Der Richter sieht das heilige Buch an.

Einer ging, um den Richter zu fragen. Er sagt zum Richter: »Schau das Buch an, soll etwa das Weib gehört werden oder soll es nicht gehört werden?« Der Richter sagt zu ihm: »Wozu das Buch anschauen, denn das weiss man ohne Buch: das Weib soll nicht gehört werden.« Der Mann sagt: »Auch ich habe es gewusst, dass das Weib nicht gehört werden soll, aber ich kam um zu fragen und um die Sache genau zu wissen, denn jetzt zwei Wochen sagt das Weib täglich zu mir: »Sende dem Richter einen Topf Honig und einen Topf Butter.« Sobald der Richter vom Topf Honig und vom Topf Butter hörte, sagte er zu ihm: »Beeile dich nicht mit dem Weggehen, denn ich sehe das heilige Buch an.« Er brach nicht auf um zu gehen, bis der Richter das heilige Buch angeschaut. Er sagt zu ihm: »In je 40 Jahren soll man dem Weibe einmal gehorchen.« Er antwortet dem Richter: »Hättest du das heilige Buch früher angesehen, nicht jetzt, wo du vom Topf Butter und vom Topf Honig hörtest.« Und so ging der Mann seinem Geschäfte nach und der Richter blieb mit dem heiligen Buche in der Hand.

Quelle:
Jarník, J. U.: Albanesische Märchen und Schwänke. In: Zeitschrift für Volkskunde in Sage und Mär [...] 2 (1890). Leipzig: Frankenstein und Wagner, S. 265-266,296.
Lizenz:
Kategorien: