Großer Halbdeck-Bockkäfer (Necydalis major)

[170] Der große Halbdeck-Bockkäfer (Necydalis major, Fig. 1, S. 171) hat vor Zeiten den bereits früher erwähnten Prediger Schäffer in nicht geringe Verlegenheit gesetzt, wie aus einem Briefe an Réaumur hervorgeht. Der Käfer, wahrscheinlich aus einem Stück Pflaumenholze ausgekrochen, war in dem Drechselzimmer von Schäffers Schwager aufgefunden und Schäffer vorgelegt worden, um sein Gutachten über dieses sonderbare Wesen abzugeben. Er vergleicht es mit der großen Holzwespe, findet aber doch bei näherer Untersuchung und Abbildung, daß es ein »Afterbock« sein müsse. Beschreibung und Abbildungen wurden an Réaumur geschickt und am Schlusse des Briefes bemerkt: »Haben aber Ew. usw. diesen Insekten (es ist noch eine kleinere Art der heutigen Gattung Molorchus dabei) einen zweifelsohne eigentlicheren und besseren Namen schon bestimmt, so werde ich aufs künftige Dero Aussprüchen willigst folgen« (Regenspurg den 14. März 1753). Die Eigenthümlichkeit der Art liegt in der Kürze der Flügeldecken, welche weder den schmalen langen Hinterleib, noch die dünnhäutigen Hinterflügel bedecken können. Der ganze Käfer ist schwarz, goldhaarig, Fühler, Beine, Flügeldecken und die Wurzel des Hinterleibes sind röthlich gelbbraun, die Spitze der Hinterschenkel dunkler und die Fühler des Männchens nur an der Wurzel gelb. Dieser interessante Bockkäfer findet sich auf Buschwerk und an den Stämmen verwetterter Bäume; ich habe ihn an Eichen- und Kirschbäumen angetroffen, in deren mürbem Inneren, wie die Bohrlöcher bewiesen, die Larve sicher gelebt hatte; er ist entschieden nicht häufig und der stattlichste heimische Vertreter dieser besonders in Südamerika lebenden, aus wunderlichen Gestalten bestehenden Sippe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 170.
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