Mondfleckiger Erbsenwickler (Grapholitha dorsana)

[427] Der rehfarbene Erbsenwickler (Grapholitha nebritana) entsteht aus der sogenannten Made in den grünen Erbsen. Daß es keine Made sei im Sinne der Kerfkundigen, ergeben die nicht schwer zu erkennenden sechzehn Beine, welche die blaßgrüne, an Kopf, Nackenschild, Afterklappe und den Brustfüßen dunkle Raupe hat. Bei einer Länge von höchstens 8,75 Millimeter ist sie erwachsen, verläßt die Hülse, um in der Erde ein Gehäuse zu fertigen, in welchem sie in zusammengezogener, veränderter Gestalt, aber noch nicht verwandelt, überwintert. Erst im nächsten Frühjahre erfolgt die Verpuppung, und im Mai erscheint der Schmetterling, welcher sich zur Blütezeit auf den Erbsen- und Linsenfeldern einstellt. Hier knüpfen sich Bekanntschaften an, und das befruchtete Weibchen legt seine Eier einzeln am Grunde der Blüten oder an sehr junge Hülsen ab. Der Schmetterling hat rehfarbene, gleichzeitig metallisch schimmernde Vorderflügel, an deren Vorderrande von der Spitze bis hinter die Mitte die weißen Vorderrandshäkchen mit schwarzen Stricheln wechseln, von jenen setzen sich drei Bleilinien fort; der lichtere Spiegel wird von zwei blaugelben Strichen begrenzt. Die schwarzen, bronzeschimmernden Hinterflügel haben einfarbig weiße Fransen. Der mondfleckige Erbsenwickler (Grapholitha dorsana, S. 428) lebt ganz ebenso und sieht ebenso aus, bis auf den weißen Mond vor dem Spiegel. Er ist etwas größer als der[427] vorige und seine Raupe mehr orangengelb, auch treten bei ihr die Wärzchen, welche je ein Borstenhaar tragen, weniger deutlich hervor, als dort, wo sie etwas düsterer gefärbt sind. Diese Art scheint weniger verbreitet zu sein, als die sehr gemeine vorige. Die Raupen beider sind es, welche an den trockenen Erbsen die unregelmäßigen Fraßstellen zurücklassen und bei großer Häufigkeit den Ernteertrag derselben wesentlich beeinträchtigt haben.

Zum Schlusse gedenken wir noch der sogenannten »Obstmade« (Fig. 1), jener gleichfalls sechzehnfüßigen, blaß rosenrothen oder gelbröthlichen, am Bauche lichteren Raupe, welche an den langbeborsteten Wärzchen und an der Afterklappe grau gefärbt ist und Aepfel und Birnen durchbohrt, weniger dem Fleische, als den Kernen des Gehäuses nachgehend. Die Eier werden an das halbreife Obst gelegt und das schwarze Fleckchen, welches man an dem sogenannten »angestochenen« findet, bezeichnet die Stelle, durch welche sich das Räupchen den Eingang verschafft hat. Die selbe wird später meist erweitert, um den Koth herauszuschaffen. Nur bei Obstsorten mit sehr großem Kernhause ist hinreichender Raum für diesen, und daher fehlt hier das sonst übliche Aushängeschild des Einwohners.


Mondfleckiger Erbsenwickler (Grapholitha dorsana), vergrößert, nebst Raupe.
Mondfleckiger Erbsenwickler (Grapholitha dorsana), vergrößert, nebst Raupe.

Die angestochenen Birnen und Aepfel erlangen bekanntlich eine etwas frühere Reife und fallen auch theilweise noch unreif von den Bäumen. Aus den früheren Sorten geht die Raupe meist zu Grunde, weil sie beim Verbrauchen des Obstes gefunden und herausgeworfen wird, bevor sie vollkommen erwachsen, mit dem Winterobste gelangt sie dagegen in die Vorrathsräume, arbeitet sich hier durch das Eingangs- oder ein zweites angelegtes Loch heraus und sucht irgend einen Winkel außerhalb, um sich zu verpuppen, verschläft in einem Gespinste den Winter und wird erst im Mai zur Puppe, natürlich ohne vorher wieder Nahrung zu sich genommen zu haben. Zahlreiche andere Raupen erlangen ihre Reife draußen, noch ehe die Obsternte gehalten worden ist; weil sie bei der nicht gleichmäßigen Entwickelung eben früher erwachsen sind, oder weil die bewohnte Obstsorte länger hängen muß. Diese Raupen gehen am liebsten hinter die Rindenschuppen des betreffenden Baumes, und sollten es selbst unterirdische sein, hinter Moos und Flechten, sofern der unachtsame Obstzüchter dergleichen an den Stämmen und Aesten duldet, auch suchen sie Bohrlöcher anderer Kerfe auf. Nur bei sehr gut gepflegten Obstbäumen werden sie verlegen um ein passendes Winterversteck sein und dann die Erde in der Stammnähe aufsuchen müssen. Wenn die Stämme zu der Zeit ihres Auswanderns mit Schutzgürteln versehen sind, sammeln sie sich massenhaft unter denselben an und fertigen ihre weißen, platt gedrückten Gespinste an der Rückseite jener. Dieser Umstand gibt einen Fingerzeig, wie man diese Raupen ohne Mühe in Menge wegfangen könne. Man braucht nur dafür zu sorgen, daß im September die Bäume Schutzgürtel haben oder, wo diese gegen die Spannraupe nicht nöthig sind, Tuchlappen tragen, unter denen sich eine Menge von Ungeziefer ansammelt, welches beim Untersuchen dieser Lappen zu der für jeden Fall entsprechenden Zeit getödtet werden kann.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 427-428.
Lizenz:
Kategorien: