2. Belohnung des Raben.

[249] Eine jüdisch-moslemische Sage erzählt von Abels Bestattung:

Der Hund, welcher Abels Herde bewachte, hütete auch seine Leiche und schützte sie gegen wilde Tiere und Raubvögel. Adam und Eva saßen trauernd daneben und wußten nicht, was sie nun tun sollten. Denn sie kannten das Begraben noch nicht. Da kam ein Rabe herzu, dem einer seiner Gefährten gestorben war. Den grub er vor den Augen von Adam und Eva in die Erde. Adam sprach: Wie jener Rabe, so will ich auch tun, grub die Erde auf und legte den Leichnam hinein. Gott belohnte die Raben dafür. Wenn sie nämlich ihre Jungen zur Welt gebracht haben, so verlassen sie dieselben, da sie weiß sind, und Gott beschert dann den Jungen reichliche Nahrung. Außerdem erhört Gott die Raben, wenn sie nach Regen schreien, gemäß dem Wort Psalm 147, 10: Der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die ihn anrufen.


  • Literatur: Pirke Rabbi Eliezer Kap. XXI, [vgl. Geiger, Was hat Mohammed usw. S. 102] = Jalkut Chadash, fol. III, col. 4 = Weil, Bibl. Leg. d. Muselmänner S. 39 (nicht aus dem Midrasch, wie er angibt, sondern nach Pirke Rabbi Eliezer; vgl. darüber Mélusine IV, 296). Eine arabische Legende bei Weil ebd. enthält die Ätiologie nicht. Poetische Bearbeitung bei Tendlau, Buch der Sagen ...2 S. 174. Nach dem Jalkut auch bei Ehrmann, Aus Palästina und Babylon S. 62, Nr. 20. Im Koran Sure V, 34 sendet Gott einen Raben, um Kain zu zeigen, daß er seinen Bruder in ein Grab legen solle, ebenso bei Tabarî I, 90. – Grünbaum, jüd.-dt. Chrestomathie S. 182 f. bringt die Erzählung, daß Adam seinen Sohn nach des Raben Beispiel begräbt, aus einer[249] Amsterdamer hebräischen Bibel mit jüd.-dtsch. Übersetzung und Erklärungen vom J. 1755. Der Schluß lautet: Wenn die Raben Junge haben, dann sind diese weiß. Die Eltern verlassen sie [weil sie sie nicht als die ihrigen anerkennen], Gott aber beschert ihnen ihre Nahrung. Über die weißen Raben vgl. unten Sündflutsagen. Zu den dürstenden Raben werden im dritten Bande Parallelen mitgeteilt werden.
Quelle:
Dähnhardt, Oskar: Natursagen. Eine Samlung naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legenden, 4 Bände, Leipzig/Berlin, 1907-1912, S. 249-250.
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