2. Sippe: Halisarca

Kieselnadeln von A Desmacidon armatum, B Desmacidon arciferum. 200 bis 300mal vergrößert.
Kieselnadeln von A Desmacidon armatum, B Desmacidon arciferum. 200 bis 300mal vergrößert.

[536] Ich habe den Nachweis geliefert, daß diese Lederschwämme durch einige Sippen von weniger festem Gefüge mit der Sippe Halisarca zusammenhängen, Arten von ganz weicher, fast schleimiger Beschaffenheit, welche man als den Stock ansehen darf, auf welchen die Entwickelung eines Hauptastes des Baumes der Spongien zurückzuführen ist.

Unter den Schwämmen der gegenwärtigen Erdperiode beanspruchen diejenigen, welche einaxige Kieselkörper absondern, den ersten Platz. Wir wollen wenigstens einige der am häufigsten vorkommenden Formen dieser Hartgebilde vorführen und nehmen dazu eine, wie es scheint, alle Meere in ungeheuerer Fülle bewohnende Gattung, Desmacidon, an welcher ich die Umänderung der einen sogenannten Art in die andere je nach dem Wechsel der Lokalitäten, ferner den Uebergang in neue Gattungen, je nach dem Belieben des Systematikers, bis ins kleinste nachgewiesen habe. Wir berührten oben die Unmöglichkeit, die reinen Hornschwämme von den Kieselhalichondrien zu trennen. Es handelt sich dort um solche einfache Nadeln, wie a1 und b1. Diese Gestalten sind nicht nur, wie ein Blick lehrt, theoretisch von einander ableitbar, sie gehen in Wirklichkeit von Individuum zu Individuum in einander über, und in eben diesem Verhältnisse stehen zu ihnen und zu einander die Formen a2 und b2 mit allen erdenklichen, an sich höchst unbedeutenden Variationen. Es gibt Lokal-Arten, bei denen die meisten Individuen oder Stöcke nur solche oben betrachtete glatte Nadeln besitzen. Nun bekommt man von ihnen nicht zu trennende Stöcke von einer anderen Lokalität zur Untersuchung, die mit jenen aufs genaueste übereinstimmen, aber unter den glatten Nadeln einzelne mit knotigen Erhebungen zeigen. Wieder [536] andere Stöcke haben zahlreiche derartige Knotennadeln, die sogar in wieder anderen Stöcken einen charakteristischen Bestandtheil unter der Form a3 und a4 auszumachen scheinen. Der Systematiker der alten Schule ist froh, endlich eine neue Art machen zu können. Sie ist nichtig, weil eben bei Erweiterung des Beobachtungsgebietes und Erweiterung des Beobachtungsmaterials die Artenmerkmale unter der Hand verloren gehen oder in neue vermeintliche Merkmale übergehen.

In dieser Hinsicht sind auch jene Bogennadeln sehr dankbar gewesen, wie b3, vor allem aber die dreizähnigen Doppelhaken a5 und das Doppelgrabscheit b4, Formen aus einer fast unübersehbaren Reihe von Verkieselungen von echten Zellen.


Schwämme (Spongelia pallescens, oben, und zwei Desmacidinen) auf Tang. Natürliche Größe.
Schwämme (Spongelia pallescens, oben, und zwei Desmacidinen) auf Tang. Natürliche Größe.

Diese in der Verwandlungsangelegenheit eine so große Rolle spielenden Desmacidinen sind, wie so sehr viele Schwämme, ihrer äußeren Form nach absolut nicht zu charakterisiren. Sie kommen vor als dünne oder dickere Krusten in Strauch- und Baumform, als Röhren und Knollen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 536-537.
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