Zweite Familie: Laufkäfer (Carabicidae)

[32] Die Laufkäfer (Carabicidae) stehen in jeder Beziehung und vor allem durch die Tasterform der äußeren Unterkieferlade den Sandkäfern so nahe, daß sie mit ihnen zu einer und derselben Familie vereinigt wären, wenn ihnen nicht der bewegliche Zahn an der Spitze der Innenlade fehlte. Das tief ausgeschnittene Kinn, im Ausschnitte verschiedenartig gezähnt, die Bildung der nicht immer so schlanken Beine, an denen die männlichen Vorderfüße in drei bis vier Gliedern sich erweitern, und die allgemeine Körpergestalt wiederholt sich somit auch hier. Die Kinnbacken sind aber nie von der Länge, wie dort, nie mit spitzen Zähnen längs der ganzen Innenseite bewehrt; die Flügeldeckel reichen meist bis zu der Hinterleibspitze, kommen jedoch auch abgestutzt vor, umfassen seitlich den Körper und sind entweder glatt oder vorherrschend einfach gestreift, punktreihig gestreift, gerippt in den mannigfachsten Abänderungen, nicht selten fehlen die Flügel unter ihnen oder verschwinden wenigstens bis auf unscheinbare Läppchen, und auch da, wo sie vollkommen entwickelt sind, werden sie höchstens in der Nachtzeit zum Fluge gebraucht. Der Hinterleib besteht vorherrschend bei beiden Geschlechtern aus sechs Ringen, deren drei vorderste gleichfalls verwachsen sind. Die den Sandkäfern eigenen bunten Farben kommen zwar ausnahmsweise hier auch vor, [32] doch verleiht Einfarbigkeit in schwarz, grün, kupferroth, bronzebraun den meisten Familiengliedern ein ungemein eintöniges Ansehen. Das Sonnenlicht fliehen die Laufkäfer viel mehr, als daß sie es aufsuchen, deshalb halten sie sich bei Tage am liebsten unter Steinen, Erdschollen, in faulem Holze usw. verborgen und sind nächtliche Käfer, welche vom Fleische anderer Thiere leben.

Die Larven kennt man leider von nur wenigen Arten. Sie zeichnen sich durch einen gestreckten, auf dem Rücken mehr oder weniger mit Chitinschildern bedeckten, in zwei (meist harte, ungegliederte) Anhänge auslaufenden Körper mit sechs zweiklauigen Brustfüßen und vorgestrecktem Kopfe aus. Die Kinnbacken dienen meist nur zum Festhalten und Verwunden der Beute, nicht zum Zerbeißen derselben, die Mundöffnung dagegen zum Aussaugen.

Die achttausendfünfhundert bekannten Laufkäferarten vertheilen sich auf sechshundertunddreizehn Gattungen und bewohnen die ganze Erde, scheinen in den gemäßigten und kalten Theilen derselben das Uebergewicht über die dort überhaupt lebenden Käfer zu haben und werden für einzelne Gegenden zu Charakterkerfen; so kommen namentlich gewisse unter ihnen ausschließlich im Gebirge, niemals in der Ebene vor, und umgekehrt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 32-33.
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