Rostbinde, Semele (Satyrus Semele)

[361] Die Rostbinde, Semele (Satyrus Semele), ist ein außerordentlich scheuer, gewandter Falter, welcher überall während des Juli und August auf waldigen, lichten Höhen, an trockenen, sonnigen Waldplätzen und an den Rändern der Kiefernwälder anzutreffen ist. Es gereicht ihm zum besonderen Vergnügen, an einen Baumstamm zu fliegen, die Fläche der zusammengeklappten Flügel durch Aufeinanderschieben so klein wie möglich zu machen, sich mit Blitzesschnelle zu erheben, um an einer zweiten Stelle desselben Stammes dieselbe Stellung einzunehmen und sofort dieses nichtssagende Spiel zehn- bis zwanzigmal zu wiederholen. Hat sich die Rostbinde auf diese Weise hungerig gespielt, so besucht sie die rothen Blüten des Quendels in der Nachbarschaft des sandigen Waldsaumes, wo sie ihresgleichen und andere Nichtsthuer in Menge antrifft. Jetzt wiederholt sie ihr Auffahren, das Niederlassen und Zusammenschieben der Flügel von neuem und hat nimmer Rast, so lange die Sonne noch über dem Gesichtskreise steht und von Wolken nicht bedeckt wird. Nie sieht man sie, wie es die Eckflügler so gern thun, jener ihre Flügeloberfläche darbieten, stets hat sie dieselben zusammengeklappt und in einander geschoben, daher bekommt man ihre Oberseite wegen des schnellen Fluges auch nie im Freien zu sehen. Dieselbe ist braun, grau angeflogen und trägt auf den [361] Vorderflügeln im Saumfelde zwei fein weiß gekernte Augenflecke hinter einander, eins im Hinterflügel, nahe dem Innenwinkel; sie stehen in lichtem gelbrothen Felde, welches bei dem Weibchen deutlicher sichtbar, als bei dem kleineren, bedeutend dunkler gehaltenen Männchen ist. Auf der Unterseite stimmt die Zeichnung der Vorderflügel so ziemlich mit der Oberseite, an den Hinterflügeln ist die Fläche sauber grau, dunkelbraun und schwarz marmorirt und das kleine Auge nur beim Weibchen sichtbar, beim Männchen verschwindet es, dafür markirt sich hier eine lichte, nach der Wurzel scharf dunkel und mehrfach eckig begrenzte Binde. Vorderrands- und Mittelrippe sind in der Nähe der Wurzel schwielig aufgetrieben, die Fühler geknopft, die Taster wenig von einander abstehend, borstig behaart, ihr Endglied dünner und anliegend beschuppt. Die Flügelspannung des Weibchens beträgt durchschnittlich 5,8 Centimeter. – Die glatte, graue, am Bauche grünliche Raupe hat fünf schwarze Längsstreifen, deren mittelster am dunkelsten ist, an jedem Luftloche einen schwarzen Punkt und sechs schwarze Streifen am Kopfe. Sie frißt Gras und überwintert in ziemlich jugendlichem Alter. Die Puppe ruht flach unter der Erde oder unter einem Steine.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 361-362.
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