Warum das Weib ein Löchlein und der Mann eine Adamsrute hat

[46] Gott schuf den Menschen, Adam, aus Lehmerde. Dann machte er Eva aus einer Rippe Adams. Und Adam und Eva freuten sich des irdischen Paradieses. Sie aber waren nackt und schämten sich dessen nicht, unwissend wie sie waren des Guten und des Bösen.

Eva war nach Gottes Vorbilde wie Adam geschaffen. Und Gott war gespalten in eine rechte Seite, den Vater, und in eine linke Seite, den heiligen Geist. Dergestalt daß Adam und Eva den Körper auf der Vorderseite getrennt hatten durch eine lange Öffnung, die vom Munde bis mitten zwischen die Schenkel reichte.

Eines Morgens nun erging sich Gott im Paradiese und sah Adam und Eva und sie waren eingeschlafen. »Nicht gar hübsch ist diese Öffnung,« dachte er. »Den Fehler muß ich wieder gut machen.«

Und dachte nach und nahm zwei Nadeln und Zwirn und fädelte ihn ein. Dann weckte er Adam und Eva und sprach also zu ihnen:

»Wohlan, laßt den Mund offen, aber bedient euch dieses Fadens, um diese lange Wunde zuzunähen, die euch nicht wohl ansteht!«

Adam, weniger geschickt im Nähen, machte sich[47] daran, mit heißer Nadel lange Stiche zu nähen, und als er unten am Leib ankam und sein Werk vollendet hatte, blieb ihm noch ein gut Ende Fadens übrig.

Eva jedoch als ein kleines, ängstlich genaues Weibchen nähte und nähte mit winzigen Stichlein so wohl, daß der Zwirnsfaden nicht ausreichte. Es blieb noch eine kleine Öffnung zu nähen.

»Das ist gut,« sagte der himmlische Vater. »Das Weib möge dieses Löchlein behalten und der Mann möge ein Glied besitzen von der Länge des Fadens, den zu benutzen er nicht verstanden hat!«

Seit jener Zeit hat der Mann ein kleines Endchen zwischen den Schenkeln hängen wie das Weib die Öffnung hat, die übrigens nicht überflüssig ist, nicht wahr, ihr wackeren Burschen, die ihr mir zuhört?

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 46-48.
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