§ 3. Zweiter Lehrsatz

Das empfindende wird gesetzt durch Anschauung oder: Deduction der Anschauung

[340] Es ist im vorigen § deducirt worden die Empfindung als eine Handlung des Ich, durch welche dasselbe etwas in sich aufgefundenes fremdartiges auf sich bezieht, sich zueignet, in sich setzt. Wir lernten kennen sowohl diese Handlung selbst, oder die Empfindung, als den Gegenstand derselben, das Empfundene. Unbekannt blieb, und es musste nach den Regeln der synthetischen Methode unbekannt bleiben, sowohl das Empfindende, das in jener Handlung thätige Ich, als auch die in der Empfindung ausgeschlossene, und dem Ich entgegengesetzte Thätigkeit des Nicht-Ich. Es ist nach unserer nunmehrigen hinlänglichen Kenntniss der synthetischen Methode zu erwarten, dass unser nächstes Geschäft das seyn wird, diese ausgeschlossenen äussersten Enden synthetisch zu vereinigen, oder, wenn auch dies noch nicht möglich seyn sollte, wenigstens ein Mittelglied zwischen sie einzuschieben.

Wir gehen aus von folgendem Satze: Im Ich ist, laut des vorigen, Empfindung, da nun dem Ich nichts zukommt, als dasjenige, was dasselbe in sich setzt, so muss das Ich die Empfindung ursprünglich in sich setzen, es muss sich dieselbe zueignen. – Dieses Setzen der Empfindung ist nicht etwa schon deducirt. Wir haben im vorigen § zwar gesehen, wie das Ich das Empfundene in sich setze, und die Handlung dieses Setzens war eben die Empfindung; nicht aber, wie es in sich die Empfindung selbst, oder sich, als das Empfindende, setze.


I.

Es muss zu diesem Behufe zuvörderst die Thätigkeit des Ich im Empfinden, d. i. im Zueignen des Empfundenen durch Gegensetzung unterschieden werden können von dem Zugeeigneten, oder dem Empfundenen.

Nach dem vorigen § ist das Empfundene eine Thätigkeit des Ich, insofern sie betrachtet wird, als im Streite begriffen mit einer entgegengesetzten? ihr völlig gleichen Kraft, durch[340] welche sie vernichtet und aufgehoben wird; als Nicht-Thätigkeit, die jedoch Thätigkeit seyn könnte und würde, wenn die entgegengesetzte Kraft wegfiele; demnach, nach dem obigen, als ruhende Thätigkeit, als Stoff oder Substrat der Kraft.

Die dieser entgegenzusetzende Thätigkeit muss demnach gesetzt werden, als nicht unterdrückt, noch gehemmt durch eine entgegengesetzte Kraft, mithin als wirkliche Thätigkeit, ein wirkliches Handeln.


II.

Die letztere wirkliche Thätigkeit nun soll gesetzt werden in das Ich: die ihr entgegengesetzte, gehemmte und unterdrückte Thätigkeit aber musste nach dem vorigen § auch gesetzt werden in das Ich Dies widerspricht sich, wenn nicht beide, sowohl die wirkliche, als die unterdrückte Thätigkeit durch synthetische Vereinigung auf einander zu beziehen sind. Ehe wir demnach die geforderte Beziehung der soeben aufgezeigten Thätigkeit auf das Ich vornehmen können, müssen wir zuvörderst die ihr entgegengesetzte auf sie beziehen. Ausserdem erhielten wir allerdings ein neues Factum in das Ich; aber wir verlören und verdrängten dadurch das vorige, hätten nichts gewonnnen, und wären um keinen Schritt weiter gekommen.

Beide, die aufgezeigte wirkliche Thätigkeit des Ich und jede unterdrückte, müssen auf einander bezogen werten. Das aber ist nach den Regeln aller Synthesis nur dadurch möglich, dass beide vereinigt, oder, welches das gleiche heisst, dass zwischen beide ein bestimmtes drittes gesetzt werde, das Thätigkeit (des Ich) und zugleich Leiden (unterdrückte Thätigkeit) sey.

Dieses dritte soll Thätigkeit des Ich seyn; es soll demnach lediglich und schlechthin durch das Ich gesetzt seyn; also ein durch die, Handelsweise des Ich begründetes Handeln, mithin ein Setzen, und zwar ein bestimmtes Setzen eines Bestimmten. Das Ich soll Real-Grund desselben seyn.

Es soll seyn ein Leiden des Ich, wie auch aus der soeben davon gemachten Beschreibung hervorgeht. – Es soll seyn ein[341] bestimmtes, begrenztes Setzen; aber das Ich kann sich nicht selbst begrenzen, wie in der Grundlage zur Genüge dargethan worden. Die Begrenzung desselben müsste demnach von aussen, vom Nicht-Ich, wenn auch etwa mittelbar, herkommen. Das Nicht-Ich soll demnach seyn Ideal-Grund desselben; der Grund davon, dass es überhaupt Quantität hat.

Es soll beides zugleich seyn; das soeben Unterschiedene soll sich in demselben nicht absondern lassen. Das Factum soll sich betrachten lassen, als auch seiner Bestimmung nach schlechthin gesetzt durch das Ich, und auch seinem Seyn nach als gesetzt durch das Nicht-Ich. Ideal- und Real-Grund sollen in ihm innig vereinigt, Eins und ebendasselbe seyn.

Wir wollen es vorläufig nach diesen beiden Beziehungen, die in ihm als möglich gefordert werden, be trachten, um es sogleich völlig kennen zu lernen. – Es ist ein Handeln des Ich, und soll sich seiner ganzen Bestimmung nach betrachten lassen, als bloss und lediglich im Ich begründet. Es soll sich zugleich betrachten lassen, als Product eines Handelns des Nicht-Ich, als allen seinen Bestimmungen nach im Nicht-Ich begründet. – Also soll nicht etwa die Bestimmung der Handelsweise des Ich die des Nicht-Ich, noch soll umgekehrt die Bestimmung der Handelsweise des Nicht-Ich die des Ich bestimmen; sondern beide sollen völlig unabhängig, aus eigenen Gründen und nach eigenen Gesetzen, neben einander fortlaufen, und doch soll zwischen ihnen die innigste Harmonie stattfinden. Die eine soll gerade seyn, was die andere ist, und umgekehrt.

Bedenkt man, dass das Ich setzend ist, dass mithin diese in ihm schlechthin begründet seyn sollende Thätigkeit ein Setzen seyn muss, so sieht man sogleich, dass diese Handlung ein Anschauen seyn müsse. Das Ich betrachtet ein Nicht-Ich, und es kommt ihm hier weiter nichts zu, als das Betrachten. Es setzt sich in der Betrachtung, als solcher, völlig unabhängig vom Nicht-Ich; es betrachtet aus eigenem Antriebe ohne die geringste Nöthigung von aussen; es setzt durch eigene Thätigkeit, und mit dem Bewusstseyn eigener Thätigkeit, ein Merkmal nach dem anderen in seinem Bewusstseyn. Aber es[342] setzt dieselben als Nachbildungen eines ausser ihm Vorhandenen. – In diesem ausser ihm Vorhandenen sollen nun die nachgebildeten Merkmale wirklich anzutreffen seyn, und zwar nicht etwa zufolge des Gesetztseyns im Bewusstseyn, sondern völlig unabhängig vom Ich, nach eigenen in dem Dinge selbst begründeten Gesetzen. Das Nicht-Ich bringt nicht die Anschauung im Ich, das Ich bringt nicht die Beschaffenheit des Nicht-Ich hervor, sondern beide sollen völlig unabhängig von einander seyn, und dennoch soll zwischen beiden die innigste Harmonie seyn. Wenn es möglich wäre, von der einen Seite das Nicht-Ich an sich, und nicht vermittelst der Anschauung, und von der anderen das anschauende an sich, in der blossen Handlung des Anschauens und ohne Beziehung auf das angeschaute Nicht-Ich, zu beobachten, so würden sie sich auf die gleiche Art bestimmt finden. – Wir werden bald sehen, dass der menschliche Geist diesen Versuch wirklich, aber freilich nur vermittelst der Anschauung, und nach den Gesetzen derselben, doch ohne dessen sich bewusst zu seyn, vornimmt; und dass ebendaher die geforderte Harmonie entspringt.

Es ist allerdings zu bewundern, dass diejenigen, welche die Dinge an sich zu erkennen glaubten, jene leichte Bemerkung, die sich schon durch die mindeste Reflexion über das Bewusstseyn darbietet, nicht machten, und dass sie nicht von ihr aus auf den Ge danken geriethen, nach dem Grunde der vorausgesetzten Harmonie zu fragen, die doch offenbar nur vorausgesetzt, nicht aber wahrgenommen wird, noch werden kann. Wir haben jetzt den Grund alles Erkennens, als eines solchen, deducirt; wir haben gezeigt, warum das Ich Intellisenz ist und seyn muss; nemlich darum, weil es einen in ihm selbst befindlichen Widerspruch zwischen seiner Thätigkeit und seinem Leiden ursprünglich (ohne Bewusstseyn, und zum Behuf der Möglichkeit alles Bewusstseyns) vereinigen muss. Es ist klar, dass wir dies nicht vermocht hätten, wenn wir nicht über alles Bewusstseyn hinausgegangen wären.

Wir machen durch folgende Bemerkung das deducirte deutlicher; werfen im voraus Licht auf das folgende, und befördern die helle Einsicht in die Methode. – Wir betrachten in unseren[343] Deductionen immer nur das Product der angezeigten Handlung des menschlichen Geistes, nicht die Handlung selbst. In jeder folgenden Deduction wird die Handlung, durch welche das erste Product hervorgebracht wurde, durch eine neue Handlung, die darauf geht, wieder Product. Was in jeder vorhergehenden ohne weitere Bestimmung als ein Handeln des Geistes aufgestellt wird, wird in jeder folgenden gesetzt, und weiter bestimmt. Demnach muss auch in unserem Falle die soeben synthetisch abgeleitete Anschauung sich schon in der vorigen Deduction als ein Handeln vorfinden. Die da selbst aufgezeigte Handlung bestand darin, dass das Ich seine im Widerstreit befindliche Thätigkeit, nach hinweggedachter Bedingung als thätig, mit hinzugedachter aber als unterdrückt und ruhend, doch aber in das Ich setzte. Eine solche Handlung ist offenbar die abgeleitete Anschauung. Sie ist an sich, als Handlung ihrem Daseyn nach, lediglich im Ich begründet, in dem Postulate, dass das Ich in sich setze, was in demselben angetroffen werden soll, laut des vorigen §. Sie setzt etwas in dem Ich, was schlechthin nicht durch das Ich selbst, sondern durch das Nicht-Ich begründet seyn soll, den geschehenen Eindruck. Sie ist, als Handlung, völlig unabhängig von demselben, und derselbe von ihr, und geht mit ihm parallel. – Oder dass ich meinen Gedanken, wiewohl durch ein Bild, völlig klar mache: – die ursprüngliche reine Thätigkeit des Ich ist durch den Anstoss modificirt und gleichsam gebildet worden, und ist insofern dem Ich gar nicht zuzuschreiben. Jene andere freie Thätigkeit reisst dieselbe, so wie sie ist, von dem eindringenden Nicht-Ich los, betrachtet und durchläuft sie und sieht, was in ihr enthalten ist; kann aber dasselbe gar nicht für die reine Gestalt des Ich, sondern nur für ein Bild vom Nicht-Ich halten.


III.

Wir machen, nach diesen vorläufigen Untersuchungen und Andeutungen, die eigentliche Aufgabe uns noch deutlicher.

Die Handlung des Ich im Empfinden soll gesetzt und bestimmt werden, d.h. auf populäre Art ausgedrückt, wir werfen[344] die Frage auf: wie macht es das Ich, um zu empfinden, durch welche Handelsweise ist ein Empfinden möglich?

Diese Frage dringt sich uns auf, denn nach dem oben gesagten scheint das Empfinden nicht möglich. Das Ich soll etwas fremdartiges in sich setzen; dieses fremdartige ist Nicht Thätigkeit oder Leiden, und das Ich soll selbiges durch Thätigkeit in sich setzen; das Ich soll demnach thätig und leidend zugleich seyn, und nur unter Voraussetzung einer solchen Vereinigung ist die Empfindung möglich. Es muss demnach etwas aufgezeigt werden, in welchem Thätigkeit und Leiden so innig vereinigt sind, dass diese bestimmte Thätigkeit nicht ohne dieses bestimmte Leiden, und dass dieses bestimmte Leiden nicht ohne jene bestimmte Thätigkeit möglich sey; dass eins nur durch das andere sich erklären lasse, und dass jedes an sich betrachtet unvollständig sey; dass die Thätigkeit nothwendig auf ein Leiden, und das Leiden nothwendig auf eine Thätigkeit treibe, – denn das ist die Natur der oben geforderten Synthesis.

Keine Thätigkeit im Ich kann auf das Leiden sich so beziehen, dass sie dasselbe hervorbrächte, oder dasselbe als durch das Ich hervorgebracht setzte; denn dann würde das Ich etwas in sich setzen und vernichten zugleich, welches sich widerspricht. (Die Thätigkeit des Ich kann nicht auf die Materie des Leidens gehen.) Aber sie kann dasselbe bestimmen, seine Grenze ziehen. Und dies ist eine Thätigkeit, die ohne ein Leiden nicht möglich ist; denn das Ich kann nicht selbst einen Theil seiner Thätigkeit aufheben, wie soeben gesagt worden; derselbe muss durch etwas ausser dem Ich schon aufgehoben seyn. Das Ich kann demnach keine Grenze setzen, wenn nicht schon von aussen ein zu begrenzendes gegeben ist. Das Bestimmen also ist eine Thätigkeit, die sich nothwendig auf ein Leiden bezieht.

Ebenso würde ein Leiden sich nothwendig auf die Thätigkeit beziehen, und nicht möglich seyn ohne Thätigkeit, wenn dasselbe eine blosse Begrenzung der Thätigkeit wäre. Keine Thätigkeit, keine Begrenzung derselben; mithin kein Leiden von der Art des Angeführten. (Ist keine Thätigkeit im Ich,[345] so ist gar kein Eindruck möglich; die Art der Einwirkung ist demnach gar nicht lediglich im Nicht-Ich, sondern zugleich im Ich begründet.)

Das gesuchte dritte Glied zum Behuf der Synthesis ist demnach die Begrenzung.

Das Empfinden ist lediglich insofern möglich, inwiefern das Ich und Nicht-Ich sich gegenseitig begrenzen, und nicht weiter, als auf dieser, beiden gemeinschaftlichen Grenze. (Diese Grenze ist der eigentliche Vereinigungspunct des Ich und Nicht-Ich. Nichts haben sie gemein, als diese, und können auch nichts weiter gemein haben, da sie einander völlig entgegengesetzt seyn sollen. Von diesem gemeinschaftlichen Puncte aus aber scheiden sie sich; von ihm aus wird das Ich erst Intelligenz, indem es frei über die Grenze schreitet, und dadurch etwas aus sich selbst, über sie hinüber, und auf dasjenige, was über derselben liegen soll, überträgt; oder, wenn man die Sache von einer anderen Seite ansieht, indem es etwas, das nur dem über derselben liegenden zukommen soll, in sich selbst aufnimmt. Beides ist in Rücksicht der Resultate völlig gleichgültig.)


IV.

Begrenzung ist demnach das dritte Glied, durch welches der aufgezeigte Widerspruch gehoben, und die Empfindung, als Vereinigung einer Thätigkeit und eines Leidens, möglich werden soll.

Zuvörderst, vermittelst der Begrenzung ist das Empfindende beziehbar auf das Ich, oder populärer ausgedrückt, das Empfindende ist Ich, und lässt sich setzen als Ich, inwiefern es in der Empfindung, und durch sie begrenzt ist. Nur inwiefern es als begrenzt gesetzt werden kann, ist das Empfindende das Ich, und das Ich empfindend. Wäre es nicht begrenzt (durch etwas ihm entgegengesetztes), so könnte die Empfindung dem Ich gar nicht zugeschrieben werden.

Das Ich begrenzt sich in der Empfindung, wie wir im vorigen § gesehen haben. Es schliesst etwas von sich aus, als ein fremdartiges, setzt sich demnach in gewisse Schranken,[346] über welche hinaus es nicht, sondern ein demselben entgegengesetztes liegen soll. Es ist jetzt, etwa für irgend eine Intelligenz ausser ihm, begrenzt.

Jetzt soll die Empfindung selbst gesetzt, d.h. zuvörderst in Rücksicht auf das eine soeben aufgezeigte Glied derselben, das Ausschliessen (es wird in derselben auch bezogen, aber davon ist jetzt nicht die Rede), – das Ich soll als begrenzt gesetzt werden Es soll nicht nur für eine mögliche Intelligenz ausser ihm, sondern für sich selbst begrenzt seyn.

Inwiefern das Ich begrenzt ist, gebt es nur bis an die Grenze. Inwiefern es sich setzt, als begrenzt, geht es nothwendig darüber hinaus; es geht auf die Grenze selbst, als solche, und da eine Grenze nichts ist, ohne zwei entgegengesetzte, auch auf das über derselben liegende.

Das Ich, als solches, wird begrenzt gesetzt, heisst zuvörderst: es wird, wofern es innerhalb der Grenze liegt, entgegengesetzt, einem insofern und durch diese bestimmte Grenze nicht begrenzten Ich. Ein solches unbegrenztes Ich muss demnach zum Behuf des postulirten Entgegensetzens gesetzt werden.

Das Ich ist unbegrenzt und schlechthin unbegrenzbar, inwiefern seine Thätigkeit nur von ihm abhängt, und lediglich in ihm selbst begründet ist, inwiefern sie demnach, wie wir uns immer ausgedrückt haben, ideal ist. Eine solche lediglich ideale Thätigkeit wird gesetzt; und gesetzt, als über die Begrenzung hinausgehend. (Unsere gegenwärtige Synthesis greift, wie sie soll, wieder ein in die im vorigen § aufgestellte. Auch dort musste durch das Empfindende die gehemmte Thätigkeit, als Thätigkeit, als etwas, das Thätigkeit seyn würde, wenn der Widerstand des Nicht-Ich wegfiele, und das Ich lediglich von sich selbst abhinge, mithin als Thätigkeit in idealer Beziehung gesetzt werden. Hier wird dieselbe gleichfalls wieder, nur mittelbar, und nur nicht allein, sondern gemeinschaftlich mit der auch vor dem Puncte des Anstosses liegenden Thätigkeit [wie gleichfalls nothwendig ist, wenn unsere Erörterung weiter vorrücken und Feld gewinnen soll] als Thätigkeit gesetzt.)[347]

Ihr wird entgegengesetzt die begrenzte Thätigkeit, die demnach, inwiefern sie begrenzt seyn soll, nicht ideal ist, deren Reihe nicht vom Ich, sondern von dem ihm entgegengesetzten Nicht-Ich abhängt, und die wir eine auf das Wirkliche gehende Thätigkeit nennen wollen.

Es ist klar, dass dadurch die Thätigkeit des Ich, nicht etwa, inwiefern sie gehemmt und nicht gehemmt ist, sondern selbst, inwiefern sie in Handlung ist, ihr selbst entgegengesetzt oder betrachtet werde, als gehend auf das Ideale, oder auf das Reale. Die über den Grenzpunct, den wir C nennen wollen, hinausgehende Thätigkeit des Ich ist lediglich ideal und überhaupt nicht real, und die reale Thätigkeit geht überhaupt nicht über ihn hinaus. Die innerhalb der Begrenzung von A bis C liegende ist ideal und real zugleich; das erstere insofern sie, kraft des vorigen Setzens, als lediglich im Ich begründet, das letztere, insofern sie als begrenzt gesetzt wird.

Ferner ist klar, dass diese ganze Unterscheidung aus dem Gegensetzen entspringe: sollte nicht reale Thätigkeit gesetzt werden, so wäre keine ideale gesetzt, als ideale; denn sie wäre nicht zu unterscheiden: wäre keine ideale gesetzt, so könnte auch keine reale gesetzt werden. Beides steht im Verhältnisse der Wechselbestimmung, und wir haben hier, nur durch die Anwendung etwas klarer, abermals den Satz: Idealität und Realität sind synthetisch vereinigt. Kein Ideales, kein Reales, und umgekehrt.

Jetzt ist leicht zu zeigen, wie geschehe, was ferner geschehen soll; dass nemlich das entgegengesetzte wieder synthetisch vereinigt und auf das Ich bezogen werde.

Die zwischen A und C liegende Thätigkeit ist es, die auf das Ich bezogen, demselben zugeschrieben werden soll. Sie wäre als begrenzte Thätigkeit nicht beziehbar, denn das Ich ist durch sich selbst nicht begrenzt; aber sie ist auch ideale, lediglich im Ich begründete, kraft des vorher aufgezeigten Setzens der idealen Thätigkeit überhaupt; und diese Idealität (Freiheit, Spontaneität, wie zu seiner Zeit sich zeigen wird) ist der Beziehungsgrund. Begrenzt ist sie bloss, inwiefern sie vom Nicht-Ich abhängt, welches ausgeschlossen und als etwas[348] fremdartiges betrachtet wird. Doch wird sie – eine Anmerkung, deren Grund im vorigen § angegeben worden, – nicht etwa bloss als ideale, sondern ausdrücklich als reale und begrenzte Thätigkeit dem Ich zugeschrieben.

Diese bezogene Thätigkeit nun, inwiefern sie begrenzt ist, und etwas fremdartiges von sich ausschliesst (denn bis jetzt ist nur davon die Rede, nicht aber, wie sie es auch in sich aufnimmt), ist offenbar die oben abgeleitete Empfindung, und es ist zum Theil geschehen, was gefordert wurde.

Man wird, nach den nun sattsam bekannten Regeln des synthetischen Verfahrens nicht in Versuchung gerathen, das in der deducirten Handlung Bezogene mit dem Beziehenden zu verwechseln. Wir charakterisiren das letztere, soviel es hier möglich und nöthig ist.

Dasselbe geht mit seiner Thätigkeit offenbar über die Grenze hinaus, und nimmt gar nicht Rücksicht auf das Nicht-Ich, sondern schliesst vielmehr dasselbe aus; diese Thätigkeit ist demnach bloss ideal. Nun ist aber das, worauf bezogen wird, auch nur ideale, gerade dieselbe ideale Thätigkeit des Ich. Also sind Beziehendes und das, worauf bezogen wird, gar nicht zu unterscheiden. Das Ich, ob es gleich gesetzt und darauf etwas bezogen werden sollte, kommt dennoch in dieser Beziehung für die Reflexion gar nicht vor. Das Ich handelt; das sehen wir auf dem wissenschaftlichen Reflexionspuncte, auf welchem wir stehen, und irgend eine das Ich beobachtende Intelligenz würde es sehen; aber das Ich selbst sieht es auf dem gegenwärtigen Puncte (wohl etwa auf einem möglichen künftigen) gar nicht. Also das Ich vergisst in dem Objecte seiner Thätigkeit sich selbst, und wir haben eine Thätigkeit, die lediglich als ein Leiden erscheint, wie wir sie suchten. Diese Handlung heisst eine Anschauung; eine stumme, bewusstseynlose Contemplation, die sich im Gegenstande verliert Das Angeschaute ist das Ich, inwiefern es empfindet. Das Anschauende gleichfalls das Ich, das aber über sein Anschauen nicht reflectirt, noch insofern es anschaut, darüber reflectiren kann.

Hier tritt zuerst ein ins Bewusstseyn ein Substrat für das[349] Ich, jene reine Thätigkeit, welche gesetzt ist, als seyend, wenn auch kein fremder Einfluss seyn sollte, welche aber gesetzt wird zufolge eines Gegensatzes, mithin durch Wechselbestimmung. Ihr Seyn soll unabhängig seyn von allem fremden Einflusse auf das Ich, ihr Gesetztseyn aber ist von demselben abhängig.


V.

Die Empfindung ist zu setzen; das ist die Forderung in diesem §. Aber Empfindung ist nur insofern möglich, inwiefern das Empfindende auf ein Empfundenes geht, und dasselbe in das Ich setzt. Demnach muss durch den Mittelbegriff der Begrenzung auch das Empfundene beziehbar seyn auf das Ich.

Dasselbe ist zwar schon oben in der Empfindung darauf bezogen worden. Aber hier soll die Empfindung selbst gesetzt werden. Sie ist soeben gesetzt worden durch eine Anschauung, in welcher aber das Empfundene ausgeschlossen wird. Offenbar ist dies nicht zureichend, sie muss auch gesetzt werden können, inwiefern sie dasselbe sich zueignet.

Diese Zueignung der Beziehung soll geschehen durch den Mittelbegriff der Begrenzung. Wenn die Begrenzung nicht gesetzt wird, so ist die geforderte Beziehung nicht möglich; nur durch diese ist sie möglich.

Dadurch, dass Etwas in der Empfindung ausgeschlossen und gesetzt wird, als dasselbe begrenzend, wird dieses Etwas selbst begrenzt von dem Ich, als ein demselben nicht zukommendes; aber eben als Object dieser Handlung des Begrenzens wird es von einem höheren Gesichtspuncte aus auch wieder in dem Ich erblickt. Das Ich begrenzt es; es muss daher wohl in ihm enthalten seyn.

Auf diesen höheren Gesichtspunct nun haben wir uns hier zu stellen, um jenes Begrenzen des Ich als Handlung, wodurch das Begrenzte (das Empfundene) nothwendig in seinen Wirkungskreis kommt, zu setzen – und dadurch setzen wir denn, nach der Forderung, das Empfindende – zwar nicht geradezu in das Ich, wie soeben geschehen – aber wir setzen es als Empfindendes, bestimmen seine Handelsweise, charakterisiren[350] es, und machen es von allen Arten der Thätigkeit des Ich, die kein Empfinden sind, unterscheidbar.

Um dieses Begrenzen, durch welches das Ich sich zueignet das Empfundene, sogleich bestimmt kennen zu lernen, erinnern wir uns an das, was bei der Deduction der Empfindung über diesen Punct gesagt wurde. Das Empfundene wurde auf das Ich bezogen dadurch, dass eine dem Ich entgegengesetzte Thätigkeit gesetzt wurde, lediglich als Bedingung, d. i. als ein solches, das gesetzt werden könnte, oder auch nicht gesetzt. Das Setzende in jenem Setzen oder Nicht-Setzen ist, wie immer, das Ich. Mithin wurde zum Behuf jener Beziehung nicht nur dem Nicht-Ich, sondern mittelbar auch dem Ich etwas zugeschrieben, nemlich das Vermögen etwas zu setzen, oder auch nicht zu setzen. Was wohl zu merken ist, nicht etwa das Vermögen zu setzen, oder auch das Vermögen nicht zu setzen, sondern das Vermögen, zu setzen oder nicht zu setzen, sollte dem Ich zugeschrieben werden; es sollte in ihm demnach das Setzen eines bestimmten Etwas, und das Nicht-Setzen dieses bestimmten Etwas zugleich und synthetisch vereinigt vorkommen; und es muss vorkommen und kommt allerdings vor in allen Fällen, wo etwas als zufällige Bedingung gesetzt wird, wie sehr auch diejenigen, deren Kenntniss der Philosophie sich nicht über eine dürftige Logik hinauserstreckt, über logische Unmöglichkeit und Unbegreiflichkeit klagen, wenn ihnen ein Begriff dieser Art, die durch die Einbildungskraft producirt werden, und daher mit Einbildungskraft angefasst werden müssen, ohne welche es aber gar keine Logik und gar keine logische Möglichkeit Beben würde, irgendwo vorkommt.

Der Gang der Synthesis ist folgender: Es wird empfunden. Dies ist nur unter der Bedingung möglich, dass das Nicht-Ich als blosse zufällige Bedingung des Empfundenen gesetzt werde; wie dies Setzen geschehe, davon haben wir hier noch nicht zu reden. Dasselbe ist aber nicht möglich, wenn nicht das Ich setzt und nicht setzt zugleich; und im Empfinden kommt demnach nothwendig eine solche Handlung, als Mittelglied zwischen den angezeigten Gliedern, vor. Wir haben[351] zu zeigen, wie das Empfinden geschehe; wir haben demnach zu zeigen, wie ein Setzen und Nicht-Setzen geschehe.

Die Thätigkeit in diesem Setzen und Nicht-Setzen ist zuvörderst ihrer Form nach offenbar ideale Thätigkeit. Sie Bebt über den Grenzpunct hinaus, wird demnach durch ihn nicht gehemmt. Der Grund, von welchem wir sie, und mit ihr die ganze Empfindung abgeleitet haben, war der, dass das Ich in sich setzen müsse was in ihm seyn solle. Sie ist demnach lediglich im Ich, als solchem, begründet. Ist sie nur das, und weiter nichts, so ist sie ein blosses Nicht-Setzen, und kein Setzen; sie ist lediglich reine Thätigkeit.

Sie soll aber auch ein Setzen seyn, und das ist sie allerdings darum, weil sie die Thätigkeit des Nicht-Ich, als solche, gar nicht etwa aufhebt, oder vermindert. Sie lässt dieselbe, so wie sie ist; sie setzt sie nur ausserhalb des Umkreises des Ich. – Aber hinwiederum, ein Nicht-Ich liegt nie ausserhalb des Umkreises des Ich, so gewiss es ein Nicht-Ich ist. Es ist demselben entgegengesetzt, oder es ist gar nicht. Sie setzt demnach überhaupt ein Nicht-Ich, nur setzt sie es willkürlich hinaus. Das Ich ist begrenzt, denn es ist überhaupt ein Nicht Ich durch dasselbe gesetzt; aber es ist auch nicht begrenzt, denn es setzt dasselbe durch ideale Thätigkeit hinaus, so weit es will. (Setzet, C sey der bestimmte Grenzpunct. Die hier untersuchte Thätigkeit des Ich setzt ihn überhaupt als Grenzpunct, aber sie lässt ihn nicht an der Stelle, die ihm das Nicht-Ich bestimmte, sondern rückt ihn weiter hinaus ins unbegrenzte. Sie setzt demnach (dem Ich) eine Grenze überhaupt; aber sie setzt ihr selbst, inwiefern sie gerade diese Thätigkeit des Ich ist, keine: denn sie setzt jene Grenze in keiner bestimmten Stelle, keine unter allen möglichen Stellen ist eine solche, von der die Grenze nicht weiter hinaus geschoben werden könnte und müsste, da auf sie eine ideale Thätigkeit geht, welche den Grund der Begrenzung in sich selbst haben würde; aber im Ich ist kein Grund, sich selbst zu begrenzen. So lange diese Thätigkeit wirkt, ist für sie keine Grenze. Hörte sie jemals auf zu wirken (es wird zu seiner Zeit sich zeigen, unter welcher Bedingung sie allerdings aufhört), so[352] wäre immer noch dasselbe Nicht-Ich mit derselben unverringerten und unbeschränkten Thätigkeit da.) Die angezeigte Handlung des Ich ist nach allem ein Begrenzen durch ideale (freie und unbeschränkte) Thätigkeit.

Wir wollten dieselbe vorläufig charakterisiren, um die aufgestellte Unbegreiflichkeit nicht lange unbegreiflich zu lassen. Nach der Regel der synthetischen Methode hätten wir sie sogleich durch Gegensetzung bestimmen sollen. Wir thun dies jetzt, und machen uns dadurch vollkommen verständlich.

Dem Setzen und Nicht-Setzen ist für den Behuf der gegenwärtigen Synthesis entgegenzusetzen ein zugleich Gesetzte und Nicht – Gesetztes, und durch diese Gegensetzung sind beide zu bestimmen. Ein solches war schon nach der obigen Untersuchung die Thätigkeit des Nicht-Ich. Sie ist gesetzt und nicht-gesetzt zugleich, d. i. insofern das Ich die Grenze hinausschiebt, schiebt es zugleich die reale Thätigkeit des Ich hinaus; es setzt dieselbe, aber idealisch, durch seine eigene Thätigkeit: denn wäre keine solche vorauszusetzende Thätigkeit des Nicht-Ich, und würde keine gesetzt, so würde auch keine Grenze gesetzt; aber sie wird gerade dadurch gesetzt, dass sie hinausgeschoben wird; und das Nicht-Ich trägt zugleich die Grenze hinaus, wie das Ich sie hinausträgt. In der ganzen Ausdehnung, die wir uns indessen einbilden mögen, setzt allenthalben das Ich und das Nicht-Ich zugleich die Grenze; nur beide auf eine andere Art; und darin sind sie entgegengesetzt, und um ihre Gegensetzung zu bestimmen, müssen wir die Grenze ihr selbst entgegensetzen.

Sie ist eine ideale, oder eine reale. Inwiefern sie das erstere ist, ist sie gesetzt durch das Ich inwiefern sie das letztere ist, durch das Nicht-Ich.

Aber auch inwiefern sie ihr selbst entgegengesetzt ist, bleibt sie dennoch eine und ebendieselbe, und jene entgegengesetzten Bestimmungen in ihr synthetisch vereinigt. Sie ist reale, bloss inwiefern sie durch das Ich gesetzt ist, und demnach auch ideale ist; sie ist ideale, sie kann durch die Thätigkeit des Ich hinausgeschoben werden, lediglich, insofern sie durch das Nicht-Ich gesetzt, und demnach reale ist.[353]

Hierdurch wird nun die über den festen Grenzpunct C hinausgehende Thätigkeit des Ich selbst real und ideal zugleich. Sie ist real, inwiefern sie auf ein durch etwas reales gesetztes geht; sie ist ideal, inwiefern sie aus eigenem Antriebe darauf geht.

Und dadurch wird denn das Empfundene beziehbar auf das Ich. Ausgeschlossen wird und bleibt die Thätigkeit des Nicht-Ich; denn eben dieses wird mit der Grenze in das unendliche, so viel wir bis jetzt sehen, hinausgeschoben; aber beziehbar auf das Ich wird ein Product derselben, die Begrenzung im Ich, als Bedingung seiner jetzt aufgezeigten idealen Thätigkeit.

Dasjenige, worauf, als auf das Ich, in dieser Beziehung das Product des Nicht-Ich bezogen werden sollte, ist die darauf gehende ideale Handlung; dasjenige, welches beziehen sollte, ist dieselbe ideale Handlung; und es ist demnach zwischen dem Beziehenden (welches der synthetischen Methode nach hier ohnedies nicht gesetzt werden sollte) und dem, worauf bezogen wird (welches nach derselben allerdings gesetzt werden sollte), kein Unterschied. Es findet daher gar keine Beziehung auf das Ich statt; und die deducirte Handlung ist eine Anschauung, in welcher das Ich in dem Objecte seiner Thätigkeit sich selbst verliert. Das Angeschaute ist ein idealisch aufgefasstes Product des Nicht-Ich, das durch die Anschauung ins unbedingte ausgedehnt wird; und hier erhalten wir demnach zuerst ein Substrat für das Nicht-Ich. Das Anschauende ist, wie gesagt, das Ich, welches aber nicht auf sich reflectirt.


VI.

Ehe wir an das wichtigste Geschäft unserer gegenwärtigen Untersuchung gehen, einige Worte zur Vorbereitung darauf, und zur Uebersicht des Ganzen.

Bei weitem ist noch nicht geschehen, was geschehen sollte. Das Empfindende ist gesetzt durch Anschauung; das Empfundene ist dadurch gesetzt. Aber wenn, wie gefordert worden, die Empfindung gesetzt werden soll, so muss beides nicht abgesondert, sondern in synthetischer Vereinigung gesetzt werden.[354] Diese konnte sich nur ergeben aus noch nicht vereinigten Endpuncten. Dergleichen finden sich denn auch wirklich in der vorhergehenden Untersuchung vor, ob wir gleich nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht haben.

Wir bedurften zuvörderst, um das Ich als begrenzt zu setzen, und die Grenze ihm zuzueignen, eine dem Begrenzten entgegengesetzte ideale, unbegrenzte, und soviel wir einsehen konnten, unbegrenzbare Thätigkeit. Soll die geforderte Beziehung möglich seyn, so muss diese Thätigkeit, als eine solche, durch deren Gegensatz eine andere (die begrenzte) bestimmt werden soll, im Ich schon Vorhandenseyn. Es ist also noch die Frage zu beantworten: wie und durch welche Veranlassung kommt das Ich zu einem Handeln dieser Art? – Wir nahmen dann, um das Empfundene, was ausserhalb der bestimmten Grenze liegen sollte, durch das Ich zu umfassen, und in dasselbe setzen zu können, eine Thätigkeit an, welche die Grenze hinausschöbe – in das unbegrenzte, so viel wir einsehen konnten. Dass eine solche Handlung vorkomme, ist dadurch erwiesen, dass ausserdem die geforderte Beziehung nicht möglich seyn würde; aber es bleibt immer die Frage zu beantworten: warum soll denn auch überhaupt jene Beziehung, und mithin jene Handlung, als die Bedingung derselben, vorkommen! Gesetzt, es würde in der Folge sich ergeben, dass jene beiden Thätigkeiten eine und ebendieselbe wären, so wurde daraus folgen: um sich selbst begrenzen zu können, muss das Ich die Grenze hinausschieben, und, um die Grenze hinausschieben zu können, muss es sich selbst begrenzen, und dadurch würden denn Empfindung und Anschauung, und in der Empfindung innere Anschauung (die des Empfindenden) und äussere (die des Empfundenen), innigst vereinigt, und keins wäre ohne das andere möglich.

Ohne uns hier an die strenge Form zu binden, die bisher befolgt und bestimmt genug vorgezeichnet ist, so, dass jeder mit leichter Mühe unser Raisonnement nach derselben prüfen kann, gehen wir zur Beförderung der Deutlichkeit in dieser wichtigen und entscheidenden, aber verwickelten Untersuchung einen natürlicheren Weg suchen die aufgeworfenen[355] und sich aufdringenden Fragen zu beantworten, und erwarten vom Resultate, was alsdann weiter vorzunehmen seyn möchte.

A. Woher die der realen und begrenzten entgegenzusetzende ideale und unbegrenzte Thätigkeit? Oder wenn wir auch dies hier noch nicht erfahren sollten, lassen sich nicht noch einige Beiträge zur Charakteristik derselben liefern?

Die begrenzte Thätigkeit als solche sollte durch den Gegensatz mit ihr bestimmt, demnach auf dieselbe bezogen wer: den. Aber was nicht, gesetzt ist, dem lässt nichts sich entgegensetzen. Mithin wird für die Möglichkeit der verlangten Beziehung nicht nur die begrenzte, sondern, um was es hier eigentlich zu thun ist, auch die unbegrenzte ideale Thätigkeit vorausgesetzt, sie ist Bedingung der Beziehung, diese aber – wenigstens nicht vom gegenwärtigen Gesichtspuncte aus betrachtet – nicht umgekehrt Bedingung von jener. Soll die Beziehung möglich seyn, so ist die ideale Thätigkeit schon im Ich vorhanden.

Ununtersucht, woher sie entstehe, und was ihre bestimmte Veranlassung sey; ist so viel klar, dass für sie par kein Grenzpunct C ist, dass sie auf denselben und nach demselben ihre Richtung gar nicht nimmt, sondern völlig frei und unabhängig in das unbegrenzte hinausgeht.

Sie soll durch den Gegensatz mit der begrenzten, als unbegrenzt ausdrücklich gesetzt werden; das heisst nothwendig, da nichts begrenzt ist, was nicht eine bestimmte Grenze hat, mithin die begrenzte nothwendig als in dem bestimmten C begrenzt gesetzt werden muss, sie soll gesetzt werden, als nicht in C begrenzt. (Ob sie etwa über C hinaus in einem anderen möglichen Puncte begrenzt werden möge, bleibt durch diese Gegensetzung völlig unbestimmt, und soll eben unbestimmt bleiben.)

Mithin wird in der Beziehung der bestimmte Grenzpunct C auf sie bezogen; er muss demnach, da sie vor der Beziehung vorher gegeben seyn soll, wirklich in ihr liegen; sie berührt nothwendig diesen Punct, wenn er auf sie beziehbar seyn soll,[356] doch ohne auf ihn ursprünglich gerichtet zu seyn, gleichsam von ohngefähr, wie es hier scheinen möchte.

Im Beziehen wird der Punct C in ihr gesetzt, da, wo er hinfällt, ohne die geringste Freiheit. Der Ein fallspunct ist bestimmt; nur das ausdrückliche Setzen desselben, als des Einfallspunctes, ist Thätigkeit des Beziehens Im Beziehen wird ferner jene ideale Thätigkeit gesetzt, als über diesen Punct hinausgehend. Dies ist abermals nicht möglich, ohne dass derselbe allenthalben in ihr, inwiefern sie über ihn hinausgehen soll, gesetzt werde, als ein solcher über welchen sie hinaus ist. Ihr wird demnach ihrer ganzen Ausdehnung nach in sie übertragen; es wird allenthalben, wo auf sie reflectirt wird, ein Grenzpunct nur zum Versuche, und idealisch, gesetzt, um dessen Entfernung von dem erster festen und unbeweglichen Puncte zu messen. Da diese Thätigkeit aber hinausgehen, immer fortgehen und nirgends begrenzt seyn soll, so lässt dieser zweite idealische Punct nirgend sich festsetzen, sondern er ist fortschwebend, und zwar so, dass in der ganzen Ausdehnung kein Punct (idealisch) sich setzen lasse, den er nicht berührt habe. So gewiss demnach jene ideale Thätigkeit über den Grenzpunct hinausgehen soll, so gewiss wird derselbe hinausgetragen, in das unendliche (bis wir wieder an eine neue Grenze kommen dürften).

Durch welche Thätigkeit wird derselbe nun hinausgetragen! durch die vorausgesetzte ideale, oder durch die des Beziehens? Vor der Beziehung vorher durch die ideale offenbar nicht, denn insofern ist für diese gar kein Grenzpunct vorhanden. Das Beziehen selbst über setzt jenes Hinaustragen, als Unterscheidungs- und Beziehungsgrund, schon voraus. Mithin wird eben in der Beziehung und durch sie der Grenzpunct und das Hinaustragen desselben synthetisch in sie gesetzt; und zwar gleichfalls durch ideale Thätigkeit, denn alles Beziehen ist lediglich im Ich begründet, wie wir wissen: nur durch eine andere ideale Thätigkeit.

Wir finden hier folgende Handlungen des Ich, die wir um der Folge willen aufzählen: 1) eine solche, welche die ideale Thätigkeit zum Object hat; 2) eine solche, welche die[357] reale und begrenzte zum Object hat. Beide müssen zugleich im Ich vorhanden, mithin nur eine und ebendieselbe seyn; ob wir gleich noch nicht einsehen, wie dies möglich seyn könne. 3) Eine solche, welche aus der realen den Grenzpunct in die ideale überträgt, und ihm in derselben folgt. Durch sie wird in der idealen Thätigkeit selbst etwas unterscheidbar, inwiefern nemlich dieselbe Geht bis C und völlig rein ist; und inwiefern sie geht über C hinaus, und also die Grenze hinaustragen soll. Diese Bemerkung wird in der Folge wichtig werden. – Wir unterlassen hier diese besonderen Handlungen weiter zu charakterisiren, da eine vollständige Charakteristik derselben erst in der Folge möglich wird.

Es wird – um Verwechselungen mit dem folgenden zu verhüten, bezeichnen wir die bestimmten Thätigkeiten mit Buchstaben – es wird entgegengesetzt und bezogen die ideale Thätigkeit gehend von A über C in das unbegrenzte, und die reale gehend von A bis zum Grenzpuncte C.

B. Das Ich kann sich, wie wir soeben näher gesehen, nicht als begrenzt setzen, ohne zugleich über die Grenze hinauszugehen, und dieselbe von sich zu entfernen. Dennoch soll dasselbe zugleich, indem es über die Grenze geht, sich auch durch dieselbe Grenze begrenzt setzen, welches aufgestelltermaassen sich widerspricht. Nun ist zwar gesagt worden, es sey begrenzt und unbegrenzt in ganz entgegengesetzter Rücksicht, und nach ganz entgegengesetzten Arten der Thätigkeit; das erstere, inwiefern dieselbe real, das letztere, inwiefern sie ideal ist. Nun haben wir zwar diese beiden Arten der Thätigkeit einander entgegengesetzt; aber durch kein anderes Merkmal, als das der Begrenztheit, oder Unbegrenztheit: und unsere Erklärung dreht sich demnach in einem Cirkel. Das Ich setzt die reale Thätigkeit als die begrenzte, und die ideale als die unbegrenzte. Wohl, und welche setzt sie denn als die reale? Die begrenzte; und die unbegrenzte als die ideale. Können wir nicht aus diesem Cirkel herauskommen, und einen von der Begrenztheit völlig unabhängigen Unterscheidungsgrund für die reale und ideale Thätigkeit aufzeigen, so ist die geforderte Unterscheidung und Beziehung[358] unmöglich. Wir werden einen solchen Unterscheidungsgrund finden, und unsere gegenwärtige Untersuchung geht darauf aus.

Wir wollen vorläufig den Satz aufstellen; dessen Wahrheit sich bald bewähren wird: das Ich kann sich für sich überhaupt nicht setzen, ohne sich zu begrenzen, und demzufolge aus sich herauszugehen.

Das Ich ist ursprünglich durch sich selbst gesetzt, d.h. es ist, was es ist, für irgend eine Intelligenz ausser ihm; sein Wesen ist in ihm selbst begründet: so müsste es gedacht werden, wenn es gedacht würde. Wir können ihm ferner, aus Gründen, die in der Grundlage des praktischen Wissens aufgestellt sind, ein Streben, die Unendlichkeit auszufüllen sowohl, als eine Tendenz, dieselbe zu umfassen, d. i. über sich selbst, als ein unendliches zu reflectiren, zuschreiben Beides kommt ihm zu, so gewiss es ein Ich ist. Aber aus dieser blossen Tendenz entsteht kein Handeln des Ich, und es kann daraus keins entstehen.

Setzet, es gehe so strebend fort bis C; und in C werde sein Streben, die Unendlichkeit zu erfüllen, gehemmt und abgebrochen; es versteht sich, für eine mögliche Intelligenz ausser ihm, welche dasselbe beobachtet, und dieses sein Streben in ihrem eigenen Bewusstseyn gesetzt hat. Was wird dadurch in ihm entstehen? Dasselbe strebte zugleich über sich selbst zu reflectiren, vermochte es aber nicht, weil jedes Re flectirte begrenzt seyn muss, das Ich aber unbegrenzt war.

In C wird es begrenzt; demnach tritt in C mit der Begrenzung zugleich die Reflexion des Ich auf sich selbst ein, es kehrt in sich zurück, es findet sich selbst, es fühlt sich, offenbar aber noch nichts ausser sich.

Diese Reflexion des Ich auf sich selbst ist, wie wir von dem Puncte aus, auf weichem wir stehen, allerdings sehen, und wie die mögliche Intelligenz ausser dem Ich gleichfalls sehen würde, eine Handlung des Ich, begründet in der nothwendigen Tendenz und in der hinzugekommenen Bedingung. Was aber ist sie für das Ich selbst? In dieser Reflexion findet es sich zuerst: für sich entsteht es erst. Es kann den[359] Grund von irgend etwas nicht in sich annehmen, ehe es selbst war. Für das Ich ist demnach jenes Selbstgefühl ein blosses Leiden; für sich reflectirt es nicht, sondern wird reflectirt durch etwas ausser sich. Wir sehen es handeln, aber mit Nothwendigkeit, theils in Absicht des Handelns überhaupt nach den Gesetzen seines Wesens, theils in Absicht des bestimmten Punctes, vermöge einer Bedingung ausser ihm. Das Ich selbst sieht sich gar nicht handeln, sondern es ist lediglich leidend.

Das Ich ist jetzt für sich selbst; und es ist, weil und inwiefern es begrenzt ist. Es muss, so gewiss es ein Ich und begrenzt seyn soll, sich als begrenzt setzen, d. i. es muss ein begrenzendes sich entgegensetzen. Dies geschieht nothwendig durch eine Thätigkeit, welche über die Grenze C hinüber geht, und das über ihr liegen sollende als ein dem strebenden Ich entgegengesetztes auffasst. Was ist dies für eine Thätigkeit, – zuvörderst für den Beobachter, und dann, was für eine ist es für das Ich?

Sie ist lediglich im Ich begründet, der Form und dem Inhalte nach. Das Ich setzt ein begrenzendes, weil es begrenzt ist, und weil es alles, was in ihm seyn soll, setzen muss. Es setzt dasselbe als ein begrenzendes, mithin als ein entgegengeseztes und Nicht-Ich, weil es eine Begrenztheit in sich erklären soll. Man glaube daher keinen Augenblick, dass hier dem Ich ein Weg eröffnet werde, in das Ding an sich (d. i. ohne Beziehung auf ein Ich) einzudringen. Das Ich ist beschränkt: von dieser Voraussetzung gehen wir aus. – Hat diese Beschränkung an sich, d. i. ohne Beziehung auf eine mögliche Intelligenz, einen Grund? wie ist dieser Grund beschaffen? – Wie könnte ich doch dies wissen? wie kann ich mit Vernunft antworten, wenn mir aufgelegt wird, von aller Vernunft zu abstrahiren? Für das Ich, d.h. für alle Vernunft, hat sie einen Grund, denn für dasselbe setzt alle Begrenzung ein begrenzendes voraus; und dieser Grund liegt gleichfalls für das Ich nicht im Ich selbst, – denn dann wären in demselben widersprechende Principien, und es wäre überhaupt nicht, – sondern in einem entgegengesetzten; und ein solches[360] entgegengesetztes wird als solches nach jenen Gesetzen der Vernunft durch das Ich gesetzt, und ist sein Product.

(Wir argumentiren so: das Ich ist begrenzt [es muss nothwendig begrenzt werden, wenn es je ein Ich werden soll]; es muss, nach den Gesetzen seines Wesens, diese Begrenzung und den Grund derselben in ein begrenzendes setzen, und das letztere ist demnach sein Product – Sollte jemand mit dem transcendenten Dogmatism sich selbst so innig verwebt haben, dass er sich nach allem und durch alles bis jetzt gesagte von demselben noch nicht losmachen können, derselbe würde gegen uns ohngefähr folgendermaassen argumentiren: Ich gebe diese ganze aufgestellte Folgerungsweise des Ich, als die Erklärungsart desselben zu; aber dadurch entsteht im Ich bloss die Vorstellung von dem Dinge, und diese ist allerdings sein Product, nicht aber das Ding selbst; ich aber frage nicht nach der Erklärungsart, sondern nach der Sache selbst und an sich. Das Ich soll begrenzt seyn, sagt ihr. Diese Begrenzung an sich betrachtet, – und von der Reflexion derselben durch das Ich, als welche mich hier nicht angeht, völlig abstrahirt, – muss doch einen Grund haben, und dieser Grund ist eben das Ding an sich. – Hierauf antworten wir nun, dass er gerade so erklärt, wie das Ich, auf welches wir reflectiren; dass er selbst jenes Ich so gewiss ist, so gewiss er nach den Gesetzen der Vernunft in seiner Folgerung sich richtet; und dass er bloss auf diesen Umstand reflectiren möge, um zu sehen, dass er noch immer, nur ohne sein Wissen, mit uns in dem gleichen Cirkel sich befand, in welchem wir uns mit unserem Wissen befanden. Wenn er sich in seiner Erklärungsweise nicht von den Denkgesetzen seines Geistes losmachen kann, so wird er nie aus dem Umkreis herauskommen, den wir um ihn gezogen haben. Macht er sich aber davon los, so werden seine Einwürfe uns abermals nicht gefährlich seyn. Woher sein Beharren auf einem Dinge an sich, auch nachdem er zugestanden, dass in uns nur die Vorstellung davon sey, herkomme, wer den wir noch in diesem § vollkommen sehen.)

Was ist die aufgezeigte Handlung für das Ich? Nicht das, was für den Zuschauer, weil für dasselbe nicht die Gründe[361] da sind, aus denen der Zuschauer sie beurtheilt. Für ihn war sie lediglich im Ich, sowohl der Form, als dem Inhalte nach: weil das Ich, zufolge seines ihm bekannten, bloss thätigen, und insbesondere durch Reflexion thätigen Wesens, reflectiren musste. Für sich selbst ist das Ich noch gar nicht als reflectirend, nicht einmal als thätig gesetzt, sondern es ist lediglich leidend, laut des obigen. Es wird dem nach seines Handelns sich gar nicht bewusst, noch kann es sich desselben bewusst werden, sondern das Product desselben, wenn es ihm erscheinen könnte, würde ihm erscheinen, als ohne alles sein Zuthun vorhanden.

(Das was hier deducirt worden, im Bewusstseyn ursprünglich, und gleich bei der Entstehung desselben zu bemerken, und sich gleichsam auf der That zu ergreifen, ist darum unmöglich, weil bei der Reflexion über seine eigene bestimmte Handelsweise das Gemüth schon auf einer weit höheren Stufe der Reflexion sich befinden muss. Aber etwas ähnliches können wir bei dem, was man Anknüpfung einer neuen Reihe im Bewusstseyn nennen möchte, etwa beim Erwachen aus einem tiefen Schlafe oder aus einer Ohnmacht, besonders an einem uns unbekannten Orte, wahrnehmen. Das, womit dann unser Bewusstseyn anhebt, ist allemal das Ich; wir suchen und finden zunächst uns selbst; und nun richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Dinge um uns her, um durch sie uns zu orientiren, wir fragen uns: wo bin ich? wie bin ich hiehergekommen? was ist zuletzt mit mir vorgegangen? um die jetzige Reihe der Vorstellungen an andere abgelaufene anzuknüpfen.)

C. Für den Beobachter ist jetzt das Ich über den Grenzpunct C hinausgegangen, mit der beständig fortdauernden Tendenz über sich zu reflectiren. Da es nicht reflectiren kann, ohne begrenzt zu seyn, sich selbst aber nicht zu begrenzen vermag: so ist klar, dass die geforderte Reflexion nicht möglich seyn werde, wenn es nicht über C hinaus, in dem möglichen Puncte D abermals begrenzt wird. Da aber die Aufzeigung und Bestimmung dieser neuen Grenze uns zu weit und auf Dinge führen würde, die in den gegenwärtigen § nicht gehören, so müssen wir uns hier begnügen unserem vollen[362] Rechte nach zu postuliren: wenn das herausgehende ein Ich seyn soll, so muss es sein herausgehen setzen oder über dasselbe reflectiren; jedoch ohne uns dadurch der Verbindlichkeit entledigen zu wollen, an seinem Orte die Bedingung der Möglichkeit einer solchen Reflexion aufzuzeigen.

Das Ich producirte durch sein blosses Hinausgehen als solches (für den möglichen Beobachter) ein Nicht-Ich ohne alles Bewusstseyn. Es reflectirt jetzt auf sein Product, und setzt es in dieser Reflexion als Nicht-Ich; das letztere schlechthin und ohne alle weitere Bestimmung, und gleichfalls ohne alles Bewusstseyn, weil über das Ich noch nicht reflectirt ist. – Wir verweilen bei diesen Handlungen des Ich nicht länger, weil sie hier völlig unbegreiflich sind, und wir zu seiner Zeit, nur auf dem entgegengesetzten Wege, wieder bei denselben ankommen werden.2)

Es muss über das Product dieser seiner zweiten Handlung, ein als solches gesetztes Nicht-Ich über haupt, wieder reflectiren; gleichfalls nicht ohne eine neue Begrenzung, die wir zu seiner Zeit aufzeigen werden. – Das Ich ist im Gefühl leidend gesetzt; das ihm entgegengesetzte Nicht-Ich muss demnach thätig gesetzt werden.

Ueber das als thätig gesetzte Nicht-Ich wird abermals reflectirt, gleichfalls unter der oben angegebenen Bedingung; und erst jetzt treten wir auf das Gebiet unserer gegenwärtigen Untersuchung. Wir stellen uns, wie bisher immer, und wie es in dergleichen Untersuchungen, die über den gewöhnlichen Gesichtskreis hinausgehen und ungeübten Denkern transcendent scheinen, sehr vortheilhaft ist, auf den Gesichtspunct eines möglichen Beobachters, weil wir aus dem des untersuchten Ich nichts sehen konnten.

Es ist durch das Ich und im Ich (doch wie mehrmals erinnert worden, ohne Bewusstseyn) gesetzt ein thätiges Nicht-Ich. Auf dieses gellt eine neue Thätigkeit des Ich, oder auch, es wird über dasselbe reflectirt. Nur über das begrenzte kann[363] reflectirt werden; die Thätigkeit des Nicht-Ich wird demnach nothwendig begrenzt, und zwar als Thätigkeit, weil und inwiefern sie in Handlung gesetzt ist – nicht etwa dem Umfange ihres Wirkungskreises nach, so dass sie z.B. nur bis E oder F und nicht weiter vorrückte, wie man voreiligerweise vermuthen dürfte. Woher sollten wir doch hier einen solchen Umfang bekommen, da es noch keinen Raum giebt? Das Nicht-Ich bleibt nicht thätig, sondern es wird ruhend, die Aeusserung seiner Kraft wird gehemmt, und es bleibt ein blosses Substrat der Kraft übrig, welches letztere zur Zeit nur gesagt wird, um uns verständlich zu machen, in der Folge aber gründlich deducirt werden soll. – (Wir können von unserem Gesichtspuncte aus annehmen, dass die Thätigkeit des Nicht-Ich lediglich durch die reflectirende Thätigkeit des Ich, in und durch das Reflectiren gehemmt werde, und wir werden zu seiner Zeit das Ich selbst auf den Gesichtspunct stellen, von welchem aus es das Gleiche annimmt: da aber das Ich hier dieser Thätigkeit sich weder unmittelbar noch mittelbar (durch Folgerung) bewusst wird, so kann dasselbe jene Hemmung auch nicht aus ihr erklären, sondern wird dieselbe von einer entgegengesetzten Kraft eines anderen dem ersten entgegengesetzten Nicht-Ich ableiten wie wir zu seiner Zeit sehen werden.)

Inwiefern das Ich reflectirt, reflectirt es nicht über dieses Reflectiren selbst; es kann nicht zugleich auf das Object handeln und auf dieses sein Handeln handeln; es wird demnach der aufgezeigten Thätigkeit sich nicht bewusst, sondern vergisst sich selbst gänzlich und verliert sich im Objecte derselben; und wir haben demnach hier wieder die oben geschilderte äussere ( die aber noch nicht als äussere gesetzt ist) erste ursprüngliche Anschauung, aus welcher aber noch gar kein Bewusstseyn nicht nur kein Selbstbewusstseyn, denn das ergiebt sich zur Genüge aus dem obigen, sondern selbst kein Bewusstseyn des Objects entsteht.

Von dem gegenwärtigen Gesichtspuncte aus wird vollkommen klar, was oben bei Ableitung der Empfindung über den Widerstreit entgegengesetzter Thätigkeiten des Ich und des[364] Nicht-Ich gesagt wurde, die sich gegenseitig vernichten sollten. Es könnte keine Thätigkeit des Ich vernichtet werden, wenn dasselbe nicht erst aus dem, was wir uns als ihren ersten und ursprünglichen Umfang einbilden können (das, was in unserer Darstellung von A bis C liegt), in den Wirkungskreis des Nicht-Ich (von C an in die Unendlichkeit hinaus) herausgegangen wäre. Es wäre ferner kein Nicht-Ich und keine Thätigkeit desselben, wenn nicht das Ich dieselben gesetzt hätte; Beide sind sein Product. – Die Thätigkeit des Nicht-Ich wird vernichtet, inwiefern darauf reflectirt wird, dass sie vorher gesetzt war, und jetzt durch die Reflexion und zum Behuf ihrer Möglichkeit aufgehoben wird; die des Ich, wenn man darauf reflectirt, dass dasselbe über sein Reflectiren, in welchem es doch allerdings thätig ist, nicht wieder reflectirt; sondern in demselben sich verliert, und sich selbst gleichsam zum Nicht-Ich umwandelt, welches letztere in der Folge sich noch mehr bestätigen wird. – Kurz, wir stehen hier gerade auf dem Puncte, von welchem wir im vorigen § und bei der ganzen besonderen theoretischen Wissenschaftslehre ausgingen: bei dem Widerstreite, der im Ich für den möglichen Beobachter seyn soll, über welchen aber noch nicht reflectirt worden, und der daher noch nicht für das Ich im Ich ist, daher sich auch von dem bisherigen noch nicht das mindeste Bewusstseyn ableiten lässt, ohngeachtet wir nun alle möglichen Bedingungen desselben haben.


VII.

Das Ich ist jetzt für sich selbst, in Beziehung auf die Möglichkeit einer Reflexion über sich selbst, was es beim Anfange unserer Untersuchung für einen möglichen Beobachter ausser demselben war. Der letztere fand vor ein Ich, als Etwas, als wahrnehmbares und als Ich zu denkendes Wesen, ein Nicht-Ich, gleichfalls als Etwas, und einen Berührungspunct zwischen beiden. Dadurch allein aber entstand in ihm noch keine Vorstellung von der Begrenztheit des Ich, wenn er nicht auf beide reflectirte. Er sollte reflectiren, denn nur insofern war er ein[365] Beobachter, und er hat seitdem allen Handlungen, die aus dem Wesen des Ich nothwendig erfolgen mussten, zugesehen.

Durch diese Handlungen ist das Ich selbst nunmehr auf den Punct gekommen, auf welchem zu Anfange der Beobachter sich befand. Es ist in demselben, innerhalb seines für den Beobachter gesetzten Wirkungskreises, und als Product des Ich selbst vorhanden ein Ich, als etwas Wahrnehmbares (weil es begrenzt ist), ein Nicht-Ich und ein Berührungspunct zwischen beiden. Das Ich darf nur reflectiren, um gerade das zu finden, was vorher nur der Zuschauer finden konnte.

Das Ich hat schon ursprünglich beim Anfange alles seines Handelns über sich reflectirt, und aus Nothwendigkeit reflectirt, wie wir oben gesehen haben. – Es war in ihm die Tendenz überhaupt zu reflectiren; durch die Begrenzung kam die Bedingung der Möglichkeit des Reflectirens hinzu, es reflectirte nothwendig. Daher entstand ein Gefühl, und aus diesem alles übrige, was wir abgeleitet haben. Die Tendenz zur Reflexion geht fort in das Unendliche, sie ist daher noch immer im Ich vorhanden: und das Ich kann demnach über sein erstes Reflectiren selbst, und über alles, was daraus erfolgt ist, reflectiren, da die Bedingung der Reflexion, eine Einschränkung durch etwas, das sich als Nicht-Ich betrachten lässt, vorhanden ist.

Es muss nicht reflectiren, wie wir dies bei der ersteren Reflexion annahmen; denn dasjenige, wodurch es für die jetzt mögliche Reflexion bedingt ist, ist nicht unbedingt ein Nicht-Ich, sondern es lässt sich auch ansehen, als enthalten im Ich. – Das, wodurch es begrenzt ist, ist das durch dasselbe producirte Nicht-Ich. Man dürfte dagegen sagen da es durch sein eigenes Product begrenzt seyn soll, so soll es sich selbst begrenzen, und dies ist zu wiederholten Malen für den härtesten Widerspruch erklärt worden, und auf die Nothwendigkeit, diesem Widerspruche auszuweichen, gründet sich das ganze bisherige Raisonnement. Aber theils ist dasselbe nicht ganz und absolut sein eigenes Product, sondern es wurde nur unter Bedingung einer Begrenzung durch ein Nicht-Ich gesetzt, theils hält es dasselbe gerade aus diesem Grunde nicht für sein eigenes Product! inwiefern es sich dadurch begrenzt setzt;[366] und so wie es dasselbe für sein eigenes Product anerkennt, setzt es sich dadurch nicht begrenzt.

Wenn aber das, was wir in das Ich gesetzt haben, nur wirklich im Ich vorhanden seyn soll, so muss dasselbe reflectiren. Wir postuliren demnach diese Reflexion, und haben das Recht, sie zu postuliren. – Es dürften vielleicht, wenn man uns einen Augenblick, bloss um uns verständlich zu machen, einen transcendenten Gedanken erlauben will, mannigfaltige Eindrücke auf uns geschehen: wenn wir nicht darauf reflectiren, so wissen wir es nicht, und es sind daher, im transcendentalen Sinne, gar keine Eindrücke auf uns, als Ich, geschehen.

Die geforderte Reflexion geschieht aus den angeführten Gründen mit absoluter Spontaneität: das Ich reflectirt, schlechthin, weil es reflectirt. Nicht nur die Tendenz zur Reflexion, sondern die Handlung der Reflexion selbst ist im Ich begründet; sie ist zwar bedingt durch etwas ausser dem Ich, durch den geschehenen Eindruck; aber sie ist dadurch nicht necessitirt.

Wir können bei dieser Reflexion sehen auf zweierlei: auf das dadurch reflectirte Ich, und auf das darin reflectirende Ich. Unsere Untersuchung theilt sich demnach in zwei Theile, welche wohl, wie nach der synthetischen Methode zu erwarten ist, einen dritten herbeiführen dürften.

A. Dem Ich hat bis jetzt noch nichts zugeschrieben werden können, als das Gefühl; es ist ein fühlendes und nichts weiter. Das reflectirte Ich ist begrenzt, heisst demnach: es fühlt sich begrenzt, oder es ist in ihm ein Gefühl der Begrenztheit, des Nichtkönnens oder des Zwanges vorhanden. Wie dies möglich sey, wird sogleich klar werden.

Inwiefern das Ich sich begrenzt setzt, geht es hinaus über die Grenze, ist Kanon: also es setzt zugleich nothwendig das Nicht-Ich, aber ohne Bewusstseyn seines Handelns. Es ist mit jenem Gefühl des Zwanges vereinigt eine Anschauung des Nicht-Ich, aber eine blosse Anschauung, in welcher das Ich sich selbst in dem Angeschauten vergisst.

Beide, das angeschaute Nicht-Ich und das gefühlte und sich fühlende Ich, müssen synthetisch vereinigt werden, und[367] das geschieht vermittelst der Grenze. Das Ich fühlt sich begrenzt, und setzt das angeschaute Nicht-Ich, als dasjenige, wodurch es begrenzt ist. – Gemeinfasslich ausgedrückt: Ich sehe etwas, und zugleich ist in mir ein Gefühl eines Zwanges vorhanden, den ich unmittelbar nicht erklären kann. Er soll aber erklärt werden. Ich beziehe also beides aufeinander, und sage: das, was ich sehe, ist der Grund des gefühlten Zwanges.

Was hierbei noch einige Schwierigkeit machen könnte, wäre folgende Frage: wie kommt es, dass ich überhaupt mich gezwungen fühle? Ich erkläre mir das Gefühl freilich aus dem angeschauten Nicht-Ich; aber ich kann nicht anschauen, wenn ich nicht schon fühle. Demnach ist jenes Gefühl unabhängig von der Anschauung zu erklären. Wie geschieht dies? Nun ist es gerade diese Schwierigkeit, die uns nöthigen wird, die jetzige Synthesis, als in sich unvollständig und unmöglich, an eine andere anzuknüpfen, die Sache umzukehren und zu sagen: ich kann ebensowenig einen Zwang fühlen, ohne anzuschauen; und demnach ist beides synthetisch vereinigt. Eins begründet nicht das andere, sondern beide begründen sich gegenseitig. Jedoch aber, um diese Erörterung im voraus zu erleichtern, wollen wir uns sogleich hier, und wie die Sachen stehen, auf die obige Frage einlassen.

Das Ich geht ursprünglich darauf aus, die Beschaffenheit der Dinge durch sich selbst zu bestimmen; es fordert schlechthin Causalität. Dieser Forderung, inwiefern sie auf Realität ausgebt, und demnach reale Thätigkeit genannt werden kann, wird widerstanden, und dadurch wird eine andere, ursprünglich im Ich begründete Tendenz, über sich selbst zu reflectiren, befriedigt, und es entsteht zunächst eine Reflexion auf eine als bestimmt gegebene Realität, die, inwiefern sie schon bestimmt ist, nur durch die ideale Thätigkeit des Ich, die des Vorstellens, Nachbildens, aufgefasst werden kann. Wird nun beides, sowohl das auf die Beschaffenheit des Dinges ausgehende, als das die ohne Zuthun des Ich bestimmte Beschaffenheit nachbildende, gesetzt als Ich, als ein und ebendasselbe Ich (und dies geschieht durch absolute Spontaneität): so wird das reale Ich durch die angeschaute, seiner Thätigkeit, wenn sie[368] fortgegangen wäre, entgegengesetzte Beschaffenheit des Dinges begrenzt gesetzt, und das so synthetisch vereinigte ganze Ich fühlt sich selbst als begrenzt, oder gezwungen. – Das Gefühl ist die ursprünglichste Wechselwirkung des Ich mit sich selbst, ehe noch ein Nicht-Ich – es vorsteht sich im Ich und für das Ich – vorkommt; denn zur Erklärung des Gefühls muss es allerdings gesetzt werden. Das Ich strebt in die Unendlichkeit hinaus; das Ich reflectirt auf sich, und begrenzt sich dadurch: dies ist oben abgeleitet, und daraus möchte ein möglicher Zuschauer ein Gefühl des Ich folgern; aber es entsteht noch kein Selbstgefühl Beides, das begrenzte und das begrenzende Ich werden durch absolute Spontaneität synthetisch vereinigt, gesetzt, als dasselbe Ich: dies ist hier abgeleitet, und dadurch entsteht für das Ich ein Gefühl, ein Selbstgefühl, innige Vereinigung des Thuns und Leidens in einem Zustande.)

B. Es soll ferner reflectirt werden auf das in jener Handlung reflectirende Ich. Auch diese Reflexion geschieht nothwendig mit absoluter Spontaneität, wird aber, wie sich erst im Folgenden zeigen wird, nicht lediglich postulirt, sondern durch synthetische Nothwendigkeit, als Bedingung der Möglichkeit der vorher postulirten Reflexion herbeigeführt. Uns ist es hier weniger um sie selbst, als um ihr Object, inwiefern es das ist, zu thun.

Das in jener Handlung reflectirende Ich handelte mit absoluter Spontaneität, und sein Handeln war lediglich im Ich begründet: es war ideale Thätigkeit. Es muss demnach auf sie reflectirt werden, als eine solche, und sie muss gesetzt werden, als hinausgehend über die Grenze – ins unendliche, wenn nicht in Zukunft durch eine andere Reflexion sie begrenzt wird. Es kann aber zufolge der Reflexions-Gesetze auf nichts reflectirt werden, ohne dass dasselbe, sey es auch bloss und lediglich durch die Reflexion, begrenzt werde: also jene Handlung des Reflectirens ist, so gewiss über sie reflectirt wird, begrenzt. Es lässt sich sogleich einsehen, was bei jener Unbegrenztheit, welche bleiben muss, diese Begrenztheit seyn werde. – Die Thätigkeit kann nicht reflectirt werden, als Thätigkeit (seines Handelns unmittelbar wird das Ich sich nie bewusst,[369] wie auch ohne dies bekannt ist), sondern als Substrat, mithin als Product einer absoluten Thätigkeit des Ich.

Es ist sogleich einleuchtend, dass das dieses Product setzende Ich im Setzen desselben sich selbst vergisst, dass mithin dieses Product ohne Bewusstseyn des Anschauens angeschaut wird.

Inwiefern also das Ich über die absolute Spontaneität seines Reflectirens in der ersten Handlung wieder reflectirt, wird ein unbegrenztes Product der Thätigkeit des Ich, als solches, gesetzt. – Wir werden dieses Product in der Folge näher kennen lernen.

Dies Product soll als Product des Ich gesetzt werden; es muss demnach nothwendig auf das Ich bezogen werden. Auf das anschauende Ich kann dasselbe nicht bezogen werden, denn dieses ist, laut des obigen, noch gar nicht gesetzt. Das Ich ist noch nicht gesetzt, als inwiefern es sich begrenzt fühlt, auf dieses müsste es demnach bezogen werden.

Aber das Ich, das sich als begrenzt fühlt, ist demjenigen, welches durch Freiheit etwas, und etwas Unbegrenztes producirt, entgegengesetzt; das fühlende ist nicht frei, sondern gezwungen; und das producirende ist nicht gezwungen, sondern es producirt mit Freiheit.

So muss es denn auch allerdings seyn, wenn Beziehung und synthetische Vereinigung möglich und nöthig seyn soll; wir haben demnach für die geforderte Beziehung nur den Beziehungsgrund aufzuweisen.

Dieser müsste seyn Thätigkeit mit Freiheit, oder absolute Thätigkeit. Eine solche kommt nun dem begrenzten Ich nicht zu; es zeigt sich demnach nicht, wie eine Vereinigung zwischen beiden möglich sey.

Wir dürfen nur noch einen Schritt thun, um das überraschendste, die uralten Verwirrungen endende und die Vernunft auf ewig in ihre Rechte einsetzende Resultat zu finden. – Das Ich selbst soll doch das beziehende seyn. Es geht also nothwendig, schlechthin durch sich selbst, ohne irgend einen Grund, und wider den äusseren Grund aus der Begrenzung heraus, eignet eben dadurch das Product sich zu, und[370] macht es zu dem seinigen durch Freiheit; – Beziehungsgrund und Beziehendes sind dasselbe.

Dieser Handlung wird das Ich sich nie bewusst, und kann sich derselben nie bewusst werden; ihr Wesen besteht in der absoluten Spontaneität, und sobald über diese reflectirt wird, hört sie auf Spontaneität zu seyn. Das Ich ist nur frei, in dem es handelt; so wie es auf diese Handlung reflectirt, hört dieselbe auf frei, und überhaupt Handlung zu seyn, und wird Product.

Aus der Unmöglichkeit des Bewusstseyns einer freien Handlung entstellt der ganze Unterschied zwischen Idealität und Realität, zwischen Vorstellung und Ding, wie wir bald näher sehen werden.

Die Freiheit, oder was das gleiche heisst, das unmittelbare Handeln des Ich, als solches, ist der Vereinigungspunct der Idealität und Realität. Das Ich ist frei, indem und dadurch, dass es sich freisetzt, sich befreit: und es setzt sich frei, oder befreit sich, indem es frei ist. Bestimmung und Seyn sind Eins; Handelndes und Behandeltes sind Eins; eben indem das Ich sich zum Handeln bestimmt, handelt es in diesem Bestimmen; und indem es handelt, bestimmt es sich.

Das Ich kann sich nicht durch Reflexion als frei setzen, dies ist ein Widerspruch, und auf diesem Wege könnten wir nie zu der Annahme kommen, dass wir frei seyen; aber es eignet sich etwas zu, als Product seiner eigenen freien Thätigkeit, und insofern setzt es sich wenigstens mittelbar als frei.3.[371]

C. Das Ich ist beschränkt, indem es sich fühlt, und es setzt sich insofern als beschränkt, nach der ersteren Synthesis. Das Ich ist frei, und es setzt sich wenigstens mittelbar als frei, indem es etwas als Product seiner freien Thätigkeit setzt, nach der zweiten Synthesis. Beide Bestimmungen des Ich, die der Beschränktheit im Gefühl, und die der Freiheit im Produciren sind völlig entgegengesetzt. Nun könnte vielleicht in ganz verschiedenen Rücksichten das Ich sich als frei, oder als bestimmt setzen, so dass dadurch die Identität desselben nicht aufgehoben würde. Aber es ist in beiden Synthesen ausdrücklich gefordert worden, dass es sich als beschränkt setzen solle, weil und inwiefern es sich als freisetzt, und als frei, weil und inwiefern es sich als beschränkt setzt. Es soll demnach frei und beschränkt in einer und ebenderselben Rücksicht seyn; dies widerspricht sich offenbar, und dieser Widerspruch muss gehoben werden. – Wir gehen zuvörderst noch tiefer ein in den Sinn der als entgegengesetzt aufgestellten Sätze.

1) Das Ich soll sich als beschränkt setzen, weil und inwiefern es sich als freisetzt. – Das Ich ist frei, lediglich inwiefern es handelt; wir hätten demnach vorläufig die Frage zu beantworten: was heisst Handeln; welches ist sein Unterscheidungsgrund vom Nicht-handeln? – Alle Handlung setzt Kraft voraus; es wird absolut gehandelt, heisst: die Kraft wird lediglich durch sich selbst und in sich selbst bestimmt, d. i. sie erhält ihre Richtung. Sie hatte demnach vorher keine Richtung, war nicht in Handlung gesetzt, sondern ruhende Kraft, ein blosses Streben nach Kraftanwendung. So gewiss demnach das Ich sich absolut handelnd setzen soll, vorläufig in der Reflexion, so gewiss muss es sich auch als nicht-handelnd setzen. Bestimmung zum Handeln setzt Ruhe voraus. – Ferner, die Kraft giebt sich schlechthin eine Richtung, d. i. sie giebt sich ein Object, auf welches sie gehe. Die Kraft selbst giebt ihr selbst das Object; aber was sie sich geben soll, muss sie, inwiefern sie es giebt, auch schon haben; es müsste ihr demnach schon gegeben seyn, gegen welches Geben sie sich leidend verhalten hätte. – Also Selbstbestimmung zum Handeln[372] setzt nothwendig sogar ein Leiden voraus – und wir finden uns hier abermals in neue Schwierigkeiten verwickelt, von welchen aus aber gerade das hellste Licht über unsere ganze Untersuchung sich verbreiten wird.

2) Das Ich soll sich als frei setzen, weil und inwiefern es sich als beschränkt setzt. – Das Ich setzt sich begrenzt, heisst: es setzt seiner Thätigkeit eine Grenze (nicht: es producirt diese Begrenzung, sondern es setzt sie nur als gesetzt, durch eine entgegengesetzte Kraft). Das Ich muss demnach, um beschränkt worden zu seyn, schon gehandelt, seine Kraft muss schon eine Richtung, und zwar eine Richtung durch Selbstbestimmung gehabt haben. Alle Begrenzung setzt freies Handeln voraus.

Wir wenden jetzt diese Grundsätze an auf den vorliegenden Fall.

Das Ich ist für sich selbst noch immer gezwungen, genöthigt, begrenzt, insofern dasselbe hinausgeht über die Begrenzung, ein Nicht-Ich setzt, und dasselbe anschaut, ohne seiner selbst in dieser Anschauung sich bewusst zu werden. Nun ist dieses Nich-Ich, wie wir von dem höheren Gesichtspuncte aus, auf welchen wir uns gestellt haben, wissen, sein Product, und dasselbe muss darauf reflectiren, als auf sein Product. Diese Reflexion geschieht nothwendig durch absolute Selbstthätigkeit.

Das Ich, ein und ebendasselbe Ich mit einer und ebenderselben Thätigkeit, kann nicht zugleich ein Nicht-Ich produciren und auf dasselbe, als auf sein Product, reflectiren. Es muss demnach seine erstere Thätigkeit begrenzen, abbrechen, so gewiss die geforderte zweite ihm zukommen soll, und dieses Unterbrechen seiner ersten Thätigkeit geschieht gleichfalls durch absolute Spontaneität, da die ganze Handlung dadurch geschieht. Unter dieser Bedingung allein ist auch absolute Spontaneität möglich. Das Ich soll durch sie sich bestimmen. Dem Ich aber kommt nichts zu, ausser Thätigkeit. Es müsste demnach eine seiner Handlungen begrenzen, und abermals darum, weil ihm nichts ausser Thätigkeit zukommt, durch eine andere der ersten entgegengesetzte Handlung begrenzen.[373]

Das Ich soll ferner sein Product, das entgegengesetzte, begrenzende Nicht-Ich setzen, als sein Product. Eben durch diejenige Handlung, durch welche dasselbe, wie soeben gesagt worden, sein Produciren abbricht, setzt es dasselbe als solches, erhebt es dasselbe zu einer höheren Stufe der Reflexion. Die untere, erste Region der Reflexion ist dadurch abgebrochen, und es ist uns jetzt bloss um den Uebergang von der einen zur anderen, um ihren Vereinigungspunct zu thun. Aber das Ich wird, wie bekannt, seines Handelns unmittelbar sich nie bewusst; es kann demnach das geforderte nur mittelbar durch eine neue Reflexion als sein Product setzen.

Es muss durch dieselbe gesetzt werden, als Product der absoluten Freiheit, und das Kennzeichen eines solchen ist, dass es auch anders seyn könne, und als anders seyend gesetzt werden könne. Das anschauende Vermögen schwebt zwischen verschiedenen Bestimmungen, und setzt unter allen möglichen nur eine, und dadurch erhält das Product den eigenthümlichen Charakter des Bildes.

(Um uns verständlich zu machen, stellen wir als Beispiel auf ein Object mit verschiedenen Merkmalen, ohnerachtet bis jetzt von einem solchen noch nicht die Rede seyn kann. – Ich bin in der ersten Anschauung, der producirenden, verloren in ein Object. Ich reflectirte zuvörderst auf mich selbst, finde mich und unterscheide von mir das Object. Aber noch ist in dem Objecte alles verworren und unter einander gemischt, und es ist weiter auch nichts, denn ein Object. Ich reflectire jetzt auf die einzelnen Merkmale desselben, z.B. auf seine Figur, Grösse, Farbe u. s. f, und setze sie in meinem Bewusstseyn. Bei jedem einzelnen Merkmale dieser Art bin ich anfangs zweifelhaft und schwankend, lege meiner Beobachtung ein willkürliches Schema von einer Figur, einer Grösse, einer Farbe, die sich denen des Objects nähern, zum Grunde, beobachte genauer, und bestimme nun erst mein Schema der Figur etwa zu einem Würfel, das der Grösse etwa zu dem einer Faust, das der Farbe etwa zu dem der dunkelgrünen. Durch dieses Uebergehen von einem unbestimmten Producte der freien Einbildungskraft zu der völligen Bestimmung in[374] einem und ebendemselben Acte wird das, was in meinem Bewusstseyn vorkommt, ein Bild, und wird gesetzt als ein Bild. Es wird mein Product, weil ich es als durch absolute Selbstthätigkeit bestimmt setzen muss.)

Inwiefern das Ich dieses Bild setzt, als Product seiner Thätigkeit, setzt es demselben nothwendig etwas entgegen, das kein Product derselben ist; welches nicht mehr bestimmbar, sondern vollkommen bestimmt ist, und, ohne alles Zuthun des Ich, durch sich selbst bestimmt ist. Dies ist das wirkliche Ding, nach welchem das bildende Ich in Entwerfung seines Bildes sich richtet, und das ihm daher bei seinem Bilden nothwendig vorschweben muss. Es ist das Product seiner ersten jetzt unterbrochenen Handlung, das aber in dieser Beziehung unmöglich als solches gesetzt werden kann.

Das Ich bildet nach demselben; es muss demnach im Ich enthalten, seiner Thätigkeit zugänglich seyn: oder, es muss zwischen dem Dinge und dem Bilde vom Dinge, die einander entgegengesetzt werden, ein Beziehungsgrund sich aufweisen lassen. Ein solcher Beziehungsgrund nun ist eine völlig bestimmte, aber bewusstseynlose Anschauung des Dinges. Für sie und in ihr sind alle Merkmale des Objects vollkommen bestimmt, und insofern ist sie beziehbar auf das Ding, und das Ich ist in ihr leidend. Dennoch ist sie auch eine Handlung des Ich, und daher beziehbar auf das im Bilden handelnde Ich. Dasselbe hat Zugang zu ihr; es bestimmt nach der in ihr angetroffenen Bestimmung sein Bild (oder, wenn man lieber will, – denn beides ist gleichgeltend, – es durchläuft die in ihm vorhandenen Bestimmungen mit Freiheit, zählt sie auf, und prägt sie sich ein).

(Diese Mittelanschauung ist äusserst wichtig; wir merken, daher sogleich, obschon wir wieder zu ihr zurückkommen, einiges an über sie.

Dieselbe ist hier durch eine Synthesis postulirt, als Mittelglied, das nothwendig vorhanden seyn muss, wenn ein Bild vom Objecte möglich seyn soll. Es bleibt aber immer die Frage: woher kommt sie? – lässt sie sich, da wir hier mitten im Kreise des Handlungen des vernünftigen Geistes sind, welche[375] alle zusammenhangen wie die Glieder einer Kette, nicht auch noch anderwärtsher ableiten? Und das lässt sie sich allerdings. – Das Ich Producirt ursprünglich das Object. Es wird in diesem Produciren, zum Behuf einer Reflexion über das Product, unterbrochen. Was geschieht durch diese Unterbrechung mit der unterbrochenen Handlung? Wird sie gänzlich vernichtet und ausgetilgt? Das kann nicht seyn; denn dann würde durch die Unterbrechung der ganze Faden des Bewusstseyns abgerissen, und es liesse sich nie ein Bewusstseyn deduciren. Ferner wurde ja ausdrücklich gefordert, dass über das Product derselben reflectirt werden sollte, und das wäre abermals nicht möglich, wenn sie gänzlich aufgehoben wäre; Handlung aber bleibt sie unmöglich, denn dasjenige, worauf ein Handeln geht, ist insofern nicht Handlung. Aber ihr Product, das Object, muss bleiben, und die unterbrechende Handlung geht demnach auf das Object und macht es gerade dadurch zu Etwas, zu einem festgesetzten und fixirten, dass sie darauf geht, und das erste Handeln unterbricht.

Ferner: diese Handlung des Unterbrechens selbst, die wir jetzt als gerichtet auf das Object kennen, dauert sie als Handlung fort, oder nicht?

Das Ich unterbrach selbstthätig sein Produciren, um auf das Product zu reflectiren, also um eine neue Handlung an die Stelle der ersteren zu setzen, und insbesondere, da, wo wir jetzt stehen, dieses Product zu setzen, als das seinige. Das Ich kann nicht zugleich in verschiedenen Beziehungen handeln; also jene auf das Object gerichtete Handlung ist, inwiefern gebildet wird, selbst abgebrochen; sie ist bloss als Product vorhanden, d.h. nach allem, sie ist eine unmittelbare, auf das Object gerichtete Anschauung, und als solche gesetzt: – also es ist gerade diejenige Anschauung, die wir soeben als Mittelglied aufgestellt haben, und die auch von einer anderen Seite als solches sich zeigt.

Diese Anschauung ist ohne Bewusstseyn, gerade aus dem gleichen Grunde, aus welchem sie vorhanden ist, weil das Ich nicht doppelt handeln, mithin nicht auf zwei Gegenstände zugleich reflectiren kann. Es wird im gegenwärtigen Zusammenhange[376] betrachtet, als setzend sein Product, als solches, oder als bildend; es kann sich demnach nicht zugleich setzen, als unmittelbar das Ding anschauend.

Diese Anschauung ist der Grund aller Harmonie, den wir zwischen unseren Vorstellungen und den Dingen annehmen. Wir entwerfen unserer eigenen Aussage nach durch Spontaneität ein Bild, und es lässt sich gar wohl erklären und rechtfertigen, wie wir dasselbe als unser Product ansehen, und es in uns setzen können. Nun aber soll diesem Bilde etwas ausser uns liegendes, durch das Bild Bar nicht hervorgebrachtes, noch bestimmtes, sondern unabhängig von demselben nach seinen eigenen Gesetzen existirendes entsprechen; und da lässt sich denn gar nicht einsehen, nicht nur mit welchem Rechte wir so etwas behaupten, sondern sogar nicht, wie wir auch nur auf eine solche Behauptung kommen mögen, wenn wir nicht zugleich eine unmittelbare Anschauung von dem Dinge haben. Ueberzeugen wir uns nur einmal von der Nothwendigkeit einer solchen unmittelbaren Anschauung, so werden wir auch die Ueberzeugung, dass demnach das Ding in uns selbst liegen müsse, da wir auf nichts unmittelbar handeln können, als auf uns selbst, nicht lange zurückhalten können.)

Im Bilden ist das Ich völlig frei, wie wir soeben gesehen haben. Das Bild ist auf eine gewisse Art bestimmt, weil das Ich dasselbe so und nicht anders, welches es in dieser Rücksicht allerdings auch könnte, bestimmt; und durch diese Freiheit im Bestimmen wird Aas Bild beziehbar auf das Ich, und lässt sich setzen in dasselbe, und als sein Product.

Aber dieses Bild soll nicht leer seyn; sondern es soll demselben ein Ding ausser dem Ich entsprechen: es muss demnach auf dieses Ding bezogen werden. Wie das Ding dem Ich für die Möglichkeit dieser Beziehung zugänglich werde, nemlich durch eine vorauszusetzende unmittelbare Anschauung des Dinges, ist soeben gesagt worden. Insofern nun das Bild bezogen wird auf das Ding, ist es völlig bestimmt, es muss gerade so seyn, und darf nicht anders seyn; denn das Ding ist vollkommen bestimmt, und das Bild soll demselben[377] entsprechen. Die vollkommene Bestimmung ist der Beziehungsgrund zwischen dem Bilde und dem Dinge, und das Bild ist jetzt von der unmittelbaren Anschauung des Dinges nicht im geringsten verschieden.

Dadurch wird dem vorhergehenden offenbar widersprochen; denn was nothwendig so seyn muss, wie es ist, und gar nicht anders seyn kann, ist kein Product des Ich, und lässt sich in dasselbe gar nicht setzen, oder darauf beziehen. (Unmittelbar seiner Freiheit im Bilden wird das Ich ohnedies sich nicht bewusst, wie mehrmals erinnert worden; dass es aber, inwiefern es das Bild auch mit anderen möglichen Bestimmungen setzt, dasselbe als sein Product setzt, ist gezeigt, und ist durch keine folgende Operation der Vernunft umzustossen. Wenn es aber gleich darauf eben dieses Bild auf das Ding bezieht, so setzt es dasselbe dann nicht mehr als sein Product, der vorige Zustand des Ich ist vorüber, und es giebt zwischen ihm und dem gegenwärtigen keinen Zusammenhang, als etwa den, den ein möglicher Zuschauer dadurch, dass er das in beiden Zuständen handelnde Ich als Ein und ebendasselbe denkt, hineinsetzt. Jetzt ist ein Ding, was vorher nur Bild war. Nun muss es allerdings dem Ich ein leichtes seyn, sich wieder auf die vorige Stufe der Reflexion zurückzuversetzen, aber dadurch entsteht abermals kein Zusammenhang, und jetzt ist wieder ein Bild, was vorher nur Ding war. Wenn der vernünftige Geist nicht hierbei nach einem Gesetze verführe, das wir eben hier aufzusuchen haben, so würde daraus ein fortdauernder Zweifel entstehen, ob es nur Dinge und keine Vorstellungen von ihnen, oder ob es nur Vorstellungen und keine ihnen entsprechende Dinge gäbe, und jetzt würden wir das in uns vorhandene für ein blosses Product unserer Einbildungskraft, jetzt für ein ohne alles unser Zuthun uns afficirendes Ding halten. Diese schwankende Ungewissheit entsteht denn auch wirklich, wenn man einen solcher Untersuchungen ungewohnten nöthigt, uns zu gestehen, dass die Vorstellung von dem Dinge doch nur in ihm anzutreffen seyn könne. Er gesteht es jetzt zu; und sagt gleich darauf: es, ist aber doch ausser mir, und findet vielleicht gleich darauf abermals,[378] dass es in ihm sey, bis er wieder nach aussen getrieben wird. Er kann sich aus dieser Schwierigkeit nicht heraushelfen; denn ob er gleich von jeher in allem seinen theoretischen Verfahren die Gesetze der Vernunft befolgt hat, so kennt er sie doch nicht wissenschaftlich, und kann sich nicht Rechenschaft über sie ablegen.)

Die Idee des aufzusuchenden Gesetzes wäre folgendes: Es müsste ein Bild gar nicht möglich seyn, ohne ein Ding; und ein Ding müsste wenigstens in der Rücksicht, in welcher hier davon die Rede seyn kann, d. i. für das Ich, nicht möglich seyn, ohne ein Bild. So würden beide, das Bild und das Ding, in synthetischer Verbindung stehen, und eins würde nicht gesetzt werden können, ohne dass auch das andere gesetzt würde.

Das Ich soll das Bild beziehen auf das Ding. Es ist zu zeigen, dass diese Beziehung nicht möglich sey, ohne Voraussetzung des Bildes, als eines solchen, d. i. als eines freien Productes des Ich. Wird durch die geforderte Beziehung das Ding überhaupt erst möglich, so wird durch Erhärtung der letzteren Behauptung bewiesen, dass das Ding nicht möglich sey, ohne das Bild. – Umgekehrt, das Ich soll mit Freiheit das Bild entwerfen. Es müsste gezeigt werden, dass dies nicht möglich sey, ohne Voraussetzung des Dinges; und es wäre dadurch dargethan, dass kein Bild möglich sey, ohne ein Ding (es versteht sich, ein Ding für das Ich).

Wir reden zuvörderst von der Beziehung des, es versteht sich, vollkommen bestimmten Bildes auf das Ding. Sie geschieht durch das Ich; aber diese Handlung desselben kommt nicht unmittelbar zum Bewusstseyn; und es lässt daher sich nicht wohl einsehen, wie das Bild vom Dinge unterschieden werden möge. Das Ich müsste demnach, wenigstens mittelbar im Bewusstseyn vorkommen, Und so würde eine Unterscheidung des Bildes vom Dinge möglich werden.

Das Ich kommt mittelbar im Bewusstseyn vor – heisst: das Object seiner Thätigkeit (Product derselben, nur ohne Bewusstseyn) wird gesetzt als Product durch Freiheit, als anders seyn könnend, als zufällig.

Auf diese Art wird das Ding gesetzt, inwiefern das vollkommen[379] bestimmte Bild darauf bezogen wird. Es ist da ein vollkommen bestimmtes Bild, d i. eine Eigenschaft, z.B. die rothe Farbe. Es muss ferner, wenn die geforderte Beziehung möglich seyn soll, da seyn ein Ding. Beide sollen synthetisch vereinigt werden durch eine absolute Handlung des Ich; das letztere soll durch die erstere bestimmt werden, Mithin muss es, vor der Handlung und unabhängig von ihr, dadurch nicht bestimmt seyn; es muss gesetzt seyn, als ein solches, dem diese Eigenschaft zukommen kann, oder auch nicht, und lediglich dadurch, dass ein Handeln gesetzt wird, wird die Zufälligkeit der Beschaffenheit des Dinges für das Ich gesetzt. Das seiner Beschaffenheit nach zufällige Ding aber entdeckt sich eben dadurch als ein vorausgesetztes Product des Ich, dem nichts zukommt, als das Seyn. Die freie Handlung und die Nothwendigkeit, dass eine solche freie Handlung vorkomme, ist der einzige Grund des Ueberganges vom unbestimmten zum bestimmten, und umgekehrt.

(Wir suchen diesen wichtigen Punct noch etwas deutlicher zu machen. – In dem Urtheile: A ist roth, kommt vor zuvörderst A. Dies ist gesetzt; inwiefern es A seyn soll, gilt von ihm der Satz: A = A; es ist, als A, durch sich selbst vollkommen bestimmt; etwa seiner Figur, seiner Grösse, seiner Stelle im Raume nach u.s.f., wie man es sich in dem gegenwärtigen Falle denken kann; ohngeachtet, wie wohl zu merken ist, dem Dinge, von welchem wir oben redeten, da es noch gänzlich unbestimmt seyn soll, gar nichts zukommt, als das, dass es ein Ding ist, d.h. dass es ist. Dann kommt im Urtheile vor roth. Dies ist gleichfalls vollkommen bestimmt, d.h. es ist gesetzt, als ausschliessend alle übrigen Farben, als nicht gelb, nicht blau u.s.w. [gerade wie oben, und wir haben daher hier ein Beispiel, was durch die vollkommene Bestimmung der Eigenschaft, oder, wie wir es auch genannt haben, des Bildes gemeint werde]. Wie ist nun in Rücksicht der rothen Farbe A vor dem Urtheile? Offenbar unbestimmt. Es können ihm alle Farben, und darunter auch die rothe zukommen. Erst durch das Urtheil, d. i. durch die synthetische Handlung des Urtheilenden vermittelst der Einbildungskraft, welche Handlung[380] durch die Copula ist ausgedrückt wird, wird das unbestimmte bestimmt; es werden ihm alle mögliche Farben, die ihm zukommen konnten, die gelbe, blaue, u.s.w. durch Uebertragung des Prädicates nicht-gelb, nicht-blau u.s.w. = roth, abgesprochen. – A ist unbestimmt, so gewiss geurtheilt wird. Wäre es schon bestimmt, so würde gar kein Urtheil gefällt, es würde nicht gehandelt.)

Wir haben als Resultat unserer Untersuchung den Satz: Wenn die Realität des Dinges (als Substanz) vorausgesetzt wird, wird die Beschaffenheit desselben gesetzt, als zufällig, mithin mittelbar als Product des Ich; und wir haben demnach hier die Beschaffenheit im Dinge, woran wir das Ich anknüpfen können.

Zur Beförderung der Uebersicht zeichnen wir das systematische Schema vor, wonach wir uns in der endlichen Auflösung unserer Frage zu richten haben, und dessen Gültigkeit in der Grundlage, bei Erörterung des Begriffs der Wechselwirkung, erwiesen worden. – Das Ich setzt sich selbst als Totalität, oder es bestimmt sich; dies ist nur unter der Bedingung möglich, dass es etwas von sich ausschliesse, wodurch es begrenzt wird. Ist A Totalität, so wird B ausgeschlossen. – Nun aber ist B, so gewiss es ausgeschlossen wird, auch gesetzt; es soll durch das Ich, welches bloss unter dieser Bedingung A als Totalität setzen kann, gesetzt seyn, das Ich muss demnach auch über dasselbe als gesetzt reflectiren. Nunmehr aber ist A nicht mehr Totalität; sondern es wird durch das Ge setztseyn des anderen selbst ausgeschlossen von der Totalität, wie wir uns in der Grundlage ausdrückten, und es ist demnach gesetzt A + B. – Ueber dasselbe in dieser Vereinigung muss wieder reflectirt werden, denn sonst wäre es nicht vereinigt; aber durch diese Reflexion wird es selbst begrenzt, mithin als Totalität gesetzt, und es muss ihm nach der obigen Regel etwas entgegengesetzt werden. – Inwiefern durch die angeführte Reflexion A + B gesetzt wird, als Totalität, wird es dem absolut als Totalität gesetzten A (hier dem Ich) gleichgesetzt; gesetzt und aufgenommen in das Ich, in der uns nun wohl bekannten Bedeutung; mithin wird ihm insofern B entgegengesetzt,[381] und da B hier in A + B mit enthalten ist, wird B sich selbst entgegengesetzt, inwiefern es theils vereinigt ist mit A (enthalten im Ich), theils entgegengesetzt A (dem Ich). A + B wird nach der oben angegebenen, und erwiesenen Formel bestimmt durch B. – Auf A + B bestimmt durch B muss als solches, d. i. inwiefern A + B durch B bestimmt ist, reflectirt werden. – Dann ist aber, da B durch B bestimmt seyn soll, auch das mit demselben synthetisch vereinigte A dadurch bestimmt; und da B und B synthetisch vereinigt seyn sollen, auch das mit dem ersteren B vereinigte A damit synthetisch Vereinigt. Dies widerspricht dem ersten Satze, nach welchem A und B schlechthin entgegengesetzt seyn sollen. Dieser Widerspruch ist nicht anders zu lösen, als dadurch, dass A ihm selbst entgegengesetzt werde; und so wird A + B bestimmt durch A, so wie es in der Erörterung des Begriffs der Wechselwirkung gefordert wurde. Nun aber kann A ihm selbst nicht entgegengesetzt seyn, wenn die geforderten Synthesen möglich seyn sollen. Es muss demnach sich gleich und sich entgegengesetzt seyn zugleich, d.h. es muss eine Handlung des absoluten Vermögens des Ich, der Einbildungskraft, geben, durch welche dasselbe absolut vereinigt wird. – Wir gehen nach diesem Schema an die Untersuchung.

Ist A Totalität, und wird als solche gesetzt, so wird B ausgeschlossen. – Das Ich setzt sich mittelbar als Ich, und begrenzt sich insofern, inwiefern es das Bild mit absoluter Freiheit entwirft, und zwischen mehreren möglichen Bestimmungen desselben in der Mitte schwebt. Das Bild ist noch nicht bestimmt, aber es wird bestimmt; das Ich ist in der Handlung des Bestimmens begriffen. Das ist der schon oben vollkommen geschilderte Zustand, auf welchen wir uns hier beziehen. Er heisse A. (Innere Anschauung des Ich im freien Bilden.)

Inwiefern das Ich so handelt, setzt es diesem frei schwebenden Bilde, und mittelbar sich selbst, dem bildenden, entgegen die vollkommen bestimmte Eigenschaft, von der wir schon oben gezeigt haben, dass sie umfasst und aufgefasst werde durch das Ich, vermittelst der unmittelbaren Anschauung des[382] Dinges, in welcher aber das Ich seiner selbst sich nicht bewusst ist. Jenes bestimmte wird nicht als Ich gesetzt, sondern demselben entgegengesetzt, und also ausgeschlossen. Es heisse B.

B wird gesetzt, und demnach A von der Totalität ausgeschlossen. – Das Ich setzte die Eigenschaft als bestimmt, und es konnte sich, wie es doch sollte, im Bilden keinesweges als frei setzen, ohne sie so zu setzen. Das Ich, muss demnach, so gewiss es sich frei bildend setzen soll, auf jene Bestimmtheit der Eigenschaft reflectiren. (Es ist hier nicht die Rede von der synthetischen Vereinigung mehrerer Merkmale in Einem Substrat, und ebensowenig von der synthetischen Vereinigung des Merkmals mit dem Substrate, wie sich sogleich ergeben wird; sondern von der vollkommenen Bestimmtheit des vorstellenden Ich in Auffassung eines Merkmals, wovon als Beispiel man sich indessen die Figur eines Körpers im Raume denken kann.) Dadurch wird nun das Ich von der Totalität ausgeschlossen, d.h. es ist sich selbst nicht mehr genug, es ist nicht mehr durch sich selbst, sondern durch etwas anderes ihm völlig entgegengesetztes bestimmt; sein Zustand, d. i. das Bild in ihm, lässt sich nicht mehr lediglich aus ihm selbst, sondern bloss durch etwas ausser ihm erklären, und es ist demnach gesetzt A + B, oder A bestimmt durch B als Totalität. (Aeussere bestimmte reine Anschauung.)

(Ueberhaupt bei den gegenwärtigen Unterscheidungen, und besonders bei der jetzigen, ist wohl zu merken, dass etwas denselben einzeln entsprechendes im Bewusstseyn gar nicht vorkommen könne. Die geschilderten Handlungen des menschlichen Geistes kommen nicht getrennt vor in der Seele, und werden dafür auch gar nicht ausgegeben; sondern alles, was wir jetzt aufstellen, geschieht in synthetischer Vereinigung, wie wir denn beständig fort den synthetischen Gang gehen, und von dem Vorhandenseyn des einen Gliedes auf das Vorhandenseyn der übrigen schliessen. Ein Beispiel der deducirten Anschauung würde seyn die Anschauung jeder reinen geometrischen Figur, z.B. die eines Kubus. Aber eine solche Anschauung ist nicht möglich. Man kann sich keinen Kubus ein.[383]

ohne den Raum, in dem er schweben soll, sich zugleich einzubilden, und dann seine Grenze zu beschreiben; und man findet hier zugleich in der sinnlichen Erfahrung den Satz erwiesen: dass das Ich keine Grenze setzen könne, ohne zugleich ein begrenzendes, durch die Grenze ausgeschlossenes zu setzen.)

Auf A + B muss, und zwar in dieser Verbindung, reflectirt werden, d.h. es wird auf die Beschaffenheit, als eine bestimmte, reflectirt. Ohne dies wäre sie nicht im Ich; ohne dies wäre das geforderte Bewusstseyn derselben nicht möglich. Wir werden demnach von dem Puncte aus, auf welchem wir stehen, selbst und durch einen in ihm selbst liegenden Grund weiter getrieben (ebenso das Ich, welches der Gegenstand unserer Untersuchung ist), und das ist eben das Wesen der Synthesis; hier liegt jenes die Unvollständigkeit verrathende X, von dem oft die Rede gewesen. – Diese Reflexion geschieht, wie jede, durch absolute Spontaneität; das Ich reflectirt schlechthin, weil es Ich ist. Es wird seiner Spontaneität in diesem Handeln sich nicht bewusst, aus dem oft angeführten Grunde; aber das Object seiner Reflexion, inwiefern es dies ist, wird dadurch Product jener Spontaneität, und es muss ihm das Merkmal eines Productes der freien Handlung des Ich, die Zufälligkeit, zukommen. Nun kann es nicht zufällig seyn, inwiefern es als bestimmt gesetzt ist, und als solches darüber reflectirt wird, mithin in einer anderen Rücksicht, die sich sogleich zeigen wird. – Es wird durch die ihm zukommende Zufälligkeit Product des Ich, und darin aufgenommen; das Ich bestimmt sich demnach abermals, und dies ist nicht möglich, ohne dass es sich Etwas, also ein Nicht-Ich entgegensetze.

(Hierbei die allgemeine, schon oft vorbereitete, aber nur hier recht deutlich zu machende Bemerkung. Das Ich reflectirt mit Freiheit; eine Handlung des Bestimmens, die eben dadurch selbst bestimmt wird; aber es kann nicht reflectiren, Grenze setzen, ohne zugleich absolut etwas zu produciren, als ein begrenzendes. Also Bestimmen und Produciren sind immer beisammen, und dies ist es, woran die Identität des Bewusstseyns sich hält.)[384]

Dieses entgegengesetzte ist nothwendig in Beziehung auf die bestimmte Eigenschaft; und diese ist in Beziehung auf jenes zufällig. Es ist ferner, gerade wie diese Eigenschaft, entgegengesetzt dem Ich, und daher, wie sie, Nicht-Ich, aber ein nothwendiges Nicht-Ich.

Aber die Eigenschaft, als bestimmtes, und inwiefern sie dies ist, – also als etwas, gegen welches das Ich sich bloss leidend verhält, – muss von dem Ich ausgeschlossen werden, nach den obigen Erörterungen; und das Ich, wenn und inwiefern es als auf ein bestimmtes reflectirt, wie hier geschieht, muss dasselbe von sich ausschliessen. Nun schliesst das Ich in der gegenwärtigen Reflexion auch noch ein anderes Nicht-Ich, als bestimmt und nothwendig, von sich aus. Mithin muss dieses beides auf einander bezogen und synthetisch vereinigt werden. Der Grund der Vereinigung ist der, dass beide Nicht-Ich demnach in Beziehung auf das Ich Eins und ebendasselbe sind; der Unterscheidungsgrund der: die Eigenschaft ist zufällig, sie könnte auch anders seyn, das Substrat aber, als solches, ist in Beziehung auf die erstere nothwendig da. – Beide sind vereinigt, d. i. sie sind in Beziehung auf einander nothwendig und zufällig: die Eigenschaft muss ein Substrat haben, aber dem Substrat muss nicht diese Eigenschaft zukommen. Ein solches Verhältniss des zufälligen zum nothwendigen in der synthetischen Einheit nennt man das Verhältniss der Substantialität. – (B entgegengesetzt B. Das letztere B ist gar nicht im Ich. – A + B ist bestimmt durch B. Das in das Ich aufgenommene an sich vollkommen bestimmte Bild mag immer bestimmt seyn für das Ich; dem Dinge ist die darin ausgedrückte Eigenschaft zufällig. Sie könnte ihm auch nicht zukommen.)

Es muss reflectirt werden auf das im vorigen Geschäft ausgeschlossene B, das wir als das nothwendige Nicht-Ich, im Gegensatze des im Ich enthaltenen zufälligen, kennen. Es folgt aus dieser Reflexion sogleich, dass das vorher als Totalität gesetzte A + B nun Dicht mehr Totalität, d. i. dass es nicht mehr das alleinig im Ich enthaltene, und insofern zufällige seyn könne. Es muss durch das nothwendige bestimmt werden.[385] Zuvörderst die Eigenschaft, das Merkmal, Bild, oder wie man es nennen will, muss dadurch bestimmt werden. Sie war gesetzt, als dem Dinge zufällig, das letztere als nothwendig; sie sind demnach völlig entgegengesetzt. Jetzt müssen sie, so gewiss über beide durch das Ich reflectirt werden soll, in diesem einen und ebendemselben Ich vereinigt werden. Dies geschieht durch absolute Spontaneität des Ich. Die Vereinigung ist lediglich Product des Ich; sie wird gesetzt, heisst: es wird ein Product durch das Ich gesetzt. – Nun wird das Ich seines Handelns unmittelbar sich nie bewusst, sondern nur in dem Producte, und vermittelst des Products. Die Vereinigung beider muss daher selbst als zufällig gesetzt werden; und da alles zufällige gesetzt wird, als entstanden durch Handeln, muss sie selbst gesetzt werden, als entstanden durch Handeln. – Nun kann das, was in seinem Daseyn selbst zu fällig ist, und abhängig von einem anderen, nicht als handelnd gesetzt werden; mithin nur das Nothwendige. Auf das nothwendige wird in der Reflexion und durch sie der Begriff des Handelns übertragen, der eigentlich nur in dem reflectirenden selbst liegt, und das zufällige wird gesetzt als Product desselben, als Aeusserung seiner freien Thätigkeit. Ein solches synthetisches Verhältniss heisst das der Wirksamkeit, und das Ding in dieser synthetischen Vereinigung des nothwendigen und zufälligen in ihm betrachtet, ist das wirkliche Ding.

(Wir machen bei diesem höchst wichtigen Puncte einige Anmerkungen.

1) Die soeben aufgezeigte Handlung des Ich ist offenbar eine Handlung durch die Einbildungskraft in der Anschauung; denn theils vereinigt das Ich völlig entgegengesetztes, welches das Geschäft der Einbildungskraft ist; theils verliert es sich selbst in diesem Handeln, und trägt dasjenige, was in ihm ist, über auf das Object seines Handelns? welches die Anschauung charakterisirt.

2) Die sogenannte Kategorie der Wirksamkeit zeigt sich demnach hier, als lediglich in der Einbildungskraft entsprungen: und so ist es, es kann nichts in den Verstand kommen, ausser durch die Einbildungskraft. Welche Aenderung der[386] Verstand mit jenem Producte der Einbildungskraft vornehmen werde, lässt sich schon hier voraussehen. Wir haben das Ding gesetzt, als frei handelnd, und ohne alle Regel (wie es denn auch wirklich, so lange der Verstand seine Handelsweise nicht umfasst und begreift, im Bewusstseyn gesetzt wird als Schicksal mit allen seinen möglichen Modificationen); weil die Einbildungskraft ihr eigenes freies Handeln darauf überträgt. Es fehlt das Gesetzmässige. Wird der gebundene Verstand auf das Ding sich richten, so wird dasselbe nach einer Regel wirken, so wie er selbst.

3) Kant, der die Kategorien ursprünglich als Denkformen erzeugt werden lässt, und der von seinem Gesichtspuncte aus daran völlig Recht hat, bedarf der durch die Einbildungskraft entworfenen Schemate, um ihre Anwendung auf Objecte möglich zu machen; er lässt sie demnach ebensowohl, als wir, durch die Einbildungskraft bearbeitet werden, und derselben zugänglich seyn. In der Wissenschaftslehre entstehen sie mit den Objecten zugleich, und, um dieselben erst möglich zu machen, auf dem Boden der Einbildungskraft selbst.

4) Maimon sagt über die Kategorie der Wirksamkeit dasselbe, was die Wissenschaftslehre sagt: nur nennt er ein solches Verfahren des menschlichen Geistes eine Täuschung. Wir haben anderwärts gesehen, dass dasjenige nicht Täuschung zu nennen sey, was den Gesetzen des vernünftigen Wesens angemessen ist, und nach denselben schlechthin notwendig ist und nicht vermieden werden kann, wenn wir nicht aufhören wollen, vernünftige Wesen zu seyn. – Aber der eigentliche Streitpunct liegt im folgenden: »Mögt ihr doch immer,« würde Maimon sagen, »Gesetze des Denkens a priori haben, wie ich euch als erwiesen zugestehe,« (welches allerdings viel zugestanden ist, denn wie mag doch ein blosses Gesetz im menschlichen Geiste vorbanden seyn, ohne Anwendung, eine leere Form ohne Stoff?) »so könnt ihr dieselben auf Objecte doch nur vermittelst der Einbildungskraft anwenden; mithin muss im Geschäft der Anwendung[387] in derselben Object und Gesetz zugleich seyn. Wie kommt sie doch zum Objecte?« Diese Frage kann nicht anders beantwortet werden, als so: sie muss es selbst produciren (wie in der Wissenschaftslehre aus anderen Gründen ganz unabhängig von jenem Bedürfniss schon dargethan worden ist). – – Der durch den Buchstaben Kants allerdings bestätigte, seinem Geiste aber völlig widerstreitende Irrthum liegt demnach bloss darin, dass das Object etwas anderes seyn soll, als ein Product der Einbildungskraft. Behauptet man dies, so wird man ein transcendenter Dogmatiker, und entfernt sich gänzlich vom Geiste der kritischen Philosophie.

5) Maimon hat bloss die Anwendbarkeit des Gesetzes der Wirksamkeit bezweifelt; er könnte nach seinen Grundsätzen die Anwendbarkeit aller Gesetze a priori bezweifelt haben. – So Hume. Er erinnerte: ihr selbst seyd es, die ihr den Begriff der Wirksamkeit in euch habt, und ihn auf die Dinge übertraget; mithin hat eure Erkenntniss keine objective Gültigkeit. Kant gesteht ihm den Vordersatz nicht nur für den Begriff der Wirksamkeit, sondern für alle Begriffe a priori zu; aber er lehnt durch den Erweis, dass ein Object lediglich für ein mögliches Subject seyn könne, seine Folgerung ab. Es blieb in diesem Streite unberührt, durch welches Vermögen des Subjects das im Subject liegende auf das Object übertragen werde. Lediglich durch die Einbildungskraft wendet ihr das Gesetz der Wirksamkeit auf Objecte an, erweist Maimon; mithin hat eure Erkenntniss keine objective Gültigkeit, und die Anwendung eurer Denkgesetze auf Objecte ist eine blosse Täuschung. Die Wissenschaftslehre gesteht ihm den Vordersatz nicht nur für das Gesetz der Wirksamkeit, sondern für alle Gesetze a priori zu, zeigt aber durch eine nähere Bestimmung des Objects, welche schon in der Kantischen Bestimmung liegt, dass unsere Erkenntniss gerade darum objective Gültigkeit habe, und nur unter dieser Bedingung sie haben könne. – So geht der Skepticismus und der Kriticismus, jeder seinen einförmigen Weg fort, und beide bleiben sich selbst immer[388] getreu. Man kann nur sehr uneigentlich sagen, dass der Kritiker den Skeptiker widerlege. Er giebt vielmehr ihm zu, was er fordert, und meistens noch mehr, als er fordert; und beschränkt lediglich die Ansprüche, die derselbe meistentheils gerade wie der Dogmatiker auf eine Erkenntniss des Dinges an sich macht, indem er zeigt, dass diese Ansprüche ungegründet sind.)

Das, was wir jetzt als Aeusserung der Thätigkeit des Dinges kennen, und was durch die übrigens freie Thätigkeit desselben vollkommen bestimmt ist, ist gesetzt in das Ich, und ist bestimmt für das Ich, wie wir oben gesehen haben. Demnach ist mittelbar das Ich selbst dadurch bestimmt; es hört auf Ich zu seyn, und wird selbst Product des Dinges, weil das, dasselbe ausfüllende und stellvertretende, Product des Dinges ist. Das Ding wirkt durch und vermittelst dieser seiner Aeusserung auf das Ich selbst, und das Ich ist gar nicht mehr Ich, das durch sich selbstgesetzte, sondern es ist in dieser Bestimmung das durch das Ding gesetzte. (Die Einwirkung des Dinges auf das Ich, oder der physische Einfluss der Lockianer und der neuern Eklektiker, die aus den ganz heterogenen Theilen des Leibnitzischen und Lockeschen Systems ein unzusammenhängendes Ganzes zusammensetzen, welcher aber von dem gegenwärtigen Gesichtspuncte aus, aber auch nur von ihm aus, völlig gegründet ist.) – Das aufgestellte findet sich, wenn auf A + B, bestimmt durch B, reflectirt wird.

So kann es nicht seyn, daher muss A + B bestimmt durch B wieder in das Ich gesetzt, oder nach der Formel, bestimmt werden durch A.

Zuvörderst: A, d. i. die in dem Ich durch das Ding hervorgebracht seyn sollende Wirkung wird gesetzt in Rücksicht auf das Ich, als zufällig. Demnach wird dieser Wirkung im Ich, und dem Ich selbst, inwiefern es durch sie bestimmt ist, entgegengesetzt ein nothwendig in sich selbst und durch sich selbst seyendes Ich, das Ich an-sich. Gerade wie oben dem zufälligen im Nicht-Ich das nothwendige oder das Ding an sich entgegengesetzt wurde, so wird hier dem zufälligen im Ich das nothwendige oder das Ich an sich entgegengesetzt,[389] und dieses ist gerade wie das obige Product des Ich selbst. Das nothwendige ist Substanz, das zufällige ein Accidens in ihm. – Beide, das zufällige und das nothwendige, müssen synthetisch vereinigt gesetzt werden, als ein und ebendasselbe Ich. Nun sind sie absolut entgegengesetzt, mithin nur durch absolute Thätigkeit des Ich zu vereinigen, welcher, wie oben, das Ich sich nicht unmittelbar bewusst wird, sondern sie überträgt auf die Objecte der Reflexion, demnach das Verhältniss der Wirksamkeit zwischen beiden setzt. Das zufällige wird bewirktes durch die Thätigkeit des absoluten Ich im Reflectiren, eine Aeusserung des Ich, und insofern etwas wirkliches für dasselbe. Dass es bewirktes des Nicht – Ich seyn sollte, davon wird in dieser Reflexion völlig abstrahirt, denn es kann etwas nicht zugleich bewirktes des Ich, und seines entgegengesetzten des Nicht-Ich seyn. Dadurch wird nun ausgeschlossen vom Ich das Ding mit seiner Aeusserung, und demselben völlig entgegengesetzt. – Beide, Ich und Nicht-Ich, existiren an sich nothwendig, beide völlig, unabhängig von einander; beide äussern sich in dieser Unabhängigkeit, jedes durch seine eigene Thätigkeit und Kraft, die wir noch nicht unter Gesetze gebracht haben, die demnach noch immer völlig frei sind.

Es ist jetzt deducirt, wie wir dazu kommen, ein handelndes Ich und ein handelndes Nicht-Ich entgegenzusetzen, und beide zu betrachten, als völlig unabhängig von einander. Insofern ist das Nicht-Ich überhaupt da, und ist durch sich selbst bestimmt; dass es aber durch das Ich vorgestellt wird, ist zufällig für dasselbe. Ebenso ist das Ich da und handelt durch sich selbst, dass es aber das Nicht-Ich vorstellt, ist zufällig für dasselbe. Die Aeusserung des Dinges in der Erscheinung ist Product des Dinges; diese Erscheinung, inwiefern sie für das Ich da ist und durch dasselbe aufgefasst wird, ist Product des Ich.

Das Ich kann nicht handeln, ohne ein Object zu haben; also durch die Wirksamkeit des Ich wird die des Nicht-Ich gesetzt: das Nicht-Ich kann wirken, aber nicht für das Ich, ohne dass das Ich auch wirke; dadurch, dass eine Wirksamkeit desselben für das Ich gesetzt wird, wird zugleich die[390] Wirksamkeit des Ich gesetzt. Die Aeusserungen beider Kräfte sind daher nothwendig synthetisch vereinigt, und der Grund ihrer Vereinigung (das, was wir oben ihre Harmonie nannten) muss aufgezeigt werden.

Die Vereinigung geschieht durch absolute Spontaneität, wie alle Vereinigungen, die wir bis jetzt aufgezeigt haben. Was durch Freiheit gesetzt ist, hat den Charakter der Zufälligkeit; demnach muss auch die gegenwärtige synthetische Einheit diesen Charakter haben. – Oben wurde das Handeln übertragen; dies ist demnach schon gesetzt, und kann nicht abermals gesetzt werden; es bleibt daher die zufällige Einheit des Handelns, d. i. das ohngefähre Zusammentreffen der Wirksamkeit des Ich und des Nicht-Ich in einem dritten, das weiter gar nicht ist, noch seyn kann, als das, worin sie zusammentreffen; und welches wir indessen einen Punct nennen wollen.

Quelle:
Johann Gottlieb Fichtes sämmtliche Werke. Band 1, Berlin 1845/1846, S. 340-391.
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