Die von Weber zuletzt in Prag einstudirten Opern

[531] Nichtsdestoweniger brachte er, trotzdem der damalige Zustand der Bühne mit Recht gegen den früheren ein erschlaffter genannt werden konnte, in der Zeit vom 4. August bis 22. Sept. 1816, außer Kauer's Singspiel: »Das Sternenmädchen«, in das er ein Lied für Lina einlegte, und Schenk's allerliebster Posse: »Der Dorfbarbier«, auch Spohr's großartigen und selten gegebenen »Faust« auf die Bühne, der in Prag überhaupt in Deutschland zuerst gegeben worden ist. Diese Oper muthete Weber, neben ihrer wahren Schönheit, auch um des Prinzips willen an, das Spohr bei Composition der Ouverture dazu befolgt hatte. Dieselbe giebt bekanntlich gleichsam einen vorbereitenden Auszug aus den musikalischen Motiven der Oper. Dieß Prinzip, von dem sich Weber bei seinen spätern Opern, im Gegensatze zu den früheren, wo er andere Grundsätze befolgte, auch leiten ließ, ist hier so streng festgehalten, daß Spohr selbst den Mangel dieses Grundsatzes fühlte, der darin besteht, daß die Ouverture erst nach dem Hören der Oper ganz verständlich wird, und daher dem Textbuche der Oper eine Erläuterung der Motive der Ouverture beifügte. Weber hat diese Schwierigkeit durch die geniale Weise überwunden, mit der er seine Ouverturen zu »Freischütz«, »Preziosa«, »Euryanthe« und »Oberon« zu selbständig fesselnden Musikwerken machte.

Am 6. August hatte Weber die Freude, den Aeltern Meyerbeer's, die deshalb von Carlsbad nach Prag gekommen waren, ihres genialen Sohnes »Alimelek«, zu großer Dankbarkeit der Trefflichen, vorzuführen.

Es versteht sich, daß Frau Liebich, in ihrer Noth, Alles aufbot Weber zu fesseln, und als ihr dieß nicht gelang, ihn wenigstens bat, einen geeigneten disponibeln Nachfolger vorzuschlagen. Weber knüpfte demgemäß Verhandlungen mit dem, von ihm sehr geschätzten, Methfessel[531] an; als er aber zu seinem Staunen erfuhr, daß Liebich selbst, schon vor seiner Krankheit, fest mit Triebensee abgeschlossen habe, zog er seine Hand ganz aus dem Spiele.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 531-532.
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