Meermond (Orthagoriscus mola)

[340] Fast in allen Sprachen führt ein höchst absonderlicher Fisch, der Mondfisch, auch wohl Meermond, Sonnenfisch und »schwimmender Kopf« genannt, einen und denselben Namen, weil sich der hierdurch ausgedrückte Vergleich jedem fast von selbst aufdrängt. Der Meermond (Orthagoriscus mola, lunaris, solaris, fasciatus, spinosus, aculeatus, ozodura, Retzii, Ghini, Rondeletii, Blochii, Redi und Ranzani, Tetrodon mola und lunae, Diodon mola und carinatus, Mola nasus, aculeatus und Retzii, Aledon capensis und Storeri, Cephalus mola, brevis und orthagoriscus, Ozodura Orsini, Timpanomium Planci, Diplanchias nasus, Trematopsis Willughbei, Acanthosoma carinatum), Vertreter der Mondfische (Orthagoriscus), hat einen ungemein kurzen, zusammengedrückten Rumpf und merkwürdig hohe, spitzige Rücken- und Afterflossen, welche mit der kurzen, breiten Schwanzflosse in Eins verschmelzen und zu den kleinen, runden Brustflossen in gar keinem Verhältnisse zu stehen scheinen. Das Gebiß gleicht dem der Zweizähner, da auch bei den Mondfischen jede Furchung des die Kiefer bekleidenden Zahnschmelzes fehlt. Rücksichtlich der inneren Theile ist zu bemerken, daß die bekannten Arten dieser Sippe einen kleinen Magen haben, welcher sich unmittelbar an die Speiseröhre ansetzt, also keinen zum Aufblasen geeigneten Vormagen besitzen, daß ihnen die Schwimmblase fehlt und der muskelkräftige Schlagaderstiel des Herzens vier halbmondförmige Klappen enthält. Die Gestalt des Meermondes ist kurz, eirund, in der Jugend fast kreisrund, die Haut dick und rauh, die Färbung gewöhnlich ein unreines Graubraun, welches sich gegen den Bauch hin lichtet. Die Rückenflosse spannen funfzehn, die Brustflosse elf, die Afterflosse funfzehn, die Schwanzflosse dreizehn Strahlen. An Größe übertrifft dieser Fisch alle Verwandten; denn man hat schon solche von einhundertundsiebzig Centimeter Länge und mehr als zweihundert Kilogramm Gewicht gefangen.

Wiederum ist es das Mittelmeer, in welchem man den Meermond, einen in allen Meeren des heißen und gemäßigten Gürtels lebenden Fisch, am häufigsten beobachtet hat; gleichwohl scheint es, als ob die Alten ihn nicht gekannt hätten. Salvani war der erste, welcher seiner erwähnt; Geßner beschreibt ihn schon ganz richtig und berichtet von ihm einzelnes, welches bis heutzutage, der anscheinenden Unglaubwürdigkeit ungeachtet, nicht widerlegt worden ist. »In dem wasser auch so er gefangen wirt, sol er girnsen oder weyssen wie ein schwein, bey nacht mit etlichen theilen also scheinen vnd glänzen, daß man achtet, es scheine ein flamm oder liecht, oder sonst glentzende [340] matery auß jm, also daz zu zeiten die Menschen von solchem schein oder glantz ein schrecken vnd forcht angestossen hat.« Von diesem Leuchten sprechen auch andere Forscher, während die neuerlichen Beobachter hiervon nichts in Erfahrung gebracht haben. Das wenige, welches wir über das Leben des Fisches wissen, verdanken wir den Engländern, welche den Meermond in den britischen Gewässern ab und zu beobachtet haben. »Bei schönem Wetter«, sagt Yarrell, »bemerken ihn die Matrosen gar nicht selten im Kanale, und zwar anscheinend schlafend auf der Oberfläche des Meeres, nämlich auf einer Seite liegend und mit den Wellen treibend, so daß der Unkundige meint, es mit einem todten Fische zu thun zu haben.« Couch glaubt, unser Meermond schweife weit umher, halte sich wahrscheinlich in der Regel in ziemlich tiefem Wasser nahe dem Grunde zwischen Meerpflanzen auf, welche ihm zur Nahrung dienen, und steige nur bei sehr ruhigem Wetter an die Oberfläche empor, um hier ein Mittagsschläfchen zu halten. Naht man sich dann dem Fische mit Vorsicht, so kann man ihn oft ohne weiteres aus dem Wasser nehmen; denn er strengt sich in der Regel wenig oder nicht an, um zu entkommen, obgleich das entgegengesetzte stattfinden kann. Dies ist alles, was wir zur Zeit wissen.

»Ihr fleisch, so es gesotten wirt«, fährt der alte Geßner fort, »so ist es nit anders als leim so man auß dem leder siedet, oder als daz fleisch der gesaltzen küttelfischen, eines gantz heßlichen geruchs, auß vrsach er von niemand gessen wirt. Viel weisse feißte oder schmaltz haben diese fisch, dienstlich zu den liechtern, doch so gehet ein heßlicher fischlechter geruch davon.« Hier und da soll man das Fleisch, welches nach dem Kochen wie starker Kleister aussieht, geradezu zum Leimen benutzen können. Die Leber soll, in Wein gekocht, ein treffliches Gericht geben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 340-341.
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