Bombardirkäfer (Brachinus crepitans)

[37] Eine große, genau in der Mitte hornige Zunge, die vollständig mit ihren Nebenzungen verwachsen ist, kräftige, ziemlich vortretende Kinnbacken, nicht so gebogen wie scharf zugespitzt, ein eiförmiger, hinten wenig verengter Kopf, kräftige, fadenförmige Fühler, ein herzförmiges, an seiner hinteren Partie gleichläufiges Halsschild, hinten breit abgestutzte Flügeldecken, deren Außenecke sich [37] jedoch rundet, und ein untersetzter, wenig niedergedrückter Körper mit acht sichtbaren Hinterleibsringen beim Männchen, sieben beim anderen Geschlecht vereinigt eine große Anzahl sehr ähnlich aussehender Laufkäfer, die auch in ihren Sitten mehrfach Uebereinstimmendes haben. Vor allem leben sie gesellig unter Steinen oder zwischen Baumwurzeln und besitzen vorherrschend das Vermögen, zu ihrer Vertheidigung einen übelriechenden Dunst mit Geräusch aus der Hinterleibsspitze zu entlassen, weshalb man ihnen den deutschen Namen Bombardirkäfer (Brachinus) beigelegt hat. Recht deutlich kann man dieses Schießen beobachten und das damit verbundene eigenthümliche Geräusch vernehmen, wenn man einen solchen Käfer nach Sitte der Sammler in ein Fläschchen mit Weingeist wirft. Ein ziemlich lautes Zischen erfolgt einige Male hintereinander, bis der zum Tode Verurtheilte sein Pulver verschossen hat und ermattet die Waffen streckt. Diese interessanten Käfer kommen in allen Ländern, mit Ausnahme von Australien, vor, in den wärmeren Gegenden zahlreicher an Arten als weiter nach Norden hin, und zwar nehmen sie in dieser Richtung so schnell ab, daß, während z.B. in Frankreich noch elf Arten leben, deren nur vier in Deutschland und sogar nur eine – sehr selten – in Schweden angetroffen wird. Ueberdies sind sie theilweise schwer zu unterscheiden, weil nur die Färbung einzelner Theile und deren gegenseitige Formverschiedenheiten bei der Erkennung in Betracht kommen.


Bombardirkäfer (Brachinus crepitans), vergrößert.
Bombardirkäfer (Brachinus crepitans), vergrößert.

Die großen, bis etwa 17,5 Millimeter langen Arten haben auf schwarzem Untergrunde meist zierliche gelbe Zeichnungen; unsere heimischen sind mit entwickelten Flügeln versehen, welche vielen Südeuropäern und Nordafrikanern fehlen, schwarz und ziegelroth, an den Flügeldecken einfarbig, meist blauschimmernd, und erreichen nur geringe Größe. Zu den stattlichsten gehört der bis 8 Millimeter messende Brachinus crepitans, an Kopf sammt den Fühlern, Halsschild und Beinen ziegelroth, die seicht gerieften, in keiner Weise punktirten Flügeldecken dunkelblau, der Rest der Unterseite schwarz; bei genauerer Ansicht erscheint das dritte und vierte Fühlerglied etwas gebräunt und ein sehr kurzes Haarkleid am ganzen Körper einschließlich der Flügeldecken. Diese Art ist über ganz Mitteleuropa verbreitet, in den südlichen Ländern entschieden häufiger und größer als in den nördlichen. Bedeutende Schwankungen in den Größenverhältnissen kommen bei vielen Arten vor und lassen bei der bisher noch unbekannt gebliebenen Entwickelungsgeschichte nur schließen, daß die Ernährung der Larve unbeschadet der weiteren Ausbildung eine sehr ungleichmäßige sein könne. Schließlich sei noch bemerkt, daß sich auf dem Körper oder an den Gliedmaßen der Bombardirkäfer häufig Pilze entwickeln, welche dieselben seit 1850, wo Rouget zuerst die Aufmerksamkeit auf diesen Umstand lenkte, zu einer gesuchten Waare für die pilzbeflissenen Botaniker werden ließen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 37-38.
Lizenz:
Kategorien: