Berschik (Lucioperca wolgensis)

[37] Der Zander bewohnt die Ströme und größeren Flüsse Nordost- und Mitteleuropas, in Norddeutschland die Elbe-, Oder- und Weichselgebiete und die benachbarten Seen, in Süddeutschland die Donau, fehlt dagegen dem Rhein- und Wesergebiete und ebenso ganz Westeuropa, meidet auch innerhalb seines Verbreitungsgebietes alle schnell fließenden Flüßchen. In den südrussischen Strömen, namentlich der Wolga und dem Dnjestr, wird er durch einen, artlich vielleicht nicht einmal verschiedenen, Verwandten, den Berschik der Russen (Lucioperca wolgensis), vertreten. Er liebt tiefe, reine, fließende Gewässer, hält sich auch meist in den unteren Wasserschichten auf und erscheint nur während seiner Laichzeit, welche zwischen die Monate April und Juni fällt, auf seichteren, mit Wasserpflanzen bewachsenen Uferstellen, um hier seine Eier abzusetzen. Als ein außerordentlich raubgieriger Fisch, welcher alle kleineren Klassenverwandten gefährdet und seine eigene Brut ebensowenig verschont als andere ihm erreichbare Beute, wächst er ungemein schnell und erreicht, laut Heckel, bei hohem Wasserstande, wenn er sich im Riede aufhalten kann, im ersten Jahre bereits ein Gewicht von dreiviertel, im zweiten ein solches von einem Kilogramm, wogegen er bei niederem Wasser in der Donau selbst im ersten Jahre wesentlich hinter diesem Gewichte zurückbleibt. Seine Vermehrung ist bedeutend.

Obgleich Bloch in einem anderthalb Kilogramm schweren Roggener gegen vierzigtausend Eier zählte, ist die Vermehrung dieses köstlichen Fisches spärlicher, als man wünschen möchte, wohl [37] deshalb, weil die Alten ihren Jungen ebenso eifrig nachstellen, wie Hechte, Welse, Barsche und andere Raubfische ihnen. Mit Recht rügt es Siebold, daß sich die künstliche Fischzucht bisher mit dem Zander noch nicht beschäftigt hat, da es ohne sie schwerlich gelingen wird, den leckeren Raubfisch weiter zu verbreiten. Gefangene Zander sterben leicht ab, lassen sich also nicht weit versenden, während dies hinsichtlich befruchteter Eier keine Schwierigkeit hat.


Seebarsch (Labrax lupus), Schriftbarsch (Serranus scriba) und Wrackfisch (Polyprion cernuum). 1/6 natürl. Größe.
Seebarsch (Labrax lupus), Schriftbarsch (Serranus scriba) und Wrackfisch (Polyprion cernuum). 1/6 natürl. Größe.

In größeren, an schlechten Weißfischen, Plötzen, Rothaugen, Stinten, Gründlingen und ähnlichem Geschmeiße reichen Gewässern, kleineren Seen oder Teichen würde sich die auf die Zucht gerade dieses Fisches verwandte Mühe reichlichst lohnen.

Das Fleisch, von welchem das Kilogramm mit sechzig Pfennigen bis zwei Mark bezahlt wird, ist am besten und fettesten vor der Laichzeit, also im Herbste und Winter, muß aber frisch zubereitet werden, weil es geräuchert oder gesalzen sehr an Schmackhaftigkeit verliert. Bei uns zu Lande bekommt man es selten zu kosten; selbst an der unteren Elbe wird es dem des Lachses gleich geschätzt, weil man verhältnismäßig wenige Zander fängt. Anders ist es am Frischen und Kurischen Haff, insbesondere aber im Gebiete der südrussischen Ströme, in denen zuweilen eine solche Menge von Zandern, bezüglich Berschiks, gefischt werden, daß selbst das gemeine Volk sie [38] verschmäht und man sie vorzüglich zum Auskochen des Fettes benutzt. In Astrachan hält man das Fleisch des Berschiks für eine ungesunde Speise.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 37-39.
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