Streifenbarbe (Mullus surmuletus)

[45] Die Streifenbarbe oder der Surmulet (Mullus surmuletus) hat ungefähr dieselbe Größe, ist mit großen Schuppen bekleidet und auf schön blaßrothem Grunde mit drei goldenen, zur Laichzeit besonders deutlichen Streifen gezeichnet; die Flossen sehen roth, die Bauch- und Schwanzflossen rothgelblich aus, tragen auch gewöhnlich zwei gelbe oder braune Binden. Die erste Rückenflosse spannen sieben, die zweite ein und acht, jede Brustflosse siebzehn, die Bauchflosse ein und fünf, die Afterflosse zwei und sechs, die Schwanzflosse dreizehn Strahlen.

Der Rothbart gehört dem Mittelmeere an und bewohnt hier alle Stellen, wo lehmartiger oder schlammiger Boden vorkommt, findet sich auch längs der französischen Küste im Weltmeere, wird aber nur selten in der Nähe Großbritanniens gefangen; die Streifenbarbe hingegen, welche ebenfalls im Mittelmeere lebt und hier und da noch häufiger als ihre Verwandte vorkommt, verbreitet sich von hier aus nach Norden hin bis Großbritannien und tritt an den englischen Küsten bisweilen in bedeutender Anzahl auf. Nach Yarrell trifft man sie in den verschiedensten Schichten des Wassers an. Viele werden in Makrelennetzen in der Nähe der Oberfläche gefangen, obgleich die meisten aus bedeutenden Tiefen emporgezogen werden müssen. In Cornwall nähert sie sich, laut Couch, während des Sommers den Küsten in Menge, zieht sich jedoch mit Beginne des Winters in größere Tiefen zurück und wird dann nur selten gefangen. Ihre Laichzeit fällt in den Frühling; zwölf Centimeter lange Junge trifft man Ende Oktobers an. Die Nahrung scheint aus weichen Krebsen und verschiedenen Weichthieren zu bestehen, zu deren Aufspürung die Bartfäden wahrscheinlich gute Dienste leisten mögen. »Der Rothbart«, versichert Oppi an, »frißt gern alles, was im Meere fault und stinkt, namentlich auch die Leichen derer, welche bei Schiffbrüchen umgekommen sind. Daher fängt man ihn mit fauligen Ködern und vergleicht ihn mit Recht mit dem Schweine, welches wie er von ekelhaften Dingen lebt und dennoch vortreffliches Fleisch liefert.«

[45] Ausnahmsweise geschieht es, daß man in England einen reichen Fischzug thut und die so geschätzten Seebarben in Menge fängt. So wurden in der Weymouthbay am 8. August 1819 fünftausend Stück in einer einzigen Nacht erbeutet und im Mai 1851 von Yarmouth in einer Woche zehntausend Stück auf den Londoner Fischmarkt gesandt. In Italien fängt man beide Seebarben während des ganzen Jahres mit Netzen, Reusen und Angeln, welche letztere durch Krebsschwänze geködert werden. Da die gefangenen wirklich bald verderben, pflegt man sie sofort nach dem Fange in Meerwasser abzusieden und so mit Mehl zu bestreuen, daß sie in einen Teig eingehüllt werden und in diesem versandt werden können – ganz wie es schon vor Jahrhunderten geschah: »Ihre jnnerliche theil faulen gantz in kurtzer Zeit: derhalben sie nicht lang behalten, oder weit von dem meer mögen geführt werden, so pflegt man sie in pasteten oder kuchen wol mit gewürtz besprengt zu beschliessen, vnd in weite grosse Stätt zu schicken«.


Streifenbarbe (Mullus surmuletus). 1/2 natürl. Größe.
Streifenbarbe (Mullus surmuletus). 1/2 natürl. Größe.

Als die vorzüglichsten Seebarben gelten gegenwärtig die, welche man an der Küste der Provence, insbesondere in der Umgegend von Toulon, fängt; aber auch in Italien gilt noch heutigen Tages das Sprichwort: »Nicht bekommt auf den Tisch der, welcher fängt den Fisch.«

Im engeren Gewahrsame dauern gefangene Seebarben nur dann geraume Zeit aus, wenn man sie in einem zweckmäßig eingerichteten, durch reichlichen Zufluß gespeisten Seewasserbecken hält. Die Römer scheinen dies sehr wohl gewußt zu haben; denn Martial läßt sich vernehmen:


»Träg nur athmet der Rothbart in ruhigem, salzigem Wasser.

Stirbt er? Lebendiges Meer gib ihm: voll Kraft wird er sein«.


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 45-46.
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