Sechste Geschichte

[4] geschah an einem, der heißt Jossef Maukir Schabbes, das is teutsch, Jossef, der den Schabbes tut ehren. Denn was er konnt lekowed (zu ehren den) Schabbes bekommen, das kauft er, es war ihm niks zu teuer auf den Schabbes, wenn es neiert eppes Gutes auf den Markt kam, da kauft er's. Es war ihm kein großer Fisch zu teuer, wenn er ihn neiert kriegen kunnt. – Nun hat der Jossef einen Nachp(b)arn neben ihm wohnen, der war ein großer Auscher (sehr reich), der spottet den Jossef allezeit aus, un sagt zu ihm: »Was helft dich das, daß du den Schabbes so tust ehren, du bist doch drum niks reicher. Ich ehr[4] den Schabbes nit so wol, un bin doch reicher wie du.« Aber dem guten Jossef lag niks daran un vertraut sich zu dem Heiligen, gelobt sei er, der wird es ihm wieder bescheren. Nun waren Sternseher in der selbigen Stadt, die sagten zu dem reichen Mann: »Mein lieber Freund, was helft es dich, daß du so reich bist, du darfst doch keinen guten Fisch um dein Geld essen. Wir haben gesehen in den Sternen, daß dein Mammon wird in dem Jossef Maukir Schabbes seine Hände kommen, der eßt doch einen guten Bissen um sein Geld.« Der Reiche, der nahm die Red' von dem Sternseher an, un ging hin un verkauft all das Seine un kauft eitel Edelsteine un Perlen um seinen Mammon un macht das alles auf eine Hutschnur. Un wollt in ein ander Land ziehn un meint damit, er wollt dem Jossef seinen Mammon mit hinwegführen, un zug über das Meer. Da kam ein Wind, wie er auf dem Wasser war un wollt' das Schiff dertrinken un weht dem reichen Mann den Hut ab un fiel in das Wasser. Da kam ein großer mächtiger Fisch un schlingt den Hut ein. Darmit der reiche Mann gar arm ward. Da begab es sich einmal auf eine Zeit, daß an einem Erew Schabbes (Freitag) ein großer Fisch war gefangen. Der ward auf den Markt gebracht. Jedermann feilt den Fischmann, bot ihm gar teuer, daß jedermann darvon ging un wollt niemand den Fisch kaufen. Un jedermann sagt, den Fisch kauft niemand denn neiert Jossef Maukir Schabbes, der kauft all die Fisch, die groß sind, die sind ihm nit zu teuer. Indem kam der gute Jossef zu gehn auf den Markt un wollt gleich Fisch kaufen auf den Schabbes. Da sah er den großen Fisch feil. Das war dem Jossef Maukir Schabbes sehr eine große Freude, daß er einen solchen Fisch auf Schabbes könnt bekommen, un gedacht in seinem Sinn, der Fisch soll mir wahrlich nit zu teuer sein, wenn er gleich hundert Gulden kostet. Nun feilt er den Fisch. Man bietet ihm gar teuer. Nun er war ja mit dem Mann zufrieden, daß er ihn kauft un trug ihn heim in großen Freuden. Als er den Fisch auf tut, da fand er die Schnur Perlen in dem Fisch, die der reiche Mann hat verloren. Un da war nun geschehen, was die Sternseher gesagt wider den reichen Mann sein Mammon: der wird in dem Jossef Maukir Schabbes seine Hände kommen. Da freut er sich gar sehr un war geworden ein sehr reicher Mann, denn die Schnur war ein ganzes Malchus (Königreich) wert. Da kam ein alter Mann, der sagt wider den Jossef: »Wer auf den Schabbes viel borgt, da bezahlt der Schabbes wieder viel.« Das meint so: Wer den Schabbes tut mit Gutem ehren, ihm wird der, dessen Name gelobt sei, das Gute doppelt bescheren. Omen.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 4-5.
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