Vorwort der zweiten Auflage.

[7] Am 15. Juli 1897 starb in Triest Alexander Wheelock Thayer, vormals Konsul der Vereinigten Staaten daselbst. Er hatte sein Lebenswerk, die Biographie Beethovens, nicht vollenden können. Seit dem Erscheinen des dritten Bandes (1879), welcher noch das Jahr 1816 umfaßte, war er vielfach leidend gewesen; dadurch fühlte er sich gehindert, die mit größter Sorgfalt vorbereitete, mit ganzer Kraft geförderte Arbeit in gleicher Rüstigkeit fortzuführen. So blieb der bereits begonnene vierte Band, zu welchem in gleicher Weise wie zu den früheren Bänden das Material gesammelt und geordnet war, unvollendet. Ebensowenig kam er dazu, die bereits erschienenen drei Bände, zu welchen manche Zusätze und Berichtigungen vorlagen, einer Überarbeitung zu unterziehen.

Es ist nicht dieses Ortes, über die Bedeutung von Thayers Werk ausführlich zu reden; dieselbe ist offenkundig und stets von allen, welche wissenschaftlich zu denken gewohnt sind, rückhaltlos anerkannt. Thayer hatte sich sein Ziel klar vorgesteckt; er wollte den Menschen Beethoven, seine Entwickelung und seinen Lebensgang, erforschen und schildern, und hat dies mit unermüdlicher Hingabe, mit einem seltenen Eifer der Forschung und mit unerbittlicher Strenge in Aufsuchung der Wahrheit durchgeführt. Zu einer Zeit, in welcher nur noch wenige getreue Aufschlüsse über Beethovens äußeren Lebensgang vorhanden waren, und auch das Vorhandene einer kritischen Sichtung nicht unterzogen war, ist Thayer1 der erste gewesen, welcher der Überlieferung in umfassendster Weise nachgegangen ist und die Erkenntnis des Tatsächlichen vermittelt hat; wer nach ihm über Beethoven geschrieben hat, mußte an ihn anknüpfen; niemand ist darüber im Zweifel, daß hier die Grundlage unserer Kenntnis gegeben ist, und daß, wer sich wirklich belehren will, an ihm nicht vorbeigehen kann.

[7] Das Verhältnis des Herausgebers zu Thayer und seinem Werke darf als bekannt vorausgesetzt werden; die beiden Briefe, welche dem ersten Bande statt einer Vorrede beigegeben waren, und welche auch hier wiederholt werden, erläutern alles Notwendige. Der Herausgabe der früheren Bände ging ein reger Briefwechsel zur Seite, in welchem viele einzelne Punkte zur Sprache kamen; Thayer sah es als selbstverständlich an, daß der Unterzeichnete die Arbeit in gleicher Weise, wie sie begonnen war, zu Ende führen werde. Nach seinem Tode ist nun die Vollendung des Werkes in seinem Sinne und in seiner Weise zu arbeiten kaum noch möglich, jedenfalls mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Und doch muß sie in Angriff genommen werden; das Material und die Vorarbeiten lagen vor, sie durften der musikalischen Welt nicht vorenthalten bleiben. Thayer hatte noch in seiner Krankheit den Wunsch geäußert, daß ich diese Arbeit unternehmen möchte, und so gelangte denn die Aufforderung der Erben an mich, das Werk neu zu bearbeiten und zu Ende zu führen. Auch wenn es nicht einen besonderen Reiz für mich gehabt hätte, nach langer Unterbrechung zu diesen Studien über Beethoven zurückzukehren, würde mich die Verehrung für den edlen und treuen Mann, der mir Freundschaft und Vertrauen zugewendet hatte, bewogen haben, die Arbeit zu übernehmen, trotz der Schwierigkeiten, welcher derselben eigenes vorgerücktes Alter und die Pflichten eines umfangreichen Amtes bereiten konnten.

Auf Grund meiner Zusage ist mir von den Verwandten und Erben Thayers das in seinem Nachlasse befindliche Material sowohl für die Abfassung des vierten Bandes wie für die Durchsicht und Ergänzung der drei ersten zur Verfügung gestellt worden. Ich habe dafür namentlich dem Neffen Thayers, Herrn Jabez Fox in Boston, durch welchen die Anfrage an mich gerichtet und die Übermittelung des Materials besorgt wurde, für das mir gezeigte Vertrauen meinen Dank zu sagen.

Das Material an dieser Stelle zu beschreiben, würde viel zu weitschichtig sein; man wird an den betreffenden Stellen die erforderliche Belehrung nicht vermissen. Da sind zunächst die Handexemplare der drei erschienenen Bände und des chronologischen Verzeichnisses mit zahlreichen Einlagen und Zusätzen des Verfassers; dann in zwei Bänden umfassende Aufzeichnungen aus Unterhaltungen mit solchen, die sich der Beethovenschen Zeit erinnerten, aus älteren Anzeigen, Zeitungen und Zeitschriften und vieles andere; Tagebuchaufzeichnungen und autobiographische Mitteilungen von Zeitgenossen Beethovens; Auszüge aus den Konversationsbüchern; [8] eine Menge Abschriften von Briefen und amtlichen Aktenstücken, teils nach den Jahren, teils nach Personen und Gegenständen geordnet; eigene Entwürfe und Skizzen, aus denen der weitere Plan, nach welchem er arbeiten wollte, zu erkennen ist. Man sieht, mit welcher Umsicht und Energie er die Nachforschung bis in die entlegensten Winkel verfolgte, in wie weitreichende Verbindungen er eingetreten war, wie er von den verschiedensten Seiten mit Bereitwilligkeit und Vertrauen unterstützt wurde. Zu allem diesen hatte er die Fäden in der Hand; er hat es auch nicht unterlassen, an einzelnen Stellen der Entwürfe die notwendigen Hinweisungen zu geben; trotzdem ist es dem Bearbeiter nicht ganz leicht, sich überall mit Sicherheit zurechtzufinden.

Daß ich daneben auch noch andere Quellen, die mir zugänglich wurden, benutzt habe, um die Darstellung vollständig zu machen, braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden. Ich habe sowohl die Erscheinungen der neueren Beethoven-Literatur, welche Thayer nicht mehr hatte einsehen können, durchsucht, als auch noch manche bisher unbekannten Briefe und Nachweisungen beibringen können; auch Skizzen und Konversationsbücher habe ich eingesehen und hoffe das im Fortgange der Arbeit noch weiter tun zu können. Auch darüber wird an den bezüglichen Stellen Bericht gegeben.

Die Aufgabe war also eine doppelte: einmal, den so lange erwarteten vierten Band2 nach Thayers Entwürfen und Materialien und etwaigen eigenen Erkundungen herzustellen, und dann die Revision der drei ersten Bände zu besorgen. Beides wurde sogleich nach dem Empfange der Materialien in Angriff genommen.

Wenn ich jetzt zunächst den ersten Band in revidierter Gestalt vorlege, so darf ich anführen, daß diese schon von Thayer selbst geplant war. Nicht nur enthalten sein Handexemplar und seine Papiere vielfache Zusätze und Berichtigungen, sondern es fand sich in seinem Nachlasse eine vollständige neue Niederschrift des ersten Kapitels, welche denn auch hier benutzt ist. Dann aber sind mir aus Bonn und über Bonn und Beethovens Beziehungen daselbst noch manche weitere Mitteilungen zuteil geworden, die zu verwerten waren; außerdem hatte ich Gelegenheit, die Kirchenbücher von Bonn und Ehrenbreitstein nochmals zu durchsuchen, habe auch meine zahlreichen Notizen aus dem Düsseldorfer Archiv immer [9] wieder zu Rate gezogen und auch neuere, auf jene frühere Zeit und Beethovens Familie bezügliche literarische Erscheinungen zu prüfen und zu verwerten mich bestrebt. Ich nenne hier z.B. die verschiedenen Aufsätze von W. Hesse, und die Zeitschrift »Bonner Archiv« (jetzt »Rheinische Geschichtsblätter«), aus welchen noch manche kleinere Notiz zu gewinnen war. Insbesondere habe ich mich jetzt berechtigt geglaubt, die zweifellosen Ergebnisse aus den Fischerschen Mitteilungen, welche in der ersten Auflage nur im Anhange gegeben werden konnten, in den Text zu verweben; dieselben werfen auf Beethovens Leben im Elternhause und auf seinen Unterricht ein erwünschtes Licht. Allerdings mußten diese Mitteilungen mit den entsprechenden Kürzungen auch im Anhange wieder gebracht werden, da über die Natur dieser Quelle auch der Leser unterrichtet sein mußte. Zur Erläuterung gerade dieser Mitteilungen wurden mir noch manche Aufklärungen zuteil.

Was ich auf Grund weiterer Quellen geändert und hinzugefügt habe, wird man meist aus den Anmerkungen erkennen. Aber auch ohne solche ist manches über Bonner Musiker, über Beethovens Familie und Kindheit usw. beigefügt, und es sind manche kleine Irrtümer stillschweigend berichtigt; wer es zu erkennen wünscht, wird es durch Vergleichung mit der ersten Auflage leicht finden. Es entsprach ganz dem Sinne Thayers, dem es nur um Feststellung der Wahrheit zu tun war, wenn das, was zweifellos richtig war, auch ohne viel Umschweife und Anmerkungen in den Text gesetzt wurde; und ich legte auch bei solchen Zusätzen und Änderungen, die unabweislich waren, keinen besonderen Wert darauf, mein Eigentum ängstlich zu wahren; darüber habe ich mich in dem ersten Briefe bereits ausgesprochen. Ich habe dabei nur den Gesichtspunkt gelten lassen, daß Thayer, wenn er auf Grund neuer Quellen oder zwingender Erwägungen die Notwendigkeit einer Änderung erkannt hätte, dieselbe selbst würde haben eintreten lassen. Nur wenn ich in einer wichtigeren Frage von seiner Ansicht glaubte abweichen zu müssen, habe ich meinen Gründen in der Anmerkung Ausdruck gegeben, mich aber nicht berechtigt geglaubt, den Text zu ändern; auch spätere Leser mußten Thayers Ansicht kennen.

Man hat auch auf seiten derer, welche die grundlegende Wichtigkeit von Thayers großer Forschung erkannten, mitunter bedauert, daß die wörtliche Einfügung umfassenden Materials aus den Quellen (Briefe, Urkunden, Verzeichnisse) die Lektüre des Buches er schwere. Vieles der Art hatte ich schon in der ersten Auflage auszugsweise gegeben, zusammengezogen[10] oder in den Anhang gesetzt, überall mit Thayers Zustimmung. Ich muß aber hier folgendes sagen. Thayers Bestreben war auf rückhaltlose Ermittlung der Wahrheit gegenüber den vielen Fabeln, welche ehemals im Umlaufe waren, gerichtet, und das sollte auch dem Leser einleuchtend werden; daher war es ihm von Wert, seine Darstellung tunlichst aus den Quellen zu belegen. Wen sollte es auch nicht interessieren, Briefe Beethovens oder an Beethoven, Dokumente, die sich auf ihn, seine Eltern, seine Werke beziehen, im Wortlaute vor sich zu haben? Ich habe auch jetzt nicht die Absicht und kann sie nicht haben, das Thayersche Werk in seinem Grundcharakter umzugestalten. Das verbot auch die Rücksicht auf die englische Ausgabe, welche der neuen deutschen folgen soll, und welche sich zunächst an Thayers englisches Manuskript anschließen, dann aber auch die neuen Ergebnisse, welche in diesem neuen Bande und den folgenden enthalten sind, berücksichtigen soll. Auch den ersten Abschnitt über die Bonner Musik vor Beethoven, welcher ein besonderes Verdienst des Verfassers darstellt, habe ich unverkürzt bestehen lassen; wem diese Aufspeicherung trockenen Materials nicht behagt, der kann sie ja ruhig beiseite lassen. Ich habe demselben noch einige Angaben, die mir sonst bekannt geworden waren, beigefügt, und die Angaben, welche dieselben Personen betreffen, tunlichst zusammengerückt, damit man, was z.B. auf Ries, van den Eeden, Salomon sich bezieht, in einem Überblicke vor sich hat. Was sonst in biographischer Hinsicht beigefügt ist, darüber habe ich mich im allgemeinen schon ausgesprochen, und es wird an den betreffenden Stellen ersichtlich werden. Hinsichtlich der Darstellung oder der Weglassung kleiner, nicht auf Beethoven bezüglicher Stellen habe ich von der Freiheit Gebrauch gemacht, die mir Thayer schon bei der ersten Bearbeitung gelassen hatte. Es sind nicht viele Stellen, und sie kommen im Vergleich zu dem Ganzen nicht in Betracht.

Über eine Art von Zusätzen, welche dem Leser sofort in die Augen fallen werden, habe ich mich hier noch kurz auszusprechen. Bald nachdem ich die Bearbeitung übernommen hatte, wurde mir von einer Seite der Wunsch ausgesprochen, »etwas mehr Musik hinzuzutun«; das entsprach auch ganz meiner Neigung. Thayer hatte sich in seinem Briefe darüber ausgesprochen, daß und warum er sich auf die Darstellung des Lebens beschränken und die Behandlung der Werke anderen überlassen wolle. Er hat aber die geschichtliche Entstehung und die Herausgabe der Werke überall festzustellen sich bemüht, und dabei hat es an einzelnen Bemerkungen über den Charakter derselben nicht fehlen können. Er würde sich [11] dem Gedanken nicht verschlossen haben, daß die Entwicklung des Komponisten von der des Menschen nicht völlig getrennt werden könne, und war nicht abgeneigt, mir Beigaben dieser Art anheimzustellen, was ich aber dem einmal festgestellten Charakter des Werkes gegenüber unterließ. Nunmehr, da ich das Ganze neu zu bearbeiten hatte, habe ich mich entschlossen, die Erwähnung der einzelnen Werke nicht ohne kurze Charakteristik zu lassen; das schien besonders erwünscht bei solchen Werken, die wenig oder gar nicht bekannt sind, und über die kaum je ausführlicher gesprochen ist, und das trifft gerade bei solchen zu, welche schon in diesem ersten Bande zur Sprache kommen. Bei den großen Werken der späteren Epochen, über welche zudem eine ausgebreitete Literatur vorliegt, werde ich mir in diesem Betracht Beschränkungen auferlegen müssen. Diese Bemerkungen, für welche ich allein die Verantwortung übernehme, können in keiner Weise den Anspruch machen, die Sache zu erschöpfen; sie wollen nur, nach Feststellung der Zeit der Entstehung, auf den inneren Charakter der Werke und ihre Stellung in Beethovens Entwicklung hinweisen. Eine vollständige Darstellung von Beethovens musikalischer Entwicklung, seinem Verhältnisse zu den Vorgängern und Mitlebenden, seiner Einwirkung auf die Nachfolgenden, verbunden mit genauer Analyse der Werke, ist für sich allein ein Lebenswerk und fordert eine jüngere, nach allen Richtungen tüchtig ausgebildete Kraft; auch würde schon der Versuch in dem gegebenen Rahmen von Thayers Werk nicht unternommen werden können. Bei der chronologischen Bestimmung und auch bei der musikalischen Beurteilung muß der Herausgeber, nach dem von Thayer selbst auf Grund hingebender Untersuchung gegebenen chronologischen Verzeichnisse (1865), dankbar der großen Hilfe gedenken, welche der Beethovenforschung durch Gustav Nottebohms gründliche und scharfsinnige Untersuchungen gewährt ist. In seinen verschiedenen Arbeiten: dem Thematischen Verzeichnisse der Werke Beethovens (1868), den beiden Abhandlungen über Beethovensche Skizzenbücher, dem Buche »Beethovens Studien« (1873, leider nur ein Band) und den beiden Bänden »Beethoveniana« (1872 und 1887, die zweiten B. von Mandyczewski herausgegeben) hat er nicht nur die Bestimmung der Entstehungszeit von Beethovens Werken, soweit dies möglich war, auf festen Boden gestellt, sondern auch die Erkenntnis der Entwicklung des Beethovenschen Stils in grundlegender Weise angebahnt. Er war es, welcher zuerst die Skizzenbücher Beethovens in umfassender Weise für die Forschung nutzbar gemacht und ihr dadurch ganz neue Wege gewiesen hat; jeder künftige Forscher wird auf [12] dieser Grundlage weiter zu bauen haben. Mir war es von Wert, daß mir durch die Güte des Herrn Dr. Mandyczewski Nottebohms durchschossenes Handexemplar von Thayers chronologischem Verzeichnis zur Benutzung überlassen wurde, in welches Nottebohm noch eine Menge von Notizen aus dem reichen Schatze seiner Kenntnis eingetragen hatte. So wurde es möglich, die chronologischen Bestimmungen vielfach genauer zu geben, als es bisher möglich war.

Die musikalischen Zusätze werden sich leicht erkennen lassen, auch ohne daß ich jedesmal besonders darauf hinweise. Erwähnen will ich hier nur, daß der Abschnitt »Was hat Beethoven in Bonn komponiert?« (Kap. 18) auf Grund der neu erworbenen Kenntnis von mir neu bearbeitet worden ist; auch hier aber sind Thayers Ausführungen, soweit sie in den Rahmen des neu Gefundenen paßten, wiederholt. Der Abschnitt über Beethovens Wiener Lehrzeit ist natürlich nach Nottebohms Studien erweitert.

Den Anhang habe ich durch die Mitteilung von Beethovens Stammbuch vermehrt (S. 495–502). Auch konnte ich die Notizen über das alte Bonn (Anh. VI) durch neuere Mitteilungen berichtigen.

Die Einteilung in Bücher habe ich fallen lassen. Dieselbe rührte in der ersten Auflage nicht von Thayer, sondern von mir her und ergab sich für die frühere Zeit fast von selbst, paßte aber nicht wohl zu den späteren Jahren, in welchen Thayer die streng chronologische Anordnung nach Jahren durchführte. Man findet daher jetzt nur eine fortlaufende Reihe von Kapiteln, wie sie anfangs auch Thayer beabsichtigt hatte.

Über die neuere Beethoven-Literatur, welche fortwährend anwächst, hier mich kritisch auszusprechen, glaube ich unterlassen zu dürfen. Ich folge hier dem Grundsatze Thayers, der auch die zu seiner Zeit schon vorliegenden Arbeiten zu besprechen sich nicht veranlaßt sah und es dem Urteile der Leser überließ, zu entscheiden, wo sie die sicherste Belehrung erhielten. Was ich anderen Schriftstellern über Beethoven an neuen und zuverlässigen Aufschlüssen verdanke, wird alles an seiner Stelle mit treuer Angabe der Quelle zur Erwähnung kommen. Dagegen fühle ich mich verpflichtet, allen denen, welche mich bei dieser neuen Arbeit freundlich und wirksam unterstützt haben, schon an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Der Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Herr Dr. Eusebius Mandyczewski, hat mir nicht nur bei meiner Anwesenheit in Wien die Schätze des Archivs bereitwillig geöffnet, sondern mir auch sowohl dort wie später hier auf meine Fragen unermüdlich Auskunft und Belehrung gegeben. In gleicher Weise bin ich Herrn [13] Dr. Erich Prieger in Bonn verpflichtet, welcher mir Einsicht der in seinem Besitze befindlichen Manuskripte (der ehemals Artariaschen Sammlung) mit zuvorkommender Güte gestattet und mich auch außerdem auf manches Wichtige hingewiesen hat. Ihm verdanke ich auch die beiden musikalischen Beigaben zu diesem Bande: das Faksimile3 aus den Quartetten von 1785, welches die, im Gegensatz zu späteren Zeiten, noch feste und deutliche Handschrift des Knaben so anschaulich macht, und das Duett für zwei Flöten, welches hier zum ersten Male gedruckt erscheint. Der Archivar der Oper in Paris, Herr Charles Malherbe, dessen Zuvorkommenheit ich schon bei der neuen Ausgabe des Jahnschen Mozart erfahren hatte, hat mir auch diesmal in liebenswürdigster Weise und mit eigener Bemühung Beistand geleistet. Ihm verdanke ich die Kenntnis eines kleinen bisher ungedruckten Menuettsatzes für Streichquartett und für Klavier, welche ich S. 386 erwähnt habe und in der Bearbeitung für Quartett im 2. Bande mitzuteilen hoffe4. Unter den vielen, welche mir in Bonn und anderswo freundliche und förderliche Auskunft gegeben haben, nenne ich noch meinen inzwischen leider verstorbenen Freund Herrn Eberhard von Claer in Vilich bei Bonn, der mit der älteren Geschichte unserer gemeinsamen Vaterstadt Bonn genau vertraut war; Herrn Dr. Friedländer in Berlin, den vortrefflichen Kenner Franz Schuberts und der Gesangsliteratur überhaupt; Herrn Dr. Vollmer, Direktor der deutschen Schule in Brüssel (jetzt in München), welcher die Angaben über Beethovens Vorfahren und Verwandte in dankenswerter Weise ergänzte. Auch der Direktor des Düsseldorfer Staatsarchivs, Herr Geheimer Archivrat Dr. Harleß, hat mir wiederholt auf meine Fragen freundlichst Auskunft gegeben. Dankbar erwähne ich noch die Unterstützung, die mir seitens der Verwaltungen der Königlichen Bibliothek in Berlin, der K. K. Hofbibliothek in Wien, der Sammlung des Beethovenhauses in Bonn zuteil geworden ist. Die nochmalige Durchsicht der Kirchenbücher in Bonn und Ehrenbreitstein wurde mir durch die Güte meines Freundes, des Herrn Dr. Bischof in Bonn, und des Herrn Pfarrers Schreib er in Ehrenbreitstein ermöglicht. Kenntnis weiterer Briefe Beethovens verdanke [14] ich, außer den erwähnten Sammlungen, den Herren Breitkopf und Härtel in Leipzig, dem Herrn Dr. von Brentano in Offenbach und dem Herrn Buchhändler Fr. Cohen in Bonn, Kenntnis eines für die Bonner Verhältnisse und für Beethoven wichtigen Briefes an Herrn v. Schall dem Herrn Amtsgerichtsrat Degen in Bonn. Ich könnte hier noch viele Namen solcher nennen, die mir auf meine Fragen zuvorkommend Auskunft gaben; allen sei hier aufrichtigst Dank gesagt. Manches von dem hier Erwähnten kommt erst in den folgenden Bänden zur Verwertung.

Die neue Gesamtausgabe von Beethovens Werken (Leipzig bei Breitkopf & Härtel) ist für den Biographen ein sehr erwünschter Begleiter; sie wird durch Hinzufügung neu entdeckter und bisher ungedruckter Werke auch jetzt noch fortgesetzt. Ich habe mich bemüht, bei allen Werken, die zur Sprache kamen, anzugeben, wo sie in der neuen Ausgabe zu finden sind. Über die Absicht, welche bei diesem großartigen Unternehmen obwaltete, und den reichen Gewinn, den sie gebracht hat, gibt der schöne Aufsatz Otto Jahns (Ges. Schriften S. 271f.) reichliche Belehrung.

Die beiden folgenden Bände werden in entsprechender Bearbeitung folgen. Neben diesen geht die Arbeit am vierten Bande stetig vorwärts; ich hoffe denselben, wenn mir Kraft und Zeit bleibt, in nicht zu ferner Zeit vorlegen zu können und mich alsdann über Quellen und Hilfsmittel, soweit es erforderlich scheint, noch weiter aussprechen zu können.

Ein Register über alle Bände wird nach Fertigstellung des Werkes beigegeben werden.


Coblenz, im August 1900.


Dr. Hermann Deiters.

Fußnoten

1 Neben Otto Jahn, dem es aber nicht beschieden war, seine Absicht auszuführen.


2 Über die Gründe der schließlichen Erweiterung des Gesamtumfanges auf 5 Bände vgl. das Vorwort des 5. Bandes. H.R.


3 Da die Klavier-Quartette von 1785 vollständig in der Gesamtausgabe von Beethovens Werken (Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig) als Serie X Nr. 75 bis 77 erschienen sind, so erübrigt sich eine Wiedergabe des Faksimiles in der neuen Auflage.


4 Das Stück befand sich nicht unter Deiters' Materialien für den 2. Band, konnte daher nicht zum Abdruck gelangen.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 1, 3. Auflage, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1917.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Strindberg, August Johan

Inferno

Inferno

Strindbergs autobiografischer Roman beschreibt seine schwersten Jahre von 1894 bis 1896, die »Infernokrise«. Von seiner zweiten Frau, Frida Uhl, getrennt leidet der Autor in Paris unter Angstzuständen, Verfolgungswahn und hegt Selbstmordabsichten. Er unternimmt alchimistische Versuche und verfällt den mystischen Betrachtungen Emanuel Swedenborgs. Visionen und Hysterien wechseln sich ab und verwischen die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn.

146 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon