Wie konnte der elektrische Zündfunke erzeugt werden?

[56] Bei der Erklärung des Viertaktmotors wurde darauf hingewiesen, daß am Ende des zweiten Hubes das verdichtete Gasluftgemisch entzündet werden muß. Bleibt der Funke aus, dann helfen die geistreichsten Konstruktionen und die größten gefüllten Benzinbehälter nichts. Der Motorwagen bleibt dann einfach mitten auf der Straße stehen. Es ist daher begreiflich, daß ich meine ganze Aufmerksamkeit und Sorgfalt auf diesen vielleicht wichtigsten Punkt des Motors konzentrierte. Wie notwendig die Zuverlässigkeit der Zündung für die Brauchbarkeit motorgetriebener Fahrzeuge ist, geht schon daraus hervor, daß die späteren französischen Automobilisten sich gegenseitig mit »Bon allumage« statt mit »Bon jour« begrüßten.[56]

Mit Freude kann ich heute feststellen, daß ich schon in den allerersten Motorwagen jene Zündung einbaute, die im Fahrzeugmotorenbau später jede andere Zündungsart aus dem Felde schlug: die elektrische Zündung. Allerdings gab es damals noch keine Magnet-Zündapparate von solcher technischer Vollkommenheit, wie man sie später fix und fertig im Handel beziehen konnte. Trotzdem muß der Zündapparat meines ersten Motorwagens schon als »magnetelektrischer« Zünder bezeichnet werden. Ich baute ein kleines Gleichstrom-Dynamomaschinehen in meinen Wagen ein. Es sollte den zur Zündung nötigen Strom liefern. Allerdings mußte die Spannung dieses Gleichstroms noch tausendfach vergrößert werden, um zündfähige Funken zu bekommen. Ich schaltete deshalb zwischen die kleine Gleichstrommaschine und in die isoliert in den Zylinderraum hineinragenden Platindrahtspitzen (die sich später zur auswechselbaren »Zündkerze« entwickelten) einen Spannungswandler ein, der die Spannung des erzeugten Gleichstroms stark erhöhen sollte. Die Hochspannungsseite dieses Spannungswandlers (Induktionsapparat) verband ich mit den Anschlüssen der »Zündkerze«.

Nach vielen Geduldsproben und Versuchen zeigte sich, daß solch kleine Dynamomaschinehen der damaligen Zeit noch nicht reif waren, um jene Aufgabe zuverlässig zu erfüllen, die ich ihnen – der Zeit vorauseilend – zugedacht hatte. Auf guten glatten Straßen war die Stromerzeugung einwandfrei, dagegen wurden auf holprigem Straßenpflaster die leichten Stromabnehmerbürsten so erschüttert, daß sie vorübergehend den Zündstrom unterbrachen. So lief der Motor öfters unregelmäßig, weil die Zündung immer wieder aussetzte.[57]

Die kleine stromspendende Dynamomaschine wurde vom Schwungrad aus mit einem Lederriemen angetrieben. Man sieht in Abbildung 19 deutlich in dem waagrecht liegenden Schwungrad die tiefe Rille, die dazu bestimmt war, den schmalen Antriebsriemen aufzunehmen.

Um den Motor in Gang zu setzen, mußte man vor der Fahrt das Schwungrad eigenhändig so lange andrehen, bis die kleine Dynamomaschine genügend Strom abgab, um mit Hilfe der Induktionsspule (siehe Abbildung 8) zündfähige Funken zu erzeugen.

Obwohl ich mit großer Gewißheit voraussah, daß die zur zuverlässigen Zündung notwendigen elektrischen Funken einst[58] nur mit Hilfe solcher mit einer Hochspannungsspüle kombinierten Dynamomaschinen erzeugt werden würden, gab ich meinem unverläßlichen Zünddynamo zunächst den Laufpaß. Ich ersetzte ihn wieder durch Chromsäure-Elemente, womit ich schon die allerersten Versuche an meinem Fahrzeugmotor durchgeführt und wieder aufgegeben hatte, weil sich die Batterien so rasch abnützten.

Ich bin also von der dynamoelektrischen Zündung wieder zur Batteriezündung übergegangen, die sich in vervollkommneter Weise bis heute im Automobilmotorenbau hält. Natürlich war der schwache Strom der Chromsäure-Elemente auch nicht imstande, im Motorzylinder einen kräftigen zündfähigen Funken zu erzeugen. Schon um in freier Luft auf einer Funkenstrecke von etwa 1 mm einen Überschlag zu erzeugen, sind mindestens 1000 Volt Spannung notwendig. Im Motorzylinder, wo das Gasgemisch im Augenblick der Zündung unter hohem Verdichtungsdruck steht, muß die Zündspannung noch wesentlich größer sein. Sie hängt, wie heute bekannt ist, unmittelbar von der Gasdichte ab. Die Zündspannung bei modernen Motoren schwankt zwischen 9000–11000 Volt. Ich brachte deshalb, genau wie bei dem Zündstrom der Dynamomaschine, den Batteriestrom mit Hilfe einer Induktionsspule auf eine höhere Spannung. Noch heute sind die vielen Induktionsspulen vorhanden, die ich unter Mitarbeit meiner Frau in allen möglichen Größen und Drahtstärken selbst gewickelt und ausprobiert habe.

Quelle:
Benz, Carl Friedrich: Lebensfahrt eines deutschen Erfinders. Die Erfindung des Automobils, Erinnerungen eines Achtzigjährigen. Leipzig 1936, S. 56-59.
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