschoren wurde, wodurch er einen gar seltsamen Anblick gewährte. Doch schien sich das Verfahren gut zu bewähren, nachdem er seit dem Frühjahr schwer leidend gewesen war. Von Pest aus traf der dortige treffliche Harfenspieler Peter Dubez ein, eine anerkannte Autorität auf seinem Gebiete und ein sehr freundlicher, artiger Mann, welchen der Meister eingeladen hatte, um mündlich mit ihm über die Harfenpartieen in seinem großen Werke zu verkehren.3 Nach Richters inzwischen eingetretener Genesung wurden dann auch am ersten Sonntag des Juli die gemeinsamen Studien mit, ›Götterdämmerung‹ und, ›Rheingold‹ wieder aufgenommen. Am 9. Juli führte sich die Sängerin Frau Grün, von Koburg herüberkommend, zum ersten Male in Wahnfried ein, und bewährte sich durch den Vortrag von Elisabeths Begrüßung der Halle als eine tüchtige, gediegene Musikerin, mithin als eine wirkliche Akquisition. Wenige Tage darauf erschien von Berlin aus der Wotan-Sänger Franz Betz, ein ganz anderer Typus als Scaria in jeder Beziehung, und dem Meister seit ihren gemeinsamen Meistersinger-Studien von 18684 vorteilhaft bekannt. Auch bei jener Münchener Rheingold-Aufführung5 hatte er sich ehrenwert benommen und dadurch allerdings in München nicht eben beliebt gemacht. Daß er als Mensch von übertriebener Empfindlichkeit und daher nicht leicht zu behandeln war, hatte der Meister noch bei seinem letzten Berliner Aufenthalt erfahren müssen; er hielt aber an dem gediegenen Künstler fest und ließ sich durch dessen eigene – nicht ganz ungerechtfertigte – Zweifel, ob er zur Lösung der ihm zugedachten ungeheueren Aufgabe berufen sei, nicht irre machen. So traute er sich z.B. das, ›Dämonische‹ nicht zu, und meinte dies bereits an seiner eigenen Leistung als ›Holländer‹ zu empfinden. [142] ›Denken Sie‹, erwiderte ihm der Meister, ›es gäbe ein Fach für das »Dämonische«? Ich bin, nach meinen so glücklichen Erfahrungen von Ihnen, ganz sicher, daß, könnte ich einmal den fliegenden Holländer so mit Ihnen durchgehen, wie damals den Sachs, Sie bald gar nicht mehr an das, »Dämonische« denken, sondern einfach das Richtige, tief Ergreifende treffen und leisten würden. Ich habe Ihrem Telramund assistiert und weiß, was ich an Ihnen habe. Dann aber auch machen Sie sich Skrupel über tiefe Noten? Das ist nun eben Opern-Philisterei. Kann es einem vernünftigen Dramatiker je darauf ankommen, seine Sänger durch tiefe d's und h's u.s.w. brillieren zu lassen? Die tiefen Töne wende ich in ganz anderem Sinne an, als etwa um durch rechte bärbeißige Kraft wirken zu lassen. Darum – nur keine Sorge! – Alles wird sich machen!‹ In diesem Sinne ist er nun aber auch späterhin, als alles sich vereinigte, um in der Leistung Betz' als Wotan nur das offenkundig Unzulängliche zu erkennen, trotz mancher unliebsamen Erfahrung dabei geblieben, an seinem Darsteller festzuhalten und dessen große Vorzüge in das hellste Licht zu stellen. Er achtete in ihm die musikalische Bildung und den Ernst, mit welchem er an seine gewaltige Aufgabe schritt.

Während jenes ersten Aufenthaltes seines Wotanfängers in Bayreuth kam es zu mehrfachen Studien der Partie. Die Szene mit Fricka im zweiten Akt der Walküre, als den Hauptwendepunkt des Charakters, sang ihm der Meister, um ihm das Beispiel zu geben, in seiner unvergleichlichen, erschütternd wirkenden, über den ganzen Vortrag belehrenden Weise vor; Betz selbst ließ sich dagegen, zu Wagners Zufriedenheit, mit der Rätselszene zwischen Wotan und Mime vernehmen. Auch dieser kurze fünftägige Aufenthalt blieb nicht ohne Zwischenfälle. Der erste war durch einen jener Hetzartikel der Wiener Presse gebildet, in welchem der Bereitwilligkeit beider Berliner Sänger, Betz' und Niemanns, zur unentgeltlichen Mitwirkung an den Proben und Aufführungen in aufreizendem Tone gedacht war, als wäre dies eine ungerechtfertigte Zumutung.6 Das ebenso taktlose als gehässige Schriftstück, welches sich nicht scheute, das durchaus interne, in jedem einzelnen Falle von Person zu Person regulierte Verhältnis an die Öffentlichkeit zu zerren, ging aber von Blatt zu Blatt, bis in das kleine ›Bayreuther Tagblatt‹, welches es zwar nur als ein ›abschreckendes Beispiel‹ reproduzierte7: sollte dadurch nicht [143] unwillkürlich eine Sorge darüber entstehen, welche nachteilige Wirkung diese perfid absichtsvolle Aufreizung doch vielleicht auf machen schlecht beratenen Sänger ausüben könnte? Wir werden im folgenden Gelegenheit zu der Wahrnehmung erhalten, welchen Einfluß sie oder ihr verwandte Kundgebungen auf den – dort miterwähnten – Scaria tatsächlich gehabt zu haben scheinen! Weit tiefer greifend als dieses bloße Ärgernis war die erschütternde Nachricht von dem am 12. Juli auf Bismarck in Kissingen ausgeführten Attentat. Wie ein Donnerschlag hallte diese Kunde überall wieder, und ganz vorzugsweise im Hause und in der Umgebung Wagners, den keine von dieser Seite her gegen ihn ausgeübte Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit in seiner warmen Bewunderung für den großen Zeitgenossen wankend machen konnte Alle Unterhaltungen in Wahnfried bezogen sich mehrere Tage hindurch in erregter Weise fast nur auf das erschreckende Ereignis. Wie ein possenhaftes Nachspiel dazu wirkten nun wieder in den nächstfolgenden Wochen die zahlreich zuströmenden Bismarck-Hymnen der verschiedensten Dichter und Dichterlinge, die sich mit der Zumutung einer musikalischen Ausführung ihrer poetischen Elaborate an ihn herandrängten; zum Teil bereits mit bestimmten Vorschlägen für die Teilung von Honorar und Tantiemen, und jedenfalls mit dem Anspruch einer Rücksendung ihrer kostbaren Manuskripte! Inzwischen nahmen die Studien mit Betz ihren Fortgang. So kam es am 13. Juli, wiewohl der Gast durch Heiserkeit an eigener Betätigung verhindert war und der Meister sich dabei sehr ermüdete, zu einer Vornahme des dritten ›Siegfried‹-Aktes und tags darauf noch zu einem letzten Zusammensein, wonach Betz seine hohe Befriedigung mit den Ergebnissen dieses Besuches erklärte: er sei glücklich, ihn ausgeführt und den hochverehrten Schöpfer des Werkes nun erst eigentlich persönlich kennen gelernt zu haben.

Noch während dieser bewegten Tage stellte sich von Mannheim her der Tenorist Georg Unger ein, welcher nach dem Ausfall der mit ihm angestellten Probe im günstigsten, aber noch zweifelhaften Fall, mit der Partie des Loge betraut werden sollte. Die Besetzung der über alles wichtigen Rolle des ›Siegfried‹ blieb dabei noch völlig ungewiß. Nachdem sich Diener als ungeeignet für diese Aufgabe erwiesen und Niemann ausschließlich für die Rolle des ›Siegmund‹ von ihm in das Auge gefaßt war, konnte es sich nur um eine ganz neu zu entdeckende, vollkommen jugendliche Kraft handeln. Als solche schien sich zunächst jener bereits erwähnte Budapester Tenor Franz Glatz (S. 119) zu empfehlen, dessen künstlerische Mittel, wie auch äußere Erscheinung ihn für diese Auszeichnung geeignet erscheinen ließen: aber er war noch Anfänger und erst im Werden begriffen und es war daher noch in keiner Weise im voraus ein festes Urteil über seine Verwendbarkeit zu fällen. An Vogl, dessen Gattin die Partie der ›Sieglinde‹ zugewiesen war, hat der Meister für seinen ›Siegfried‹ niemals denken können; ebenso wenig aber [144] damals bereits an Unger. Auch die Besetzung der kleineren Partieen wurde in jeder Hinsicht reiflich erwogen; Nebenrollen gab es ja in dem ganzen großen Werke nicht; es mußten lauter ebenbürtige erste Kräfte sein, und doch von Opernmanieren frei; auch ihre Auffindung war nicht leicht. Bis auf Alberich und Mime handelte es sich zudem um lauter Götter und Helden, mithin um stattliche, hochgewachsene Gestalten. Zu den Sängern, die bis zu dem Tage von Richters Abschied Revue passierten, gehörte noch ein gewisser Alexis (für Gunther und Donner); ferner Frl. Oppenheimer aus Frankfurt, die er bei jener Aufführung des ›Propheten‹ (S. 36) als Fides in empfehlender Weise kennen gelernt: sie war für die Partie der Erda in Aussicht genommen, und brachte mit der – von Koburg abermals erschienenen – Frau Grün die Szene zwischen Ortrud und Elsa aus dem zweiten Akte des ›Lohengrin‹ zu Gehör. Wohl hatte der Meister dabei im einzelnen viel zu bemerken, war aber doch mit der Lernbegier beider Sängerinnen zufrieden. Endlich Karl Hill, der zukünftige Alberich, dessen großes Feuer und wuchtiges Naturell ihn von jeher gefesselt hatten. Sein Besuch galt für diesmal nur einer erneuten persönlichen Anknüpfung; zu eigentlichen Studien mit ihm kam es nicht. Zwei Tage später (25. Juli) verließ Richter Bayreuth, da seine übernommenen Direktorpflichten ihn nach Budapest abriefen, zur Betrübnis Aller, ganz besonders aber auch der Kinder des Hauses.

Gegen Ende des Monats Juli meldete der unvergleichliche Wiener Freund Dr. Standhartner telegraphisch seinen Besuch. Er kam in Begleitung seiner Tochter, den einen seiner Söhne hatte er das Jahr zuvor durch den Tod verloren, der andere war schwer krank. So sehr dieser außerordentliche Mensch durch Schicksalsprüfungen betroffen war, so wenig vermochte einer dieser Schläge an seinem Verhältnis zu Wagner das geringste zu ändern; über alles trug ihn seine sich stets gleichbleibende Liebe und Verehrung hinweg. Er freute sich von Herzen, den Meister wohlaussehend zu finden, und gewiß trug nach allen vorhergegangenen ununterbrochenen Ansprüchen an seine Leistungsfähigkeit gerade die Anwesenheit dieses wahrhaft geschätzten Gastes und verständnisvollsten Freundes zu seinem Wohlergehen bei. So waren denn auch die mit ihm verbrachten Tage recht bewegt und erfüllt. Gleich am ersten Abend wurde der dritte Akt ›Siegfried‹, mit Rubinstein am Klavier, vorgenommen, an den beiden folgenden Abenden die ›Götterdämmerung‹; dazwischen heiteres Zusammensein, Ausfahrten nach dem Festspielhause, nach Eremitage und Fantaisie. Auch fiel auf den letzten Tag des Juli, also mitten in die Zeit des Standhartnerschen Besuches hinein, die erste größere Gesellschaft in dem schönen neuen Hause. Bereits bei einem seiner ersten Besuche hatte der Kirchenrat Dittmar den Wunsch ausgesprochen, daß ein jeder Gebildete in Bayreuth das Haus sähe: somit waren denn ungefähr 60 Personen aus der Bayreuther Gesellschaft zu diesem festlichen Abend vereinigt, nämlich [145] zu den Herren und Damen des Verwaltungsrats und des ›Kränzchens‹ alle diejenigen hervorragenderen Familien, die bis dahin zu dem Meister in eine – mehr als bloß neugierige – Fühlung und Beziehung getreten waren Ganz besonders feierlich gestaltete sich dieses Zusammensein so vieler Personen in den prächtig erleuchteten Räumen durch den Umstand, daß an demselben Tage ganz ungerufen und plötzlich Frau Materna um Mittagszeit ihre Ankunft angezeigt hatte. Sie überraschte und entzückte alles durch die Fälle und Frische ihrer Stimme, durch die außerordentliche Beherrschung ihres Organes aber erwies sie sich von Grund aus als wahre Künstlerin.

Frau Amalie Friedrich-Materna war ihm durch ihren Wiener Kollegen Scaria im voraus angelegentlichst empfohlen; er selbst kannte sie noch nicht, aber er erwartete dieser Empfehlung gemäß eine bedeutende künstlerische Erscheinung. Im Juni gastierte sie in Leipzig; es war ihm unmöglich, von Bayreuth abzukommen. Eine Folge übernommener Engagements – darunter eines in London – verhinderte sie, früher einzutreffen, um sich und ihr Können dem Meister bekannt zu machen. Es war eine entscheidende Bekanntschaft: er hatte seine ›Brünnhilde‹ gefunden. Sofort empfand er nur die eine Sorge, daß sie den Glanz ihres stimmlichen Materials nicht im Wiener Operndienst abnutze. Schon während der nächstfolgenden Tage ihres Bayreuther Aufenthaltes konnte sie wegen Heiserkeit sich nicht nochmals vor dem Meister produzieren: aber es war für ihn an dem einen Male genug. Sie erhielt die feste Zusage für die nachmals so glänzend durch sie vertretene Partie der Brünnhilde. Als sie am 3. August Bayreuth wieder verließ, war sein Abschiedswort an die Scheidende: ›Lassen Sie sich durch das Wiener Winter-Repertoire nicht zu sehr abhetzen; machen Sie es sich leicht, und erhalten Sie Ihre kostbaren Gesangskräfte unermüdet.‹ Wien bewarb sich damals – um mehr als zehn Jahre zu spät! – um die Partitur des ›Tristan‹; es gab in dem Mißverhältnis der Wiener Hofopernintendanz zu dem Meister schwerwiegende Gründe genug, um ihr das Werk zu versagen; unter anderem war ein entscheidender Grund für ihn aber gerade der, daß er es unnötig, ja gefährlich fand, daß Frau Materna in diesem Winter, neben dem Studium ihrer ungeheueren Aufgabe als, ›Brünnhilde‹, sich auch noch mit der so sehr angreifenden Isolde abmühen sollte. Im voraus freute er sich darauf, zu Neujahr auch schon den ganzen Klavierauszug der ›Götterdämmerung‹ in ihre Hände niederzulegen.

Reich an Besuchen, von denen immer einer ablösend sich an den anderen schloß, war auch noch der ganze Monat August. Als Standhartner unter den innigsten Abschiedswünschen des Meisters und seines ganzen Hauses sich von ihm trennte, blieb Frau Materna noch für einen Tag zurück; kaum war sie abgereist, als sich auch schon für einen mehrwöchentlichen Aufenthalt Karl Klindworth von Moskau her einstellte. Mit seinem jederzeit willkommenen [146] Besuch hatte es diesmal die folgende Bewandtnis. Wie dem Leser erinnerlich, war dafür Sorge getragen, daß die einzelnen Szenen der fertig hergestellten Partitur der ›Götterdämmerung‹ sogleich nach dem Stich an ihn in den fernen Osten entsandt wurden (S. 79), damit er danach den Klavierauszug anfertige. Es gelang ihm, mit der fortschreitenden Arbeit des Meisters einigermaßen Schritt zu halten; doch spielte ihm das Geschick dabei ganz unversehens einen üblen Streich. Auf dem weiten Wege zwischen den beiden Endpunkten Moskau und Mainz war nämlich seine ganze Arbeit am zweiten Akte des Werkes spurlos verloren gegangen und keine Nachforschungen hatten geholfen. Er mußte zum bösen Spiel eine gute Miene machen, und kam jetzt in seiner konservatoriumsfreien Zeit direkt nach Wahnfried, nicht um es sich dort als Gast des Meisters wohl sein zu lassen, sondern um in geduldiger Arbeit das Verlorene wieder neu zu schaffen. Das Wiedersehen mit dem altbewährten, seit ihrer ersten Londoner Begegnung stets gleichmäßig ergebenen Freunde war demnach für Wagner und die Seinigen erfreulicher als die Veranlassung dazu; trotzdem gab es, bei aller eifrigen Arbeit des werten Gastes, in den freien Abendstunden und auf gelegentlichen Ausflügen genug Gelegenheit zu wechselseitig anregendem Verkehr.

Fast mit der ganzen Zeitdauer dieses Klindworthschen Besuches fiel nun aber auch ein langentbehrter Besuch des Baseler Freundes, Professor Nietzsche, zusammen, der kurz nach jenem eintraf. Er hatte lange gezögert, obgleich ihn die dringendsten und herzlichsten Einladungen noch am 9. Juni, kurz vor Beginn der gemeinsamen musikalischen Studien an ihre Stätte beriefen. ›Mit Bayreuth bin ich,‹ schrieb er am 4. Juli an Gersdorff als gemeinsamen Freund, ›über den guten Vorsatz nicht hinausgekommen; es scheint mir nämlich, daß sie dort ihr Haus und ihr Leben in Unruhe haben, und daß gerade jetzt unser Besuch nicht passen würde (!!)‹ Warum in aller Welt hätte sein Besuch nicht in diese glücklichste aller Perioden hineinpassen sollen, wo selbst sein – von keinem jener Juligäste beanspruchtes, nun von Klindworth eingenommenes – Zimmer, ganz wie in Triebschen, für ihn bereit stand. Wie groß die Liebe Richard Wagners zu seinem Triebschener Zögling war und wie gern er ihn in gleichmäßig ruhiger Entwickelung zu Großem und Größerem angeleitet haben würde, geht aus jenen wiederholten Einladungen deutlich hervor; es ist uns aber (S. 55) nicht entgangen, daß in diesem letzteren selbst die innere Ablösung und Zersetzung ihre düsteren Anfänge machte. Schon bei diesem Augustbesuche bereitete er dem Meister manche schwere Stunde; schon damals fiel an ihm so manche fremdartig unassimilierbare Sonderbarkeit auf, die mit dem, noch kürzlich durch ihn verfochtenen deutschen Kulturgedanken nichts gemein hatte. Schon damals gefiel er sich in seltsamen Invektiven gegen die deutsche Sprache, an welcher er keine Freude zu finden behauptete, und einer affektierten Überschätzung des Lateinischen. Nun hatte er eben um die Zeit, da er [147] es verschmähte, den gemeinsamen Vorstudien beizuwohnen, mit ihren Offenbarungen für jeden denkenden Geist, jede fühlende Seele, statt dessen im Baseler Dom eine Brahmssche Chorkomposition angehört, die ihn völlig einnahm. ›Als er nun,‹ so erzählt seine eigene Schwester, ›im August 1874 nach Bayreuth reiste, nahm er den Klavierauszug des »Triumphliedes« mit dorthin, anscheinend von dem naiven Glauben geleitet, daß sich Wagner daran freuen müßte.‹ Dieses ›anscheinend‹ korrigiert die Erzählerin indeß gleich darauf selbst; sie sei ›bei späterem Nachdenken‹ doch auf den Gedanken gekommen, jenes rotgebundene Buch sei in Wahrheit ein ›Versuchsobjekt‹ (!!) gewesen, und er habe seine neueste Entdeckung dem Meister aufdrängen wollen. Als wenn etwas dem ähnliches je möglich gewesen wäre! Man denke, ihm, dem es buchstäblich eine geistige Diät war, durchaus immer nur mit dem Edelsten umzugehen, dem ›alles übrige nur Erniedrigung war, tausendfach abgeschwächte Ableitung vom Urquell.‹ Und dies zu einer Zeit, da die ›Götterdämmerung‹ im Stadium ihres letzten Abschlusses stand, und er in den oben erledigten ersten gemeinsamen Vorstudien zu allem, was an schöpferischen Pflichten noch vor ihm lag, sich und den Seinen die Tore weit geöffnet hatte! Da sollte er sich mit Brahmsschen Triumphliedern abgeben? Nicht Liebe, nur eine bereits eingetretene innerlichste Entfremdung, konnte auf solchen Gedanken kommen. Den weiteren Verlauf der Begebenheit teilt dann Frau Förster-Nietzsche nach der mündlichen Erzählung Wagners mit, wie folgt: ›Ihr Bruder legte das rote Buch auf den Flügel; immer, wenn ich in den Saal hinunterkam, starrte mich das rote Ding an – es reizte mich förmlich, gerade wie den Stier das rote Tuch. Ich merkte wohl, er wollte mir damit sagen: sieh mal, das ist auch einer, der was Gutes machen kann, – na, und eines Abends bin ich losgebrochen, und wie losgebrochen! Er lachte herzlich in der Erinnerung.‹ In Wahrheit hatte er ihm in vollem, feurigen Ernst seine Einsamkeit als schaffender Künstler vorgehalten, seine Sehnsucht nach einer Begegnung mit seinesgleichen im Gebiete seiner Kunst, von der Überlegenheit des Lisztschen ›Christus‹ gesprochen, wo doch ein Gestaltungstrieb, eine Empfindung vorhanden sei. Denn das Triumphlied war, am vierten Tage von Nietzsches Anwesenheit, wirklich gespielt worden und hatte alle Anwesenden durch seine Dürftigkeit erschreckt. ›Händel, Mendelssohn und Schumann in Leder eingewickelt‹, hatte der Meister in drastischer Wendung davon gesagt. ›Und was sagte denn mein Bruder?‹ fährt die Erzählerin fort. ›Der sagte gar nichts‹, meinte Wagner, ›er errötete und sah mich erstaunt mit bescheidener Würde an. Ich gäbe gleich hunderttausend Mark, wenn ich solch ein schönes Benehmen wie dieser Nietzsche hätte, immer vornehm, immer würdig, so was nützt einem viel in der Welt!‹ Wir halten es nicht für ausgeschlossen, daß der Meister in seiner grenzenlos liebenswürdigen Art so oder ähnlich sich gegen die Schwester ausgedrückt hätte; desto beschämender freilich für den mit so königlicher Freigebigkeit [148] darin Ausgezeichneten. Denn waswahre ›Vornehmheit‹ ist, konnte man doch immer und immer nur wieder von ihm selbst lernen, dessen Natur sie war. Hätte er in seiner Jugend das unschätzbar einzige Glück eines persönlichen Verkehrs mit Beethoven gehabt, – nie würde er es dazu haben mißbrauchen können, diesem eine Brahmsche Symphonie auf den Tisch (oder Flügel) zu legen!8 ›Vom August 1874 bis zum Sommer 1876‹, mit diesen vorausgreifenden Worten der schwesterlichen Biographie beschließen wir diese Nietzsche-Episode, ›haben sich Wagner und mein Bruder nicht wiedergesehen. Es fehlte nicht an Einladungen von seiten Wagners, und gewiß antwortete mein Bruder, ganz entzückt von seiner Güte, bereitwillig und schlug auch seinerseits allerhand Projekte vor; aber es ist gar nicht zu verkennen, daß er, wie Wagner sehr richtig empfand, jeden Vorwand benutzte, um eine Zusammenkunft zu verzögern oder ganz zu verhindern.‹9 Wir haben diesen Worten nichts hinzuzufügen Wer könnte verkennen, daß es sich darin um einen nicht mehr gefunden, um einen kranken Mann handelt? Um einen Mann, der in seiner reizbaren Empfindlichkeit alles vertrug, nur keine Erziehung und keine leiseste Ausstellung an der subjektiven Willkür seiner Vorstellungen und Meinungen, an seinem Tun und Lassen?

Daß dergleichen Vorgänge – das tiefste Mißverständnis seines Wesens durch einen bis dahin ergebenen Jünger – nach den anhaltenden künstlerischen und gesellschaftlichen Anspannungen der letzten Zeit und unter fortdauernder Arbeit an der ›Götterdämmerung‹ mit ihren wachsenden Anforderungen nicht eben zum Wohlsein des schaffenden Künstlers beitragen konnten, sagt sich der Leser von selbst. Und dabei war ihm doch gerade dieser junge, Freund viel zu nahe getreten, um mit einem Male gegen ihn fremd und gleichgültig zu werden. Eben am Tag seiner Abreise traf außerdem noch sein Baseler [149] Kollege, Professor Overbeck, ein, und erzählte von Nietzsches fortgesetzt trauriger Lage in seinem Amt und Beruf, indem er durch den auf ihm lastenden Bann der deutschen Universitäten seine Vorlesungen vor vier bis fünf unbefähigten Studierenden halten müsse. Nun fragte es sich wohl, wem zuliebe denn das eigentlich alles geschah, und ob er nicht besser daran getan hätte, dem Rat des Meisters folgend, zu allererst sich zu einer größeren Arbeit in seinem besonderen – philologischen – Gebiete zu sammeln?10

Wir fassen uns kurz über die weiteren äußeren Begebenheiten dieser Herbstmonate, in welche noch eine ganze Reihe weiterer Künstlerbesuche fallen: Frl. Marianne Brandt von der Berliner Hofoper, welche die Erzählung der ›Waltraute‹ in wirklich ergreifender Weise zum Vortrag brachte, aber Bedenken trug, eine nach ihren Theaterbegriffen ›kleine‹ (!) Partie zu übernehmen11; für eine Woche Albert Niemann, wobei es sowohl zu ›Siegmund‹-, als auch zu ›Tristan‹-Studien kam; sodann der Sänger Schlosser, den einst der Meister, eigens um den David in seinen ›Meistersingern‹ zu geben, aus dem Privatstand eines Bäckers oder Bäckereibesitzers in einer kleinen bayerischen Stadt hervorgezogen und der nun wieder als trefflichster ›Mime‹ sich bewähren sollte; dazwischen der Sektionschef Dr. Leopold v. Hofmann aus Wien, eine für die dortigen Theaterverhältnisse wichtige Persönlichkeit; endlich (6. September) die beiden Mannheimer Freunde Heckel und Dr. Zeroni, beide vom Münchener ›Tristan‹ – unter Bülows Leitung – kommend und noch in voller Begeisterung über das Empfangene. ›Es überraschte ihn,‹ so erzählt Heckel in seinen Erinnerungen, ›daß auch die Darsteller uns vollständig befriedigt hätten, und er erzählte uns von dem unvergeßlichen Schnorr und dessen unvergleichlicher Darstellung. Er sang und spielte uns die große Szene auf dem Sterbelager ganz ergreifend vor, um uns zu zeigen, wie die Szene dargestellt werden müßte, und es freute ihn, daß uns das Werk so gewaltig erschüttert hatte.‹12 Eine Teilnehmerin dieses unvergeßlichen Abends war Gräfin Schleinitz, ihrem ebenfalls in Bayreuth eintreffenden Gatten, dem Kgl. Hausminister, um zwei Tage vorausgeeilt. Unablässig bemüht, dem Unternehmen durch neuangeworbene Patrone sowie durch materielle Zuschüsse eine Kräftigung zuzuführen, hatte die edle Frau, durch den unwiderstehlichen Einfluß ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit, eine Anzahl hervorragender Maler dazu vermocht, wenn sie dem Bayreuther Werke nicht direkt auf finanziellem Wege dienen könnten, es doch durch Schenkung von Gemälden ihrer Hand zu unterstützen. Ihre Bemühungen [150] um einen Verkauf derselben an vornehme oder vermögende Kunstliebhaber der Reichshauptstadt waren damals noch nicht am Ziele, lieferten aber gegen die Weihnachtszeit, um die Mitte Dezember, den nicht unansehnlichen Beitrag von 10000 Talern, womit sie dem Meister wenigstens zwei jener aufreibenden Konzertaufführungen erspart hatte! Der Besuch beider freundlichen Berliner Gönner war für ihn und sein Haus ein rechtes Fest. In Gemeinschaft mit ihnen begab man sich auf den Festspielhügel, um den vorgerückten Bau des Theaters zu betrachten Nach Entfernung des Gerüstwerkes im Innern trat die ganze Größe der Bühne und des Maschinenraumes erst recht vor Augen. Schon wurde eifrig an der Montierung des Rohbaues nach außen wie nach innen gearbeitet. Auch des Meisters eigene Wohnstätte erhielt bald darauf ihren letzten äußeren Schmuck durch die Ausführung der bereits erwähnten allegorischen Sgrafittozeichnung an der Fassade des Vorbaues von der Hand Robert Kraußes. Vor dem Hause war wochenlang ein großes Brettergerüste, leicht aber fest und sicher, aufgeschlagen; darunter ging man, wie sonst, ein und aus. Einen Monat später (2 und 3. Oktober) scheinen auch Wesendoncks auf der Durchreise nach Dresden Gäste von Wahnfried gewesen zu sein; wenigstens hat Krauße gegen Kietz einer ›größeren Tischgesellschaft‹ Erwähnung getan, an welcher ›außer Freunden, wie Wesendoncks, auch mehrere von den Herren Musikern teilnahmen.‹13 Im weiteren Verlauf des Herbstes trafen auch die, während einer mehrmonatlichen Anwesenheit Hofmanns in Darmstadt vollendeten Modelle zu den Dekorationen ein, deren weitere Ausführung den Hoftheatermalern Brückner aus Koburg übertragen werden sollte. Wie bereits erwähnt (S. 127), mit voller Zustimmung, ja auf den eigenen Wunsch Hoffmanns; dennoch entstanden dadurch unvorhergesehene Reibungen und Unzufriedenheiten, die sich in dem Briefchen an Muncker vom 4. Oktober widerspiegeln. ›Es ist unumgänglich notwendig, daß ich mit den vortrefflichen Freunden, welche die Mühen der Verwaltung unseres großen Unternehmens sich aufgebürdet haben, in diesen allernächsten Tagen zu einer ernstlichen Besprechung in betreff der zu ergreifenden Maßregeln gegen die, durch Hoffmann, Brückners und – selbst Brandt entstandenen Verwirrungen, zusammenkomme. Wir werden dabei leider Herrn Feustel entbehren müssen. Morgen oder übermorgen kommt da gegen Brandt hier an. Hätten Sie vielleicht Zeit, heute Abend um 8 Uhr – wohl auch mit Ihrer lieben Frau – ein wenig bei uns vorzusprechen, so könnten wir vorläufig einiges feststellen.‹

Die hier angekündigte Konferenz bezog sich auf den Maler Josef Hoffmann [151] und hatte keinen anderen Zweck, als diesen durch Eigensinn und Halsstarrigkeit unerträglichen Menschen, mit dem weder Brandt, noch die trefflichen Brüder Brückner etwas zu tun haben wollten, von seiner kontraktlichen Verpflichtung einer ›Beaufsichtigung‹ der nach seinen Skizzen auszuführenden Dekorationsarbeiten zu entbinden. Von dieser am 8. Oktober stattfindenden endlosen Beratung berichtete Muncker als Mitanwesender, der Meister sei dabei – durch Mäßigung bei aller Wahrhaftigkeit – bewunderungswürdig, ja der Moment geradezu erhaben gewesen, wo er dem Herrn Hoffmann erklärt hätte: ›Wenn er es nicht vermöchte, die unter ihm Arbeitenden zu gewinnen und zu begeistern, wie es ihm selbst gelänge, wenn er mit seinen Künstlern und Sängern arbeite, so könne er eben die ihm gestellte Aufgabe nicht lösen‹. Dabei war der Mann der Einzige, der unter allen Mitwirkenden bis dahin starke Einnahmen (5000 Taler in bar und Überlassung des Eigentumsrechtes an seinen Skizzen) gehabt hatte. Trotzdem dauerte es, auch über diese endlose Sitzung hinaus, noch eine volle Woche, bis er sich in seiner Obstination zu einer Verzichtleistung auf sein ›Aufsichtsrecht‹ bestimmen ließ, wobei ihm der Verwaltungsrat noch ein Reugeld von 600 Talern auszuzahlen genötigt war. Die Tage in Wahnfried wurden nun stiller, und statt des vielen Musizierens trat wieder die abendliche Lektüre in ihr Recht: Xenophons Anabasis und das Generalstabswerk über den Krieg von 1870 bildeten nacheinander die regelmäßige geistige Nahrung. In der dritten Oktoberwoche war der Meister einsam in seinem Hause; seine Gemahlin mußte in zahnärztlichen und Kindererziehungsangelegenheiten eine Reise nach Dresden und Leipzig unter nehmen. In dieser Zeit traf Nietzsches neueste Schrift, die dritte in der Reihe der Unzeitgemäßen Betrachtungen, unter dem Titel ›Schopenhauer als Erzieher‹ ein, mit der er sich wiederum ganz als Schüler des Meisters bewährte ›Drei Tage in Dresden zugebracht,‹ schreibt ihm die edle Frau nach ihrer Rückkehr, ›haben mir wiederum das lächelnde zuversichtliche Deutschland vor Augen geführt; man muß nur von der einen Seite den Genius schaffen und leiden sehen – zum Wirken kommt er ja nicht! – von der anderen Seite die »Heiterlinge«, um ganz still wieder in seine Schale zurückzukriechen. Ein Märchen, im Theater gesehen, hat mich geradeswegs entsetzt, und dabei der zunehmende Reichtum solcher Städte, und nichts, was gewonnen wird, außer Staub und Lärm! ...‹ Der zitierte Passus ist einem herrlichen, gedankentiefen Schreiben entnommen, welches auf Nietzsches literarische Zusendung die Antwort bildet. Es ist in seinem ganzen Wortlaut in ›Nietzsches Leben‹14 mitgeteilt; die Verfasserin wundert sich, daß kein Brief Wagners selber sich vorgefunden hat, der gerade über diese Schrift und ihre Zusendung handelte: es ist ihr völlig ungegenwärtig, [152] daß der Meister damals anderes zu tun hatte, indem die ›Götterdämmerung‹ ihn vollauf in Anspruch nahm.

Ganz besonders reich war das Jahr 1874 an Todesfällen, wie wir bereits des plötzlichen Ablebens Franz Schotts und der Frau von Muchanoff (S. 136) gedacht haben. In der letzten Oktoberwoche, vom 25 ab, häuften sich die Trauernachrichten von mehreren Seiten. Hier ist zuerst sein Schwager Wolfram in Chemnitz zu nennen. ›Seltsam, meine liebe Kläre!‹ schreibt er am 27. in herzlicher Teilnahme an die tiefbetrübte Schwester. ›Mit der größten Lebhaftigkeit gedachte ich gestern deiner, und nahm mir fest vor, nächsten Sommer dich zu bitten, uns hier zu besuchen und nach Belieben in unserem neu eingerichteten Hause zu verweilen; dein Röschen solltest du auch mitbringen. Das wurde fest beschlossen, und dabei gedachte ich so vieler Begebnisse meines Lebens, die du mit erlebt, und wie du doch eigentlich unter allen meinen Geschwistern mir am vertrautesten bist So – freute ich mich, in dem Gedanken, dir bald einmal zu schreiben! Da – kommt soeben die schwarze Botschaft! – Der gute Wolfram! – Wie lieb ist mir's, daß ich seit so langer Zeit ihn voriges Jahr noch einmal wiedersah! Er war ein guter, redlicher, und gewiß begabter Mensch! Gewiß ist er zu tiefem Frieden gelangt! Sein Andenken sei gesegnet! – Nun frage ich mich, ob du nicht vielleicht schon alsbald im Herbste – hier jetzt so schön – zu uns kommen solltest? Alles ist bereit, um dir eine recht erträgliche Unterkunft zu bieten. Ich denke, du setzest dich auf, nimmst Röschen mit und kommst recht bald an, um zu sehen, wie es um und in Bayreuth steht. Wir sprechen und plaudern dann viel, – und das hilft oft vortrefflich!‹ Wir haben dieses Zeugnis warmer und herzlicher Bruderliebe hier fast vollständig eingeschaltet; zu dem hier angeregten Besuche kam es leider nicht mehr Sie war unter allen seinen Schwestern nicht allein die begabteste, sondern auch die anhänglichste, mit einem Wort die einzige gewesen, die auch Entfernungen nicht gescheut, die ihn von Deutschland aus in der Schweiz, im Züricher ›Asyl‹ besucht hatte. Das hat ihr der Meister nie vergessen.15 Um so bedeutungsvoller wäre dieser letzte Besuch für sie selbst gewesen, denn wenige Monate darauf (24. März 1875) folgte Frau Klara Wolfram ihrem Gatten im Tode nach.

Fast am gleichen Tage mit Wolfram starb, auf einem Besuch in seiner [153] Vaterstadt Mainz, Peter Cornelius, der dem Meister einst in Wien so nahegestanden, daß er ihn am liebsten stets brüderlich in seiner Nähe gehabt hätte. Viel hätte er ihm auch in den ersten schweren Münchener Zeiten sein können, wenn nicht – so vielerlei Unentwirrbares dazwischen gekommen wäre! ›Liebt er mich, desto besser für ihn‹, schreibt Wagner – ebenfalls an die Schwester Klara – mit Bezug auf eine hier gleichgültige Persönlichkeit. Das galt auch für Cornelius Dieser reich ausgestattete, mit Witz und Gemüt begabte Mensch und Künstler hatte den einen, aber entscheidenden Fehler, daß er den großen Freund weniger liebte, als seine beständigen Opernprojekte. Er spricht mehr als einmal (23. September 1869) von seiner ›ewigen Dankbarkeit gegen Wagner‹; erst durch München, wohin ihn dieser berief ›sei er zum Manne, zum Hausvater geworden,‹ und gelegentlich eines Besuches des Meisters in seiner Häuslichkeit hat er diesem Gefühl in einem schönen Gedichte Ausdruck gegeben: ›Zufrieden darfst dein Werk du schauen; mein Haus, dein Stolz!‹ Trotzdem hat er, in seinem Verhältnis zu Wagner, an seiner eigenen Unzulänglichkeit viel zu leiden gehabt und auch den Meister reichlichst dadurch in Mitleidenschaft gezogen Endlich ist noch, am letzten Oktobertag d. J., der Tod seines Bruders Albert zu verzeichnen. Vierzehn Lebensjahre älter, als Richard Wagner, und daher durch den täuschenden Anschein größerer Lebensreise vollends beirrt, hatte er in seiner nüchternen ungenialen Natur von jeher ohne jedes Verständnis auf den Lebenslauf seines Bruders geblickt und – durch eigene Schuld – ihm unter allen Geschwistern am fernsten gestanden Gewiß haben all diese Fälle, jeder für sich, den Meister tief berührt; doch mußte er sich in jedem einzelnen wohl sagen, was wohl aus ihm hätte werden müssen, wenn er auf solche und ihnen ähnliche Beziehungen angewiesen geblieben wäre? Der eigene Bruder hatte ihm fremd werden können, der durch die größte Vertraulichkeit ausgezeichnete Cornelius sich nicht als ›echt‹ erwiesen! – Was aber echt war, das hatte er an seiner Seite: in seiner hehren Liebeskraft konnte es ihm eine ganze Welt nicht nur – ersetzen, nein! vielmehr in stolzer Ebenbürtigkeit, und dennoch demutvoll vor ihm sich neigend, ihm selber eine heimische Welt begründen und, mit ihm verbunden, an der Schöpfung einer neuen geistigen Welt zu wirken helfen. In diesem Sinne weist K. Heckel in seiner Geschichte der Entstehung der Bühnenfestspiele einmal auf die ›außerordentliche Hilfe bei Überwindung der großen, wie der zahllosen kleinen Schwierigkeiten‹ hin, die dem Meister aus der, tiefstem Verständnis und aufopfernder Hingebung entsprießenden, Tätigkeit seiner Gattin erwuchs. ›In wie segensreicher Weise diese, durch den Besitz der seltensten Eigenschaften ausgezeichnete Frau bei der Verwirklichung seiner Pläne, und ganz besonders bei den Vorbereitungen zur Aufführung des Bühnenfestspieles mitwirkte, das ist nur den nächsten Freunden des Meisters bekannt geworden. Wie unermüdlich war sie bestrebt, ihm vermeidbare [154] Aufregungen zu ersparen, wie bereit und befähigt, die Erledigung unangenehmer Fragen zu unternehmen, – jede Verkennung leicht ertragend im Bewußtsein der Erfüllung einer schönsten und größten Pflicht. Ihr Anteil an dem endlichen Gelingen der Unternehmung ist unermeßlich groß. Einer solchen innigen Mitwirkung, einer solchen aufopferungsvollen Tätigkeit kann nur gedacht werden, um in unserer selbstsüchtigen Zeit auf ein seltenstes Beispiel höchster Pflichttreue hinzuweisen.‹16

Am 21. November 1874 erfolgte der letzte Federstrich an der Partitur der ›Götterdämmerung.‹ ›Vollendet in Wahnfried, ich sage nichts weiter!! R. W.‹ steht, von seiner Hand geschrieben, am Schlusse des Ganzen. Trotz aller Störungen und Hemmnisse, trotz aller wechselnden Lebenseindrücke und Erfahrungen, Kämpfe, Nöte und Entbehrungen lag sein übergroßes Werk nach fast einem Vierteljahrhundert abgeschlossen vor ihm da. Bereits 1859 in Zürich hätte es vollendet und aufgeführt sein können; zunächst wäre dann Weimar dazu berufen gewesen; beiden Orten hatte es an dem rechten produktiven Glauben gefehlt. Aus München war es mit feindseliger Gewalt hinausgedrängt; nun hatte er sich selbst, ganz aus eigener Kraft, auf einem jungfräulich unberührten Boden das Haus dazu errichtet. Aus eigener persönlicher Kraft; denn die ›Vereine‹ hatten wenig genug dazu getan, und selbst der König ihm – in der schlimmsten Stockung – doch nur einen, durch höchst unbequeme Kontraktpunkte verklausulierten, Kredit17 eröffnen können. Viel, gar viel lag noch an ähnlichen Mühsalen und Anstrengungen vor ihm, sollte das Werk zum Gedeihen gelangen, das nun auf dem Papier zur Vollendung gebracht war. Und selbst auf dem Papier ließ es ihm noch keine Ruhe. Kaum war die Partitur vollendet, so mußte er, seinen Verlegern zulieb, um die Mitte Dezember noch eine ganze Folge von ›Einleitungen‹ und ›Schlüssen‹ für einzelne daraus zu entnehmende Stücke für den Konzertgebrauch abfassen! ›O Germanien!‹ war dabei sein schmerzlicher Ausruf.

Wie er sich, nach diesem Abschluß einer großen ernsten Pflicht, zunächst veranlaßt sah, kleineren lokalen geselligen Pflichten zuzuwenden, die er in der letzten Zeit ganz hatte hintansetzen müssen, zeigt in heiterer Weise eine in Knittelversen abgefaßte Einladung des ›historisch-politischen Kränzchens‹ zu einem Zusammensein in Wahnfried. Ihm sei die Götterdämmerung zur ›wahren Weltverschwämmerung‹ geworden; nun aber habe er zu endigen gewußt und lade die Freunde ein, am Freitag (27. November) mit ›Kränzchen-Frau'n und Kindern‹ abends zu ›Kunstgenuß und Blancmanger‹ bei ihm sich [155] einzufinden.18 Wiederum gab es eine Bayreuther Gesellschaft von ca. 50 Personen, und Frau Grün aus Koburg, nunmehr definitiv mit der ›Fricka‹ betraut, kam eigens zu diesem Zweck herüber, um ein dankbares Publikum durch ihre Vorträge zu erfreuen, unter Mitwirkung Rubinsteins am Klavier. Das Benehmen dieses merkwürdigen Menschen, der, durch nichts dazu ermutigt, sich hier niederzulassen, dem Meister dennoch bei Kopie der Partitur für den Zweck des Druckes eine wesentliche Hilfe geleistet hatte, mußte dieser geradeswegs außerordentlich finden.

Eine schwere Pflicht war es, seinem vollendeten großen Werk nun auch von außen her die unerläßliche Förderung zu sichern, deren es so sehr noch bedürftig war. In der Tat blieb der alte, mühevolle und aufreibende Weg des ›Konzertgebens‹ der einzige, auf dem sich eine sichere und erfolgreiche Unterstützung gewinnen ließ. Es handelte sich für diesmal in erster Linie um einige Geldbeschaffung für die nötigen Terrainarbeiten auf dem Theaterplatz Dieselben waren seitens des Verwaltungsrats auf etwa 15000 Fl. veranschlagt, seine Freunde vom Verwaltungsrat getrauten sich nicht, sie ohne seine Mitwirkung auf dem bezeichneten Wege in Auftrag zu geben. ›Da ich nun,‹ mit diesen Worten wandte er sich (30. November) an einen bewährten Wiener Gönner19, ›da im nun endlich mit der Partitur meiner »Götterdämmerung« fertig wurde, und hierbei zugleich der Wunsch in mir entstand, mit gutem Orchester einige bezeichnende Bruchstücke daraus meiner lieben Frau zu Gehör zu bringen, so kam mir der Gedanke, in Pest und Wien mit einem Konzert noch einmal mein Glück zu versuchen, weil ich namentlich auch die Einnahme zweier solcher Aufführungen auf die Höhe des Bedarfs für unsere Theaterarbeiten anschlagen zu dürfen glaubte. Da ich einen mir ganz vertrauten Dirigenten zur Seite haben muß, welcher mir die so ermüdenden Vorstudien abnehme, so konnte ich nur auf Hans Richter in Pest verfallen, welchem ich daher antrug, mir die erste Aufführung bei sich zu besorgen, um ihn dann bereit zu haben, mir auch bei den Wiener Aufführungen behilflich zu sein. Nun fand es sich dann aber auch, daß Liszt um die gleiche Zeit seine neueste Komposition »Die Glocken von Straßburg«, in Pest aufführen will; er ist meiner Einladung, diese seine Aufführung mit der meinigen zu verschmelzen, freundschaftlich entgegengekommen, und unseren vorläufigen Abmachungen gemäß werden wir Ende nächsten Februars in Pest und Wien (letzteres – vorläufig – für Liszt noch unerwähnt zu lassen) zusammentreffen, um an beiden Orten [156] gemeinschaftlich an die Förderung unserer Theaterterrainarbeiten zu gehen.‹ Damit sind die Vorbedingungen und Vorverhandlungen für das Unternehmen – mit Liszt und mit Hans Richter – klar bezeichnet. Um nun auch das erstrebte finanzielle Ergebnis möglichst günstig zu gestalten, schlug der Meister vor, in Wien dasselbe Verfahren zu wiederholen, welches in Berlin seinem Zwecke förderlich gewesen war. ›Die dortigen Wagner-Vereine forderte ich nämlich auf, das Konzert in ihrem Namen zu geben, und dafür, daß ihnen die Brutto-Einnahme in Patronatscheinen zurückgestellt werde, die Kosten der Aufführung aus eigenen Mitteln zu übernehmen Geschieht dies nämlich nicht und werden die Kosten wie für jede andere Aufführung mir in Abzug gebracht, so kann ich auch ein solches Konzert nur als von mir gegeben ansehen und fühle ich mich dann berechtigt, die Einnahme außer aller Patronat-Beteiligung meiner Unternehmung zuzuwenden. Müßte sich die Erfüllung dieses Wunsches aber als unmöglich herausstellen, so hoffe ich, selbst auf meine eigenen Kosten und Gefahren hin, zu einer erträglich guten Einnahme zu gelangen, und würde dann meine näheren Freunde nur um die nötigen Besorgungen ersuchen, zu deren Erledigung mein junger Freund Richter, mit allem in Wien so sehr bekannt, gewiß das Mögliche beitragen wird.‹ – Auch mit Scaria und Frau Materna, die ihm ihre Mitwirkung anboten, trat er bereits im voraus ins Einvernehmen. Beiden kündigte er an, daß es sich im wesentlichen nur um Orchesterbruchstücke handeln könne: es widerstehe ihm ›Gesangsszenen‹ im Konzert zu geben, höchstens Monologe. Für Scaria dachte er in diesem Sinn an ›Hagens Wacht‹, für Frau Materna an den letzten Auftritt Brünnhildes unter Auslassung der Zwischenrede mit Gutrune.20 ›Leider kann ich,‹ fügt er hinzu, ›Ihnen noch keinen ordentlichen Klavierauszug zur Hilfe geben‹ (dieser war eben im Erscheinen begriffen); ›sobald Sie jedoch so weit sind, daß Sie ernstlicher daran studieren können, schicke ich Ihnen sofort Herrn Josef Rubinstein zu, welcher diese Szene so genau kennt, daß er sie Ihnen vortrefflich und mit größter Verständlichkeit wird begleiten können.‹

Infolge einer Nachricht von Brandt (27. November) sah er sich genötigt, am 1. Dezember sich nach Koburg zu begeben, wohin ihm dieser, da es sich zugleich um eine wichtige Besprechung mit Brückners handelte, auf halbem Wege – von Darmstadt nach Meiningen reisend – entgegenkam Ausnahmsweise machte er die kleine Fahrt mit seiner ganzen Familie, das heißt seiner Frau und allen fünf Kindern, und um diesen eine Unterhaltung zu bereiten, wurde sogar für den Abend des 1. Dezember eine Loge im Theater bestellt. Man gab den ›Registrator auf Reisen‹. ›Die Zauberflöte wäre uns freilich lieber gewesen,‹ heißt es in einem Brief von Frau Wagner an die Sängerin Frau Grün, welche die Gefälligkeit der Bestellung von Hotelzimmer [157] und Theaterloge übernahm. Das harmlose Stück wirkte belustigend, mit Ausnahme der Couplets, deren Gemeinheit ihn zwang, es in der Mitte zu verlassen. Auch interessierte ihn lebhaft die Besichtigung der alten Burg. Vor allem aber befriedigte ihn aufs neue der Verkehr mit den Brüdern Brückner (Professor Max und Gotthold Brückner) und der Einblick in ihre Werkstatt, in welcher bereits das Bergjoch für den zweiten Akt der ›Walküre‹ in riesigen Dimensionen einen zugleich stimmungsvollen und imponierenden Eindruck machte Heimgekehrt, erwartete ihn nicht bloß die – bereits erwähnte – Arbeit an den ›Einführungen‹ und ›Schlüssen‹ (S. 155), sondern auch eine überreiche Korrespondenz nach allen Richtungen. Vom 17. Dezember ist nicht bloß der obenerwähnte Brief an Frau Materna, sondern auch das Schreiben an Professor Emil Doepler in Berlin datiert, durch welches er die ursprünglich von dem Wiener Josef Hofmann mit übernommene Aufgabe zur Entwerfung der Kostüme für den ›Ring des Nibelungen‹ an diesen überträgt. ›Ich glaube,‹ heißt es in diesem Briefe ›die von mir gestellte Aufgabe als ein reiches, der Erfindung dargebotenes Feld ansehen zu müssen. Denn im Grund genommen, verlange ich nichts weniger, als ein in einzelnen Figuren ausgeführtes charakteristisches Gemälde, welches mit zutreffender Lebhaftigkeit persönliche Vorgänge aus einer, jeder Erfahrung, oder Anknüpfung an eine Erfahrung, fernliegenden Kulturepoche uns vorführen soll Sie werden alsbald finden, daß das Bild, welches sich nach dem Vorgang von Cornelius, Schnorr und anderen für die Darstellung der Figuren des mittelalterlichen Nibelungenliedes, zur Geltung zu bringen versucht hat, hier gänzlich außer acht gelassen werden muß Hat man sich dagegen neuerdings mit Darstellungen aus der spezifisch nordischen Mythologie befaßt, so ist hieran wohl ersichtlich geworden, wie man sich hierbei eben nur mit einer charakteristisch dünkenden Modifizierung der klassischen Antike zu behelfen suchte. Andeutungen der mit germanischen Völkern in Berührung gekommenen römischen Schriftsteller über die Trachten jener, scheinen noch nicht zu erfolgreicher Beachtung gelangt zu sein. Es stünde meiner Ansicht nach demjenigen Künstler, welcher sich den ihm von mir gegebenen Vorwurf zu eigen machen wollte, daher ein eigentümliches Feld, sowohl für geistvolle Kompilation, wie für reine Erfindung offen.‹ Zu Doeplers vorläufiger Orientierung über den Charakter der Aufgabe übersandte er ihm sowohl ein Exemplar der dramatischen Dichtung, wie auch einige auf deren Ausführung bezügliche Broschüren. Da diese Sendung seltsamerweise zwischen Bayreuth und Berlin unterwegs verloren gegangen zu sein schien, war er genötigt, ihm drei Tage später – in der Frühe des 20. Dezember – noch ein zweites Exemplar seiner Nibelungendichtung zugehen zu lassen.21 Dies geschah unmittelbar vor seiner Abreise[158] nach Leipzig, wohin er sich in Sängerangelegenheiten und zu einer Besprechung mit Niemann begab, der ihm von Berlin nach Leipzig entgegengekommen war.22 Am Abend desselben Tags (20. Dezember) wohnte er im Leipziger Stadttheater einer Aufführung von Spohrs ›Jessonda‹, mit Gura in der Rolle Tristan d'Acunha, bei. An diese knüpft er dann, noch vor Jahresschluß, am 28. Dezember, jenen geistvoll betrachtenden Aufsatz unter dem Titel ›Über eine Opernaufführung in Leipzig, Brief an den Herausgeber des Musikalischen Wochenblattes‹, mit seinen Reflexionen über die Wirksamkeit und Bedeutung von Musikzeitungen, über Spohrs Werk und die darin beschäftigten Sänger und Musiker. Dem vom Kapellmeister (Gustav) Schmidt genommenen Tempo habe hier und da eine gewisse Ängstlichkeit geschadet, die er sich, als solche, wiederum aus jenem Mangel an Selbstvertrauen erklärte, welcher allen deutschen Musikern innewohne. ›Keiner getraut sich recht bestimmt zu sagen: »so ist es!« Sondern, ohne großes bestimmendes Beispiel, und schließlich durch unwissende Rezensenten ängstlich und unsicher gemacht, schwankt alles hin und her.‹

Der Ermöglichung dieses großen bestimmenden Beispiels galt nach wie vor sein Ringen, jeder einzelne Schritt seiner unablässigen, schaffenden und belehrenden Wirksamkeit, für die auch dieser kleinere Gelegenheitsaufsatz ein Zeugnis ist. Auch er stammt von Meisterhand und würde, selbst als einziges erhaltenes literarisches Dokument dieser Hand und dieses Geistes, dessen volle reformatorische Eigenart klar und deutlich bekunden. Und noch eines: er spiegelt die gute, heitere, selbst hoffnungsvolle Stimmung wieder, in welcher es ihm vergönnt war, das Jahr 1874 zu beschließen. So heißt es denn auch in einem Silvestergruß an Heckel: ›Gesundheit, Stimmung, Laune – kurz – was man Natur- und Gottesgabe nennt – ist gut. Hier und da ein Hängen und Würgen, aber – immer doch zum Guten sich fügend.‹

Fußnoten

1 Vgl. Band IV (III1), des vorl. Werkes, S. 298. 319 Anm.


2 Nach Longfellows Gedicht: ›Die Glocken des Straßburger Münsters‹, für Baritonsolo, Chor und Orchester.


3 Es hatte sich nämlich gefunden, daß die Harfenpartie im ›Rheingold‹ so wie er sie gesetzt, der Natur des Instrumentes nicht genügend entsprach, weshalb eine veränderte Harfenstimme nach Dubez' Angaben der bereits gestochenen Partitur als Nachtrag beigegeben wurde; ›Siegfried‹ und ›Götterdämmerung‹ wurden ihm dabei noch vor dem Stich anvertraut, um die unerläßlichen Abweichungen des Satzes vorzunehmen, welche nicht allein die Idee des Meisters hervortreten lassen, sondern sie auch im rechten Sinne spielbar machen sollten.


4 Vgl. Band IV (III1) des vorlieg. Wertes, S. 234.


5 Ebenda S. 299. 302.


6 ›Niemann und Betz haben bereits zugesagt, desgleichen Scaria, letzterer unter gewissen Bedingungen. Die genannten Künstler beziehen mittlerweile ihre Gagen vom Berliner und Wiener Hoftheater. Schwieriger aber gestaltet sich die Gagenfrage bei jenen Künstlern, welche städtischen, Privat- oder Aktientheatern angehören; die betreffenden Unternehmer wollen durchaus für Richard Wagners Gesangskräfte keine Gage zahlen‹ etc!!! (Wiener Presse vom 3. Juli 1874.)


7 Doch ist es charakteristisch, daß diese nähere Deutung und Erklärung erst in einem ausführlichen Artikel der folgenden Nummer (vermutlich auf Feustels Veranlassung) geschah, während zunächst nur eine einfache Reproduktion desselben erfolgte!


8 Eine ganz ähnliche Erfahrung war übrigens schon in der Triebschener Zeit (Anfang 1872) vorausgegangen, die wir hier nach Hans Richters treuer Erinnerung wiedergeben. ›Ich lasse es mir nicht nehmen,‹ erzählte uns dieser, ›daß Nietzsches, »Abfall« an dem Abend begann, als wir mit der Frau Meisterin zusammen die (ihr gewidmeten) »Sylvesterglocken« spielten. Wagner saß unruhig dabei, knetete sein Barett und ging vor Schluß hinaus. An der Tür stand der ehrliche Jakob (Stocker) und sagte: »Das scheint mir nicht gut zu sein.« Nach dem Schluß ging ich ebenfalls hinaus; ich fürchtete ein Donnerwetter. Aber Jakobs Kritik hatte es abgeschwächt; ich fand den Meister bloß in vollem Lachen. Aber das sagte er: »Da verkehrt man schon 11/2 Jahr mit dem Men schen, ohne dergleichen zu ahnen; und nun kommt er so meuchlings, die Partitur im Gewande.« Inzwischen war Frau Wagner mit Nietzsche allein in sehr schwieriger Lage verblieben; der Meister aber hatte, als er zurückkehrte, die Fassung ganz wiedergewonnen.‹ Damit hängt aber auch aufs engste die Eigenschaft zusammen, seine musikdilettantische Neigung zum Phantasieren auf dem Klavier selbst in Wagners Gegenwart nicht zurückzuhalten. Malwida v. Meysenbug erwähnt einer solchen Improvisation aus den Oktobertagen 1873 und fügt die Belobigung hinzu, die ihm der Meister damals im – mindestens doppelsinnigen – Scherz gemacht: ›Nein, Nietzsche, Sie spielen zu gut für einen Professor!‹


9 Nietzsches Leben II, S. 236.


10 Band IV (III1) des vorliegenden Werkes, S. 389.


11 ›Eine vor längeren Jahren durch Einstudierung einiger Partieen meiner Opern zu großer Anerkennung von mir geförderte, sehr talentvolle Sängerin lehnte ihre Mitwirkung bei unseren Festspielen vom Berliner Hoftheater aus ab: »Man wird hier so schlecht« sagte sie‹ – mit diesen Worten gedenkt ihrer Wagner in seinem ›Rückblick auf die Bühnenfestspiele des Jahres 1876‹ (Ges. Schr. X, S. 156)


12 Heckel, Erinnerungen (›Briefe Richard Wagners‹), S. 86.


13 Kietz, Erinnerungen, S. 170. Doch handelt es sich hier um einen Irrtum, den wir an dieser Stelle gerade noch zu berichtigen in der Lage sind: es war bloß Otto Wesendonck, ohne seine Frau. Der alte Züricher Freund fand die denkbar herzlichste Aufnahme; es wurde abends für ihn musiziert: zwar nicht Tristan oder die Götterdämmerung, aber das Siegfriedidyll und Straußische Walzer, die der Meister so liebte, erklangen ihm zu Ehren.


14 Nietzsches Leben II, S. 159/62.


15 Deshalb konnte er gerade ihr, und keiner anderen unter seinen Schwestern, jenen tief beseelten ›vertrauten Brief‹ vom 20. August 1858 schreiben, den Prof. Golther in seiner Einleitung zu den Briefen an M. Wesendonck (Einleitung, S. XXIV–XXIX) mit abdruckt. Sie hatte die Voraussetzungen zu dem ihr Mitgeteilten selbst mit erlebt, die anderen Geschwister einen solchen Besuch nicht ermöglicht. Und wie wenig aus seinem inneren Leben ließ sich aus der Ferne brieflich berichten! ›Kind, warum kamst Du in zehn langen Jahren nicht einmal zu mir in die Schweiz?‹ schreibt er in diesem Sinne einmal an die Schwester Cäcilie (7. Jan. 1862), ›Kläre fand doch den Weg!‹ –


16 K. Heckel, ›Die Bühnenfestspiele in Bayreuth, authentischer Beitrag zur Geschichte ihrer Entstehung‹, S. 41.


17 Zu diesen unbequemen, ja praktisch unausführbaren Ansprüchen gehörte der einer baldigen Tilgung des gemachten Vorschusses durch die einlaufenden Patronatsgelder!! Diese hatten ganz anderen täglichen, stets sich erneuernden Bedürfnissen zu dienen.


18 Vgl. ›Gedichte‹, S. 106/7. Die Originalhandschrift ist ein Zirkular, zu welchem ein Couvert mit den nachfolgenden Adressen gehört: Kirchenrat Dittmar, dito Feustel, Professor Frieß, Rektor Großmann, Direktor Kolb, Konsistorialrat Kraußold, Professor Nägelsbach. Seltsamerweise fehlt der Name Muncker; zu Feustels Namen ist von fremder Land die Notiz eingetragen: ›leider verreist‹ (vgl. S. 13 d. Bandes).


19 Sektionschef Freiherr Leopold v. Hofmann (vgl. S. 150 dieses Bandes).


20 Brief an Scaria vom 7. Dezember, an Frau Materna vom 17. Dezember 1874.


21 Vgl. Prof. Wilh. Altmann, Richard Wagners Briefe nach Zeitfolge und Inhalt Liepzig 1905, S. 474, Nr. 2611


22 Vgl. den darauf bezüglichen Brief an Kapellmeister Gustav Schmidt vom 15. Dez. 1874: ›Wertester Freund! Wie leid tut es mir, daß ich Sie plage, während Sie trank sind! Darf ich hoffen, daß Sie bis nächsten Sonntag sich wieder besser befinden? Auf diesen Tag und »Jessonda« – mit Frl. Mahlknecht (da diese mir ebenfalls empfohlen ist) – habe ich nämlich jetzt meinen Plan gestellt‹ (Oesterlein, Wagner-Katalog III, S. 13, Nr. 5636).


Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 5, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 138-160.
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Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

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