Nach dem essen muß man trinken

[142] Ein Weib aus Lesbos hatte ihre Tochter mit einem Burschen aus Syra verheiratet. Einen Monat nach der Hochzeit mietete die Mutter ein Boot und schiffte sich darin ein, um einige Zeit bei ihrem Schwiegersohn zu verweilen.

Der Gewohnheit gemäß hatte die Alte nichts Eiligeres zu tun, als sich über die nächtlichen Freuden zu unterrichten, die aller Weiber, besonders aber der Mütter junger Frauen, Teilnahme erwecken.

»Muß dir gestehen,« fing die Tochter an, »daß ich nicht mit allem zufrieden bin, und daß die Ehe weder dem entspricht, was ich mir darunter vorstellte, noch dem, was du mir darüber berichtet hast. Mein Mann legt sich nieder, drückt mich in seine Arme und ich fühle seinen kleinen Bruder, welcher wie ein Teufel tanzt. Und hoffe immer, daß er ihn in den Garten führt, mit dem Ihr mich begabt habt. Aber nichts dergleichen geschieht. Mein Mann regt mich ganz toll auf, indem er meine Schultern die Achselhöhlen, den Busen, den Leib und den Nabel betastet, dann aber, ohne weiter zu gehen, dreht er mir den Rücken zu und schläft ein.«

»Aber er ist ja ein Narr,« rief die Mutter aus. »Dann bist du also noch jungfräulich?«[143]

»Wahrlich, ich könnte mich im Kranze von Orangenblüten wiederverheiraten. Ich hab' nun genug ausgestanden. Und gehe stark damit um, wieder nach Lesbos zurückzukehren und meinen Narrn von Ehemann hier zu lassen!«

»Tu das nicht, meine Tochter. Hast eine schöne Heirat gemacht; der Bursche hat Geld, viel Geld und ist aus guter Familie; und ist wohlgebaut, was nichts schadet.«

»Was soll mir all das fruchten, wenn er sich über mich lustig macht und mir nicht an richtiger Stelle nahekommt!«

»Ich bin ganz deiner Meinung. Aber man kann ja die Dinge ins rechte Gleis bringen.«

»Das ist schnell gesagt. Wie jedoch denkt Ihr das zu bewerkstelligen?«

»Folgendes sollst du heute abend tun: Wenn dein Ehemann dich genugsam gekitzelt hat, wirst du seinen Knecht packen und hebst an: Miau, miau zu schreien wie ein Kätzchen, das um Futter bittet. Er wird dich fragen, was diese Schreie bedeuten, und dann sollst du ihm entgegnen, daß dein Kätzchen sich nach Fleisch sehne. Wenn er das nicht versteht, ist er wahrlich schwach von Verstand und dann wollen wir daran denken, die Ehe ungültig zu machen.«

»Ich will dies Mittel versuchen, liebe Mutter.«

Als der Abend gekommen, steigen die beiden Eheleute ins Bett. Der Bursche fangt an, mit den Händen[144] über den Leib seines Weibes zu tasten. Wie er beim Bauche anlangt, hebt die Schlechtbediente zu springen und zu zittern an. Sie hält den Penitenzer des schlechten Arbeiters fest und schreit:

»Miau, miau, miau!«

»Warum miaust du denn wie eine Katze?« fragt sie der junge Ehemann.

»Ich schreie für mein kleines Kätzchen, das noch nicht zu sprechen versteht, aber doch nach Futter verlangt.«

»Und wo ist deine kleine Katze?«

»Da, zwischen meinen Beinen.«

»Was wünscht sie?«

»Was ich zwischen den Händen halte!«

»Laß sie nicht mehr schreien. Gib ihr ordentlich Futter!«

Das Weibchen aber benutzt die Erlaubnis und legt das Fleisch an den richtigen Ort. Der dumme Tropf ist nicht ärgerlich, ein Handwerk, welches er noch nicht kannte, zu erlernen, und die Frau weiß ihrer Mutter Dank, sie wie die Katzen miauen gelehrt zu haben.

Und jedesmal, wenn ihr Mann etwas Ruhe haben möchte, schreit sie:

»Miau, miau, gebt meinem Kätzchen Futter!«

Alle schönen Dinge haben ein Ende, vor allem die Liebesdinge. Der Ehemann wollte nicht mehr mitspielen, denn er hatte keine Kraft mehr, da sein erschöpftes[145] Kleinod nichts mehr vermochte und seine stolzen Knaben trocken wie alte Mandeln waren.

»Miau, miau,« fuhr die Leckerin fort.

Der Ehemann springt aus den Federn, nimmt das Geschirr der Nacht und reicht es seinem Weibe hin:

»Ich glaube, die Katze hat für heute nacht genug gefressen,« sagt er, »es wäre gut, ihr zu trinken zu geben!«

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 142-146.
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