Ein Herr, welcher sehr viel log.

[424] Einen Herrn, der gewohnt war, sehr viel zu lügen, lud man eines Abends zu Gast. Die Herren begannen jeder eine Rede zu sprechen und der, welcher viel log, begann zu lügen. Sein Diener berechnete, dass sein Herr sehr viel log, ruft den Herrn bei Seite und sagt zum Herrn: »Lüge nicht so sehr, denn es ist Schande, da alle die übrigen Herren deiner spotten und über dich lachen.« Der Herr sagt zum Diener: »Ich bin gewöhnt zu lügen und kann es nicht unterlassen zu lügen.« Der Diener sagt zu ihm: »Ich binde dir von rückwärts einen Spagat an und wenn du sehr lügst, werde ich dir den Spagat ziehen und du vermindre dann die Lüge.« Der Herr willigte ein. Der Diener band ihm den Spagat an, der Herr trat hinein, um mit seinen Genossen zu sitzen. Wie er sich niedergelassen, begann er zu sprechen. Er sagt zu den Herren: »Ich bin heute jagen gegangen und sagt: »Ich habe einen Fuchs gesehen, welcher einen 150 Schritte langen Schwanz hatte.« Der Diener hörte, dass es eine grosse Lüge war und zog ihn an dem Spagat. Dem Herrn fiel es ein, dass es eine grosse Lüge sei, er sagt: »Ich nähere mich dem Fuchse und er hatte einen Schwanz von 100 Schritten.« Der Diener zog ihm wieder den Spagat an. Er sagt: »Ich komme näher und er hatte einen Schwanz von 50 Schritten.« Der Diener zieht ihm wieder den Spagat an. Da dreht sich der Herr zu dem Diener, sagt zu ihm: »Hund und Sohn des Hundes, ich kann nicht sagen, dass der Fuchs ohne Schwanz gewesen ist!« So kam es ihm vor, als ob der Fuchs ohne Schwanz wäre, 50 Schritte kam ihm vor wie eine Spanne.[424]

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Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner.
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